Literatur zum Film
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Die folgende Liste enthält "Spielfilme mit universeller oder partieller kriegsgegnerischer oder antimilitaristischer Tendenz" (Rauhhut 1977, 156). In die Liste aufgenommen wurden auch solche Filme, die in ihrer Haltung nicht eindeutig sind, die aber in der vorliegenden Literatur ambivalent diskutiert werden. Nicht berücksichtigt sind: - Atomkriegs- und Post-Doomsday-Filme (von wenigen Ausnahmen abgesehen) - Filme über Widerstand und Résistance - Attentate im Widerstand - allgemein antimilitaristische und pazifistische Filme - KZ- und Lagerfilme - Filme über politische Szenarien und Prozesse während des Krieges ("Historienspiele") - Filme, die unmittelbar nach Kriegsende spielen, sowie Nachkriegsfilme einschjließlich der Filme über Kriegsverbrecherprozesse. In die Liste sind Hinweise von Jeanpaul Goergen, Britta Hartmann, Michael Hergt, Martin Loiperdinger, Bodo Traber, Claus Tieber, Margrit Tröhler eingegangen. Erwähnt sei die Datenbank zum Kriegsfilm, die das Erich-Maria-Remarque-Friedenszentrum eingerichtet hat und laufend fortschreibt: http://www.krieg-film.de/
Der Beitrag befasst sich anhand von künstlerischen Arbeiten von Bettina Malcomess mit prekären Sichtbarkeiten und instabilen Narrativen im audiovisuellen Post-Apartheid-Archiv. Dabei werden das Nachwirken von Imperialismus und Apartheid in Südafrika und Strategien der Dekolonialisierung in künstlerischen Praktiken thematisiert.
Dunkelheit greift unmerklich um sich! Alles starrt wie gebannt in dieselbe Richtung. In die Richtung aus der das Ereignis erwartet wird. Es dauert nur Sekunden und das Licht ist ganz verloschen. Am heillichten Tag ist es finster wie in der Nacht. Das Ereignis ist vorhersagbar und dennoch übt es immer wieder dieselbe Faszination auf die Menschen aus. Alle, die daran teilhaben, wissen, dass sie danach nicht mehr dieselben sein werden.Nur noch wenige Augenblicke, dann ist es stockfinster. Es wird stiller und stiller. Eigenartige Lichtblitze erscheinen im Gesichtsfeld. Wie immer dauert es lange Sekunden, bis sich die Augen vollständig an die optisch neue Situation gewöhnt haben. Dann wird es ganz unvermutet und blitzartig wieder heller. Die ersten Bilder werden sichtbar; der Film beginnt. Tatsächlich ist Kino – gerade wenn man sich die Extravaganz leistet, es tagsüber zu besuchen – ein wenig wie eine Sonnenfinsternis. Ein Ereignis, das passiert, ohne dass einer der Zusehenden Einfluss darauf nehmen könnte. Eines der Ereignisse, die auch dann ablaufen, wenn man ihnen keine Aufmerksamkeit schenkt. Es lebt davon, dass es die realen Bilder ausblendet und die Arena frei gibt für die Imagination.
Ausgehend von der These, dass insbesondere psychologisierende Filmmusik oft in einer changierenden Bedeutungsbeziehung zur Szene und den Figuren steht und dass das Akzeptieren von Musiken als Darstellung der inneren Realität von Figuren auf einem Prozess der Synthese diverser Kontextinformationen beruht, wird ein Modell der Perspektivität der Filmmusik und ihrer damit einhergehenden semantischen Aufladung vorgeschlagen und an einem Beispiel durchgespielt.
Die folgenden Angaben listen zu den einzelnen Serien den Originaltitel, das Produktionsland, den oder die ausstrahlenden Sender, das Produktionsjahr/ Ausstrahlungsjahr, die Folgenanzahl, die Sendedauer der Folgen, die Staffelanzahl, den Regisseur, das Genre sowie eine Inhaltsangabe auf. Bei Koproduktionen werden zusätzlich Angaben über den Erstaustrahler sowie über das Ausstrahlungsjahr aufgeführt.
Einen wesentlichen Einfluss auf die Ästhetik des cinéma vérité hatte die Entwicklung tontauglicher Handkameras, die den Filmemachern die ästhetische Möglichkeit einer Manipulation und Differenz (im Sinne einer bewussten, eingreifenden Dissoziation und Disjunktion) von Akustischem und Visuellem eröffnete. Anhand ausgewählter Szenen von CHRONIQUE D’UN ÉTÉ möchte ich im Folgenden zeigen, wie sich diese Bewegung auf ästhetischer Ebene darstellt. Im Mittelpunkt soll der Akt des Offenlegens und Reflektierens des filmischen Schaffensprozesses stehen, der als wesentlicher Aspekt filmischer Modernität bezeichnet werden kann. Zu weiten Teilen folge ich dabei den Schriften von Jean-Louis Comolli und Gilles Deleuze, insbesondere was die prominent beschriebene Durchdringung von dokumentarischem und fiktionalem Stil betrifft, die sich in CHRONIQUE D’UN ÉTÉ nicht nur auf bildlicher, sondern auch und gerade – und das ist das Wesentliche an meiner Argumentation – auf akustischer Ebene nachweisen lässt.
Das Sehen steht am Anfang jeglicher Deutung und Analyse filmischer Werke. Die Lektüre eines Films bedarf der visuellen Erfahrung. So trivial dieser Sachverhalt, so grundlegend ist doch die damit verbundene Frage nach der Bedeutung des Sehens für das filmische Bild. Wie wäre also eine filmische Lektüre von einer Lektüre im klassischen Sinn zu unterscheiden? Den Film als Text im weiten Sinn aufzufassen und zu lesen ist in den Medienwissenschaften durchaus geläufig. Knut Hickethier zufolge haben Film und Fernsehen das „Erzählen visualisiert". Doch wird eine solche durchaus legitime, ja für die Analyse produktive Annahme dem Filmbild gerecht? Sind Filmbilder per se narrativ oder zeigt sich in ihnen auch ein spezifisches ikonisches Moment, das nicht in einer Erzählstruktur aufgeht? In der anhaltenden Diskussion um den Iconic Turn wird stets auf die Differenz des Bildlichen als Erkenntnismodell und Wissenskategorie hingewiesen. Ein wesentlicher Bestandteil der ikonischen Differenz betrifft dabei die Darstellungsweise narrativer Episteme. Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen in der Bilderzählung demonstriert etwa das simultane Erscheinen zeitlich-sukzessiver Ereignisse. Der Film wird zwar in der Regel auch den Bildkünsten zugeschlagen, doch eine solche Simultanität von Handlungsabläufen ist in diesem Medium eher selten zu beobachten. Der Mythos des Kinofilms installiert sich vielmehr gerade über die allgemeine Vorstellung, dass der Film Geschichten erzähle. Gleichwohl artikuliert sich - und nicht nur im experimentellen oder im Essay-Film - in der filmischen Darstellungsform eine Differenz des Bildlichen. Sie wird dann besonders relevant und anschaulich, wenn das Bildliche selbst in den Fokus der Narration gerät, wenn mithin die Erzählung in Bildern von Bildern erzählt. Dies geschieht insbesondere im autothematischen, selbstreferentiellen Film. Im deutschen Film findet sich dieser Gestus vor allem im Werk von Wim Wenders. Wenders gehört zweifelsohne zu den bedeutendsten Geschichten-Erzählern des Neuen Deutschen Films. Doch gleichzeitig dokumentieren seine Filme eine deutliche Sympathie für eine nicht-narrative Bildlichkeit.
Inhalte der Kunst spiegelten schon immer die Diskurse der Gesellschaften wider, in denen die Künstler tätig sind oder waren. In der Moderne ist dies wohl am deutlichsten im Bereich des Filmschaffens und dort bei den "Underground"-Regisseuren festzustellen. Das Wochenend-Filmseminar Movies that blow your mind - Die Filme des David Cronenberg, das im Frühjahr 1998 stattfand und in dem die philosophischen Inhalte des Genres bereits angerissen wurden, hat dies deutlich gezeigt. Im nun geplanten Wochenendseminar über den Filmautoren George A. Romero (Pittsburgh, USA) sollen die Ergebnisse aus dem Cronenberg-Semiar übertragen und der gesellschaftsphilosophische sowie erkenntnispraktische Aspekt seiner Zombiefilme herausgestellt werden.
In die folgende Liste sind Hinweise von Tom Knieper eingegangen. Einen Aufblick auf den kleinen Motivkreis gebe ich in meinem Artikel „Zwischen Empörung und Naivität. Auslandskorrespondenten im Film, die Globalisierung und die Dritte Welt.“ In: Festschrift für Karl Prümm. Hrsg. v. Andreas Kirchner, Astrid Pohl und Peter Riedel. Marburg: Schüren 2010 [i.V.].
