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Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Untersuchung einzelner chiraler Moleküle durch Koinzidenzmessungen. Ein Molekül wird chiral genannt, wenn es in zwei Varianten, sogenannten Enantiomeren auftritt, deren Strukturmodelle Spiegelbilder voneinander sind.
Da viele biologisch relevante Moleküle chiral sind, sind Methoden und Erkenntnisse dieses Gebiets von großer Bedeutung für Biochemie und Pharmazie. Bemerkenswert ist, dass in der Natur meist nur eines der beiden möglichen Enantiomere auftritt. Ob diese Wahl zufällig war, ob sie aufgrund der Anfangsbedingungen bei Entstehung des Lebens erfolgte, oder ob sie eine fundamentale Ursache hat, ist bisher ungeklärt. Seit der Entdeckung chiraler Molekülstrukturen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist eine Vielzahl von Methoden entwickelt worden, um die beiden Enantiomere eines Moleküls zu unterscheiden und ihre Eigenschaften zu untersuchen. Aussagen über die mikroskopische Struktur (Absolutkonfiguration) können jedoch meist nur mithilfe theoretischer Modelle getroffen werden.
Der innovative Schritt der vorliegenden Arbeit besteht darin, eine in der Atomphysik entwickelte Technik zur Untersuchung einzelner mikroskopischer Systeme erstmals auf chirale Moleküle anzuwenden: Mit der sogenannten Cold Target Recoil Ion Momentum Spectroscopy (COLTRIMS) ist es möglich, einzelne Moleküle in der Gasphase mehrfach zu ionisieren und die entstandenen Fragmente (Ionen und Elektronen) zu untersuchen. Die gleichzeitige Detektion dieser Fragmente wird als Koinzidenzmessung bezeichnet.
Zunächst wurde das prototypische chirale Molekül CHBrClF mit einem Femtosekunden-Laserpuls mehrfach ionisiert, sodass alle fünf Atome als einfach geladene Ionen in einer sogenannten Coulomb-Explosion „auseinander fliegen“. Durch Messung der Impulsvektoren dieser Ionen konnte die mikroskopische Konfiguration einzelner Moleküle mit sehr hoher Zuverlässigkeit bestimmt werden. Somit eignet sich die Koinzidenzmethode auch dazu, die Anteile der rechts- bzw. linkshändigen Enantiomere in einer Probe zu bestimmen. Die Messungen an der verwendeten, racemischen Probe zeigen bei der Ionisation mit linear polarisiertem Licht im Rahmen der statistischen Unsicherheit wie erwartet eine Gleichverteilung der beiden Enantiomere.
In einem nachfolgenden Experiment konnte gezeigt werden, dass sich die Coulomb-Explosion auch mit einzelnen hochenergetischen Photonen aus einer Synchrotronstrahlungsquelle realisieren lässt. Für beide Ionisationsmechanismen – am Laser und am Synchrotron - wurden mehrere Fragmentationskanäle untersucht. Im Hinblick auf die Erweiterung der Methode hin zu komplexeren, biologisch relevanten Molekülen ist es entscheidend zu wissen, inwieweit sich die Händigkeit bestimmen lässt, wenn nicht alle Atome des Moleküls als atomare Ionen detektiert werden. Hierbei stellte sich heraus, dass auch molekulare Ionen zur Bestimmung der Absolutkonfiguration herangezogen werden können. Eine signifikante Steigerung der Effizienz konnte für den Fall demonstriert werden, dass nicht alle Fragmente aus der Coulomb-Explosion des Moleküls detektiert wurden – hier lassen sich allerdings nur noch statistische Aussagen über die Absolutkonfiguration und die Häufigkeit der beiden Enantiomere treffen.
Um die Grenzen der Methode in Bezug auf die Massenauflösung zu testen, wurden isotopenchirale Moleküle, d.h. Moleküle, die nur aufgrund zwei verschiedener Isotope chiral sind, untersucht. Auch hier ist eine Trennung der Enantiomere möglich, wenn auch mit gewissen Einschränkungen.
Ein wichtiges Merkmal chiraler Moleküle ist das unterschiedliche Verhalten der Enantiomere bei Wechselwirkung mit zirkular polarisierter Strahlung. Diese Asymmetrie wird Zirkulardichroismus genannt. Die koinzidente Untersuchung von Ionen und Elektronen aus der Fragmentation eines Moleküls eröffnet neue Möglichkeiten für die Untersuchung des Dichroismus. So können die Impulsvektoren der Ionen mit bekannten Asymmetrien in der Elektronenverteilung (Photoelektron-Zirkulardichroismus) verknüpft werden, was zu einem besseren Verständnis der Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit chiralen Molekülen führen kann.
