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Azulen: Für die Orientierungsfehlordnung im Azulen werden mit Kraftfeld-Methoden sowie mit quantenmechanischen Methoden an einem Satz geordneter Kristallstrukturmodelle Gitterenergieminimierung durchgeführt. Die Modelle zeigen sehr ähnliche Gitterenergien. Keine signifikante Nahordnung ist zu erkennen. Es liegt eine statistische Orientierungsfehlordnung vor. Die Auslenkungsparameter in der experimentellen Kristallstruktur werden durch die Überlagerung der berechneten Atompositionen gut reproduziert.
Perinon-Pigmente P.R. 194, P.O. 43 und V.R. 14: Für das cis-Isomer (P.R. 194), das trans-Isomer (P.O. 43) und den Mischkristall (V.R. 14) der Perinone werden geordnete Kristallstrukturmodelle aufgestellt und Gitterenergieminimierung mit Kraftfeld-Methoden sowie quantenmechanischen Methoden durchgeführt.
In der Orientierungsfehlordnung von P.R. 194 zeigen sich kurze Korrelationsreichweiten für alle Richtungen. Die Lokalstruktur wird über Variationen der exakten Positionen und Orientierungen der Moleküle beschrieben. Die experimentellen Auslenkungsparameter werden durch Überlagerung berechneter Atompositionen reproduziert.
Für trans-Perinon sind keine Hinweise auf eine Fehlordnung zu erkennen.
Im Mischkristall der beiden Isomere (Küpenfarbstoff V.R. 14) liegen eine Positions- und eine Orientierungsfehlordnung vor. Quantenmechanische Gitterenergieoptimierungen zeigen zwei Bandbreiten der Gitterenergie für geordnete Kristallstrukturmodelle, getrennt anhand der Orientierung der Moleküle des trans-Isomers. Die ungewöhnlichen experimentellen Auslenkungsparameter und Positionen der Atome werden ebenfalls durch die Überlagerung berechneter Atompositionen gut reproduziert.
Die Nachbarschaftswahrscheinlichkeiten werden über eine statistische Auswertung der Häufigkeiten einzelner Nachbarschaften genähert beschrieben und zeigen stark anisotrope Präferenzen. Die intermolekularen Wechselwirkungen werden mit Kraftfeldmethoden qualitativ charakterisiert und zeigen eine zu den Nachbarschaftswahrscheinlichkeiten sehr ähnliche Anisotropie.
PTCBI: Im cis-Isomer von PTCBI beobachtet man eine dem P.R. 194 ähnliche Orientierungsfehlordnung. Anhand der Ergebnisse der Gitterenergieminimierungen wird eine statistische Fehlordnung angenommen.
Für das trans-Isomer von PTCBI findet man durch Gitterenergieminimierungen ein theoretisches energetisch ungünstiges Polymorph in der Raumgruppe P 21/c.
Für den PTCBI-Mischkristall wird aus der Auswertung von Röntgenpulverdiagrammen eine zum cis-Isomer isotype Struktur abgeleitet. Für diese Struktur wird eine dem V.R. 14 ähnliche Positions- und Orientierungsfehlordnung untersucht. In der statistischen Auswertung der Gitterenergien zeigen alle Modelle vergleichbare und gleichzeitig sehr niedrige relative Wahrscheinlichkeiten. Für die Lokalstruktur sind keine klaren Präferenzen für bestimmte Motive erkennbar. Im PTCBI-Mischkristall wird eine nahezu statistische Fehlordnung erwartet. Die Wechselwirkungen der geordneten zentralen Kohlenstoffgerüste der Perylen-Tetracarbonsäure bestimmen die Packung in cis-PTCBI und im PTCBI-Mischkristall.
P.R. 170: Die Struktur der β-Phase von Pigment Rot 170 besteht aus geordneten Schichten. Die Komponente des Translationsvektors zwischen den Schichten in b-Richtung beträgt entweder ty = +0,421 oder ty = -0,421. Die Abfolge der Translationsvektoren ist weder periodisch noch völlig zufällig.
Gitterenergieminimierungen an kombinatorisch vollständigen Sätzen geordneter Modelle mit einem maßgeschneiderten Kraftfeld werden durchgeführt. Erhaltene Gitterenergien erlauben die Beschreibung der Lokalstruktur durch bevorzugte Stapelsequenzen. Darin beeinflussen die nächsten und übernächsten Nachbarn die Energie und die Geometrie einer einzelnen Schicht.