[E]in genauerer Blick auf 'Schindler's List' [kann] den skizzierten Tenor der deutschen Rezeption, es handele sich um einen ,,zutiefst unideologischen Film" […] von quasi-dokumentarischer Authentizität, nicht bestätigen […]. Weder ähnelt der Film in seiner Gestaltung einem dokumentarischen Darstellungsstil, noch ist er historisch getreu. Vielmehr versucht Spielberg das Dilemma einer künstlerischen Gestaltung des Holocaust zu lösen, indem er das historische Material […] zu schematisierten Formen von Erfahrung [bündelt], deren stereotype Prägnanz und kalkulierte Wirkungskraft zu einer gewissen Enthistorisierung des dargestellten Geschehens führen. [Dies] zielt auf eine kathartische Teilnahme am Schicksal der Protagonisten, auf identifikatorischen Jammer und anteilnehmenden Schauder […], eine besondere, ästhetische Form der Lust. […] Einige Kritiker des Films haben ihn deswegen als "seelische Schnell-Reinigung, als Instant-Absolution, als Gefühls-Quickie" kritisiert […], andere sahen darin gerade den "Geniestreich" Spielbergs, weil so "das von Schindler Vorgelebte und im Film Vorgeführte zum Vorbild wird". […]. Man kann diesen Konflikt […] als Ausdruck einer allgemeineren kulturellen Situation beschreiben: Der weltweite Erfolg der Authentizitätsfiktion von 'Schindler's List' wäre dann Folge einer distanzierteren kulturellen Haltung gegenüber dem Holocaust, die nicht den Authentizitätskriterien solcher Zuschauer genügt, die persönliche Erfahrungen mit dem Holocaust verbinden.
Autor*innenfiguren finden sich seit Anbeginn der Filmgeschichte im audiovisuellen Medium - und zwar sowohl als Rekurrenz auf tatsächlich existierende historische Autor*innen als auch auf fiktive Schriftsteller*innen, die für die jeweilige Narration mitsamt der von ihnen geschriebenen Werke kreiert sind. Es bleibt eine spannende Frage, warum das audiovisuelle Medium ein so großes und langlebiges Interesse an Prozessen des Imaginierens, Schreibens und Publizierens hat, das besondere Konjunkturphasen während Herausforderungslagen des Mediums durchlebt - wie beispielsweise die jüngste Welle rund um das Millennium, die mit der zunehmenden Digitalisierung des Films zusammenfiel. Dieser Zusammenhang zwischen sich verändernden medialen Begebenheiten und dem Interesse an Autor*innenfiguren lässt sich nun auch im seriellen Erzählformat des Mediums finden. Der jüngst zu beobachtende Wandel des seriellen audio-visuellen Erzählens vollzog sich insbesondere durch das Aufkommen von Streaming-Diensten und der damit von Sendezeiten der Fernsehsender losgelösten Verfügbarkeit aller bis dato veröffentlichten Episoden einer Serie. Während zuvor ein wöchentliches Warten auf einzelne Folgen und (abgesehen vom Sonderfall der Wiederholung) nur die Verfügbarkeit dieser jeweiligen Episode gewährleistet war, besteht nun die Möglichkeit über 'Binge Watching' große Abschnitte einer Serie auf einmal anzusehen. Hierüber ergibt sich die Möglichkeit komplexe und stringent fortlaufende Handlungsstränge im seriellen Format zu erzählen. [...] Im Kontext dieser Verschachtelung von Spannungsbögen werden auch an die Darstellung von Autorschaft im seriellen Erzählformat Anforderungen gestellt, die deutlich von denen des Spielfilmformats abweichen und sich als folgende Hypothesen formulieren lassen: 1. Aufgrund ihrer Länge und der Untergliederung in einzelne Episoden mit jeweils eigenen kleinen Höhepunkten kann nicht nur die Entstehungsgeschichte eines Werks im Fokus der Narration stehen. Autor*innen im seriellen Erzählformat müssen immer wieder neue Werke angehen, sich auf immer wieder neue Art mit diesen auseinandersetzen und sich durch deren Vollendung erneut beweisen. 2. Das schöpferische Potential und der Akt der Entstehung eines Werks werden im Rahmen der Spannungsbögen getaktet. [...] 3. Als Weiterführung der letzten Konjunkturwelle im Spielfilmformat ist ein deutlich intensivierter transmedialer Umgang zu verzeichnen. [...] Wie sich diese drei Annahmen in einzelnen Beispielen manifestieren, soll anhand drei unterschiedlicher Typen von Autorenfiguren in amerikanischen Serien aufgezeigt werden.
Batman Begins
(2005)
Mythos – Narrative Überlieferung aus einer vorschriftlichen Epoche; auch: Form eines vorrationalen Weltverständnisses. [...] In der fortlaufenden Tradierung und Rezeption entstehen zahlreiche Varianten, die unterschiedliche diskursive Funktionen erfüllen. (Reallexikon Literaturwissenschaft) It’s not what I’m within. It’s what I do that defines me. (Batman, Comic-Held)
Der massenkommunikativen Möglichkeiten des Rundfunks als "Zeitung ohne Papier und 'ohne Entfernungen'" waren sich die Kulturoffiziere "im Waffenrock der Roten Armee" in Ostdeutschland nach dem Kriege von vornherein bewußt: weite Streuung der Information und Erreichbarkeit der gesamten Bevölkerung, hohe Operativität, starke Authentizität durch LiveÜbertragungen, direkte und aktuelle Berichterstattung. Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) schaffte sich die notwendigen gesellschaftlichen Voraussetzungen für den ungehinderten Zugriff auf die Funkmedien einerseits durch die Enteignung der verbliebenen Elektronikindustrie und späterer Überführung in "Volkseigentum". Andererseits unterstützte sie sogleich juristisch, institutionell und technisch den Auf- und Ausbau eines Deutschen Demokratischen Rundfunks in der SBZ, übertrug den neu eingesetzten Behörden wie der Deutschen Zentralverwaltung für Volksaufklärung die Einrichtung von Redaktionen und versorgte die Sendeeinrichtungen mit - äußerst knapper - Energie. Ende 1946 hatten neben dem Berliner Rundfunk weitere sechs Regionalsender mit ihrem regelmäßigen Programm für schon mehr als 2 Millionen angemeldete Hörer begonnen.
Charlies Maschinensturm, so triumphal er streckenweise auch anmuten mag, währt nicht eben lange: Schon bald erklingt die Sirene des herannahenden Krankenwagen, der den geistig verwirrten Helden in die Irrenanstalt abtransportiert. Eine Abblende folgt, womit der erste, ohne Frage berühmteste(und wohl auch gelungenste) Abschnitt von "Modern Times" sein Ende findet. In formalästhetischer Hinsicht außerordentlich homogen, bildet dieser zugleich Kulminationspunkt und "summa" der mechanisierungsbasierten Körperkomik Chaplins und lädt - die sollte auf den vorangegangenen Seiten deutlich gewor-d nein - wie kaum eine andere Sequenz der Filmgeschichte zu einer komiktheoretischen Betrachtung im Sinne Bazin und Bergsons ein. Ja, man ist versucht zu behaupten, letzterer hätte, gesetzt den Fall, "Das Lachen" wäre nicht schon wenige Jahre nach der Geburtsstunde des Films, sondern erst nach der Uraufführung von Chaplins Komödie geschrieben worden, deren Fabrikszenen zur Veranschaulichung einer Argumentation und Thesen bemüht.
Wie das Auge des Conquistador vermisst die Kamera den Amazonasdschungel im Vorbeifahren. Sie belichtet ihr Material mit den Bildern des Urwalds, wie die Eroberer die weißen Flecken auf ihren Landkarten mit ihrem neuen Besitz "belichteten" und füllten. "Unser Land ist jetzt schon gut sechsmal größer als Spanien und jeder Tag unterwegs macht es gewaltiger", sagt Fernando de Guzman in Werner Herzogs Aguirre, der Zorn Gottes, während die Kamera unentwegt die Bilder von Guzmans zukünftigem grünen Grab abfilmt. Thomas Mauch heißt der Kameramann, der für Herzog die Bilder des Dschungels eingefangen hat. Mauch, der am 4. April 1937 in Heidenheim (am Brenz in der Nähe von Ulm) geboren wurde, arbeitet seit dem Film Auch Zwerge haben klein angefangen (1968) mit Herzog zusammen. Immer wieder sind es Stoffe, bei denen Herzog Abenteuer und einen dokumentarischen Blick benötigt, zu denen er Thomas Mauch verpflichtet.
