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Interpretation magnetotellurischer Messungen auf Island und 3D-Modellierungen des Island-Plumes
(2014)
Die Lage und der geologische Aufbau Islands sind eine einmalige geologische und geophysikalische Besonderheit - nur hier liegt der Mittelatlantische Rücken deutlich oberhalb des Meeresspiegels. Eine Theorie ist, dass unter Island ein sogenannter Hotspot existiert - ein aufsteigender Mantelplume (oder eine andere Temperatur- und Schmelzanomalie). Das bedeutet, dass die Tektonik, die Petrologie und die (geo)physikalischen Parameter von der Wechselwirkung der Meeresbodenspreizung mit dem aufsteigenden Mantelplume bestimmt werden. Die magnetotellurischen Untersuchungen auf Island und die magnetotellurischen Modelle der vorliegenden Arbeit lassen sich nach Zieltiefen unterteilen. Im ersten Teil steht vor allem die Untersuchung der Leitfähigkeitsstruktur des oberen Erdmantels im Vordergrund, wobei der Schwerpunkt auf Modellstudien liegt. Hier wird die Theorie des aufsteigenden Mantelplumes aufgegriffen und hinsichtlich der Möglichkeiten der Magnetotellurik (MT) diesen zu detektieren, untersucht. In dieser Arbeit werden deshalb verschiedene synthetische 3D-Modelle untersucht. Diese sollen klären, unter welchen Bedingungen, d.h. bei welcher Tiefenlage, Ausdehnung und Leitfähigkeit, ein Mantelplume in der Magnetotellurik messbare Signale liefert. Da Temperatur und Schmelzanteil hierbei eine entscheidende Rolle spielen, werden auch Ergebnisse von geodynamischen Modellierungen verwendet. Die verschiedenen Modellierungen machen deutlich, dass der Plume in Modellen mit maximal 1% Schmelzanteil nur sehr schlecht mit der MT aufgelöst werden kann. Ein weiteres Problem ist die relativ geringe laterale Ausdehnung des Bereichs hoher Leitfähigkeit. Insbesondere bei Berücksichtigung des Krustenleiters liegen die Effekte des Plumes im Bereich der Messfehler bei realen Daten. Erst bei 3% Schmelzanteil im Plume ergeben sich Charakteristiken in den Sondierungskurven, die eindeutig dem Plume zugeordnet werden können. Im zweiten Teil liegt das Augenmerk auf der Leitfähigkeitsstruktur der isländischen Kruste, für deren Untersuchung ca. 200 Datensätze aus zahlreichen deutsch-isländischen Messkampagnen zur Verfügung stehen. In dieser Arbeit werden sie ganzheitlich ausgewertet und interpretiert. Hier steht im Speziellen der in verschiedenen früheren Untersuchungen gefundene gute Leiter in ca. 10 km Tiefe im Vordergrund. Seine Ausdehnung, Tiefenlage und Leitfähigkeit sowie laterale Änderungen werden genauer untersucht. Dazu werden aus den gemessenen Daten und den daraus ermittelten magnetotellurischen Impedanztensoren nicht nur die Sondierungskurven, sondern weitere Parameter wie Phasentensoren und Rotationsinvarianten abgeleitet und diskutiert. Um einen Überblick über die räumliche Verteilung der Untergrundstrukturen zu erhalten, werden die einzelnen Messpunkte charakterisiert und Stationen mit ähnlichem Verhalten in Gruppen zusammengefasst. 1D- und 2D- Inversionsmodelle liefern einen direkten Hinweis auf die Leitfähigkeitsverteilung. Diese zeigt ausgeprägte laterale Änderungen. Aus den 2D-Modellen ergeben sich Hinweise, die darauf schließen lassen, dass diese Zone niedrigen Widerstands nicht durchgängig oder geschlossen sein muss, um die gemessenen Daten zu erklären. Der gute Leiter scheint weniger mit der Aufwölbung durch den vermuteten Mantelplume oder eine andere tiefer liegende Schmelzanomalie korreliert zu sein. Die lateralen und vertikalen Variationen lassen auf einen Zusammenhang mit den Vulkansystemen auf Island schließen. Darauf deuten auch die Induktionsvektoren hin, die lateral betrachtet stark variieren. Ein weiteres Ergebnis ist das Fehlen dieses Krustenleiters in einem mindestens 20km breiten Streifen entlang der Südküste.
