Die Kindheit als Paradies : musikalische Romantik und mythische Verklärung

  • 1817 erscheint in Leipzig "Die Welt als Wille und Vorstellung" von Arthur Schopenhauer. Das Kapitel "Vom Genie" enthält ein auch heute noch verblüffendes Bekenntnis: "Die Kindheit [ist] die Zeit der Unschuld und des Glückes, das Paradies des Lebens, das verlorene Eden, auf welches wir, unsern ganzen übrigen Lebensweg hindurch, sehnsüchtig zurückblicken. Die Basis jenes Glückes aber ist, dass in der Kindheit unser ganzes Daseyn viel mehr im Erkennen, als im Wollen liegt . . ." Dieses Bekenntnis Schopenhauers wird verständlicher, wenn man sich die zeitgenössische Literatur, Philosophie, Musik und Kunst vergegenwärtigt: Eine Verehrung der Kindheit als Inbegriff des verlorenen Paradieses scheint alle Künstler und Literaten erfasst zu haben. Kindheit als Phänomen, als besondere Erscheinungsform des Lebens ist nicht so alt, wie wir denken. Im Mittelalter zum Beispiel, in dem die Menschen viel früher als heute erwachsen wurden, gab es keine Kategorie "Kind". Kinder sehen auf Gemälden wie kleindimensionierte Erwachsene aus - wir kennen dies von zahlreichen Darstellungen des Jesuskindes. Es hat also "Kindheit" nicht immer gegeben - nämlich jenen von uns wahrgenommenen und wahrgemachten prinzipiellen Abstand zwischen Erwachsenen und Kindern» (Hartmut von Hentig in seinem Vorwort zur deutschen Übersetzung der "Geschichte der Kindheit" von Philippe Ariès). Dieser prinzipielle Abstand wurde erst wahrgenommen, als Moralisten und Pädagogen des 16. und 17. Jahrhunderts sich von dem humanistischen Ideal lebenslangen Lernens und lebenslanger Lebensveredelung abwendeten und die Kindheit als die eigentliche Zeit der Formung und Prägung betrachteten: Erziehung als zentrales Anliegen der Aufklärung. ...

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Metadaten
Verfasserangaben:Annette Kreutziger-Herr
URN:urn:nbn:de:hebis:30-1118544
ISSN:0376-6829
Dokumentart:Wissenschaftlicher Artikel
Sprache:Deutsch
Jahr der Fertigstellung:1997
Jahr der Erstveröffentlichung:1997
Veröffentlichende Institution:Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg
Datum der Freischaltung:14.01.2009
Seitenzahl:4
Bemerkung:
Erschienen in: Neue Zürcher Zeitung und schweizerisches Handelsblatt, 08.02.1997, S. 68
Quelle:Neue Zürcher Zeitung ; 08.02.1997 S. 68
HeBIS-PPN:223365297
Institute:keine Angabe Fachbereich / Extern
DDC-Klassifikation:7 Künste und Unterhaltung / 78 Musik / 780 Musik
Sammlungen:Sammlung Musik, Theater, Film / Literatur zur Musik
Lizenz (Deutsch):License LogoDeutsches Urheberrecht