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Was versteht man gemeinhin unter Indizien? Indizien (indicium: An-Zeichen) beweisen ja vermeintlich keine Tat oder Schuld, sondern verweisen nur auf diese - eine spekulative, geradezu dubiose Uneindeutigkeit wird mit dem Indiz assoziiert. Dieses noch heute verbreitete Indizienverständnis resultiert historisch aus einer strafrechtlichen Debatte, die im 18. Jahrhundert den Status von Indizien äußerst konträr diskutiert, wobei deren - vermeintliche - Objektivität (Tatsache, Faktum) gegen einen - fehleranfälligen - Interpretationsspielraum (Zeichen, Denkschluss) in Anschlag gebracht wird.
Indizien zu lesen, gehört zu den Plausibilisierungspraktiken in alltäglichen wie wissenschaftlichen Kontexten. Über indexikalische Techniken des Schließens ist Wissen semiologisch wie hermeneutisch dynamisiert. Zentral gilt dies für Disziplinen wie Recht, Medizin, Psychologie, Archäologie, Philologie u.a.m. - sie alle folgen Indizien als eine Art 'Allegorie des Verweisens'. Das Indiz als der Zeichentypus, der sich selbst zeigt und zugleich etwas anderes an-zeigt (indicare), changiert dabei stets zwischen Evidenz und Lektüre - das weiß bereits die Antike, doch epistemologisch und semiologisch prominent diskutiert wird es im 18. Jahrhundert.