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Die Problematik des sprachkommunikativen Umgangs mit dem Kulturphänomen "Phraseologie" ist im Falle zwei- bzw. mehrsprachiger Diskursgemeinschaften bisher kaum ins Blickfeld der Forschung geraten. Daher konzentriert sich der vorliegende Aufsatz auf Aspekte phraseologischer Sprachverwendung in einem komplexen Konrakt-, Konvergenz- und Integrationsraum von mehreren Sprachen und Kulturen und möchte zur Modelierung bi- bzw. multilingualen Diskursverhaltens im Hinblick auf die Phraseologie beitragen, indem er ein breites Spektrum von enmpirischen Manifestationsklassen bzw. -typen kommunikativen Synkretismus und sprachlicher Hybridität erfasst, systematisiert, beschreibt und evaluiert. Diese Forschungsfrage erlangt auch insofern eine besondere Bedeutung, als sich die Mehrschichtigkeit bilingualer Variationsdimensionen gerade anhand der Phraseologieverwendung aspektreich eruieren Iässt.
Als eine der markantesten Schwierigkeiten der Zwei- bzw. Mehrsprachigkeitsforschung und der Kontaktlinguistik dürfte m.E. die Uneinheitlichkeit der in der einschlägigen Literatur verwendeten Terminologie und Begrifflichkeit gelten. So hat z.B. BRADEAN-EBINGER (1991: 54) in seiner Dissertation aus dem Jahre 1985 die wichtigste Ursache für den "Mangel an theoretischen Grundlagen" in der Kontaktlinguistik im "Fehlen einer relativ einheitlichen Terminologie" erblickt. Daher möchte die vorliegende Arbeit durch eine systematisierende Zusammenschau und Bewertung einer Zahl unterschiedlicher theoretisch-terminologischer Positionen der internationalen Zwei- bzw. Mehrsprachigkeitsforschung zu einer transparenteren Sicht beitragen und darauf aufbauend einen von mir erarbeiteten terminologisch-begrifflichen Apparat vorstellen, der das Gerüst eines aktuellen einschlägigen empirisch ausgerichteten Forschungsprojekts bildet. Um bei Grundlegendem zu beginnen: Sogar steht - trotz langjähriger vielfältiger Beschäftigung mit diesem Komplex - eine adäquate und einhellig akzeptierte Definition des Bibzw. Multilingualismus noch aus. Allerdings sehen manche, darunter auch jüngere, Publikationen das Phänomen der Zwei- bzw. Mehrsprachigkeit etwas simplifiziert. So geht z.B. OHRT (1998: 5) davon aus, daß dieser Begriff völlig eindeutig sei, und zwar in diesem Sinne: "Ein Individuum soll mehr als eine Sprache beherrschen, also außer seiner Muttersprache mindestens noch eine Fremdsprache. […] [M]an kann auch feststellen, daß es weltweit kaum eine andere Meinung gibt […]." In Kenntnis des aktuellen Literaturstandes wäre meiner Meinung nach zu konstatieren, daß dies der Komplexität und dem Facettenreichtum der Problematik nicht gerecht wird. Es liegt noch nicht einmal eine adäquate und einhellig akzeptierte Definition des Bi- bzw. Multilingualismus vor. Bereits vor mehr als zweieinhalb Jahrzehnten führte OVERBEKE (1972: 112 ff.) bei seiner Auseinandersetzung mit dem Terminus nicht weniger als 21 Definitionen der Zweisprachigkeit an, die er aus der Fachliteratur unter drei Gesichtspunkten - normativ, beschreibend und methodologisch - ermittelt hat. Trotz der stürmischen Entwicklung und vieler beachtenswerter Leistungen auf dem Gebiet der Bi- und Multilingualismusforschung bleibt nach wie vor festzustellen, daß die Skala der zur Verfügung stehenden Arbeitsdefinitionen ziemlich breit ist: Auf der einen Seite befinden sich die Forscher, die nur die "muttersprachähnliche Kontrolle über zwei Sprachen" (BLOOMFIELD 1933: 56) als Zweisprachigkeit anerkennen. Diese Position hält sich teilweise bis in die Gegenwart. Entsprechend hat BRADEAN-EBINGER kürzlich die "allgemeine Definition" so formuliert: "Zwei- und Mehrsprachigkeit ist die muttersprachähnliche Beherrschung, der aktive und passive Gebrauch von zwei oder mehreren Sprache [sic!], die Fähigkeit, diese Sprachen je nach Sprechsituation und -partner zu wechseln" (1997: 42). Am anderen Endpol liegen Minimaldefinitionen, wie etwa die von HAUGEN (1953: 7), "Die Zweisprachigkeit beginnt dort, wo der Sprecher einer Sprache komplette, inhalttragende Äußerungen in der anderen Sprache erzeugen kann." Für Anliegen und Charakter meines im weiteren vorzustellenden Projekts dürfte sich wohl die funktionale Herangehensweise von OKSAAR (1992: 24) am ehesten eignen, derzufolge Mehrsprachigkeit die Fähigkeit einer Person ist, zwei oder mehr Sprachen als Kommunikationsmittel zu verwenden und von einer Sprache in die andere hinüberzuwechseln, wenn die Situation es erfordert.