Daß es nicht unbedingt die bewegten Bilder sind, die uns bewegen, sondern daß uns oft gerade das bewegt, was sich nicht bewegt, ist eigentlich eine triviale Alltagsbeobachtung. Sie bedürfte keiner weiteren Erörterung, wenn sie nicht in ein medienhistorisches Umfeld fiele, das alles daransetzt, sie zu falsifizieren. So stoßen wir heute häufig auf Bewegungsbilder, die unsere unwillkürliche Aufmerksamkeit affizieren und deshalb als Ursache für innere Bewegungen genommen werden, obwohl es nur Reaktionsmechanismen sind, die sich in der Habituation rasch abschleifen (D 00). ...
Bibliographie der Filmmusik
(2008)
In die folgende Bibliographie sind Hinweise von Claudia Bullerjahn, Michael Hergt, Ludger Kaczmarek, Ingo Lehmann und Mirkko Stehn eingegangen. Die namentlich gekennzeichneten Annotationen sind uns freundlicherweise vom Projekt „Bibliographie für die Musikwissenschaft“, hrsg. v. Staatlichen Institut für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz, Berlin, überlassen worden (online: http://www.sim.spk-berlin.de/start.php). Wir danken Herrn Carsten Schmidt für seine Kooperationsbereitschaft.
In Fortführung der Bibliographie der Filmmusik (Medienwissenschaft/Hamburg: Berichte und Papiere, 87, 2008; rev. 2012, <http://berichte.derwulff.de/0087_08.pdf>, setzen wir das Verzeichnis der immer noch rasant ansteigenden Publikationen der Filmmusikforschung vor. Unseren Lesern sind wir dankbar für Hinweise auf Übersehenes und Neuerscheinungen (hwulff@uos.de) – das vorliegende Verzeichnis soll nach angemessener Zeit fortgeschrieben werden.
Bibliographie Montagetheorie
(2003)
Künstlerische Filmmontage ist beides: theoretisch reflektierte ästhetische Praxis und praktisch gewendete Theorie. Die Bibliographie “Montagetheorie“ soll anderen die Arbeit an solchem breiten Montagebegriff erleichtern. Sie ist von Studierenden und mir als Arbeitsmaterial für den “Studiengang Schnitt/Montage“ an der HFF-Babelsberg zusammengetragen worden. (Die nicht getilgten Signaturen der HFF-Bibliothek und auch die studiengangsinternen nicht-öffentlichen Arbeitspapiere (Übersetzungen, Typoskripte usw.) lassen das erkennen.) Es wäre rücksichtsvoll, wenn ich nicht für Literaturrecherchen, sondern lediglich für Danksagungen kontaktiert werden würde. Meine Danksagungen gehen an Tina Hillmann, Eberhard Nuffer und viele andere, deren Arbeit hier eingegangen ist.
Die vorliegende Spezialbibliographie entstand 1987 als Arbeitsgrundlage für meine Magisterarbeit. Die 420 Einträge sind nach dem unten aufgeführten Gliederungsprinzip geordnet, da viele Buch- und Aufsatztitel keine oder irreführende Auskunft darüber geben, welche Art von Filmtiteln im Text behandelt werden. ‚Werktitel’ bezeichnet dabei den Namen eines Films im Gegensatz zu seiner Repräsentation im Film. Um das dürftige Angebot an Fachliteratur zu einer 'Geschichte der Titeltechnik' zu ergänzen, wurden selbstständige Publikationen berücksichtigt, die sich mit der Titeltechnik von Schmalfilmen auseinandersetzen; Zeitschriftenaufsätze zu diesem Thema wurden dagegen vernachlässigt. Zu den Bereichen Kunst und Literatur wurde nur eine Auswahl von Texten angegeben, die die sehr ausführliche Bibliographie von Hans Jürgen Wulff (WULFF 1979) ergänzen. Bei vielen der aufgeführten Artikel aus Tages- oder Wochenzeitungen ist der Autor gar nicht oder nur durch ein Kürzel gekennzeichnet. Diese Texte stehen jeweils am Ende einer Rubrik und sind chronologisch geordnet, da sie in erster Linie von historischem Interesse sein dürften. Artikel, die in verschiedenen Zeitungen - meist unter anderer Überschrift - erschienen sind, werden jeweils unter der jeweiligen Erstveröffentlichung aufgeführt und sind durch Einrückung gekennzeichnet. Sind die Angaben für das Auffinden eines Artikels ungenügend, so wird auf die Bezugsquelle (das Archiv des Deutschen Institutes für Filmkunde in Frankfurt am Main [DIF]) hingewiesen. HvK
Vorliegende Publikation verfolgt ein anderes Konzept. Auch sie will auf interessante Angebote im digitalen Reich aufmerksam machen. Sie beschränkt sich jedoch nicht auf den bloßen Link oder den knapp kommentierten Hinweis auf ein Programm, sondern charakterisiert das jeweilige Angebot im Blick auf seine praktische Brauchbarkeit. Das Kriterium der Brauchbarkeit sind die Erfahrungen, die der Autor jeweils damit gemacht hat. Man könnte eine solche Auswahl subjektiv nennen, aber wer, außer Subjekten, kann überhaupt etwas beurteilen?
Das Kunstwort Biopic – eine Kurzform für biographical picture – ist eine Allgemeinbezeichnung für den biographischen Spielfilm. Es wurde zuerst wohl als Slangausdruck von der Variety gebraucht. Im Deutschen war früher die Bezeichnung Filmbiographie verbreitet; inzwischen ist auch hier die Rede vom Biopic üblich geworden.
Biopics der Unterhaltungsmusiker : eine Arbeitsfilmographie : nebst erster bibliographischer Notizen
(2015)
Die hier vorliegende Filmographie sucht die biographischen Filme über Unterhaltungs-Musiker seit 1930 zu versammeln. Aufgenommen wurden ausschließlich Langfilme mit einer Spieldauer von mehr als 60 Minuten. Nur marginal sind auch wenige Pseudo-Biopics und Mockumentaries verzeichnet (einschließlich weniger Filme über die Geschichte von Plattenlabels). Auf eine Differenzierung der Unterhaltungsformen (Musical und Operette, Showbühne und Revuetheater, Country-Music, Chanson, Schlager, Rock- und Popmusik etc.) haben wir angesichts des Nebeneinanders der Gattungen sowie des rasanten historischen Wandels der populären musikalischen Unterhaltungsformen verzichtet. Die Beschreibungen stützen sich zum geringeren Teil auf Autopsie, größeren Teils auf die vorliegenden Beschreibungen in Katalogen, Lexika und biographischen Abrissen, Pressemitteilungen, Kritiken und anderem mehr. Wurden die Filme auch in Deutschland gezeigt, haben wir die deutschen Verleih- bzw. Sendetitel mit aufgeführt. Alle Texte wurden von Katja Bruns, z.T. von Caroline Amann durchgesehen. Vor die Filmographie haben wir die wissenschaftlich bedeutsamen Artikel und Bücher gestellt, die wir haben identifizieren können und die von allgemeinerem Interesse sind. Einige der Filme haben analytische Aufmerksamkeit auf sich gezogen; diese Artikel und Bücher finden sich unter den Einträgen der Filmographie.
Bereits mit dem Titel dieses Bandes wird in Aussicht gestellt, darin "Biopolitik(en) in Literatur, Film und Serie" zu thematisieren. Mit der Überschrift dieses Beitrags wird hierzu analog angekündigt, die "Modi der Aushandlung menschlichen Lebens in (Gegenwarts-)Literatur, Film und Serie" zu untersuchen. Was jedoch meint 'in' im gegebenen Kontext? Worin besteht die Konnexion zwischen biopolitischer Thematik und künstlerischem Medium, die über die Präposition zum Ausdruck gebracht wird? Zunächst kann ein Auftreten biopolitischer Themen in Erzähltexten auf Ebene der 'histoire' festgestellt werden, insofern Biopolitik in ihren diversen Spielarten die Settings und Plots literarischer wie filmischer erzählender Texte ausgestaltet. [...] Weitergehend kann eine Wirksamkeit biopolitischer Fragestellungen in Erzähltexten auf Ebene des 'discours' konstatiert werden, sobald Biopolitik zum Reflexionsanlass eines erzählenden Textes wird. Über Szenario und Handlung hinausgehend, eröffnen semantische, narratologische oder metafiktionale Auseinandersetzungen mit biopolitischen Fragen neue Aushandlungs- und Reflexionsräume, in denen Biopolitik perspektiviert und problematisiert wird und mit denen eine kritische Revision durch die Rezipierenden initiiert wird. In dieser Variante biopolitischer Thematik in erzählenden Texten wird somit Biopolitik nicht nur zur Darstellung gebracht, sondern zur Disposition gestellt. In dieser Weise kann ein Erzähltext selbst als Beitrag zum biopolitischen Diskurs fungieren und als solcher Lebenswissen generieren. Auf diesen Prämissen aufbauend werden im Folgenden zunächst der Begriff der Biopoethik und die Besonderheiten biopoethischer Modi skizziert, bevor eine ausführlichere Betrachtung vier solcher Modi an konkreten Erzähltextbeispielen erfolgt. Als komplementäre Ergänzung zur Produktivität biopolitischer Diskurse, wie sie im voranstehenden Beitrag erarbeitet wird, soll so die Produktivität narrativer Biopolitik(en) verdeutlicht werden.
