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Fazit und Ausblick: Gemessen an den hohen Anforderungen, die die Rechtsprechung und das juristische Schrifttum an Qualifikation und Aufgabenwahrnehmung der Aufsichtsratsmitglieder stellen, scheint
erheblicher Bedarf für eine Professionalisierung der Aufsichtsratstätigkeit zu bestehen. Tatsächlich dürften indessen die Erwartungen, die in die Überwachung der Geschäftsführung durch den Aufsichtsrat gesetzt werden, überzogen sein. Zudem brächte die Fortentwicklung des Aufsichtsrats zu einem Gremium professioneller Überwacher eine Reihe von Nachteilen mit sich, die die vermeintlichen Vorteile aufwiegen dürfte. Eine professionelle Überwachung der Geschäftsführung ließe sich daher möglicherweise besser im Vorstand selbst ansiedeln, indem ein oder mehrere Vorstandsmitglied(er) ausschließlich mit Überwachungsaufgaben betraut würde(n). Der Vorstand hat für die Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Organisation und der Entscheidungsprozesse innerhalb der Gesellschaft zu sorgen. Dazu gehört nicht nur die Überwachung des eigenen Ressorts, sondern auch die Pflicht, den Geschäftsbetrieb insgesamt zu beobachten und Missstände auch in anderen Ressorts zur Kenntnis des Gesamtvorstands zu bringen. Bereits das geltende Recht trägt damit dem Umstand Rechnung, dass effektive Überwachung ständige Präsenz im Unternehmen und die Unterstützung durch einen Stab von Mitarbeitern erfordert. Die Betrauung einzelner Vorstandsmitglieder mit hauptamtlichen Überwachungsaufgaben würde die aus diesen Gründen dem Vorstand ohnehin obliegende Aufsicht ausbauen, dem Aufsichtsrat einen auf Überwachung spezialisierten Ansprechpartner im Vorstand zur Verfügung stellen und auf diese Weise dazu beitragen, die Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats auf ein im Nebenamt realistischerweise zu bewältigendes Maß zurückzuführen.
Eine neuere Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu den Anforderungen an die Mitteilung nach § 20 AktG über die Mitteilung eines Beteiligungserwerbs2 gibt Anlass zu Überlegungen zu den Rechtsfolgen einer Verletzung von Mitteilungspflichten durch mittelbar beteiligte Gesellschafter.
Der Bundesgerichthof hat, ohne auf abweichende Ansichten einzugehen, die h.M.3 bestätigt, nach der bei Verletzungen einer Mitteilungspflicht durch ein herrschendes Unternehmen die Rechtsfolge des Rechtsverlustes das unmittelbar beteiligte Tochterunternehmen selbst dann trifft, wenn dieses seine eigene Mitteilungspflicht ordnungsgemäß erfüllt hat.4 Im Hinblick auf den (zeitweiligen) Verlust von Dividendenansprüchen, um die es in dem vom BGH entschiedenen Fall ging, dürfte die in der Sache entscheidende Erwägung sein, dass anderenfalls dem herrschenden Unternehmen die mittelbaren Folgen der Gewinnausschüttung auch dann erhalten blieben, wenn es den eigenen Verstoß gegen die Mitteilungspflicht und den daraus folgenden temporären Wegfall des Gewinnbezugsrechts kannte oder kennen musste.
Bei der Bestimmung von Eingriffsbefugnissen der BaFin jenseits der vom Gesetz vorgesehenen besonderen Kompetenzen ist Zurückhaltung geboten: Die Auffangermächtigung nach § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG ist keine Allzweckwaffe nach Art der polizeilichen Generalklausel, sondern soll lediglich die besonderen Ermittlungs- und Eingriffsbefugnisse der Behörde dort ergänzen, wo diese Befugnisse auch im Zusammenwirken mit anderen Rechtsfolgen von Pflichtverstößen nicht ausreichen, um die Regelungen des Gesetzes durchzusetzen und das Gesetz dieses Sanktionsdefizit auch nicht bewusst in Kauf nimmt. In den praktisch wichtigen Fällen der Erzwingung von Pflichtangeboten, der Änderung von Angeboten nach ihrer Veröffentlichung und des Einschreitens gegen unzulässige Abwehrmaßnahmen ist danach für den Rückgriff auf § 4 Abs. 1 Satz 3 WpÜG kaum Raum. Beim Rechtsschutz Dritter gegenüber der BaFin verfolgt das Gesetz eine mittlere Linie: Amtshaftungsansprüche wegen fehlerhafter Aufsicht und Ansprüche auf Einschreiten der Behörde sind durch die Öffentlichkeitsklausel des § 4 Abs. 2 WpÜG in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise ausgeschlossen. Dagegen besagt § 4 Abs. 2 WpÜG nichts über die Schutzrichtung der Regelungen über das Angebotsverfahren. Die Vorschrift steht dementsprechend nicht einer Anfechtung begünstigender Verfügungen durch Dritte entgegen, soweit das Gesetz auch den Schutz ihrer Interessen bezweckt. Daher sind insbesondere Aktionäre der Zielgesellschaft befugt, mit Widerspruch und Beschwerde gegen Befreiungen nach §§ 36 und 37 WpÜG vorzugehen, die in ihr Recht auf Abgabe eines Pflichtangebotes eingreifen.