Refine
Document Type
- Doctoral Thesis (4)
Language
- German (4) (remove)
Has Fulltext
- yes (4)
Is part of the Bibliography
- no (4)
Keywords
- Entomologie (1)
- Honigbiene (1)
- Soziobiologie (1)
- Verhaltensbiologie (1)
- Zoologie (1)
Institute
Die soziale Arbeitsteilung bei Honigbienen ist ein komplexes selbstorganisatorisches System, welches auf zwei Ebenen der biologischen Organisation zu verorten ist: dem Individuum und der Kolonie. Die Regulation der Bruttemperatur ist ebenfalls diesen Gesetzmäßigkeiten unterworfen. Die Arbeits-bereitschaft einzelner Bienen bildet die Grundlage für die Temperaturregulierung des kolonialen Brutnestes.
In dieser Arbeit wird dieses Zusammenspiel aus individuellen Beteiligungen der Arbeiterinnen sowie der erbrachten Gesamtleistung der Kolonie während des Brutwärmens untersucht. Dazu wird eine kleine Bienengruppe auf einer Brutwabe einer thermischen Belastung ausgesetzt. Ein speziell für diese Untersuchungen entwickelter Versuchsaufbau integriert erstmals die Infrarot-Thermografie mit den Temperaturmessungen einer Brutfläche. Somit ist es möglich, die Thoraxtemperaturen der einzelnen, am Brutwärmen beteiligten Arbeiterinnen störungsfrei zu messen und gleichzeitig das erzeugte räumliche und zeitliche Temperaturmuster der Brutwabe zu ermitteln. Zusätzlich wird der Temperaturverlauf der Außentemperatur sowie der zellumgebenden Luft untersucht.
Es kann gezeigt werden, dass die Lufttemperatur im Innenraum eines Bienenstocks ein wichtiger Faktor in der Temperaturregulierung des Brutnestes ist, da sie die untere Temperaturgrenze im Bienenstock bildet. Weiterhin wird der Einfluss der brutwärmenden Arbeiterinnen auf die Temperaturentwicklung einer Brutfläche sichtbar. Durch das flexible Verhalten der Arbeiterinnen kann einer Brutfläche bei thermischer Belastung durch lokal wechselndes Brutwärmen optimal Wärme zugeführt werden. Es gibt es Hinweise auf eine zyklische Periodizität im zeitlichen Temperaturverlauf der Brutzellen, welche auf einen Brutwärmrhythmus durch die Bienen schließen lässt. Durch den Einsatz zweier Unterarten (Apis mellifera carnica & Apis mellifera mellifera) wird sichtbar, dass es zwischen den Gruppen Unterschiede in der Aufrechterhaltung der Lufttemperatur über der Wabe gibt.
Im Rahmen der hier vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss sowohl akuter als auch chronischer Aufnahme subletaler Mengen des Insektizids Thiacloprid auf Einzelbienen und Bienenvölker untersucht. Anlass für diese Art an Untersuchungen gibt ein seit Jahren in Nordamerika und Europa auftretendes unerklärliches Phänomen, „Colony Collapse Disorder“ genannt, bei dem Bienenvölker durch einen plötzlichen Verlust der Flugbienen zusammenbrechen. Als Ursache für das Völkersterben stehen neben anderen Faktoren wie Parasiten, Pathogenen und Umweltfaktoren die Insektizide aus der Gruppe der Neonikotinoide und deren Auswirkungen auf Bienen in subletalen Mengen im Verdacht. Basierend auf Studien der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wurde der zugelassene Einsatz der drei Neonikotinoide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam im Pflanzenschutz für zunächst zwei Jahre durch die EU-Kommission stark eingeschränkt.
Thiacloprid, ein weiteres Insektizid, welches zur Gruppe der Neonikotinoide gehört, ist weiterhin für den Einsatz im Pflanzenschutz zugelassen. Es wirkt in ähnlicher Weise wie die zuvor genannten Neonikotinoide als Agonist am nikotinischen Acetylcholinrezeptor, wobei es jedoch als weniger toxisch für Bienen gilt. Trotzdem sind subletale Auswirkungen dieses Neonikotinoids auf Bienen denkbar, die sich in Verhaltensänderungen der Bienen äußern und als Folge Einfluss auf das gesamte Bienenvolk nehmen könnten.