Als das Kinopublikum 1928 unvermutet mit einer Szene konfrontiert wurde, in der einer Frau eine Rasierklinge den Augapfel zerschnitt, schien sich dieser Schnitt im Auge des Rezipienten auf eigentümliche Weise zu wiederholen. Gewalt existierte schon vor Louis Buñuels und Salvador Dalís Un chien andalou (1928) im Film, doch war sie eher struktureller Natur. Die neue Explizitheit des abgebildeten Grauens eröffnete eine Genealogie, welche einerseits ein hochspezialisiertes Filmproduktionsgewerbe schuf und andererseits das Kinopublikum und die Kritik so erfolgreich spaltete, wie kaum ein zweites Metagenre.
Als 1963 der amerikanische Exploitationfilmer Herschell Gordon Lewis den allerersten Gorefilm Blood Feast drehte, änderte sich das Gesicht des Horrorfilms. Jetzt hat das Berliner DVD-Label "cmv" eine Auswahl seiner Filme erstmals auf den deutschen Markt gebracht – und selbst 41 Jahre nach der Erstveröffentlichung von Blood Feast scheint der Film die Gemüter noch immer maßlos zu erregen. "Haben Sie jemals einer wirklichen Menschenschlachtung beigewohnt?", fragt Zauberer Montag in Herschell Gordon Lewis’ Film Wizard of Gore (1970) sein Publkum. Das hat es nicht und deshalb führt er sie ihm vor. "Live, in Farbe und aus nächster Nähe“ werden von Show zu Show junge Frauen auf kreativste Art und Weise zu Tode gebracht. Die Darstellung eskaliert jedes Mal in einer Orgie aus Blut und Eingeweiden. Hier wird die Grundidee des Gorefilmes mitinszeniert. ..."
Born to Boogie
(2010)
Mehr als 30 Jahre lagerten zeit- und musikgeschichtlich wichtige Dokumente fast unberührt in einem Depot in der Nähe Londons - Material, das eine Band porträtiert, die maßgeblichen Einfluss auf die Rockmusik allgemein genommen hat: T.Rex. Mit ihrem progressiven Rock und einer zunehmend glamourösen Attitüde, besonders des Frontmanns Marc Bolan, prägten sie wesentliche Elemente des 1970er-Jahre-Rocks.
Wie der Medienwechsel vom Roman zum Film und die spezifische Medialität von Brief, Buch und Film reflektiert wird, möchte ich an zwei Verfilmungen von Johann Wolfgang Goethes monophonem Briefroman "Die Leiden des jungen Werthers" (1774/87) zeigen. Für Goethes "Werther" verzeichnet die Internet Movie Database 18 Verfilmungen, von denen viele historisierend sind und einige nicht direkt auf Goethes Roman, sondern auf Jules Massenets Oper basieren. Aus den vielen "Werther"-Verfilmungen habe ich zwei ausgesucht, die sich gut ergänzen und über Medialität reflektieren: Egon Günthers historisierende, in der DDR entstandene Verfilmung "Die Leiden des jungen Werthers" von 1976 und Uwe Jansons aktualisierende Adaption "Werther" (D 2008). "Die Leiden des jungen Werthers" ist Egon Günthers letzter Kinofilm in der DDR, der phantasievoll mit der Vorlage umgeht und Systemkritik übt. Mit Uwe Jansons "Werther" analysiere ich eine Verfilmung, die Werthers Geschichte vom 18. ins 21. Jahrhundert versetzt.
'Sting - Bring on the night' bietet sich selbst als Dokumentation und Inszenierung zweier Geburtsstunden an: Zum einen hält der Film das erste Solo-Konzert Stings nach seinem Ausscheiden aus der Gruppe Police fest; zum anderen erblickt Jake, Stings viertes Kind, im März 1985 das Licht der Welt. Gemeinsam haben Vater und Sohn dabei eines: Beiden gelingt der gesunde Start in ein neues Leben. Die Parallele der "Geburten" wirkt gesucht, täuscht eine Naivität vor, die weder Film noch Akteure haben. Die Handlung des Films ist schnell erzählt. Er ist in zwei Abschnitte aufgeteilt: zunächst die heiße Phase der Proben vor dem ersten Solo-Konzert Stings, den zweiten Teil bildet das Konzert selbst. Dass der Abschnitt der Proben genau über neun Tage von der Kameracrew begleitet wird, wird mit kurzen Rückblenden auf die Proben und Entstehung der Songs und Szenen aus dem Kreißsaal unterstrichen - auf die erschließende Metapher hindeutend, neun Tage Konzertvorbereitung in Analogie zu neun Monaten Schwangerschaft zu setzen, die aber durchsichtig ist und sich nur schwer erschließt.
Die zahlreichen aus Amerika importierten Kriegsfilme, die seit dem Ende des Krieges, vor allem aber in den frühen 1950er Jahren in bundesdeutschen Kinos liefen, hatten nach Meinung vieler Kritiker der Zeit zunächst die Funktion, „das Publikum im Kino erneut für kriegerische Tugenden wie Opfertod und Vaterlandsliebe, Ruhm und Ehre, blinden Gehorsam und fanatische Pflichterfüllung, blutigen Kampf und männliche Bewährung zu begeistern, die in der deutschen Öffentlichkeit noch heftig umstritten waren“ [1]. Auch im Rückblick scheint es plausibel zu sein, den Kriegsfilmen aus den USA eine Pilotfunktion zu unterstellen, sie bereiteten die ‚Kriegsfilmwelle‘ auch in der deutschen Filmproduktion vor.
Bärenfilme : ein filmobibliographisches Dossier zu den Rollen und
Funktionen von Bären im Film
(2012)
Ob als fürsorgliches Muttertier, einfältiger Tollpatsch, unkontrollierbare Bestie oder schützenswertes wildes Tier – der Bär zählt zweifellos zu den populärsten tierischen Protagonisten in fiktionalen wie nichtfiktionalen Filmen. Die Geschichte der filmischen Bärendarstellung ist fast so alt wie die Geschichte des Films. Die ersten Bären wurden während der Bärenfütterung im Zoo, mit Zirkuskunststückchen oder in Jagdfilmen abgelichtet. Die Kette mit fiktionalen und nichtfiktionalen Aufnahmen von Bären in Zoos und Zirkuszelten, in freier Wildbahn oder als Tanzbären auf Jahrmärkten ist seitdem nicht mehr abgebrochen. Bären finden sich in allen Genres, sie bedienen alle Rezeptionsaffekte. Von sentimentalen Tiergeschichten über Horrorfilme bis hin zu primär informativen Tierdokumentarfilmen – Bären sind als filmische Darsteller von einer ähnlichen Universalität wie menschliche Figuren, können bedrohliche Killer genauso sein wie Helfer in Notlagen, als hilflose Bärenjunge Mitleid und Fürsorge auf sich ziehen wie aber auch den Jäger zum Kräftemessen einladen.
Tarr Béla ist der international einflussreichste mitteleuropäische Filmemacher der Nach-1989er-Dekaden – was nicht heißt, dass sein Schaffen allgemein geläufig und regelmäßig zu sehen wäre, ganz im Gegenteil.
Davon abgesehen: Wenn die Leute vom Schaffen Tarrs schwärmen, der Radikalität seiner Ästhetik, dann reden sie in Wirklichkeit eigentlich immer nur von einem Film: Sátántangó (1994), ein rund siebeneinhalb Stunden langes Monument, das damals, noch während seiner ersten internationalen Vorführung bei der Berlinale 1994, zum Axiom einer ästhetischen Spätmoderne akklamiert worden war. Wobei kaum jemand Sátántangó je zu sehen bekam, was daran liegt, dass sich Kinos nur in Ausnahmefällen dazu aufschwingen, solche Normensprenger zu zeigen. Freilich gibt es DVD-Veröffentlichungen; da sieht und hört man zwar was, nur gelebt hat man Sátántangó so nicht. Wie auch, wenn weder der Film selbst atmet noch eine Menschenmasse oder zumindest -menge um einen herum, und man mit ihr? Und darum geht es bei diesem Brocken filmgewordenen Lebens, überhaupt dem Schaffen Tarrs: Die Erfahrung von Gegenwart und Gemeinschaft, Dauer und Raum angelegentlich einer Präsentation schwarzweißer Bilder und einiger weniger Klänge, die mal Worte sind und mal Töne und mal Musik. Sátántangó, dieses Antiepos vom Zerfall einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft in spät- bis postkommunistischen Zeiten, besteht im Wesentlichen aus Plansequenzen, die auch mal zehn, zwölf Minuten lang sein können.