Der vorliegende kurze Beitrag [hat] das Ziel, im diskutierten Problemrahmen konstitutive Aspekte der Horizonte, Konturen und Fluchtlinien einer dezidiert inter- bzw. transkulturellen Ausrichtung der Sprachwissenschaft anzudeuten und zu hinterfragen, ihre disziplinären Wege und Blickfelder anzulegen sowie über ein inter- bzw.transkulturelles ,,Paradigma" als "interkulturelle Linguistik" im Hinblick auf Profil, Tragfähigkeit und Reichweite zu reflektieren. All das soll dann zu einer extensionalen und intensionalen Bestimmung einer "interkulturellen Linguistik" hinführen.
Trotz einer allmählichen Hinwendung zu mehrsprachigen und multikulturellen Kontexten in den letzten Jahren gilt nach wie vor, dass den Paradigmen, Terminologien, Beschreibungsansätzen und Instrumentarien der Linguistik der meist unreflektierte Blickwinkel einsprachig und monokulturell sozialisierter Sprecher zugrunde liegt. So wurden z.B. die Sprachnormen bislang allenfalls aus der Sicht der Einsprachigkeit definiert, beschrieben und interpretiert. Die Perspektive bi- bzw. multilingualer Sprecher – einschließlich aller kulturellen Implikationen – wird in der Regel von den sprachwissenschaftlichen Auseinandersetzungen mit der Normen-Thematik ausgeschlossen. So hat auch Juhász, der bekannte ungarische Sprachgermanist, den bilingualen Diskursmodus zweisprachiger Personen als „einen Sprachgebrauch“ bezeichnet, „der sich nicht klassifizieren und noch weniger bewerten lässt“ (1986: 200). Meine Untersuchung beabsichtigt jedoch, die „prototypische“ Sprechweise und den kommunikativen Habitus4 bi- bzw. multilingualer Sprecher unter den Bedingungen gesellschaftlicher Zwei- bzw. Mehrsprachigkeit – ausgehend von der der Ingroup-Kommunikation bei Spontangesprächen unter Gruppenmitgliedern in verschiedenen Alltagssituationen – unter dem Gesichtspunkt der (sprachlichen und kommunikativen) Normen-Problematik zu beschreiben und zu hinterfragen sowie Aspekte ihrer Bewertung zu diskutieren. Damit soll ein Beitrag zur Modellierung bi- bzw. multilingualer und bi- bzw. transkultureller Sprachverhaltenssysteme – im Hinblick auf ihre Struktur, Hierarchie und Dynamik – geleistet werden. Als Exemplifikationsbereich dienen Belege aus dem sprachkommunikativen Verhalten von Ungarndeutschen.
Das im Jahre 1952 von Elöd Halász herausgegebene Deutsch-ungarische Großwörterbuch und sein 1957 erschienenes ungarisch-deutsches Pendant sind im Laufe der Jahrzehnte beinahe zu einer Legende geworden und fungierten bis vor kurzem als die einzigen Wörterbücher für dieses Sprachenpaar sowohl im ungarischen als auch im deutschen Sprachraum. Entsprechend verlangten diese mittlerweile mehr als 45 bzw. 40 Jahre alten Sprachlexika nach einer grundlegenden Modernisierung. Die beiden Nachfolgewörterbücher sind nun unter der Herausgeberschaft von Csaba Földes und Pál Uzonyi im Verlag der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in Budapest erarbeitet worden. Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit dem metalexikographischen Konzept der Neubearbeitung, geht dabei auf allgemein-theoretische Fragen der bilingualen Lexikographie ein und beschreibt die einzelnen Etappen des Projekts.