In der hier vorliegenden Arbeit wurden in chronisch mit Thiacloprid eingefütterten Völkern über mehrere Monate regelmäßige Populationsschätzungen durchgeführt, um die Entwicklung der Bienenvölker unter Aufnahme von Thiacloprid festzustellen. In einem weiteren Versuch wurde die Entwicklung der Brut unter chronischer Fütterung mit Thiacloprid beobachtet. Zusätzlich wurde eine große Zahl an Bienen mit RFID-Transpondern ausgestattet, um das Flugverhalten zu dokumentieren. Insbesondere wurden hier der Zeitpunkt des ersten Ausflugs und die Lebensdauer der Bienen zu Vergleichen herangezogen. Nach akuter Fütterung einer subletalen Einzeldosis Thiacloprid wurden Versuche zum Heimkehrvermögen von Bienen durchgeführt.
Unter feldrelevanten und bis zu zehnfach höheren Thiacloprid-Konzentrationen wurden keine beeinträchtigenden Einflüsse auf die Volksentwicklung beobachtet. Bei Konzentrationen, die um ein 25faches bzw. ein 40faches höher als die feldrelevante Konzentration waren, wurde festgestellt, dass die Brutzellenanzahl im Verhältnis zur Bienenanzahl verringert war. Bienen aus chronisch mit Thiacloprid eingefütterten Völkern starteten mit höherem Alter zu ihrem ersten Flug aus dem Bienenstock. Die Zeit, die die Bienen als Sammlerinnen verbrachten, änderte sich nicht. Durch Beobachtungen der Brutflächen konnte festgestellt werden, dass sich die Brut in Thiacloprid-gefütterten Völkern entsprechend der Brut in Kontrollvölkern entwickelte. Aufgrund weiterer Ergebnisse wurde eine Störung der olfaktorischen Wahrnehmung von Bienen aus Thiacloprid-gefütterten Völkern vermutet. Die akut verabreichte subletale Dosis an Thiacloprid führte zu einem erheblichen Verlust an heimkehrenden Bienen und deutet auf eine Beeinträchtigung des Orientierungs- bzw. Navigationsvermögens der Bienen hin.
In den durchgeführten Versuchen wurden sowohl direkte Auswirkungen von chronischer und akuter Aufnahme subletaler Mengen an Thiacloprid, als auch indirekte Auswirkungen auf Honigbienen beobachtet. Da teilweise erst bei hohen, nicht feldrelevanten Konzentrationen in den Versuchen Effekte beobachtet wurden, kann nur bedingt durch die Verhaltensänderung von Einzelbienen auf daraus resultierende Auswirkungen auf ein gesamtes Bienenvolk unter realistischen Bedingungen geschlossen werden.
Effekte von Neonikotinoiden auf die Aktivität des Muskels M17 und das Lernverhalten der Honigbiene
(2015)
Im Rahmen dieser Arbeit wurden Untersuchungen zur Auswirkung von Neonikotinoiden auf die Muskelspikeaktivität des Muskels M17 und auf das Lernvermögen in einer komplexen Aufgabe an der Honigbiene (Apis mellifera carnica) durchgeführt. Dabei wurden drei verschiedene Substanzen verwendet: Clothianidin, Thiacloprid und Imidacloprid. Neonikotinoide stehen häufig im Verdacht, für das Sterben von Bienenvölkern verantwortlich zu sein, da die Bienen bei ihrer Nahrungssuche an behandelten Pflanzen den Substanzen ausgesetzt sind und diese möglicherweise damit auch an ihr Volk weitergeben. Die vorliegende Arbeit soll dazu beitragen, diese mögliche Gefährdung der Honigbiene durch Neonikotinoide weiter aufzuklären und deren Risiken zu beurteilen. Der Hintergrund für die Versuche zur Muskelspikeaktivität waren vorangegangene Versuche, die Auswirkungen von Neonikotinoiden auf die Motorik von sich frei bewegenden Individuen dokumentierten. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, ob sich diese Effekte auch an der Spikeaktivität des Muskels M17 widerspiegeln. Dafür wurden Elektromyogramme des Muskels M17 zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Gabe der Substanzen erstellt und deren mediane Anzahl mit einer Kontrollgruppe verglichen.
In einem ersten Versuch wurden Clothianidin (1 µM), Thiacloprid (1 µM), Imidacloprid (1 µM) oder eine Kontrollsubstanz (PBS) in die Kopfkapsel appliziert. Beim Vergleich mit der Kontrollgruppe zeigten sich für Imidacloprid keine Auswirkungen. Clothianidin verursachte eine deutlich erhöhte mediane Spikerate des Muskels M17, während Thiacloprid diese absenkte, beides im Vergleich zur Kontrollgruppe. Auch bei einer um 30 Minuten versetzten Doppelapplikation von Clothianidin (1 µM) und Thiacloprid (10 µM) stellten sich diese Effekte ein, wobei Clothianidin eine dominante Rolle einzunehmen scheint. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit Untersuchungen zur Laufaktivität, welche sich ebenfalls durch Clothianidin erhöhte und durch Thiacloprid absenkte.