Ein Krieg tobt. Ganz im Verborgenen, aber an Milliarden Fronten gleichzeitig. Eine Schlacht, die seit jeher von den gleichen Parteien geführt wird, die den Angreifer immer erbitterter zuschlagen, den Angegriffenen sich immer verzweifelter wehren lässt. Ein Krieg mit ungleichsten Waffen geschlagen: Die Zeit und das Fleisch gegen die kleinen elektrischen Blitze: das Ich. Seit ich denken kann, kämpfe ich in diesem Krieg: Das Bewusstsein gegen den Körper: Ein ständiger Zustand von Stalingrad! Doch je bewusster ich mir meiner Niederlage werde, desto erbitterter versuche ich sie zu verhindern. Kann ich mein Fleisch bezwingen, oder wird der Zynismus siegen: das was “ichÒ sagt zum fleischlichen sarg dieses ich werden? Ich bin ein kriegsgefangener meines Körpers, der mich jeden abend begnadigt, um mich morgens erneut dem Erschießun gskommando vorzuführen. Damit ist im Großen und Ganzen beschrieben, worum es gehen soll. Mein Bewusstsein verneint die Endlichkeit seiner Hülle, doch diese geht radikal ihrem Ende entgegen – durch nichts aufzuhalten.
Callas Assoluta
(2008)
1958, ein Auftritt der Callas, der größten Opernsängerin ihrer Zeit, in Paris; der französische Präsident ist da, die Spitzen der französischen Kulturschaffenden; später gibt es ein festliches Essen mit 450 Eingeladenen. Unter ihnen zum ersten Mal Onassis, der griechische Reederkönig. Er lädt die Callas ein, auf seine Jacht zu kommen, an einer Kreuzfahrt teilzunehmen. Sie lehnt ab. Andere Auftritte, andere Konzerte. Ein Jahr vergeht. Onassis ist hartnäckig. Schließlich stimmt die Diva in Monaco zu.
Darüber können viele, die in der Bildungsarbeit der Akademien versuchen, mit allgemeinem Publikum über Themen ins Gespräch zu kommen, die tabuisiert, traumatisiert, intimisiert oder sonstwie blockiert sind, berichten: Setzt man Filme als Katalysatoren des Gesprächs ein, wird es vielen möglich, über Dinge zu sprechen, die ihnen sonst unzugänglich sind. Und sie können anders darüber sprechen, als ermögliche der Film eine Spiegelung und dadurch eine Abmilderung der eigenen Behinderungen im Umgang mit einem Thema. Dass Psychiater sich dieser eigentümlichen Fähigkeit des Films versichert haben, sie zu therapeutischen Zwecken ausnutzen, nimmt nicht wunder. Zwar ist die Film- oder Cinetherapie erst seit wenigen Jahren auch Thema theoretischer Reflexion, doch spielt Film im therapeutischen Prozeß schon lange eine gewichtige Rolle. Film and andere Künste, müßte man ergänzen, weil gewisse Spielformen der narrativen Therapie, die Bibliotherapie und die Kunsttherapie sehr viel längere Traditionen auch theoretischer Reflexion kennt, manchmal zur Grundlage ganzer Therapieformen geworden ist.
Stanley Kubricks „A Clockwork Orange“ wird häufig als Paradebeispiel für einen Umgang mit der Filmtechnik herangezogen, bei dem eine unkonventionelle Ästhetik, gepaart mit sublimen Stilbrüchen wie dem Achsensprung, den Zuschauer dank vermittlungsbezogener Suggestivität moralisch entwaffnet. Eine solche Einstellung gegenüber dem Film setzt das Empfinden der dort gezeigten Gewalt als „sinnlos“ und „unmotiviert“ voraus – sonst wäre kaum von einer fehlenden „Moral“ die Rede. Der vorliegende Aufsatz wird durch eine anthropologische Kontextualisierung nicht nur mit diesen Vorbehalten aufräumen, sondern auch zeigen, dass „A Clockwork Orange“ eine komplexe und subtile Parabel auf die Ausweglosigkeit von Gewalt in der (Post-)Moderne und Populärkultur ist.
Coachella
(2009)
Das Coachella Valley Music and Arts Festival ist eines der größten und beliebtesten Musikfestivals der Vereinigten Staaten. Es findet seit 1999 jährlich (bis auf das Jahr 2000, als es aus Finanzierungsproblemen ausfallen musste) auf dem Gelände des Empire Polo Club in Indio (Kalifornien) statt und erreicht mittlerweile eine Größe von 100.000 Besuchern. Auf mehreren Bühnen treten an zwei bis drei Tagen internationale Bands aus den verschiedensten Musikgenres auf, von HipHop über Indie-Rock bis hin zu Electro. Auch der Bekanntheitsgrad der auftretenden Künstler rangiert von Newcomern hin zu internationalen Top Acts wie Coldplay, den Red Hot Chili Peppers oder Oasis. Außerdem präsentieren Künstler auf dem Festivalgelände zahlreiche Skulpturen und Installationen.
Dieser Beitrag fokussiert die Arbeiten von Charlotte Prodger als ein Beispiel für gegenwärtige künstlerische Strategien, die sich bewusst einer Vereinnahmung bzw. einer Kommodifizierung queerer Ästhetiken verweigern und stattdessen die Notwendigkeit einer queeren Selbstbestimmung und damit einer queeren Bewegungsgeschichte (erneut) in den Vordergrund rücken. Insbesondere der 2019 bei der Biennale in Venedig gezeigte Film "SaF05" wird dabei im Zentrum der Überlegungen stehen - eine Arbeit, die in gewisser Weise an experimentelle Prozesse des New Queer Cinema anknüpft und die Betrachtenden in und durch queere (Erinnerungs-)Landschaften führt.
Colour us blood red
(2009)
Im Zuge der neuerlichen Hyperrealisierung des Kinos durch 3D-Technologien zeigt sich wieder einmal, dass Film eben erst in zweiter Hinsicht als ästhetisches Artefakt verstanden wird. Oft wird er als ein Affekt-Spektakel gesehen, das wirken soll. Unter diesen Gedanken ließe sich seine komplette Technikgeschichte subsumieren: Von der Erhöhung der Bildfrequenz von 16 auf 24 Bilder pro Sekunde, über die Einführung von Farbe, Ton, größere Tiefenschärfe, 3D-Optiken und anderen Mitteln zur Überlappung von Film- und Zuschauerraum ist die Stoßrichtung des Films der Körper seines Zuschauers. So ist es zu erklären, dass frühe Stummfilme heute nicht mehr bei den Zuschauern wirken, wie sie es in der Vergangenheit vermochten, wo das Publikum angeblich vor dem stummen und schwarzweißen Abbild eines sich nähernden Zuges geflüchtet sein soll. Die Geschichte stimmt nicht, sie sagt aber viel über unser Verhältnis zum Medium Film und welche Macht wir seiner Ästhetik zusprechen.
Come Hell or High Water
(2010)
„Es würde mehr Spaß machen, mit Saddam Hussein auf der Bühne zu stehen als mit Ian Gillan,“ erklärte Ritchie Blackmore nach seinem zweiten und endgültigen Abschied von Deep Purple im Jahr 1993. Die Spannungen zwischen dem Sänger Gillan und dem Gitarristen Blackmore sorgten immer wieder für Probleme in der Band, förderten gleichzeitig aber auch die Kreativität der Mark II genannten Besetzung Ian Gillan (Gesang), Ritchie Blackmore (Gitarre), Jon Lord (Orgel/Keyboard), Roger Glover (Bass) und Ian Paice (Schlagzeug), die von 1969 bis 1973, 1984 bis 1989 sowie 1992 bis 1993 gemeinsam aktiv war. Insgesamt existierten von der Bandgründung im Jahr 1968 bis heute zehn verschiedene Line-Ups, betitelt mit Mark I bis Mark X. Der größte Erfolg war dabei, gemessen an Platten- und Ticketverkäufen, stets Mark II beschieden. Auch die großen Hits der Band wie Highway Star, Perfect Strangers oder das weltbekannte Smoke On The Water stammen von dieser Besetzung, in anderen Konstellationen war die Gruppe verhältnismäßig unproduktiv.