Der traditionsreiche Kultur-, Kontakt- und Integrationsraum Schlesien stellt eine Region im Überlappungs- und Durchdringungsbereich von Kulturen, Religionen, Sprachen und Nationen dar, wo sich im historischen Verlauf eine spezielle Sensibilität für Probleme und Chancen kultureller und sprachlicher Pluralität sowie für die Geschichtlichkeit und Dynamik multikultureller Zusammenhänge entwickeln konnte. Daher verkörpert er ein besonders wertvolles Erinnerungsgut (vgl. zur Thematik Engel/Honsza 2001 und Lasatowicz 2004). Solche Regionen werden nun mit Blick auf ihre Ressourcen des multikulturellen Gedächtnisses im Zuge von gesamteuropäischen Prozessen – auch im Sinne einer neuen „mentalen Welt“ – zunehmend aufgewertet. Die kulturelle und sprachliche Situation, einschließlich der Sprach gebrauchsstrukturen, ist in derartigen multi-ethnischen Arealen im Spannungsfeld von mehreren Sprachen, Kulturen und Identitäten naturgemäß äußerst vielschichtig. Entsprechend dieser komplexen sprachkommunikativen Realität in Mehrsprachigkeits-Kulturen setzt ihre wissenschaftlich adäquate Erfassung, Beschreibung und Explizierung ein mehrperspektivisches multi-, inter- und transdisziplinäres Herangehen voraus. Denn die Bearbeitung der entsprechend weiten Fragestellungen erfordert einen relevanten Betrachtungsrahmen und eine angepasste Methodologie, die sowohl dem komplexen Gegenstand als auch den Erkenntnisinteressen der Praxis gerecht werden. Müssen doch die Linguisten mit der mannigfaltigen sprachkommunikativen Realität mindestens (a) systemorientiert, (b) soziologisch und (c) „technologisch“ umgehen und sie entsprechend reflektieren können. Da aber die Gesamtthematik – wie sie auch im Titel der Tagung zum Ausdruck kommt – einen etwas sperrigen Gegenstand bildet, konzentriert sich der vorliegende Beitrag lediglich auf einen besonders wichtigen Aspekt. Mithin lautet die erkenntnisleitende Forschungsfrage: Wie kann man inter- bzw. transkulturelle,4 bi- bzw. multilinguale Kommunikationsräume im Kontakt der Kulturen mit den für sie charakteristischen zweisprachigen Diskursmodi (die oft durch verschiedene Ausprägungen von Hybridität gekennzeichnet sind) in disziplinärer Hinsicht sinnvoll analysieren? Also in welchem generellen Verstehensrahmen bzw. unter welchem "Blickwinkel", im Kompetenzbereich welcher linguistischen Teildisziplin, mit welcher Methodologie lassen sich die im Blickpunkt stehenden sprachkommunikativen Konstellationen, bilingualen Sprechhandlungen und entsprechenden Kontakt-, Interaktions-, Überblendungs- und Konvergenzphänomene sachangemessen untersuchen und heuristisch interpretieren? Solche Fragen erlangen m.E. angesichts der aktuellen Fachentwicklung der Sprachwissenschaft zunehmend Relevanz. War doch im Rahmen der kartesischen Sicht noch eine Einheit von Rationalität und Wissenschaft gegeben, ist spätestens seit Thomas Kuhn (1996) klar geworden, dass man es heute mit einem Nach- und Nebeneinander verschiedener (z.T. sogar inkommensurabler) „Paradigmen“ (Kuhn 1996), „Denkstile“ (vgl. Fleck 2002), „disziplinärer Matrizes“ (Kuhn 1977, 392 f.) oder Wissenschaftskulturen als diskursive Terrains zu tun hat.
