Refine
Year of publication
- 2006 (1)
Document Type
- Article (1)
Language
- German (1)
Has Fulltext
- yes (1)
Is part of the Bibliography
- no (1)
Eine der wichtigsten Fragen zur Überwinterungsökologie paläarktischer Zugvögel ist, wie diese in ihren Überwinterungsgebieten Ressourcen mit afrikanischen Arten teilen und inwieweit Konkurrenz zwischen den beiden Gruppen eine Rolle bei der Evolution rezenter Avifaunen spielt. Wir fassen die Ergebnisse eigener Untersuchungen in der Elfenbeinküste, Westafrika, zusammen. Diese beschäftigten sich mit der Frage der Habitatwahl, Mikrohabitatwahl und Ressourcennutzung von Trauerschnäpper und Fitis im Vergleich mit ökologischen ähnlichen afrikanischen Arten in den jeweiligen Gilden. Anschließend werden (1) die eigenen Ergebnisse mit denen aus früheren Untersuchungen verglichen, (2) diskutiert, ob es generelle ökologische Merkmale von Langstreckenziehern gibt, (3) die Möglichkeit des Nachweises potenzieller konkurrenzsituationen erläutert und (4) mögliche Schlüsselthemen zu weiteren Forschungen diskutiert. Unsere Studien zeigten, dass die beiden Zugvogelarten verglichen mit afrikanischen Arten nicht generell offenere Habitate und Mikrohabitate nutzten. Sie wurden am häufigsten im strukturreichsten, dem stärksten saisonalen Wechsel unterworfenen Habitat angetroffen. Die beiden Zugvögel waren auch die einzigen Arten, die regelmäßig in allen drei untersuchten Habitattypen angetroffen wurden. Trauerschnäpper und Fitis zeigten jeweils das breiteste Spektrum an Nahrungsaufnahmetechniken und in der Regel auch –substraten im Vergleich mit afrikanischen Vertretern innerhalb ihrer Gilden. Trauerschnäpper waren intraspezifisch territorial aber interspezifische Interaktionen waren kaum zu beobachten wie auch beim Fitis, der regelmäßig in gemeinsamen Schwärmen mit der Graukappeneremomele auftrat. Ein Vergleich der Ergebnisse mit früheren Studien ergab, dass es nicht möglich ist, generelle ökologische Merkmale von Langstreckenziehern zu erkennen, da artspezifische Ansprüche an Habitat und Ressourcen bestehen und diese saisonal und räumlich wechseln können. Zugvögel scheinen aber bei der Ressourcennutzung mehr Generalisten zu sein als residente Arten. Dies könnte ihnen erlauben mit residenten Arten zu koexistieren, wobei aber unklar ist, ob Flexibilität eine Anpassung zum Überleben im Überwinterungsgebiet ist oder eine Präadaptation für die Evolution von Zugverhalten. Neuere Untersuchungen stellen jedoch die höhere Flexibilität von Zugvögeln im Vergleich mit residenten Arten in Frage. Die Lösung des scheinbaren Widerspruchs könnten unterschiedliche Ansätze sein, mit denen das Thema diskutiert wird. Mit einem ökologischen Diskussionsansatz könnten Zugvögel flexibler erscheinen als residente Arten, da sie ein breiteres Spektrum von Verhaltensweisen aufweisen, während sie unter evolutiven Gesichtspunkten weniger flexibel erscheinen, wenn sie bestimmte Verhaltensweisen stereotyp unter einer Vielzahl von Bedingungen zeigen. In Bezug auf die Frage, ob Konkurrenz zwischen Zugvögeln und afrikanischen Arten eine Rolle bei der Gestaltung bestehender Vogelgemeinschaften spielt, wird diskutiert, dass weder rein zufällige Ereignisse noch Konkurrenz alleine der Schlüsselfaktor für die Evolution der bestehenden Gemeinschaften sind. In Bezug auf den seit langer Zeit stattfindenden Vogelzug, ist eine Reihe von Faktoren, inklusive interspezifischer Konkurrenz, wahrscheinlich ausschlaggebend für die Koexistenz der beiden Gruppen. Probleme bei Studien zum Verhältnis zwischen ziehenden und residenten Arten ergeben sich aus: (1) der Sichtweise, dass Zugvögel eine homogene Gruppe darstellen, obwohl unterschiedliche Arten unterschiedliche Habitate und Ressourcen nutzen, (2) ein dichotomer Ansatz, der eine rein ziehende Lebensweise von Vögeln paläarktischen Ursprungs mit einer residenten Lebensweise afrikanischer Arten vergleicht, der nicht den wirklichen Verhältnissen entspricht, da er weder die u.U. monatelange Territorialität von paläarktischen Vögeln noch den weit verbreiteten intra-afrikanischen Vogelzug berücksichtigt und (3) individuelle Fitnesskonsequenzen bedingt durch die Anwesenheit andere Individuen kaum untersucht sind und deswegen die Bedeutung von Konkurrenz nur auf rein spekulativer Basis diskutiert werden kann. Diese Probleme müssen bei Untersuchung zur gegenseitigen Beeinflussung von ziehenden und residenten Arten berücksichtigt werden.