Refine
Year of publication
Document Type
- Review (27)
- Article (12)
- Conference Proceeding (2)
Has Fulltext
- yes (41)
Is part of the Bibliography
- no (41)
Keywords
Institute
- Rechtswissenschaft (40)
- Präsidium (3)
- Geschichtswissenschaften (1)
Zugegeben, ich habe mich einmal lustig gemacht über die wachsende Zahl der "Handbücher", habe über die jedermann altersgemäß zukommende Festschrift gespottet, aber gleichzeitig an Handbüchern und Festschriften mitgearbeitet. Den darin steckenden Widerspruch kann ich nicht auflösen. Doch loben darf man, wenn es etwas zu loben gibt: Das vorliegende dreibändige Handbuch verdient große Bewunderung. Seine 2538 Seiten geben einen bisher nicht möglichen Überblick über die äußere und innere Geschichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit im In- und Ausland. Die Bände sind übersichtlich gegliedert. Der erste Band enthält in kleinen, monographisch gestalteten Aufsätzen die "Vorgeschichte" im Alten Reich und im 19. Jahrhundert (Teil I), dann – nach 1871 – die ersten reichsweiten Verwaltungskontrollen, im Schwerpunkt aber in 17 Abschnitten die Geschichte der Verwaltungsgerichtsbarkeiten aller deutschen Länder und der Hansestädte bis zur Gegenwart (Teil II). Dabei steht Baden bekanntlich an der Spitze, und Preußen mit seinem Oberverwaltungsgericht bildet das Schwergewicht. Wir erfahren auf dem Weg über Hessen-Darmstadt, Württemberg und Bayern, Sachsen und Thüringen bis in die letzten Winkel kleinstaatlicher Verhältnisse, wie es unter den besonderen staatsrechtlichen Bedingungen des deutschen Föderalismus dazu kam, das noch in der Paulskirche favorisierte justizstaatliche Modell (§ 182) schrittweise durch eigenständige Verwaltungsgerichte zu ersetzen und die dort zunächst noch kompromisshaft zugelassene erstinstanzliche Dominanz der Verwaltung abzubauen. Dieser Prozess war langwierig. Nicht nur der Problemdruck der Streitfälle war in Preußen, Bremen oder Mecklenburg unterschiedlich, ebenso die Verfassungslage von Reich und Ländern nach 1871 und 1918, die parteipolitische Landschaft war ungleich, und es fehlte lange an einer obersten Instanz auf Reichsebene. Das nach dem "Anschluss" Österreichs von 1938 und dann 1941 noch gegen die NSDAP geschaffene, aber mit einem Mann aus dem "Braunen Haus" unglücklich besetzte Reichsverwaltungsgericht konnte diese Vereinheitlichung nicht leisten. ...
Seit dem 17. Jahrhundert gibt es historische Reflexionen darüber, wie und warum das antike römische Recht, geformt durch Lehre und Praxis des mittelalterlichen Italiens nördlich der Alpen, "rezipiert" worden sei. Ebenso diskutierte man seit dem 19. Jahrhundert über das Lübecker Stadtrecht im Rahmen der Hanse sowie die Ausbreitung des Magdeburger Rechts auf Städte im slawischen Osten. Die heutige Rechtsgeschichte sucht nach neuen Modellen und Terminologien, um den Transfer von Gesetzbüchern, Rechtsprinzipien, Institutionen, Rechtssprache oder kulturellem Habitus von Rechtsanwendern angemessener zu erfassen. Berichtet wird hier über ein Südosteuropaprojekt (1850 bis 1933) mit Blick auf den Transfer normativer Ordnungen (Verfassungsrecht, Zivilrecht, Strafrecht) in ehemaligen Provinzen des Osmanischen Reichs, die nun zu jungen Nationalstaaten wurden, etwa Griechenland, Rumänien, Bulgarien, Serbien, Montenegro und Albanien.
Die Wissenschaftsgeschichte des öffentlichen Rechts, ein noch schwaches Pflänzchen im Garten der Rechtsgeschichte, kann erfreuliche Zuwächse verzeichnen, und zwar aus der Schweiz. Zum einen sind in Band 130 (2011) der Zeitschrift für Schweizerisches Recht zwei große, fast Buchformat erreichende Aufsätze erschienen, von Anne-Christine Favre, Cent ans de droit administratif: de la gestion des biens de police à celle des risques environnementeaux, 227–330 sowie von Benjamin Schindler, 100 Jahre Verwaltungsrecht in der Schweiz, S. 331–437. Zum anderen gibt es das hier zu würdigende Werk von Andreas Kley, der in Zürich Öffentliches Recht, Verfassungsgeschichte sowie Staats- und Rechtsphilosophie lehrt. Nimmt man diese drei Arbeiten zusammen und fügt noch die Verfassungsgeschichte der Schweiz des unvergessenen Alfred Kölz (1944–2003) hinzu, dann kann geradezu von einem Quantensprung gesprochen werden. ...
Die Lektüre des Buchs beginnt mit dem Titel. Er ist offenbar bewusst vage gehalten. "Die Juristen", als Gattung oder Stand, als Denktypus, als wissenschaftliche Formation? Geht es um Juristen aller Herren und Länder? Und was bedeutet "kritische Geschichte" – ist eine unkritische denkbar? Handelt es sich um eine soziologische historische Studie zur Ausbreitung der Juristen und eine Analyse ihres Einflusses? "The Jurists" ist also ein anspruchsvolles Portal, hinter dem sich jedenfalls kein Juristenlexikon verbirgt. Treten wir also ein und sehen wir zunächst, welchen Ballast Gordley abwerfen musste, um sein Schiff flott zu bekommen. ...