Die Untersuchung von Eigennamen (EN) im Kontext der Kontaktlinguistik stellt ein besonders aktuelles und informatives Forschungsfeld dar: Beispielsweise hat Eichler (1976: 128) bereits vor zweieinhalb Jahrzehnten erkannt, dass "gerade Sprachkontaktforschung heute ohne die onomastische Komponente nicht mehr gut denkbar ist". Beim gegenwärtigen Wissensstand kann auch von der anderen Seite her festgestellt werden, dass – insbesondere in Kulturräumen, in denen mehrere Sprachen miteinander in Berührung kommen – die Namenforschung eines kontaktlinguistischen Blickwinkels bedarf. Denn die EN verkörpern wohl den deutlichsten Nachweis für langfristige Vorgänge und Ergebnisse von Sprachenkontakten. So können diesbezüglich etwa hinsichtlich des "Namenstransfers" (Terminus nach Eichhoff 1991: 264) in mehr oder weniger multilinguale Regionen vor allem die Familien- und Ortsnamen lehrreiche linguistische wie auch interkulturelle Aufschlüsse liefern. Die onomastische Forschung verhält sich in diesem Problembereich unterschiedlich. Die kontaktlinguistischen Implikationen des direkten Transfers von Personennamen (mit phonematischer Anpassung) wurden in angelsächsischer Relation (norwegische, jiddische und ungarische Namen in den USA) bereits von einer Reihe bekannter Linguisten wie Kimmerle (1941: 1ff.; 1942: 158ff.), Haugen (1953: 201ff.), Mencken (1949: 474ff. sowie Supplement II, 1952: 396ff.), Weinreich (1968: 53), Bartha (1993: 41 ff.) und Kontra (1988: 58ff.) angesprochen. Hingegen würdigen nicht wenige Veröffentlichungen mit germanistischer Ausrichtung, auch wenn sie deutsche Nachnamen am Rande oder außerhalb des sog. "geschlossenen deutschen Sprachraums" ausführlich behandeln, diese Sprachenkontaktphänomene keines Hinweises (z. B. Breza 1986, Grünspanová 1975). Einige Arbeiten schneiden zwar die Einwirkung der Kontaktsprache(n) auf die deutschen Familiennamen (FaN) an, machen dies allerdings nicht zu ihrem primären Untersuchungsobjekt (z. B. Čučka/Melika 1979, Hellfritzsch 1990, Matejčík 1993[3] und Mori 1993). Lediglich in deutsch-tschechischer (Knappová 1990) und stärker in deutsch-angloamerikanischer sowie deutsch-costaricanischer Relation liegen einschlägig ertragreiche Beiträge vor, die verschiedene Integrationserscheinungen am Beispiel deutscher FaN in der englischsprachigen Umwelt der USA bzw. dem spanischsprachigen Milieu von Costa Rica thematisieren (Jones 1991 und besonders Eichhoff 1991 bzw. Boving 1986). Vor diesem Hintergrund zielt die vorliegende Studie darauf ab, deutschsprachige FaN in Südungarn einer kontaktlinguistischen Analyse zu unterziehen. Dies verspricht insofern ein besonders reizvolles Untersuchungsfeld, als in den Anthroponymen – dank lang anhaltender intensiver und mannigfacher Sprachen- und Kulturenkontakte trotz ihrer amtlich festgelegten Schreibformen – deutsche und ungarische Sprachelemente miteinander verschmelzen und in enger Symbiose existieren. Die Wechselwirkungen der flektierenden, indogermanischen deutschen Sprache und der agglutinierenden, finnisch-ugrischen ungarischen Sprache sind auch im Hinblick auf die Sprachtypologie besonders interessant.
Der Balkan hält Europa - und andere Kontinente - seit einiger Zeit erneut in Atem. Diese politischen Erschütterungen und die Diskurse darüber haben auch sprachliche Ungereimtheiten und grammatische Zweifels- bzw. Problemfälle deutlich werden lassen, auf die man ohne diese Ereignisse wohl kaum aufmerksam geworden wäre. Der Kosovo-Konflikt scheint also offensichtlich auch im Kontext der deutschen Grammatik - und umfassender der Sprache schlechthin - ein vielschichtiges und subtiles Problem von einiger Brisanz darzustellen.