In dieser Arbeit wurde nach Asymmetrien in der Winkelverteilung sowohl der Ionen als auch der Elektronen nach der Ionisation von CHBrClF und Propylenoxid (C3H6O) mit zirkular polarisierter Synchrotronstrahlung gesucht. In den durchgeführten Messungen konnte kein zweifelsfreier Nachweis für einen Dichroismus bei den verwendeten experimentellen Bedingungen erbracht werden. Technische und prinzipielle Limitierungen der Methode wurden diskutiert und Verbesserungsvorschläge für zukünftige Messungen genannt.
Mit der erfolgreichen Bestimmung der Absolutkonfiguration und der prinzipiellen Möglichkeit, Asymmetrien in zuvor nicht zugänglichen Messgrößen zu untersuchen, legt diese Arbeit den Grundstein für die Anwendung der Koinzidenzspektroskopie auf Fragestellungen der Stereochemie.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Emission von Elektronen aus kleinen dissoziierenden Molekülen.
Die Frage, der hier nachgegangen werden soll: Wie läuft ein solcher Prozess, bei dem ein Molekül in seine atomaren Einzelteile zerbricht, tatsächlich ab? Während es Experimentalphysikern schon seit längerem möglich ist präzise Aussagen über den Zustand eines Systems vor und nach einer solchen „halben“ chemischen Reaktion zu machen, war es lange nicht möglich die Reaktion selbst zu be-obachten, da sie auf einer Zeitskala von einigen Femtosekunden (1 fs = 10-15 s) stattfindet. Eine Möglichkeit, solche Prozesse zu untersuchen, ist die Ionisation, also das Herauslösen eines Elektrons aus seinem gebunden Zustand im Molekül, und die anschließende Messung der kinetische Energie oder des Impulsvektors des Elektrons. Dadurch können Rückschlüsse auf die Bindungsenergie und die räumliche Verteilung der Elektronen im gebundenen Zustand gezogen werden. Wenn man in der Lage ist die Elektronen, die von einem dissoziierenden Molekül zu verschiedenen Zeitpunkten während des Dissoziationsprozesses emittiert werden, zu messen, so sollte es unter Umständen möglich sein, den Übergang von molekularen zu atomaren Orbitalen zu beobachten.
Zur Durchführung der Messungen wurde ein COLTRIMS-Multikoinzidenzimpulsspektrometer ver-wendet, mit welchem sowohl die kinetische Energie aller geladenen Reaktionsprodukte als auch deren vollständige Impulsvektoren koinzident gemessen werden können.
In einer Messung an Chlorwasserstoff wurde auf diese Weise die ultraschnelle Dissoziation angeregter neutraler Moleküle untersucht. Hierbei machte man sich den Umstand zunutze, dass die angeregten Zustände bei beliebigen internuklearen Abständen zerfallen und ein Auger-Elektron emittieren können.
Für den resonanten Auger-Zerfall der 2p-16σ-Zustände des Chlorwasserstoffmoleküls wurden unseres Wissens nach erstmals alle Komponenten der Impulsvektoren sowohl der Auger-Elektronen als auch der ionischen Reaktionsprodukte gemessen. Durch diese kinematisch vollständige Messung konnte der Prozess in bisher noch nie dagewesenem Detail untersucht werden. Zum ersten Mal konnte sowohl der angeregte Zustand nach der Absorption des Photons, als auch der elektronische Endzustand für jeden einzelnen Zerfall bestimmt werden. Aufgeschlüsselt nach diesen Zuständen konnten dann die Winkelverteilungen der Auger-Elektronen und die Aufteilung der Energie auf Elektron und Kernbewegung vermessen werden. Dies ist der vollständige Satz aller möglichen Beobachtungsgrößen, so dass die Daten über keine Größe mehr integriert wurden.
In einer Messung an H2O-Molekülen wurde ein Prozess untersucht, bei dem ein einfach geladenes angeregtes Molekül in zwei Fragmente dissoziiert und, wenn die Dissoziation bereits sehr weit fort-geschritten ist, ein weiteres Elektron emittiert. Hier konnte gezeigt werden, wie eine Anisotropie in der Elektronenwinkelverteilung eines dissoziierenden Moleküls mit Hilfe einer einfachen klassischen Simulation dazu verwendet werden kann, den Abstand zwischen einem Proton und einem angeregten Molekül, in welche das ursprüngliche Molekül dissoziiert, zu dem Zeitpunkt an dem das angeregte Molekül durch Autoionisation ein weiteres Elektron emittiert, zu bestimmen. Es wurde nachgewiesen, dass der Auger-Zerfall eines H2O+*-Ions, bei dem ein Sauerstoff 2s-Elektron aus dem Molekülverband entfernt wurde, erst bei sehr großen Abständen von mehreren 100 Ångström zwischen dem Proton und dem OH*-Molekül stattfindet.