Auf den ersten Blick scheinen selbstbewusste, emanzipierte Frauenfiguren im Fernsehen Konjunktur zu haben. Immer neue Kommissarinnen, Anwältinnen und Ärztinnen dominieren die Serien. Bei einer genaueren Rollenanalyse wird jedoch sichtbar, dass die alten weiblichen Rollenklischees weiter wirken. Im Film aus Hollywood ist es nicht anders. Allein im amerikanischen und auch deutschen Nachwuchskino gibt es wirklich neue Entwürfe von Frauenfiguren
Cracked Actor
(2010)
CRACKED ACTOR ist der bis heute bekannteste Beitrag zu der BBC-Dokumentarfilmreihe OMNIBUS, die von 1967 bis 2003 produziert und gesendet wurde. Der Film, der am 26.1.1975 erstmals ausgestrahlt wurde,zeichnet ein Porträt David Bowies, der auf dem Wege war, zu einem internationalen Star der Rockmusik zu werden. CRACKED ACTOR entstand im August 1974, als Bowie einige Zeit von dem BBC-Redakteur Alan Yentob auf seiner zweiten Diamond-Dogs-Tournee (seiner bereits vierten US-Tournee) durch die Vereinigten Staaten begleitet wurde, der dabei Bowies Arbeitsweise und die Konzeption der Bühnenshows auszuloten und seinen Inspirationsquellen auf die Spur zu kommen suchte.
Cream wurde bereits zu ihrer Gründung Mitte der 1960er Jahre von der Musikwelt als die erste "Supergroup" der Rockmusikgeschichte verstanden. Jack Bruce (Bass), Eric Clapton (Gitarre) und Ginger Baker (Schlagzeug), drei renommierte Musiker, die auf langjährige Erfahrungen in anderen Jazz-, Blues- und Rock-Bands zurückblicken konnten, spielten zwischen 1966 und 1968 eine starke Mischung aus Blues, Rock und Psychedelia, die ihnen Anerkennung seitens der Kritiker und hohe Verkaufszahlen sicherte. Trotz wachsender Erfolge fand die Band neben ihrem rapiden Aufstieg jedoch ein sehr schnelles Ende. 1968, das letzte Jahr der Bandexistenz, war stark von Spannungen zwischen ihren Mitgliedern geprägt, vor allem zwischen Bruce und Baker. Nach einer letzten Tournee durch Amerika sollten die Konzerte in der Londoner Royal Albert Hall den längst geplanten Abschied der Band dokumentieren.
Als die USA 2003 die Invasion in den Irak starteten, befürwortete die breite Öffentlichkeit der Staaten den "Krieg gegen den Terror". Der Großteil der amerikanischen Massenmedien wiederholte gebetsmühlenartig die von der Bush-Regierung propagierten Kriegsgründe. Offene Kritik aus den USA war allenfalls von einigen Intellektuellen und Künstlern zu vernehmen. Zu diesen ist auch Neil Young zu zählen, der sich bereits in den 1960ern und 1970ern aktiv für den Frieden engagierte und den Vietnamkrieg scharf verurteilte. Als er damals für kurze Zeit - zwei Alben und einen Auftritt bei dem Woodstock-Festival - bei CSN (Crosby Stills Nash) einstieg und den Bandnamen um das "Y" erweiterte, schrieb er politische Protestsongs, unter anderem den berühmten Titel "Ohio". 2006, so sagt er in seinem Dokumentarfilm "Crosby, Stills, Nash & Young - Déjà vu", sei die Zeit der Protestsongs eigentlich vorbei.
Ebenso wie sein Vorbild Martin Scorsese (THE LAST WALTZ, 1978; SHINE A LIGHT, 2008) drehte Fatih Akin mit CROSSING THE BRIDGE: THE SOUND OF ISTANBUL ein Rockumentary, das einen emotionalen Strudel erzeugt und den Zuschauer sehr nah ans Geschehen bringt. Anders aber als Scorsese, der in SHINE A LIGHT den Mythos „Rolling Stones“ feiert und somit sein Publikum sicher hat, begibt sich Akin auf eine Reise ins Unbekannte. Die Musikszene Istanbuls, die er porträtiert, ist für die meisten Europäer Neuland.
Die Dada-Bewegung entstand 1915 ungefähr gleichzeitig in Zürich aus der Gruppe von Literaten, Malern, Bildhauern um Hans Arp und in New York, angeführt durch Marcel Duchamp. Die Dadaisten versuchten, Anti-Kunst zu produzieren, sie stellten sich massiv gegen bürgerliche Konventionen in Gesellschaft, Geschmack und Kunst. Die Technik der Collage aus dem Kubismus wurde verbunden mit Strategien der Provokation und der Diffamierung der bürgerlich-idealistischen Kunst. Die Gruppe zerfiel anfangs der 1920er Jahre rasch, viele Dadaisten wandten sich dem Surrealismus zu. Die Bewegung lehnte sich insbesondere gegen die Konventionen der „bürgerlichen“ Kunst auf, polemisierte gegen den emotionsgeladenen Expressionismus und machte Kategorien wie Irrationalität und Kontingenz zur Programmatik einer nihilistischen Anti-Kunst. Mit ihren antireferentiellen und dekontextualisierenden Werken machten Dadaisten auf Sprach- und Gestaltungskonventionen aufmerksam, indem sie sie häufig ins Absurde führten. Beinahe sämtliche modernistischen Kunsttechniken (Collage, Assemblage, Aleatorik, Abstraktion, Integration indigener Kunst, Performance, Integration von Alltagsgegenständen und Populärkultur etc.) stammen aus der Dada-Bewegung.
Im vorliegenden Beitrag soll der Film "Zvizdan"/"Mittagssonne" aus dem Jahr 2015 des kroatischen Regisseurs Dalibor Matanić vorgestellt werden. Der in Deutschland bekannteste Film Matanićs ist vermutlich der Film "Fine mrtve djevojke"/"Schöne tote Mädchen" (Matanićs zweiter Film aus dem Jahr 2002). Bei "Fine mrtve djevojke" handelt es sich um einen sog. 'Independent'-Film, mit dem dieser im Jahr 1975 in Zagreb geborene Regisseur die Homosexualität in einer sehr provinziellen, kleinbürgerlichen Umgebung Zagrebs behandelte. Mit diesem Film gewann Matanić auf dem Filmfestival in Pula im Sommer 2002 alle drei Hauptpreise - den der Jury, den des Publikums und den der Kritik. Mit seinem Film "Zvizdan" gewann der Regisseur 2015 in Cannes den Ersten Preis in der Kategorie "Un certain regard". Aber auch mit anderen seiner Filme positioniert sich der durchaus kontroverse Regisseur in die erste Liga der kroatischen Filmemacher und schreibt an einer Geschichte des europäischen filmischen Realismus mit. Das ausgewählte Film-Beispiel des gefeierten Regisseurs wird im Folgenden im Hinblick auf seinen Realismusgehalt analysiert.
Wer in Paris die Kirche Saint-Sulpice besucht, wird dort in mehreren Sprachen vor einem Buch gewarnt: »Le risque de Da Vinci Code: semer le doute«. Die Lektüre von The Da Vinci Code soll also mit einer Gefahr verbunden sein: dass Zweifel gesät werden am katholischen Glauben und an der Autorität der römischen Kirche. Der amerikanische Bestseller-Autor Dan Brown hätte insofern tatsächlich das begangen, was sein 2003 erschienener Thriller über die Suche nach dem heiligen Gral zum deutschen Titel hat: ein ›Sakrileg‹ − sein Roman wäre gotteslästerlich.
Begleitveröffentlichung zu Wissenschaftlicher Film D 1134/1974 = Darstellung der Elektronendichten
des schwingenden und rotierenden Wassermoleküls. Angaben zum Film: Der Film wurde 1974 veröffentlicht und ist für die Verwendung im Hochschulunterricht bestimmt. Stummfilm, 16 mm, schwarzweiß, 50 m, 4% min (Vorführgeschw. 24 B/s). Die Herstellung des Films erfolgte im Jahre 1971 durch Dr. B. WIRSAM, Institut für Theoretische Physik der Universitat Gießen, mit Unterstützung
durch das Institut für den Wissenschaftlichen Film, Göttingen, Dr. G.Beskow.
Inhalt des Films: Ausgehend von SCF-Rechnungen am H2O-Molekül wurden die Potentialkurven- und Elektronenladungsdichten dieses Systems berechnet, um eine theoretische Beschreibung des Verhaltens des rotierendeil und schwingenden Wassermoleküls zu erhalten. Der Film demonstriert in Trickdarstellung die Freiheitsgrade und die Normalschwingungen dieses Systems sowie die Abhängigkeit der spezifischen Wärme von der Temperatur.
Die reimaginierte TV-Serie Battlestar Galactica gilt als ein Höhepunkt gegenwärtiger Science Fiction. Sie spiegelt aktuelle soziopolitische Brennpunkte unserer Gesellschaft und unserer Zeit in all ihrer Kontroversität wider. Darüberhinaus stellt sie mithilfe der Zylonen, humanoiden kybernetischen Organismen, die Frage nach dem Menschen, seinem Bewusstsein und seiner Subjektivität radikal neu. Der folgende Beitrag versucht, diese Radikalität, mit der Battlestar Galactica das Verhältnis von Mensch und Maschine verhandelt, anhand von diversen Reloads herauszustellen.