Die Studie der Frankfurter Historikerin ruht auf ihren früheren Arbeiten über frühneuzeitliche politische Predigten, vor allem in den Forschungsbibliotheken Gotha und Wolfenbüttel, sowie auf einem Projekt im Exzellenzcluster "Die Herausbildung normativer Ordnungen". Ein Forschungskonzept "Politische Kommunikation in der Frühen Neuzeit" lag bereits seit 2007 vor. Daraus ist nun ein Buch geworden, an dem man aus mehreren Gründen die innere Balance vermisst und das viel enger zugeschnitten ist, als der weite Titel verheißt. Die Autorin möchte in der vielstimmigen religiös-politischen Semantik des 16. und des frühen 17. Jahrhunderts jene Position besonders herausheben, die als "politica christiana", "Christliche Politik" oder "Christen-Staat" bezeichnet wurde. Sie unterstreicht, im Einklang mit der neueren Forschung, dass solche christlichen und naturrechtlichen Begründungen eines Widerstandsrechts und die Betonung der Frömmigkeit für Herrschende und Beherrschte keine Außenseiterpositionen und keine Spezialität des Luthertums waren, sondern in Europa konfessionsübergreifend diskutiert und weitgehend akzeptiert wurden. Das Thema eines möglichen Widerstands gegen eine religiös-konfessionell unterdrückerische Obrigkeit ist nur ein Aspekt jener weiter gefassten "christlichen Politik". Dass auch die Lutheraner über das Widerstandsrecht diskutierten, vor allem im 16. Jahrhundert, ist unbestreitbar. Sie taten dies ebenso wie Katholiken oder Calvinisten, wenn sie konfessionspolitisch in Bedrängnis waren. Das war naheliegend. Aber genügt es, um den vielfach bestätigten Gesamtbefund, das Luthertum habe aufgrund seiner an die weltliche Obrigkeit angelehnten Struktur auch stärker obrigkeitlich gedacht, zum Vorurteil zu erklären? ...
Vom "Staat der Mitte" zum "Reich der Mitte" scheint es nicht weit zu sein. Aber so, dass die Bewohner des "Staates der Mitte" sich als Zentrum der Welt und die am Rande wohnenden Völkerschaften als Barbaren betrachten, möchte der Osnabrücker Staatsrechtler seine Verfassungsgeschichte nicht verstanden wissen. Deutschland ist ihm vielmehr die geographische und historisch-politische Mitte zwischen Ostund West-, Nord- und Südeuropa, aber auch das Gemeinwesen "mittlerer" konsensorientierter Lösungen zwischen Etatismus und Civil Society, und als föderativer Staat ein Gebilde in der Mitte zwischen Einheitsstaat und Staatenbund. ...
Aussagen über den "Zustand" der Rechtsgeschichte in verschiedenen Ländern sind schwer zu gewinnen und zu gewichten. Akademische Fächer als reale Verbandspersönlichkeiten sind ohnehin eine luftige Konstruktion. Die Zahlen der Professuren in Relation zur Zahl der Universitäten, die Abschlussexamina der Juristenausbildung (mit oder ohne rechtshistorischen Anteil, mit oder ohne Bologna-Modell), die Zahl der Dissertationen, die Ausstattung der Bibliotheken und viele andere Daten lassen sich natürlich erheben. Aber schon die Ausgangspunkte sind unterschiedlich. In den meisten Ländern widmen sich die Rechtshistoriker nur ihrem Fach, während sie in Deutschland in der Lehre auch geltendes Recht vorzutragen und im Examen zu prüfen haben. ...
Von Inter- und Transdisziplinarität wurde und wird viel gesprochen. Die oft karikierte "Antragslyrik" zur Gewinnung von Drittmitteln lebt davon. Eine wirkliche Durchdringung verschiedener Fächer findet dagegen nur selten statt, und zwar nicht nur aus Trägheit oder mangelnder Kompetenz. Spezialisierung und entsprechende Blickverengung, Fachsprachen, unterschiedliche Arbeitsziele und -bedingungen machen den Blick über den Tellerrand tatsächlich schwer. Aber gelegentlich gelingt doch etwas. Der Öffentlichrechtler Erk Volkmar Heyen, Emeritus der Universität Greifswald, hatte sich vorgenommen, die europäische Malerei daraufhin zu mustern, ob sich in ihr Motive finden, die sich auf gute und schlechte Politik, weltlichen und religiösen Staat, Verwaltung, Städte, Freiheit und Zwang, Wohlfahrt und Fürsorge, Juristen und anderes Staatspersonal beziehen, kurzum auf alles, was ein Gemeinwesen oder einen Staat ausmacht. Er hat dies, wenn auch mit vielen dankbar genannten Helfern, im Alleingang realisiert und auf diese Weise Interdisziplinarität wirklich praktiziert. ...
Dans la seconde moitié du XIXe siècle, la révolution industrielle s’impose en Allemagne, l’époque de la démocratie égalitaire commence avec le suffrage universel et la naissance des partis, et s’établit, depuis les années 1880, ce que l’on a appelé l’État interventionniste. Ces trois processus sont liés mutuellement, et ils sont ensemble à l’origine d’un quatrième phénomène : le droit administratif et la discipline théorique lui correspondant. ...