Ein weiteres Experiment untersuchte die Auswirkung einer akuten Fütterung mit Clothianidin (1 ng in 1 µl) bzw. Thiacloprid (250 ng in 1 µl) auf die Anzahl der Muskelaktionspotenziale. Auch hier zeigt sich eine deutliche Erhöhung der Spikeanzahl durch Clothianidin und eine Absenkung der Spikeanzahl durch Thiacloprid, was die Ergebnisse des ersten Versuchs nochmals bestätigt.
Des Weiteren wurden Untersuchungen zur Auswirkung einer chronischen Fütterung mit Clothianidin (50 ppb) bzw. Thiacloprid (5000 ppb) auf die Anzahl an Spikes durchgeführt. Die Bienen wurden dabei über mehrere Wochen im Volk mit den jeweiligen Substanzen gefüttert. Dabei zeigte sich, dass auch eine chronische Fütterung der Bienen mit Clothianidin ihre Anzahl an Muskelaktionspotenzialen deutlich erhöht, während eine chronische Fütterung mit Thiacloprid diese absenkt. In einer Kombination der chronischen Fütterung mit einer zusätzlichen akuten Fütterung des jeweils anderen Neonikotinoids zeigte sich, dass auch hier Clothianidin eine dominante Rolle gegenüber Thiacloprid einnimmt und auch keine synergistischen oder Gewöhnungseffekte der beiden Substanzen eintreten. Die chronisch eingefütterten Völker entwickelten sich dagegen wie die Kontrollvölker, sodass die hier beschriebenen Auswirkungen auf die Einzelbiene keine sichtbaren Effekte auf ganze Völker zu haben scheinen.
Zusätzlich wurden Versuche zum Duftlernen in einer komplexen Lernaufgabe, dem positiven Patterning, unter Einfluss von Clothianidin durchgeführt. Die Bienen müssen dabei zwischen unbelohnten Einzeldüften und einem belohnten Duftgemisch, bestehend aus den beiden Einzeldüften, unterscheiden. In verschiedenen Versuchsdurchläufen wurden 0,25 ng oder 1 ng Clothianidin (jeweils 1 µl) in den Thorax injiziert, entweder vor der Akquisitionsphase oder vor dem ersten Abruftest nach drei Stunden. In keinem der Versuchsdurchläufe zeigten sich Effekte des Clothianidins auf den Lernvorgang, weder in der Akquisitionsphase noch in den Abruftests. Somit wurden weder das Lernen an sich, noch die Konsolidierung und damit die Überführung des Gelernten in das Langzeitgedächtnis durch das Clothianidin beeinflusst. Allerdings könnte die Immunabwehr der Bienen nach längerer Einwirkung des Clothianidins (24 h) in der höheren Konzentration herabgesetzt sein, da viele Bienen starben.
Insgesamt ergaben sich Effekte von Clothianidin und Thiacloprid auf die Anzahl der Aktionspotenziale des Muskels M17, die sich aber im gesamten Volk nicht widerspiegeln. Der Lernvorgang in der hier durchgeführten komplexen Lernaufgabe wird durch Clothianidin nicht beeinflusst. Möglicherweise entsteht dieser Unterschied in den Ergebnissen durch eine Bindung der Substanzen an verschiedene Rezeptorsubtypen, die pharmakologisch unterschiedliche Eigenschaften besitzen und somit auch unterschiedliche Auswirkungen zeigen.
