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"Allgemeines Allgemeinrecht (nicht nur) als Privatrecht", "Rechtsverfassungsrecht", und "prozedurales Recht" als Ermöglichung und Verwirklichung der “autonomen Wahrnehmung von Eigen-Interessen zugleich als/für Allgemein-(Fremd-)Interesse“, als "Zulassung von/ Einlassung auf Autonomien unter vorbehaltenen Kontrollen", als "Freiheit unter Auflagen". Diese Begriffe verweisen auf ein zentrales Anliegen in Rudolf Wiethölters Rechtstheorie, i.e. das "bürgerlich wie antibürgerlich unerledigte nachfeudalistische Sachprojekt Reziprozität". Man kann dieses Anliegen auch in die Frage kleiden, ob und wie Kants Projekt der Suche nach einem allgemeinen Prinzip, nach dem die Freiheit des einen mit der gleichen Freiheit aller anderen übereinstimmt, unter modernen gesellschaftlichen Bedingungen zu verwirklichen ist. Wiethölters Antwort besteht in vorsichtigen "Skepsis-Verheißungen". Skeptisch bleibt seine Antwort vor allem deshalb, weil er es unternimmt, sich ganz den Herausforderungen der neueren Wissenschafts- und Gesellschaftstheorie auszusetzen, die den alteuropäischen Überbau kantischer Provenienz hoffnungslos dekonstruiert, ja hinweggefegt zu haben scheint. Die "Verheißungen" rühren hingegen von einer nie verleugneten persönlichen Voreingenommenheit für die "kritische Theorie" her, die gegenüber den gesellschaftstheoretischen Konkurrenten der Systemtheorie und der ökonomischen Theorie die Hoffnung auf eine rationale Gesellschaftsintegration nicht grundsätzlich zu verabschieden bereit ist. Das Projekt einer "reflexiven Modernisierung", das Vertreter der kritischen Theorie gegen die Postmoderne in Stellung gebracht haben, verbindet solche Hoffnungen primär mit dem Konzept der "Zivilgesellschaft". Diente die Zivilgesellschaft zunächst dazu, die kritische Theorie unter dem Stichwort der "deliberativen Politik" mit dem demokratischen Verfassungsstaat zu versöhnen, so richten sich die normativen Projektionen im Kontext der gegenwärtigen Globalisierungsdebatte auf eine "Global Civil Society", die in Abwesenheit eines institutionalisierten Weltrechtsstaats den Gedanken an eine "Global Governance" jenseits der nationalen Verfassungsstaaten erträglich machen soll. ...
Indem das Internet als Infrastruktur die Transaktionskosten grenzüberschreitender Kommunikation radikal senkt, wirkt es als Katalysator der Globalisierung der Gesellschaft1. Rechtskollisionen erhalten hierdurch in allen gesellschaftlichen Bereichen eine gesteigerte Bedeutung. Im Rahmen der allgemeinen Debatte um die Etablierung einer Global Governance kommt der Internetgovernance deshalb eine paradigmatische Rolle zu. Aus ökonomischer Sicht steht dabei die Schaffung eines Rechtsrahmens für den globalen E-Commerce im Vordergrund. Im Hinblick auf eine innovationsoffene Regulierung erscheint es in diesem Zusammenhang als reizvoll, der Frage nach einem Rechtsrahmen für den grenzüberschreitenden Business-to-Consumer-E-Commerce nachzugehen. Denn das deutsche und europäische Verbrauchervertragsrecht stehen aktuell eher für eine gegenläufige Tendenz zur Begrenzung der Privatautonomie zugunsten zwingender Vorgaben des Gesetzgebers, die auch kollisionsrechtlich gegen eine parteiautonome Rechtswahl abgesichert werden5. Während etwa das in der E-Commerce-Richtlinie verankerte Herkunftsstaatprinzip nicht nur dasWirtschaftsaufsichtsrecht,sondern auch weite Teile des Zivilrechts den Innovationskräften des Systemwettbewerbs öffnet, scheint sich das Verbrauchervertragsrecht aufgrund seines Schutzzweckes als mit innovationsoffenen Regulierungsmodellen inkompatibel zu erweisen. Ist damit auf dem Gebiet des Verbrauchervertragsrechts nicht nur der traditionelle Wettbewerb der individuellen Vertragsklauseln sowie der Klauselwerke (AGB) innerhalb einer staatlichen Privatrechtsordnung, sondern auch der institutionelle Wettbewerb zwischen den Verbraucherschutzmodellen der verschiedenen staatlichen Privatrechtsordnungen ausgeschlossen, so verbleibt als potentieller Innovationsspeicher nur der Raum der gesellschaftlichen Selbstregulierung jenseits des (staatlichen) Rechts. Vor diesem Hintergrund wird im folgenden untersucht, ob und inwieweit sich aufgrund der spezifischen Charakteristika der Internetkommunikation im Bereich des globalen E-Commerce eine Verdichtung von Phänomenen der privaten Normsetzung und der sozialen Selbstregulierung beobachten läßt, die als Emergenz eines transnationalen Verbrauchervertragsrechts interpretiert werden kann. Zunächst soll dabei eine Definition transnationalen Rechts entwickelt werden, die diesen Begriff an die spontanen Innovationskräfte der globalen Zivil(rechts)gesellschaft koppelt (II.). In einem zweiten Schritt werden dann Entstehungsbedingungen und Phänomene eines transnationalen Verbrauchervertragsrechts beleuchtet (III.). Sodann wird der Frage nach einer Konstitutionalisierung des transnationalen Verbrauchervertragsrechts nachgegangen (IV.). Der Beitrag schließt mit einem Ausblick auf potentielle Ziele und Methoden der Regulierung des Wettbewerbs transnationaler Verbraucherschutzregimes (V.).