Die Filme Ghostrider, Knowing und Next entfalten auf jeweils unterschiedliche Art und Weise die Problematik, wie vor einer nicht nur unbekannten, sondern auch sehr ernsthaft bedrohlichen Zukunft Entscheidungen zu treffen sind, die die sie angehenden moralischen Subjekte in ihren Handlungsoptionen allererst konstituieren. Die Formung der dargestellten Entscheidungsszenarien wäre nicht denkbar ohne unterschiedliche Zeitlichkeitsmodelle, deren Bedeutung in einer jedes moralische Subjekt betreffenden Möglichkeit liegt, sich gegen die Gegenwart zu wenden. Mögen die Filme als einzelne trivial oder allenfalls unterhaltsam erscheinen, so lässt sich in ihrer Konstellation zeigen, inwiefern jedes Handeln sich nicht so sehr für die Zukunft, sondern an der Gegenwart entscheidet.
Das Fleisch soll Wort werden : über die Schwierigkeiten, ein Verbrechen zum Medienprodukt zu machen
(2007)
Die Kriminalgeschichte ist nicht gerade arm an Verbrechern, die, nachdem sie gefasst wurde, aus ihren Taten Kapital zu schlagen versucht haben. Der Fall des "Kannibalen von Rotenburg" ist vielleicht das jüngste Beispiel in der Kette dieser Bemühungen – und zeigt derzeit recht deutlich, welche Schwierigkeiten damit verbunden sind.
Fast 40 Jahre alt ist A Clockwork Orange, einer der berühmtesten und erfolgreichsten Filme der Filmgeschichte. Bis heute hat er seinen Platz in vielen internationalen Top-Ten-Listen. 1971 unter der Regie von Stanley Kubrick in Großbritannien produziert, wurde er 1972 für mehrere Oscars nominiert (beste Regie, bester Film, bestes adaptiertes Drehbuch, bester Schnitt). A Clockwork Orange erhielt mehrere bedeutende Preise. Dieser Film hat als Kultfilm durchaus Karriere gemacht: Andere Filme oder Fernsehserien zitieren ihn direkt oder indirekt (von Andy Warhols „Vinyl“ bis hin zu den „Simpsons“). Natürlich gibt es längst auch eine Musicalversion von A Clockwork Orange. Musikgruppen benennen sich nach dem Film und die „Toten Hosen“ veröffentlichen 1988 das Album Ein klein bisschen Horrorshow mit dem Titel Hier kommt Alex. Aufnäher, Anstecker, Tätowierungen, alles ist verfügbar. (Und es soll Skinhead-Szenen geben, die A Clockwork Orange ohne jeden Blick für die Satire, den Sarkasmus und die bittere Ironie des Films wieder einmal voll und dämlich ernst nehmen; aber denen ist sowieso nicht mehr zu helfen.)
An einer bisher nicht gesehenen 'Wahlverwandtschaft' zwischen Bertold Brechts "Die heilige Johanna der Schlachthöfe" und Fritz Langs "Metropolis" soll hier gezeigt werden, dass sich das Verhältnis zwischen Lang als international bekanntem Schöpfer monumentaler Filmepen und Brecht nicht nur mit Vokabeln wie Abgrenzung und Differenz beschreiben lässt. Der Film "Metropolis" und das Stück "Die heilige Johanna der Schlachthöfe" sind in unmittelbarer zeitlicher und räumlicher Nähe entstanden, vor allem aber gibt es einige thematische und strukturelle Korrespondenzen, die man dahingehend interpretieren könnte, Brecht habe mit seiner kapitalismus- und religionskritischen modernen Tragödie eine Kontrafaktur zu Fritz Langs filmischer Sozial- und Liebesutopie geliefert. Statt es bei einer kontrastierenden Gegenüberstellung zu belassen, kann man aber auch eine unterschwellige Affinität zwischen Brecht und Lang herausarbeiten. Diese Affinität lässt sich im Kern daran festmachen, dass bei Brecht wie bei Lang am Ende ein falsches Opferritual vollzogen wird, um den ob der himmelschreienden sozialen Ungerechtigkeit drohenden Gewaltexzess zu bannen. Bei Brecht ist die Opferung und anschließende Heiligsprechung Johannas als parodistische Replik auf die pathetische Schlussszene von Schillers "Die Jungfrau von Orleans" gelesen worden. So wie die Kanonisierung Johannas als Heilige der Schlachthöfe für das Publikum offensichtlich das Ergebnis einer zynischen Manipulation durch den Großkapitalisten Mauler ist, so ist auch das happy end bei Fritz Lang, die Versöhnung zwischen Kapital und Arbeiterschaft im Schatten der Kathedrale, falsch, weil das Ritual, durch das der Gewaltexzess kanalisiert und die Versöhnung vorbereitet wird, ungültig ist. Verbrannt wird in Metropolis ein Opfer, das, folgt man der Argumentation René Girards, nicht opferfähig ist: eine Automatenfrau, die als solche nicht Teil der Gesellschaft ist, der weder etwas Heiliges noch Unheiliges anhaftet, sondern die, mit Walter Benjamin gesprochen, die Wahrnehmungs- und Erkenntniskrise des neuen Medienzeitalters - die mediale Verfasstheit einer entauratisierten Welt - repräsentiert.
Die Ausführungen sollten einen Überblick und einen Einblick in die Arbeit, die Aufgaben und die Möglichkeiten des Instituts für den Wissenschaftlichen Film geben. Ein Schwerpunkt der Institutsarbeit, der Forschungs- und Dokumentationsfilm, wurde ebenso angesprochen, wie die Problematik des Unterrichtsfilms. Dem Rahmen dieses Aufsatzes entsprechend konnte vieles nur angedeutet werden, einiges mußte ungesagt bleiben. Der nachstehende Literaturteil bringt Hinweise auf einige Arbeiten, die mit den Ausführungen in Verbindung stehen oder sie ergänzen.
"BRIDGIT" ist der Titel des iPhone-Videos, mit dem Charlotte Prodger 2018 den Turner Prize gewann. Der Beitrag zeigt, dass Prodger einerseits an bereits etablierte Ästhetiken des experimentellen queeren Kinos anknüpft, andererseits aber auch über diese hinausgeht. Die ästhetische Verschränkung von Körpern, Begehren, Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung, Landschaft, Zeit und Queerness ist - auch im Medium des digitalen Filmes - skulptural und setzt darin eine virtuelle Kraft frei, die sich den neoliberalen Normalisierungsprozessen und der Nicht-Intelligibilität von queeren Begehrensformen in subtiler Weise widersetzt.
Am 10. November erscheint für die Xbox 360 und die PlayStation 3 der Ego-Shooter "Call of Duty: Modern Warfare 2" – ein Spiel, das die Gemüter bereits vor der Veröffentlichung erregt, wie man heute in einem Kommentar der Chefredakteure Markus Schwerdtel (GamePro) und Michael Trier (GameStar) auf GamePro lesen kann. Im Spiel übernimmt man in einer Sequenz die Rolle eines Undercover-Agenten, der in eine russische Terror-Organisation eingeschleust wurde und zusammen mit dieser einen Moskauer Flughafen überfällt. Dabei richtet man – zumindest in der Originalfassung – ein Blutbad unter den dort wartenden Fluggästen an. In der deutschen Fassung ist – trotz anderslautender Angaben vom Publisher "Activision Blizzard" – die betreffende Sequenz so weit entschärft, dass als Spielfigur bei dem Anschlag nur zuschauen darf und sein Leben verliert, sobald man ebenfalls auf die Passanten schießt.
Modern Primitivism hat sich neben New Barbarians und Tribalism als Modewort etabliert. In allen drei Fällen spiegeln sich Facetten eines subkulturellen Phänomens, das zusehends in verschiedene Bereiche der populären Kultur eindringt: Mode, Film und Musik. Auf den folgenden Seiten möchte ich einen Versuch wagen, diese Phänomenologie zu definieren und ihre Popularisierung anhand filmischer Beispiele nachzuweisen. Die spezifische Verbindung von Sexualität, physischem Schmerz und Gewalt, in der der Modern Primitive eine neue, ungekannte Form der sinnlichen Reinheit sucht, ist schwer zu fassen und noch problematischer zu definieren.