Relative Wahrscheinlichkeiten (respektive der Entartungen) für endliche lokale Motive werden mit der Boltzmann-Statistik berechnet. So tritt das Motiv + + − mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 61,4% auf, während das Motiv − + − mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 23,3% wesentlich seltener erscheint. Das Motiv + + + ist mit der Wahrscheinlichkeit von ca. 15,3% am seltensten. Mit diesen relativen Wahrscheinlichkeiten werden Strukturmodelle in Superzellen mit bis zu 100 aufeinanderfolgenden Schichten aufgebaut und zur Simulation der Röntgenbeugungsdaten verwendet. Damit werden Pulver- wie Einkristalldaten gut reproduziert, inklusive der diffusen Streuung.
Septulen: Für Septulen werden Unterschiede in der Konformation der Moleküle zwischen der Gasphase und dem Festkörper beobachtet. Berechnungen der Einzelmolekülenergien sowie Gitterenergieminimierungen werden mit rigiden sowie flexiblen Molekülen für beide Konformationen durchgeführt. Die Konformationsänderung zwischen Gasphase und Festkörper bedeutet einen Verlust an Energie, welcher durch die günstigere Packung und durch den Gewinn an Gitterenergie wettgemacht wird. Ähnlich günstige Gitterenergien wurden für die Gasphasen-Konformation nicht gefunden.
Die einzelnen Forschungsprojek
te sollen den breit aufgestellten Anwendungsbereich der Röntgenpulverdiffraktometrie im Bereich der Klärung von wissenschaftlichen Problemstellungen mit weiteren Beispielen komplementieren. Weiter soll die Nutzung der Synergie aus der kombinierten Anwendung von diversen strukturaufklärenden Methoden an polykristallinen Festkörpern aufgezeigt werden. Verwendet werden dazu Testsubstanzen aus verschiedenen, breit gefächerten Stoffklassen. Zum Einen wird die erfolgreiche Kristallstrukturbestimmung aus Röntgenpulverbeugungsdaten an einem diradikalischen Azobenzol-Derivates 1 (4-4'-Diazendiylbis[(1,4-phenyl)-bis-(carbonyloxy)]bis(2,2,6,6-tetramethylpiperidinyloxidanyl) gezeigt. Die Substanzklasse der diradikalischen Verbindungen ist für die Bestimmung von Radikal-Radikal-Abständen per EPR-Methoden (electron paramagnetic resonance) sehr wichtig. Zur Validierung der ermittelten Abstände aus den EPR-Messungen musste der Radikal-Radikal-Abstand vorab bekannt sein. Der intramolekulare Radikal-Radikal-Abstand von 23,658(6) Å. welcher im gewünschten Radikal-Radikal-Abstandsbereich für EPR-Messungen liegt, somit konnte 1 als Testsubstanz für Abstandsbestimmungen mittels EPR validiert werden. Die vorliegende
Kristallstruktur wurde in der Raumgruppe P21/c (Z = 2, Z’ = 0,5) mit a = 19,3355(5) Å, b = 5,9277(2) Å, c = 14,5264(4) Å, β = 109,22(1)° und einem Volumen V = 1572,12(8) ų ermittelt. Der Molekülmittelpunkt von 1 liegt auf einem kristallographischen Inversionszentrum und das aromatische Fragment von Estergruppe zu Estergruppe bildet annähernd eine Ebene. Anhand der Kristallstrukturbestimmung aus Röntgenpulverbeugungsdaten soll die
Lokalisierung eines Wasserstoffatoms in direkter Nachbarschaft zu Molekülfragmenten mit einer hohen Anzahl an Chlorsubstituenten untersucht werden. Am Beispiel der Bestimmung des tautomeren Zustands des achtfach chlorierten Color Index Pigment Yellow 138 (P.Y. 138) kann die Synergie aus quantenchemischen Rechnungen, Festkörper-NMR-Messungen und der Kristallstrukturbestimmung aus Röntgenpulverbeugungsdaten gezeigt werden. Hierbei wurden unter anderen unterschiedliche Kristallstrukturverfeinerungsstrategien zur Ermittlung des tautomeren Zustands entwickelt und angewendet. P.Y. 138 liegt in der monoklinen Raumgruppe P21/c (Z = 4, Z’ = 1) mit a = 19,3750(5) Å, b = 7,8516(1) Å, c = 16,9704(4) Å, β = 105,649(2)° und V = 2485,9(1) ų als