Reflexive transnational law : the privatisation of civil law and the civilisation of private law
(2002)
The author examines the emergence of a transnational private law in alternative dispute resolution bodies and private norm formulating agencies from a reflexive law perspective. After introducing the concept of reflexive law he applies the idea of law as a communicative system to the ongoing debate on the existence of a New Law Merchant or lex mercatoria. He then discusses some features of international commercial arbitration (e.g. the lack of transparency) which hinder self-reference (autopoiesis) and thus the production of legal certainty in lex mercatoria as an autonomous legal system. He then contrasts these findings with the Domain Name Dispute Resolution System, which as opposed to Lex Mercatoria was rationally planned and highly formally organised by WIPO and ICANN, and which is allowing for self-reference and thus is designed as an autopoietic legal system, albeit with a very limited scope, i.e. the interference of abusive domain name registrations with trademarks (cybersquatting). From the comparison of both examples the author derives some preliminary ideas regarding a theory of reflexive transnational law, suggesting that the established general trend of privatisation of civil law need to be accompanied by a civilisation of private law, i.e. the constitutionalization of transnational private regimes by embedding them into a procedural constitution of freedom.
Das Tetralemma des Rechts : zur Möglichkeit einer Selbstbeschränkung des Kommunikationssystems Recht
(2000)
Was tut das Recht wenn es nichts tut? In diese Frage hat Niklas Luhmann das Problem gekleidet, wie ein judicial self-restraint unter Geltung des Justizverweigerungsverbotes denkbar ist. Eine Beantwortung dieser Frage aus Sicht einer Systemtheorie, die das Recht als operativ geschlossenes Kommunikationssystem im Rahmen einer auf der Erkenntnistheorie des radikalen Konstruktivismus fußenden Theorie der Gesellschaft zu erfassen sucht (Recht als autopoietisches System), hat Luhmann zwar angerissen, aber nicht befriedigend zu Ende gedacht. Besonders interessant ist diese Frage vor dem Hintergrund der Diskussion um ein prozedurales Rechtsparadigma, welches angesichts der gegenwärtigen gesellschaftlichen Umbrüche das überkommene materiale Paradigma ablösen soll (Prozeduralisierung des Rechts). Es erscheint daher reizvoll, auf der Suche nach Antworten einen Beitrag sowohl zur Systemtheorie des Rechts als auch zu einer Theorie des prozeduralen Rechts zu leisten.
Der elektronische Handel wird die Wirtschaft tiefgreifend verändern: insoweit herrscht weitgehend Einigkeit. Welche konkreten Auswirkungen sich aus der Etablierung eines elektronischen Weltmarktplatzes für die Handels- und Wettbewerbsstrukturen ergeben werden, ist hingegen unklar. Gegenwärtig konkurrieren zwei unterschiedliche Visionen: Nach einer Ansicht wird die Welt zwar etwas virtueller und vor allem effizienter, im übrigen bleibt aber alles wie es ist. Die Aufregung um die New Economy ist danach völlig übertrieben, in einer anstehenden Konsolidierungsphase werden die meisten Internet-Start-Ups vom Markt verschwinden oder von den großen etablierten Unternehmen übernommen. Wenige Global Player werden die elektronischen Weltmärkte unter sich aufteilen, wobei diese jeweils über regionale Tochterunternehmen tätig werden. Für kleine Unternehmen verbleiben allenfalls Marktnischen. Die Gegenvision beschreibt den elektronischen Handel als Welt des vollständigen Wettbewerbs. Marktzutrittsschranken werden durch das Internet weitgehend beseitigt, so dass auch kleine Unternehmen mit minimalen Investitionen Zugang zum Weltmarkt erlangen können. Standort und Größe eines Unternehmens verlieren an Bedeutung, während Flexibilität, Innovationskraft und Schnelligkeit zu alles entscheidenden Faktoren werden. Zwischen einer auf hoher Markttransparenz beruhenden neuen Verbrauchersouveränität und einem verschärften internationalen Standortwettbewerb werden den "mice" gegenüber den "elephants" die besseren Chancen eingeräumt. Wenn einem die zweite Vision aus wettbewerbspolitischer Sicht auch sympathischer erscheinen mag, so liegt die Wahrheit doch wahrscheinlich – wie so häufig – irgendwo in der Mitte (Klodt, 2001). Der elektronische Handel birgt spezifische Herausforderungen an die Rechts- und Wirtschaftspolitik. So haben die Europäische Union und der deutsche Gesetzgeber in den vergangenen Jahren eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, die wirksame elektronische Vertragsschlüsse ermöglichen und gleichzeitig die Rechte des Verbrauchers sichern sollen (Hübner, 2001).1 Die Politik stößt allerdings auf Grenzen, wo es um inhärent globale Probleme geht (Schäfer, 1999; Engel, 2000). Wo etwa soll der institutionelle Rahmen für den grenzüberschreitenden elektronischen Handel herkommen und wer tritt den Beherrschern der elektronischen Weltmärkte entgegen? Diesen Fragen an eine als interdisziplinäre Institutionentheorie verstandene Rechts- und Wirtschaftstheorie, die im Zweifelsfalle auch ohne Staat und Politik auskommen muss, wird im folgenden nachgegangen.