Wo es auch immer um die Stellung der deutschen Sprache geht, kann ein Hinweis auf Ostmittel-, Ost- und Südosteuropa, einschließlich der GUS kaum fehlen. Zumeist wird dieses Areal (im Weiteren bediene ich mich des im deutschen Sprachraum zunehmend verwendeten Kürzels MOE) fast als Synonym für eine Hochburg des Deutschen apostrophiert. Deutsch als MOE-Sprache? - kann man sich fragen. Die Daten, die Wahrnehmungen und die Einstellungen sind allerdings nicht ganz einheitlich und nicht restlos eindeutig. Die Situation etwa der Hochschulgermanistik in der östlichen Hälfte Europas hat Kalmán in der Deutschen Universitäts-Zeitung wie folgt beschrieben: „Mangelnde Strukturierung des Fachbereiches, fehlende Differenzierung von Abschlüssen, Frontalunterricht und die Didaktik des kritiklosen Auswendiglernens - nach nun fast sechs Jahren hat sich an den ostmittel- und osteuropäischen Hochschulen nichts Grundlegendes geändert. […] Denn: ´Die Wandlungsunfähigkeit in diesen Ländern ist keine Frage des Systems mehr, sie ist eine Frage der Bequemlichkeit´“. Im Gegensatz zu diesem vernichtenden Verdikt meine ich als „betroffener“ Hochschulgermanist aus Ungarn, dass es bei uns doch nicht so schlecht aussieht. So möchte ich in diesem Beitrag die aktuelle Situation der deutschen Sprache in den Bereichen Schule und Universität vorstellen und einige Entwicklungstendenzen herausarbeiten. Dabei sei zwar der ganze MOE-Horizont im Blick behalten, es soll aber Ungarn besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Vorliegender Beitrag geht davon aus, dass das Kulturphänomen "Deutsche Sprache" in Form und Gebrauch eine weitgehend regionale (areale) Inhomogenität aufweist. Im Argumentationsrahmen einer variationslinguistischen Dialektologie wird versucht, die diatopische Variationsbreite der deutschen Sprache zu umreißen und vor diesem Hintergrund eine spezifische bilinguale dialektale Kontaktvarietät des Deutschen (nämlich das sog. ,,Kontaktdeutsch") in ihrer synchron wie auch diachron überaus dynamischen Ausprägungsstruktur zu beschreiben und in das gegenwärtige Varietätenspektrum des Deutschen - sowohl hinsichtlich seiner Vetonung als auch seiner Dignität - einzuordnen. Somit soll auch zur Erforschung der inneren Dynamik der Varietätenvielfalt beigetragent werden.
This paper is concerned with the cultural reality characterised by the cmmunication within bi- or multilingual groups, in comparison to monolingual comniunication. In other words, such groups use their varieties of language differently. In this respect the paper deals with a culture of multilingualisrn, with a primary aim of highlighting subtly the characteristics end structure of the bi- or multilingual way of speaking. In particular, the predominant goal of this study is to emphasize respects of the "mixed" speech behaviour (the bilingual inode of discourse); and of innovations in speech and communication of transcultural bi- or multilingualism utilizing the example of the German as a minority language in Hungary. On the basis of the research it has become clear that linguistic variations and differentes should not be viewed automatically as individual mistakes but as a reaction to a new conununicative challenge. The conclusions for the discipline of "applird lingusitics" encompass that: all outcornes of communicative dynamic processes on the system of language concerning monolingual as well as bilingual language behaviour (inclusive of both "natural" and "artificial" bi- or multilingualism), should be considered more subtly both in theory and practice. In addition these outcomes must be analysed and heuristically described within an integrated frame.
Ein aktuelles Handbuch der empirischen Sozialforschung stellt fest: „Die meisten Theorien in den Sozialwissenschaften sind relativ ungenau formuliert und beziehen sich auf nicht exakt definierte Begriffe“ (SCHNELL/HILL/ESSER 2005: 11). Die Linguistik – so auch die Sprachgermanistik – sollte aus dieser Kritik produktive Konsequenzen ziehen und dezidierte Anstöße für eine theoretisch fundierte und empiriegestützte Begriffs- und Konzeptbildung von IKK erarbeiten. Nicht zuletzt mit der Intention, dass die IKK als Phänomentyp kein „weicher“ Forschungsgegenstand mehr bleiben darf und dementsprechend die IKK-Forschung nicht mehr als „weiche“ Wissenschaft gelten sollte.
Der Aufsatz diskutiert grammatische Aspekte von authentischen Sprachgebrauchsstrukturen in einem komplexen Kontakt- und Integrationsraum von mehreren Sprachen und Kulturen. Als empirisches Illustrationsmaterial dient ein umfangreiches kontaktlinguistisches Feldforschungsprojekt im ungarndeutschen Ort Hajosch/Hajós (Komitat Batsch-Kleinkumanien / Bács-Kiskun). Anhand von dort ermittelten Sprechprodukten zwei- bzw. mehrsprachiger Sprecher werden vielgestaltige sprachlich-kommunikative Kontakt-, Konvergenz- und Interaktionsphänomene grammatischer Natur identifiziert. Ihre Analyse ergab, dass die exemplarisch untersuchte Diskursgemeinschaft beim Umgang mit morphosyntaktischen Phänomenen zahlreiche und vor allem mannigfaltige Formen von Hybridität hervorbringt. Die erschlossenen Phänomenklassen und -typen scheinen für transkulturelle Zusammenhänge generell verallgemeinerbar zu sein.