Das Liebespaar Marcus und Alex und ihr gemeinsamer bester Freund Pierre besuchen eine ausgelassene Party, wo es, unter Einfluss von Drogen und Alkohol, zum Streit zwischen den beiden Liebenden kommt. Alex verlässt entnervt die Fete. Doch sie kommt nie zuhause an: In einer Unterführung wird sie Zeugin, wie der schwule Zuhälter El Tenia erbost eine seiner Huren attackiert, bevor sie selbst von ihm vergewaltigt und ins Koma geprügelt wird. Die grässliche Schändungs-Szene aus Gaspar Noés Film Irréversible nimmt geschlagene neun Minuten Zeit in Anspruch. Quälende, körperlich empfundene Zeit - und in ihr eine erschütternde und unerträgliche Erfahrung von Nähe, die jede 'splendid isolation' des Zuschauers zerstört. Gaspar Noé schert sich einen Dreck um die Distanzübereinkunft des Mediums Film. Das Bild schändet Auge und Psyche.
In seinem Buch Moderne Horrorfilme widmet sich Frank Hofmann dem, wie er sich ausdrückt, „leidigen Thema der thematischen Definition“ des Horrorfilms. Bei eingehender Betrachtung fällt auf, daß es sich bei seinem Vorschlag nurmehr um eine Paraphrase derjenigen vier Punkte umfassenden Definition handelt, die Liz-Anne Bawden bereits 1976 in dem von ihr herausgegebenen Oxford Companion to Film vorgelegt hat. Hier tritt ein Mißverhältnis zutage; Einerseits scheint immer noch ein Bedarf an einer Definition zu bestehen, die das vielseitige und fortwährend Variationen hervorbringende Genre Horrorfilm hinreichend beschreiben kann, andererseits aber zeichnet sich dann der neuere Definitionsversuch einzig durch Wiederholung des bereits Dargelegten aus. ...
Das neue IWF : Konzept
(1996)
Das Institut für den Wissenschaftlichen Film (IWF) gehört seit 1977 als Einrichtung mit
Servicefunktion für die Forschung zur Blauen Liste. Die Evaluation durch den Wissenschaftsrat
führte 1996 zu der Empfehlung, das rWF nicht weiter in diesem Rahmen zu fördern.
Das Hauptmonitum des Wissenschaftsrats lautet, daß das JWF "in Herstellung und
Vertrieb kaum die neuen Entwicklungen der elektronischen Medien aufgegriffen und umgesetzt"
habe.
Andererseits wird aus dem politischen und wissenschaftlichen Raum ein hoher und
zukünftig noch steigender Bedarf an Dienstleistungen auf dem Feld der Medien in der
Wissenschaft artikuliert. Hierzu gehört insbesondere die spezialisierte Visualisierung wissenschaftlicher
Inhalte in realen und virtuellen Umgebungen. Diese Inhalte sind wissenschaftsadäquat
zu erheben und zu bearbeiten; sie sind bedarfs- und nutzungsgerecht zur
Verfügung zu stellen; sie sind in neue Lehr- und Lernumgebungen einzubetten. Gefragt
ist die wissenschaftliche Medieneinrichtung, die neue Medien- und Kommunikationstechnologien
beherrscht und sich kommunikativ und kooperativ in ein Netzwerk mit der
Wissenschafts- und Medienlandschaft einbringt.
Das IWF hat hierauf mit seinem Konzept geantwortet:
Mit dem Ziel , auf seinem Gebiet zum anerkannten überregionalen Kompetenzzentrum zu
werden , entwickelt es sich zum spezialisierten Content-Provider. Zusammen mit der Wissenschaft
wird es Inhalte recherchieren, visualisieren und zur Verfügung stellen. Dabei
wird es sich auf Kernkompetenzen in Form spezieller Visualisierungstechniken und
-methoden konzentrieren, mit besonderem Gewicht auf innovativen Anwendungen neuer
Medien.
Als Alternativen zu den oftmals melodramatisch inszenierten Figuren des Blinden in vielen populären Filmen verstehen sich Projekte, die sich - in Kooperation mit blinden Menschen - an deren spezifische Wahrnehmung anzunähern versuchen. Die Regisseurin Nina Rippel stellt in ihrem Bildessay eigene Filmprojekte vor, die blinden Menschen sozusagen auf Augenhöhe begegnen wollen. Rippel beschreibt zum einen ihre filmischen Versuche, mit Unterwasseraufnahmen differente Wahrnehmungsweisen bzw. Wahrnehmungsstörungen zu simulieren. Zum anderen reflektiert sie ihre dokumentarischen Arbeiten, in denen sie auf filmtechnisch komplexe Weise blinde Menschen im Gespräch mit der Regisseurin porträtiert und deren eigene ästhetische Praxis, etwa als blinde Orchestermusikerinnen oder als blinde Fotografen, herausarbeitet.
Wer schon einmal einen Pornofilm gesehen hat, wird sich sicherlich fragen, wozu es einer Definition des Offensichtlichen bedarf, das ihn da angeflimmert hat. Das Problem besteht jedoch nicht inmitten der ineinander verkeilten Filmkörper, sondern an der Stelle, wo Pornografie in Erotik-, Sex- oder andere Filme übergeht. Wollte man sich - wie hier geplant - mit der öffentlichen Einstellung gegenüber der Pornografie beschäftigen, wäre die Frage "Was ist kein Pornofilm?" sicherlich angemessener. Aber das macht sich nicht so gut in einer Überschrift.
Das Trickfilm-Handbuch
(1995)
Dieses Handbuch zeigt Kindern und Jugendlichen sowie Fachkräften der Jugendarbeit, wie sie selbst oder mit einer Kinder- bzw. Jugendgruppe ohne viel Aufwand Trickfilme herstellen können. Der erste Teil "Trickfilm machen" ist eine Einführung in die Trickfilmarbeit. Der zweite Teil "Praxismodell Trickfilmarbeit" widmet sich der Praxis und stellt einige einfache Trickfilmtechniken vor.
E.T.A. Hoffmanns Erzählung "Der Sandmann" ist dank Freuds Interpretation zu einem seiner wichtigsten Werke geworden. Die Novelle, die die Leser mit dem jungen Studenten Nathanael, der mit sich ein Kindheitstrauma trägt, bekannt macht, ist ein komplexes Werk, das auch den weltbekannten Mediziner fasziniert hat. Diese Arbeit befasst sich mit der schon erwähnten Novelle, mit Freuds Artikel "Das Unheimliche" und mit der sehr relevanten Verfilmung aus dem Jahr 2012. Das Motiv des Unheimlichen kommt in dieser Arbeit als eine Kontaktstelle vor, die auf drei verschiedenen Ebenen interpretiert wird: aus der Perspektive des Unheimlichen in der Novelle, aus Sigmund Freuds Perspektive und wie es im Film auftaucht. Ziel dieser Arbeit ist es zu beweisen, dass das Motiv des Unheimlichen in der Verfilmung anders als im Buch begriffen werden kann, d.h. dass Freuds Motiv des Unheimlichen im Text als gruseliger und verwirrender empfunden werden kann.
Schon den Beginn der wissenschaftlich-publizistischen Karriere Jean Baudrillards markierte das Motiv des Todes. Die Phänomenologie der Dingwelt, die er in seinem 1968 erschienenen Werk Das System der Dinge vornahm, beginnt mit einer interessanten These: Während Gebrauchsgegenstände wie Mode, Möbel oder Technik in immer schnellerem Wechsel kommen und vergehen, stabilisieren sich daran die Individuen und die Gesellschaft. Das Todesmotiv zieht sich wie ein roter Faden durch sein gesamtes Denken bis hin zu seinem letzten Buch, den Paßwörtern (2002), in dem er die zentralen Begriffe und Konzepte noch einmal zusammenfasst und verbindet. Hier steht der Tod als "Tod der Begriffe" (nicht nur) im "Schluß-Wort": "Denn wenn Begriffe sterben, dann sterben sie eines natürlichen Todes, wenn ich so sagen darf, indem sie von einer Form in eine andere übergehen - was immer noch die besten Art des Denkens ist."
Der Beitrag interpretiert den Film The Matrix (1999) ausgehend von Spiegeln und Spiegelungen. In einer Vorüberlegung werden Spiegel formal als Grenze zwischen realem und virtuellem Raum aufgefasst. Die Interpretation beginnt mit einer Analyse der Szene, in der Neo die Matrix verlässt. Neo muss in diesem Filmausschnitt erst selbst zu einem Spiegel werden, um die Grenze in die Wirklichkeit zu überschreiten. Dabei wird erneut eine Differenz zwischen Realität („real world“) und Virtualität (Matrix) sichtbar. Zieht ein Interpret diese Unterscheidung ein weiteres Mal, so gelangt er zu einem weiteren Thema des Films: zur Religion und der Differenz von Immanenz und Transzendenz. Ein Ausblick auf den letzten Teil der Matrixtrilogie zeigt, dass Neos Tod und das Verlassen der Matrix ähnlich strukturiert sind.