In April 2003 I commented on the European Commission’s Action Plan on a More Coherent European Contract Law [COM(2003) 68 final] and the Green Paper on the Modernisation of the 1980 Rome Convention [COM(2002) 654 final].1 While the main argument of that paper, i.e. the common neglect of the inherent interrelation between both the further harmonisation of substantive contract law by directives or through an optional European Civil Code on the one hand and the modernisation of conflict rules for consumer contracts in Art. 5 Rome Convention on the other hand, remain pressing issues, and as the German Law Journal continues its efforts in offering timely and critical analysis on consumer law issues,2 there is a variety of recent developments worth noting.
Global Governance bezeichnet ein produktives Zusammenwirken aller an einer effizienten und legitimen Lösung von grenzüberschreitenden Sachproblemen ernsthaft interessierten Akteure. Es handelt sich weder um Multilateralismus noch um Unilateralismus, sondern um eine Koalition des Weltbürgertums. Auf dem Gebiet des privaten Wirtschaftsrechts gibt es zwei Beispiele für von solchen zivilgesellschaftlichen Koalitionen geschaffene Regimes, anhand derer die Funktionsweise transnationaler Rechtssysteme aufgezeigt werden kann. Dabei handelt es sich einerseits um das Recht der Handelsverträge, wo bereits seit geraumer Zeit die Entstehung einer neuen Lex Mercatoria diskutiert wird (I.). Andererseits bildet die von ICANN errichtete Uniform Dispute Resolution Policy für Domain-Namen ein gutes Beispiel für die Entstehung eines transnationalen Markenrechts im Wege der Co-Regulierung (II.). In beiden Fällen ist unter Juristen umstritten, ob es sich überhaupt um Rechtsphänomene, geschweige denn um (autonome) Rechtssysteme handelt. Wie der Konflikt zwischen Traditionalisten und Transnationalisten in der seit gut vierzig Jahren andauernden Debatte um die Lex Mercatoria zeigt, ist diese Frage auf der strukturellen Normebene nicht zu lösen. Es erscheint deshalb als sinnvoll, sich dem Phänomen transnationaler Zivilregimes zunächst unter Verwendung sozialwissenschaftlicher Kriterien beschreibend zu nähern, bevor in einem dritten Schritt gezeigt wird, wie man die Emergenz transnationaler Zivilregimes im Rahmen einer auf operativer Ebene ansetzenden Theorie des Rechts als autopoietisches Kommunikationssystem auch rechtstheoretisch in den Griff bekommen kann (III.). Die folgenden Ausführungen orientieren sich dabei an den von Zangl und Zürn entwickelten Begriffen der Verrechtlichung und Konstitutionalisierung, weil diese eine Beschreibung anhand der der quantitativen Kategorien des Mehr oder Weniger anstelle des juristischen Alles oder Nichts (Recht/Nicht-Recht) ermöglichen.
Vor gut einem Jahr ist im Archiv für die civilistische Praxis ein Aufsatz erschienen, in welchem ich mich mit den Perspektiven des Verbrauchervertragsrechts nach der Schuldrechtsreform auseinandergesetzt habe. Der leicht provozierende Unterton der dort vorgetragenen Kritik hat nun nicht nur – wie beabsichtigt – den einen oder anderen Leser zum Lachen verführt, sondern offensichtlich auch Irritationen bezüglich der Richtung hervorgerufen, in die der Verbraucherschutzzug in Zukunft fahren soll: zurück in die Siebziger Jahre und – nach erneutem Schlagen vergangener Schlachten – ins bürgerliche Formalrecht des 19. Jahrhundert? Oder was soll mit dem Stichwort "Prozedurales Verbrauchervertragsrecht" gemeint sein? Ich möchte an dieser Stelle einen Präzisierungsversuch unternehmen.