Die dritte Messung an dem Ne2-Dimer beschäftigt sich mit der Frage, ob die in einem Molekül er-zeugten Vakanzen als lokalisiert oder delokalisiert zu betrachten sind. Wie bereits in vorhergegangenen Messungen dargelegt wurde, ist die Antwort auf die Frage für kovalente Moleküle eine Frage des Messprozesses. In Rahmen dieser Arbeit konnte nachgewiesen werden, dass dies auch für schwach gebundene Van-der Waals-Moleküle der Fall ist und deren Valenzelektronen ebenfalls unter bestimmten Umständen als delokalisiert angesehen werden müssen. Das ist insoweit überraschend, da die gängige Vorstellung eines solchen Moleküls die eines Systems aus einzelnen Atomen ist, welche nur durch kleine Ladungspolarisationen in den Elektronenschalen eine Bindung eingehen. Des Weiteren wurde gezeigt, dass sich der Prozess qualitativ mit einer einfachen Doppelspalt-Simulation erklären lässt, bei welcher ebene Wellen mit einem bestimmten Phasenversatz, der sich aus der Form der beteiligten Atomorbitale ergibt, von den beiden Kernen emittiert werden.
Die Dissoziation des Moleküls war selber nicht Gegenstand der Untersuchung, sondern wurde ausgenutzt um verschiedene elektronische Zustände, in welchen sich das Molekül nach der Ionisation befinden kann und von denen nur einer dissoziativ ist, zu unterscheiden.
In this work, the complex structure of ionization and dissociation pathways on the potential energy curves in small molecules were investigated that are initiated by the absorption of a sequence of multi-color pulses in the XUV, VUV, and IR spectrum. Femtosecond pump-probe spectroscopy was used to track the evolution of nuclear dynamics in neutral hydrogen molecules. Previously unpublished excitation and ionization pathways leading to the dissociative ionization of hydrogen molecules were investigated by employing 3D momentum imaging spectroscopy. These studies were extended to oxygen molecules where an XUV attosecond pulse train coherently ionized several electronic states of O2+ followed by the dissociation of the molecule via multiple pathways. The infrared electric field of the driving laser was then used to couple the electronic and nuclear wave-packets, thus, manipulating the dissociation dynamics of the molecule on an attosecond time scale.
In order to perform the experiments presented here, a novel experimental setup was developed and constructed. It combines an existing high-flux High Harmonic Generation light source that delivers attosecond pulse trains in the VUV and XUV spectrum with a state-of-the-art 3D momentum imaging apparatus (COLTRIMS), as well as a beamline consisting of several experimental tools enabling the selection, characterization, and propagation of the photon spectrum.
The implementation of pump-probe experiments with ultrashort laser pulses enables the study of dynamical processes in atoms or molecules, which may provide a deeper inside in their physical origin. The application of this method to systems as nitrous oxide, which is not only a simple example for polyatomic molecules but which also plays a crucial role in the greenhouse effect, promises interesting and beneficial findings. This thesis presents, on the one hand, the technical extension of an existing experimental setup for high-harmonic generation (HHG) and ultra-fast laser physics by an extreme ultraviolet (XUV) spectrometer for the in-situ observation of the harmonic spectrum during ongoing measurements. The present setup enables the production of short laser pulse trains in the XUV spectral range with durations of a few hundred attoseconds (1 as = 10^−18 s) via HHG and supports to perform XUV-IR pump-probe experiments using the infrared (IR) driving field with durations of a few femtoseconds. Moreover, a reaction microscope is implemented, which enables the coincident detection of several charged particles emerging from an ionization or dissociation process and to reconstruct their full 3-D-momentum vectors. With this technique it is possible to perform time-resolved momentum spectroscopy of few-particle quantum systems. Here, the design and the calibration of the XUV spectrometer is presented as well as a first application to the analysis of experimental data by providing information on the produced photon energies. On the other hand, the results of an XUV-pump IR-probe measurement on nitrous oxide (N2O) are discussed. With the broad harmonic spectrum (∼ 17 − 45 eV) it is possible to address several states of the singly and doubly ionized cation. One reaction channel is the single ionization into a stable state of N2O+. Here, the coincidently measured photoelectron energies allow the observation of sidebands, which served to estimate the pulse durations of the involved XUV pulse trains as well as of the fundamental IR pulses. Additionally, single ionization of nitrous oxide can lead to a dissociation into a charged and a neutral fragment. The four respective dissociation channels are compared by presenting their branching ratios, kinetic energy release (KER) distributions and their dependencies on the time delay between pump and probe pulse. In the production of the dication, there are two competitive processes: direct double ionization considering photon energies above the double-ionization threshold, and autoionization of singly ionized and excited molecules in the case of photon energies near the double-ionization threshold. In both cases, the ionization leads to a Coulomb explosion into two charged fragments, where the N − N bond or the N − O bond may dissociate. The influence of the IR-probe field on the ionization yield and the KER was investigated for both dissociation channels and compared. In addition, the corresponding photoelectron energy spectra are presented, which show indications for autoionizing states being involved, and their dependence on the delay and the KER of the respective ions is analyzed.