In dieser Arbeit wird die erstmals von Stevenson et al. (89, GRL) beschriebene spannungsangetriebene Schmelzsegregation, die Kanalisierungsinstabilität, numerisch mit Hilfe des 2D Finite-Differenzen-Codes FDCON (Schmeling, 00, Kluwer) untersucht. Diese Untersuchung stellt eine Weiterführung der numerischen Experimente von Richardson et al. (96, JGR) und Hall et al. (00, GRL) dar, so dass die Erforschung der Kanalisierungsinstabilität erweitert wird um den Aspekt ihres Verhaltens bezüglich eines äußeren Spannungsfeldes bei verschiedenen initialen Porositätsverteilungen, der Untersuchung der Kanalisierungsinstabilität bei großen Dehnungen und der damit verbundenen Analyse der entstehenden Strukturen, des Einflusses des Auftriebs auf die Ausbildung von Kanalnetzwerken und um die abschließende Prüfung, ob durch ein durch die Kanalisierungsinstabilität ausgebildetes Kanalnetzwerk die Möglichkeit besteht, Schmelze zu einem MOR zu fokussieren. Die Kanalbildung wird derzeit von Holtzman et al. (03, G3) (Hochdruckexperimente an synthetischem Olivin+MORB), Spiegelman et al. (03, G3) (theoretische Untersuchung der Kanalisierungsinstabilität) und Rabinowicz et al. (04, JGR) (numerische Simulation und theoretische Betrachtung der Kanalisierungsinstabilität) intensiv untersucht, die Fokussierung der Schmelze behandeln Sparks et al. (94, Academic Press), Hall et al. (03, G3) sowie Kühn (05, in-press). Viskositätsunterschiede in einer schmelzgefüllten porösen Matrix verursachen bei deren Deformation einen Druckgradienten, welcher die Schmelze in Richtung der maximalen Hauptspannung anreichert und zur Ausbildung von Kanälen, welche eine inhomogene Schmelzverteilung aufweisen, führt. Die Wachstumsrate Alpha dieser Kanäle weist zur Wellenzahl k eine Proportionalität von Alpha ~ ak^2/(1+bk^2) auf. Dieser Zusammenhang hat zur Folge, dass sich ab einer bestimmten Wellenzahl alle Schmelzverteilungen größerer Wellenzahl gleich verstärken. Bei anhaltender Dehnung kann beobachtet werden, dass die ausgebildeten Kanäle an den verarmten Kanalstellen auseinander gerissen werden. Nachfolgend verbinden sich die hierdurch entstandenen Schmelzlinsen unter der Bildung von en-echelon arrays wieder, wodurch sich wiederum ein langer, in etwa um 45° ausgelenkter (linksdrehendes Koordinatensystem, mit 0° gleich der Vertikalen) Kanal bildet. Diese Beobachtungen fanden unter der Bedingung, dass kein Auftrieb zwischen Schmelze und Matrix existiert, statt. Wird dieser Auftrieb hinzugefügt, so ist erkennbar, dass eine Kombination zwischen den die Kanalisierungsinstabilität und den Auftrieb bestimmenden Parametern existiert, bei der sich Solitonen ausbilden. Diese Solitonen folgen bei ihrem schnelleren Aufstieg dem Verlauf der schmelzgefüllten Kanäle und passieren dabei, ohne ihre Form zu verändern, andere kleine Solitonen, die ihren Weg kreuzen. Die durchschnittliche Aufstiegsgeschwindigkeit der Solitonen entspricht einem Vielfachen der Aufstiegsgeschwindigkeit der Schmelze aufgrund von Segregation. Weiterhin deckt sich die Solitonaufstiegsgeschwindigkeit mit der von Schmeling angegebenen. Bisher konnte in die Theorie für trockene (wasserfreie) Medien kein frühzeitiger Abfall der Wachstumsrate bei großen Wellenzahlen implementiert werden. Lediglich unter dem Gesichtspunkt der Diffusion von Wasser zwischen der Matrix und der Schmelze und des erweichenden Effekts von Wasser konnte bei einer spezifischen Wellenzahl eine maximale Wachstumsrate gefunden werden (Hall et al., 2000, GRL). Der Versuch der Anwendung der bisher erzielten Ergebnisse auf die Interaktion eines aufsteigenden Plumes mit einer spreizenden Kruste erbrachte keine direkte Fokussierung der Schmelze zum MOR hin. Die Spannungsverteilung dieser Experimente zeigt, dass der Plumestamm aufgrund eines defokussierenden Kanalnetzwerks im Stamm sowie eines nahezu vertikal verlaufenden Kanalnetzwerks am Rand des Plumestammes von einer Zone erhöhter Schmelzkonzentration ummantelt sein könnte. In dieser Ummantelung steigt die Schmelze dann in vertikal verlaufenden Kanälen auf, wobei sie in den hier vorgestellten Experimenten (Plumekopfausdehnung ~150 km) in einer Entfernung von ~100 km zum MOR auf die Lithosphärenunterseite (Tiefe ~50 km) treffen würde. Aufgrund der Lithosphärenstruktur (Wurzel-t-Gesetz) könnte die Schmelze an der schrägen Lithosphärenunterseite zum MOR hin strömen (Sparks et al., 94, Academic Press sowie Hall et al., 03 G3). Diese Prozesse (Kanalisierungsinstabilität (Stevenson et al., 89, GRL), Entlangströmen der Schmelze an der Lithosphärenunterseite (Sparks et al., 94, Academic Press sowie Hall et al., 03, G3) und der Recyclingprozess der Schmelze) stellen das Erklärungsmodell dieser Arbeit dar, wie eine Fokussierung von Schmelze zum MOR bei einer Interaktion von diesem mit einem Plume aussehen könnte.