Kaum hatte Finnland am 1. Juli 1999 den Vorsitz im EU-Ministerrat übernommen, waren für die informellen Treffen der EU-Minister - erstmalig beim Treffen der Industrieminister am 3. Juli in Oulu - neben der Gastgebersprache Finnisch nur noch Englisch und Französisch als Arbeitssprachen vorgesehen. Deutschland und daraufhin auch Österreich wollten jedoch auf ihre Sprache - die Muttersprache der größten Sprachgemeinschaft der EU - nicht verzichten und bestanden (unter Berufung auf das Gewohnheitsrecht unter den vorausgehenden EU-Präsidentschaften Frankreichs, Großbritanniens, Luxemburgs, der Niederlande und Irlands) auf der zusätzlichen Zulassung des Deutschen als Arbeitssprache. Da der finnische Ministerpräsident Lipponen auf frühere Usancen verwies, als nur Englisch und Französisch als Arbeitssprache fungierten und auf seiner restriktiven Entscheidung beharrte, verweigerten Deutschland und Österreich ihre Teilnahme und kündigten an, unter diesen Bedingungen alle informellen Ministertreffen unter finnischer Präsidentschaft zu boykottieren. So blieben sie am 18. Juli dem Treffen der Kultusminister fern. Finnland lenkte daraufhin ein und stellt nun auch für Deutsch Dolmetscherkabinen zur Verfügung (vgl. etwa FAZ vom 01.07.1999, S. 1; vom 03.07.1999, S. 1 und vom 09.07.1999, S. 12). Dieser auch in den Medien intensiv thematisierte Fall zeigt sehr deutlich, dass sich augenscheinlich hinsichtlich der Wertsetzung der deutschen Sprache in der letzten Zeit einiges geändert hat. Dennoch ist es um die Attraktivität und das Ansehen der deutschen Sprache weder bei den Deutschsprachigen selbst noch international im globalen Bereich der "Weltsprachen", der menschlichen Kulturformen und Mentalitäten gut bestellt. Es scheint daher von höchstem Interesse zu sein, einmal einen handlungsorientierten, zeitgemäßen und umfassenden Überblick über die Werthaltungen zur deutschen Sprache zu erarbeiten. Ziel der vorliegenden Ausführungen kann allerdings lediglich die Exponierung jener vom Verfasser als wichtig und aktuell erachteten Aspekte dieser hochbrisanten Thematik sein, die im Zusammenhang mit dem Nutz- bzw. Verkehrswert sowie mit dem Image und der Förderung der deutschen Sprache eine Rolle spielen könnten. Dabei lässt sich die "Güte" einer Sprache - in Anlehnung an ICKLER (1993: 202) - (a) im Hinblick auf ihren Status und (b) auf ihr System (bzw. Korpus) beurteilen. Mein Aufsatz strebt keine linguistische Systembewertung an, sondern konzentriert sich zum einen auf die Einschätzung des Systems der Sprache durch mutter- und fremdsprachliche Sprecher des Deutschen, zum anderen auf aktuelle Fragen ihres Status. Zunächst werden - als eine Art Problemübersicht - Elemente einer Bestandsaufnahme skizziert, um daraus anschließend mögliche Handlungskonsequenzen und -möglichkeiten abzuleiten und aufzuzeigen.