In der vorliegenden dreiteiligen Studie werden Mongolische Wüstenrennmäuse untersucht, deren Hörspektren im tieffrequenten Bereich und deren Unterscheidungsfähigkeiten von Kommunikationsrufen denen des Menschen ähneln. Die extrazelluläre Aktivität im primären auditorischen Kortex (AI) der narkotisierten Versuchstiere, evoziert durch Reintöne und arteigene Kommunikationsrufe, wird in der linken (LH) und rechten Gehirnhemisphäre (RH) aufgenommen. Es werden Multikanalelektroden (16 Eingangskanäle) verwendet, welche eine simultane Aufnahme der neuronalen Aktivitäten aller kortikalen Schichten ermöglichen. Zur Analyse der neuronalen Mechanismen werden Wellenformen einzelner Elektrodenkanäle und Aktivitätsprofile, bestehend aus den Wellenformen aller Elektrodenkanäle in einem Zeitfenster von 600 ms, auf Ebene von Aktionspotentialen (MUA), lokalen Feldpotentialen (LFP) und Current-source-density (CSD) Analysen, untersucht. Während MUAs die neuronalen Aktionspotentiale im Nahfeld der Elektrode reflektieren, umfassen die LFPs die summierten Potentiale (inhibitorisch und exzitatorisch) von Neuronen eines größeren Areals. Die CSDs hingegen werden durch die Integration von LFP-Wellenformen benachbarter, linear angeordneter Elektrodenkanäle berechnet und ermöglichen so eine Lokalisation der Ursprünge geräuschspezifischer Aktivitätsflüsse.
Im ersten Teilprojekt werden CSD-Profile in Antwort auf unterschiedliche Reintöne untersucht, um die Aktivitätskomponenten, die so genannten Sinks, für weiterführende Analysen zu quantifizieren. Es können zwei primäre (s1 und s2), drei mittlere (s3-s5) und vier späte (s6-s9) Sinks in einem Zeitfenster von 600 ms definiert werden. Eine Veränderung der Stimulusfrequenz eine Oktave über und unter der charakteristischen Frequenz (CF), beziehungsweise des Lautstärkepegels = 24 dB über der minimalen Schwelle, führt zu qualitativen Veränderungen in der CSD-Profilstruktur. Die Sink s7 wird durch Stimuli mit niedrigem Lautstärkepegel weniger verlässlich evoziert, wohingegen die Sink s9 bei Stimuli eine Oktave über der CF verlässlicher evoziert wird. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass im AI die spektralen Informationen eine Oktave über und unter der CF asymmetrisch integriert werden.
Auf Einzelschichtebene konnte bereits gezeigt werden, dass spektrotemporale Eigenschaften von Stimuli durch MUAs schlechter reflektiert wurden als durch LFPs, was vermutlich eine direkte Konsequenz der unterschiedlichen Ursprünge der Signaltypen ist. Daher werden im zweiten Teilprojekt die spezifischen Unterschiede der MUA-, LFP- und CSD-Antworten auf Ebene kortikaler Schichten und kompletter laminarer Profile untersucht, um die Unterschiede und den Informationsgehalt der drei Signaltypen zu charakterisieren. Signifikante Unterschiede, welche durch zwei Reintöne und sieben Kommunikationssignale evoziert werden, können verstärkt im mittleren und späten Latenzbereich und in granulären und infragranulären Schichten vorgefunden werden. Der Grad der Rufspezifizität ist in LFP und CSD-Antworten im Vergleich zu demjenigen in MUA-Antworten größer. Die Segregationsleistung ist im Vergleich zu einzelnen kortikalen Schichten in den von kortikalen Kolumnen abgeleiteten laminaren Profilen um den Faktor 1,8-2,6 erhöht. Die Neuronenpopulationen einzelner kortikaler Kolumnen sind vermutlich wichtig für die Kodierung von Geräuschen, welche sich in ihren spektrotemporalen Eigenschaften unterscheiden.
Viele vorangegangene Studien konnten zeigen, dass die Gehirnhemisphären akustische Signale asymmetrisch verarbeiten. Daher werden im dritten Hauptteil die laminaren Profile der LH und RH quantitativ und statistisch verglichen. Die MUA-, CSD-Profile und im geringeren Maße auch die LFP-Profile zeigen systematische Unterschiede auf signifikantem Niveau in der Dauer, Onset Latenz und vertikalen Ausdehnung bestimmter Aktivitäten. Kommunikationsrufe evozieren in der LH, welche beim Menschen auf Sprachstimuli spezialisiert ist, im Vergleich zur RH komplexere CSD-Profile. Die neuronale MUA-, LFP- und CSD-Aktivitätsstärke ist in der RH für weniger komplexe Stimuli teilweise signifikant erhöht. Die Asymmetrie in der Auftrittsverlässlichkeit der Sink s6 lässt vermuten, dass sich die intrakolumnäre Vernetzung in Schicht VIa zwischen der LH und RH unterscheidet. Die wenigen, signifikanten und nicht systematischen Unterschiede zwischen den Sink-Parametern der LH und RH nach kortikaler Ausschaltung mit dem GABAA-Rezeptor Agonist Muscimol weisen darauf hin, dass die Hemisphärenasymmetrie durch Prozesse des ipsilateralen Kortex maßgeblich beeinflusst wird.