Evangelische Theologie
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Theologie als Wissenschaft – ist das nach der Aufklärung überhaupt noch möglich? Die europäischen Nachkommen der Aufklärer tun sich schwer, auch nur den "leisesten Duft von Theologie" in und neben ihren Fächern zu dulden. Ganz anders die amerikanischen Religionsphilosophen, die schon früh eine Brücke zwischen dem gelebten Glauben und der rational gesteuerten Vernunft zu schlagen versuchten. Die Theologin und Religionsphilosophin Gesche Linde zeigt auf, welche Impulse vom amerikanischen Pragmatismus für den Dialog der Religionen, aber auch der Wissenschaften ausgehen können.
Adorno und die Kabbala
(2015)
Im neunten Band der Reihe geht Ansgar Martins kabbalistischen Spuren in der Philosophie Theodor W. Adornos (1903–1969) nach. Der Frankfurter Gesellschaftskritiker griff im Rahmen seines radikalen materialistischen Projekts gleichwohl auch auf "theologische" Deutungsfiguren zurück. Vermittelt durch den gemeinsamen Freund Walter Benjamin (1892–1940) stieß Adorno dabei auf das Werk des Kabbala-Forschers Gershom Scholem (1897–1982). Zwischen Frankfurt und Jerusalem entwickelte sich eine lebenslange Korrespondenz.
Für Adorno erscheint vor dem Hintergrund lückenloser kapitalistischer Vergesellschaftung jede religiöse Sinngebung in der Moderne als unmöglich. Der Tradition der jüdischen Mystik schreibt er hingegen eine innere Affinität zu dieser hoffnungslosen Logik des "Verfalls" zu. Sie scheint ihm zur unumgänglichen Säkularisierung religiöser Gehalte aufzufordern. Adornos kabbalistische Marginalien beziehen einen breiten Horizont jüdisch-messianischer Ideen ein. Er verleugnet dabei nie, dass es ihm um eine sehr diesseite Verwirklichung geoffenbarter Heilsversprechen zu tun ist: Transzendenz sei als erfüllte Immanenz, als verwirklichte Utopie zu denken. In diesem Anliegen sieht Adorno selbst jedoch gerade seine Übereinstimmung mit der Kabbala.
Adornos kabbalistische Motive, die auf Scholems Forschungen zurückgehen, werden hier ausführlich an seinen Schriften und Vorlesungen untersucht. In seinem Verständnis der philosophischen Tradition sowie im Modell der Metaphysischen Erfahrung suchte er etwa explizit Anschluss an Deutungen der Kabbala: Das unerreichbare Urbild der Philosophie sei die Interpretation der geoffenbarten Schrift. Wie säkularisierte heilige Texte wurden Werke von Beethoven, Goethe, Kafka oder Schönberg so zum Anlass für "mystische" Interpretationen. Deren detaillierte Untersuchung erlaubt, das viel beschworene jüdische Erbe von Adornos Philosophie zu konkretisieren und bedenkenswerte Einzelheiten von der Negativen Dialektik zur Ästhetik in den Blick zu nehmen.