Der vorliegende Beitrag prüft, ob der „Sprachinsel“-Ansatz wirklich geeignet ist, das Problem „Realitätsbereich Deutsch als Minderheitensprache“ sachangemessen zu erkennen, zu erfassen, zu thematisieren, zu beschreiben, zu interpretieren und zu bewerten, indem er verdeutlicht, dass die Metapher der ‘Sprachinsel’ heute mindestens in zweifacher Hinsicht keinen optimalen Ordnungs- und Erklärungsansatz bereitstellen kann. Erstens, weil das derzeitige Kommunikationsprofil von Minderheitengemeinschaften und das aktuelle Gesicht dieser Sprachvarietäten nicht mehr durch eine insulare Abgeschiedenheit, sondern vielmehr durch Zwei- und Mehrsprachigkeit und Sprachen- bzw. Kulturenkontakte bestimmt werden. Zweitens, weil die sog. metaphorischen Konzepte bei der wissenschaftlichen Erkenntnis eine wesentliche Rolle spielen. Daher wäre ein Untersuchungsansatz produktiv, welcher der besonderen aktuellen Dynamik der für die Minderheiten meist charakteristischen mehrsprachigen bzw. mehrkulturigen Konfigurationen und den sprachlichen bzw. kulturellen Austauschprozessen explizit Rechnung trägt. In diesem Zusammenhang wird hier eine interkulturelle (oder transkulturelle) Linguistik als mögliches Paradigma vorgeschlagen.
Mit dem vorliegenden Beitrag sollte gezeigt werden, dass Untersuchungen zur Sprache von Minderheitenblättern nicht nur die Forschungen zur Pressesprache bereichern können, sondern gleichermaßen den Erkenntnisstand über verschiedene andere Sondersprachen. Infolge des besonderen sprachlich-kommunikativen Kontextes der lebensweltlichen Mehrsprachigkeit und des spezifischen soziokulturellen Umfelds der erlebten Interkulturalität vermögen solche Forschungen - die künftig in größerer Zahl und auf breiterer Basis wünschenswert wären - Blickwinkel, Instrumentarien und Ergebnisse der traditionellen Forschungsaktivitäten im binnendeutschen Sprachraum durch qualitativ neue Aspekte zu ergänzen und dadurch auch in vielerlei Hinsicht zu relativieren.
Die moderne Gesellschaft ist von Veränderungen epistemischer und institutioneller Strukturmerkmale der Wissenschaft geprägt, die ihrerseits einen Wandel in anderen Bereichen der Gesellschaft auslösen. In diesem Zusammenhang – wie auch in der neuzeitlichen Wissenschaftsentwicklung überhaupt – kommt der Sprachlichkeit, dem Kulturphänomen "Wissenschaftssprache", eine eminente Rolle zu, etablierte sich doch in den letzten Jahrzehnten eine „linguistische Teildisziplin der Wissenschaftssprachforschung“ (vgl. KRETZENBACHER 1992: 1; HESS-LÜTTICH 1998). "Wissenschaft" scheint mir jedoch ein (interkultureller) Problembegriff zu sein, beispielsweise auch schon deswegen, da dieses Wort (samt seinen Ableitungen wie Wissenschaftler, wissenschaftlich, Wissenschaftlichkeit) stark kulturbedingt ist (vgl. CLYNE/KREUTZ 2003: 60); so korreliert etwa der deutsche Terminus Wissenschaft nicht mit dem englischen science etc. Das Englische kann zweifellos auf eine konkurrenzlose Karriere als wissenschaftliche Universalsprache zurückblicken: Wissenschaftler – auch deutschsprachige – bedienen sich bei der Veröffentlichung wichtiger Forschungsergebnisse zunehmend der englischen Sprache. Der Anteil der wissenschaftlichen Publikationen auf Englisch beträgt heute weltweit über 90 Prozent, während nur noch wenige Prozent des wissenschaftlichen Publikationsaufkommens deutschsprachig sind. Auch die Zahl der wissenschaftlichen Tagungen (selbst im deutschen Sprach- und Kulturraum), die ausschließlich Englisch als Konferenzsprache zulassen, nimmt stetig zu. Außerdem werden immer mehr Vorlesungen bzw. ganze Studiengänge an sonst deutschsprachigen Universitäten in Englisch angeboten. „Die Spitzenforschung spricht englisch“ – stellte der spätere Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Hubert Markl, bereits vor zwanzig Jahren lapidar fest (Quelle: DUZ, 22/2002, S. 12). Gleichwohl wird immer wieder – oft etwas euphorisch – auf Ostmittel-, Ost- und Südosteuropa verwiesen, die traditionell als ein Refugium des Deutschen u.a. auch als Wissenschaftssprache galten bzw. auf weiten Strecken nach wie vor gelten. So kann exemplarisch die „Physikalische Zeitschrift der Sowjetunion“ erwähnt werden, die von 1932 bis 1937 auf Deutsch erschien. In diesem interessanten und zugleich äußerst komplexen Spannungsfeld soll es sich im vorliegenden Beitrag um das Thema ‘Sprachen in den Wissenschaften’ als Denk- und Darstellungsmedia handeln. Dabei soll zum einen die Problematik der Mehrsprachigkeit der Wissenschaften (mit besonderer Berücksichtigung des Deutschen) im mehrsprachigen, multikulturellen und kultursensiblen Kontaktraum Mittel- und Osteuropa angesprochen werden, zum anderen – weil ja auf unserer Tagung auch andere Teilareale, wie z.B. Rumänien, vertreten sind – soll der besondere Schwerpunkt auf Ungarn liegen. Hauptziel der Erörterungen besteht darin, die Entwicklung der in dieser Region wirksamen Wissenschaftssprachen diachron herauszuarbeiten, den derzeitigen Stand für die Bereiche Sprachen in der akademischen Lehre, Forschungssprachen (d.h. Sprachen der Forschungskommunikation) und Publikationssprachen – auch mit Hilfe empirischer Daten – mehrperspektivisch zu dokumentieren und aktuelle Tendenzen reflektorisch aufzuzeigen.