NH-Tautomer vor. Es bilden sich Molekülschichten parallel zur (100)-Ebene aus. Innerhalb der Schichten wirken Van-der-Waals-Kräfte; zwischen den Schichten dominieren Typ I Cl⋯Cl-Wechselwirkungen. An dem pharmazeutisch aktiven Wirkstoffes Flupirtinmaleat wird die immer noch hohe Relevanz der Röntgenpulverdiffraktometrie bei einer Polymorphiesuche gezeigt. Flupirtinmaleat ist aufgrund seiner analgetischen Wirkung, ohne typische weitere Eigenschaften von Schmerzmittel wie beispielsweise opiode oder herzrhythmusbeeinflussende aufzuweisen, eine höchst interessante Substanz. Neue Polymorphe können bessere Eigenschaften als die Ausgangsphase aufweisen oder auch den wirtschaftlichen Nutzen erhöhen, da diese patentierbar oder kostengünstiger und ressourcenschonender in der Herstellung sein können. Für das Flupirtinmaleat-Projekt wurden Aufnahme und Auswertung von Röntgenpulverdiffraktogrammen als standardisierte analytische Methoden zur Bestimmung von neuen kristallinen Phasen bei einer sehr großen Probenanzahl von über 500 Einzelversuchen, welche bei Polymorphiesuchen aufkommt, genutzt. Von der pharmazeutisch aktiven Substanz Flupirtinmaleat ist es gelungen, die neuen Festkörperphasen C, F, G und H zu entdecken. Ebenfalls konnte durch Vermahlungsexperimente Flupirtinbromid erzeugt werden. Des Weiteren wurden die Einkristallstrukturen von Flupirtinmaleat Form A und Flupirtin Phase B bestimmt. Das letzte Projektkapitel zeigt den Beginn einer methodischen Entwicklung zur Konfigurationsbestimmung von chiralen Molekülen aus Röntgenpulverbeugungsdaten. Ziel
der Methode ist es, ein schnelles Verfahren zur Ermittlung der absoluten Konfiguration und Strukturaufklärung von neu entwickelten Substanzen beispielsweise für pharmazeutische Wirkstoffe zu haben. Bei der Einkristallstrukturanalyse kann aus dem Reflexbild anhand von Intensitätsunterschieden spezieller Reflexpaare die Konfiguration einer Verbindung direkt bestimmt werden. Da dies bei Röntgenpulverdiffraktogrammen nicht der Fall ist, kann diese
Methode nicht angewendet werden. Zur Umsetzung des Leitgedankens sollen daher chirale Salze aus der Zielsubstanz mit unbekannter Konfiguration und einem Salzbildner bekannter Chiralität erzeugt werden. Der Drehsinn des bekannten Salzbildners soll sozusagen als
Ankerpunkt für die Bestimmung der absoluten Konfiguration dienen. Da ein Anwendungsschwerpunkt die pharmazeutische Forschung sein könnte, wurden als Grundlage der Methodenentwicklung chirale Testsysteme bestehend aus pharmazeutischen Wirkstoffen und Salzbildnern jeweils mit bekannter Konfiguration. Acht neue Entitäten von verschiedenen Wirkstoff-Salzbildner-Paaren konnten erzeugt und mittels Röntgenpulverbeugungsdaten bestätigt werden. Dies zeigt, dass durch Kristallisation wahrscheinlich durch Salzbildung, neue Entitäten mit einem Ankerpunkten zur späteren Konfigurationsbestimmung erzeugbar sind. Ebenfalls konnten aus Einkristallbeugungsdaten die Kristallstruktur von R-Flurbiprofen und Kristallstrukturen der Salze aus R-Flurbiprofen mit R-Phenylpropylamin und R-Aminoglutethimid mit R-Camphersulfonsäure bestimmt werden. Diese Kristallstrukturen, ganz speziell die der Salze, können im weiteren Verlauf zum Vergleich und/oder zur Validierung mit den Kristallstrukturen aus Röntgenpulverbeugungsdaten dienen. Hervorzuheben sind die Kristallisationsprodukte aus S-Flurbiprofen bzw. R-Flurbiprofen mit R-Phenylpropylamin, da diese voneinander unterscheidbare Röntgenpulverdiffraktogramme aufweisen die enantiomeren Ausgangsstoffe S- und R-Flurbiprofen jedoch nicht. Dies legt nahe, dass es grundsätzlich möglich sein sollte eine Konfigurationsbestimmung aus Röntgenpulverbeugungsdaten durchzuführen.