"Kultur" und "Interkulturalität" sind von zunehmender wissenschaftlicher und politisch-gesellschaftlicher Bedeutung, sie verkörpern Kodeworte des Zeitgeistes. Ihre Thematik hat in der gegenwärtigen Forschung mindestens in fünffacher Hinsicht eine herausragende Rolle erworben: (1) als „kulturalistische Wende" in der Geschichtswissenschaft und in anderen Gesellschaftswissenschaften, (2) in der Hinwendung der Gennanistik zu kulturellen Fragestellungen (z.B. bei der Einbeziehung von Identitätsproblemen), (3) bei der Identifizierung von Unterschieden interkultureller Verflechtungen, (4) für die Forschungstendenzen im Bereich der Wechselbeziehungen zwischen Sprache und Kultur und (5) im Hinblick auf Sprache und Kommunikation. Allerdings handelt es sich bei der Begegnung, der Überlagerung oder der eventuellen Fusion von Kulturen und Sprachen, d.h. beim "interkulturellen" sprachlichen Austausch um eindeutig komplexere Vorgänge als es Termini bzw. Beschreibungskategorien wie z.B. ,,Begegnung" bisher anzudeuten vermögen. Im wissenschaftlichen Diskurs ist dementsprechend auch die Erkenntnis gereift, dass die Schlüsselkategorien selbst, mit denen auf diesem Feld üblicherweise gearbeitet wird, der Reflexion nicht weniger bedürfen als die Phänomene, die man mit ihnen zu erschließen sucht. Werden doch mit Leitbegriffen wie ,,Kultur", „Interkulturalität", ,,fremd" und ,,eigenartig" - um nur einige zu nennen - offenkundig keine festen Größen angegeben. Was sie bezeichnen, erscheint aus der Sicht neuerer Forschungen vielmehr weitgehend „konstruiert", d.h. afs prinzipiell variable Resultate fortwährender Abgrenzungs-, Vermittlungs-, Vermischungs- oder auch Überlagerungsprozesse. Daher wäre es ein vordringliches multi-, inter- oder eher: transdisziplinäres Forschungsdesiderat, diese Prozesse und ihre Veränderungsdynamik zu beschreiben und zu evaluieren. Auch Voraussetzungen, Rahmenbedingungen, Strukturen und Wirkungen müssten sowohl theoretisch als auch empirisch und mit dem nötigen historischen Tiefgang auf breiter Basis systematisch analysiert sowie problemorientiert aufgedeckt werden. Mein Beitrag will und kann diesem umfassenden Anspruch natürlich nicht voll gerecht werden. Statt einer kompletten - und abstrakten - Prograrnmbeschreibung nach dem Muster eines ,,Theorien-, Methoden- und Themenhandbuchs" geht es mir vielmehr darum, in diesem Problemrahmen konstitutive Aspekte des Horizonts, der Konturen und Abgrenzungen einer dezidiert inter- bzw. transkulturellen Ausrichtung der Sprachwissenschaft zu skizzieren und zu hinterfragen, ihre disziplinären Richtungen zu bestimmen sowie über ein inter- bzw. transkulturelles "Paradigma" der Linguistik im Hinblick auf Profil, Tragfähigkeit und Reichweite zu reflektieren.