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Blickt man auf die Affirmationen, aber auch die Kritik von Identitätspolitik, so fällt auf, dass eine Theoriebedürftigkeit sowohl der Identitätspolitik als auch der Intersektionalität (und ihrer Kritik) zu beobachten ist. Intersektionalität und Identitätspolitik entwickeln, so die optimistische Prämisse der folgenden Ausführungen, in der Gegenwartsliteratur zunehmend Möglichkeitsräume für unterschiedliche Erzählverfahren und Figurenkonstellationen, die aus Intersektionalität ein Verfahren und aus Identitätspolitik eine Erzählfigur werden lassen. Beide teilen die Adresse des Sozialen, der als Bereich der Diskriminierung und der Ungleichheit angeschrieben wird. In drei Schritten möchte ich den Gedanken ausführen, dass Formen der sozialen Diskriminierung und der sozialen Ungleichheit, die unter dem Stichwort 'Intersektionalität' reflektiert werden, zwingend die Frage nach den literarischen Formen, Mustern und Figuren nach sich zieht, in denen diese Themen verhandelt werden. Dabei wird zunächst versucht, Intersektionalität als Form und als Theorie zu beschreiben, die soziale Ungleichheit adressiert und in Szene setzt. Im Hinblick auf die Unklarheit der theoretischen Grundlagen von Identitätspolitik und Intersektionalität kann die Arendt'sche Differenz zwischen Paria und Parvenü möglicherweise zeigen, wie, bei Arendt vor dem Hintergrund der Frage nach jüdischer Identität, soziale Exklusion und Inklusion als Themen in der Literatur virulent werden. Diese Differenz lässt Ungleichheit und Diskriminierung als Modus moderner Gesellschaften sichtbar werden. Beide Teile der Arendt'schen Differenz und ihr Gebrauch zur Beschreibung von Identität reflektieren auf eigentümliche Art und Weise soziale Mobilität in einer als Diskriminierungsumwelt erfahrenen 'Gesellschaft'. Die bis hierher vorgelegten Überlegungen lassen aber die Frage offen, in welcher Form sich dies gegenstandsadäquat darstellen ließe. Modi sozialer Mobilität und Diskriminierung tauchen in unterschiedlicher Form in der Gegenwartsliteratur wieder auf. Diese Erscheinungsform lässt sich, wie im Falle von Mithu Sanyals "Identitti" (2021) mit Theoriefiguren der Postkolonialität und der Intersektionalität zusammenbringen, die im Rahmen eines Universitäts- oder Campusroman auf anschauliche und ästhetisch interessante Art und Weise funktionieren. Im Falle von Jasmina Kuhnkes "Schwarzes Herz" (2021) zeigt sich ebenso eine Mischung aus postkolonialen, identitätspolitischen und subalternen Erzählpositionen. Der Text lässt sich als serielles Trivialdrama der Subalternität beschreiben, das auf dem Markt der Identitätspolitik Erfolge feiert.
"Zur Wahrheit wild entschlossen" : die Rezeption interkultureller Literatur im deutschen Feuilleton
(2022)
Ähnlich wie im Bereich der Wissenschaft werden mittlerweile deutschsprachige Werke von Autor:innen mit Migrationshintergrund nicht mehr ausschließlich als fremdkulturelle Beiträge verstanden. Jedoch kann noch immer nicht von einer rein auf ästhetischen Kriterien fußenden Perspektive gesprochen werden. Obwohl sich mittlerweile die Aufmerksamkeit der Rezensent:innen auch auf ästhetische wie forminhaltliche Besonderheiten richtet, sind noch immer mehrheitlich stofflich-thematische Fragen und vor allem biographisch-autorzentrierte Aspekte in den literaturkritischen Rezensionen des Feuilletons zu finden. [...] Tatsächlich beanspruchten vielzählige Rezensionen die fiktionalen Erzählwelten als authentische Belege für eigene kulturideologische Thesen, statt die Komplexität und den poetischen Eigenwert der Werke zu würdigen. Jedoch erschiene es ebenso unpassend, literarische Werke gänzlich von ihrem gesellschaftlichen Kontext und ihrer Verarbeitung im gesellschaftlichen Diskurs zu trennen. Die poetische Eigenart eines Romans lässt sich nicht isoliert behandeln, denn immerhin ist es eine der wesentlichen Eigenschaften von Literatur, sich gerade wegen ihrer ästhetisch-fiktionalen Beschaffenheit zwar in einem freien, aber dennoch in einem Verhältnis zu gesellschaftlichen Diskursen zu bewegen. Insofern widersetzt sich das beziehungsreiche Formen- und Verweisungsgefüge, welches literarischen Werken eigen ist, einer vollständigen Dekontextualisierung. Es scheint daher ein methodischer Zugriff vonnöten, der die ästhetische Eigenart der literarischen Werke ebenso wie ihre Wechselwirkung zum gesellschaftlichen Kontext und ihre diskursive Verarbeitung im Feuilleton in ihrem Zusammenhang angemessen würdigt, um sich dem Phänomen der Rezeption interkultureller Literatur im deutschen Feuilleton adäquat zu widmen und die skizzierten Widersprüche aufzuspüren. Für die folgende Analyse wird daher auf eine Kombination postkolonialer und diskursanalytischer Ansätze zurückgegriffen. Das schon erwähnte Verhältnis von Literatur und Diskurs soll in der folgenden Analyse durch den methodologischen Ansatz der Intersektionalität grundiert werden. [...] Seit einiger Zeit findet das Konzept neben den Gender- und Queer-Studies auch in der literatur- und kulturwissenschaftlichen Forschung Beachtung und soll in den folgenden Überlegungen leitend für die These sein, dass speziell in der medialen Besprechung von interkultureller Literatur diskursive Muster zu finden sind, die stereotypisierende und kulturessentialistische Kategorisierungen beinhalten, die in Wechselwirkung mit der politischen Praxis in Bezug auf Migration und den damit einhergehenden Migrationsdiskurs in Deutschland stehen. Um diese Wechselwirkung nachzuvollziehen, werden im Folgenden drei Werke der interkulturellen Literatur aus den Jahren 2003, 2006 und 2016 und deren Rezensionen näher betrachtet. Diese Werke wurden ausgewählt, weil sie im Kontext von gewichtigen gesellschaftspolitischen Wendepunkten in Deutschland seit 1990 geschrieben und im Feuilleton rezipiert wurden. So handelt Yadé Karas Roman "Selam Berlin" aus dem Jahr 2003 von der Wiedervereinigung Deutschlands und thematisiert die Restitution einer gesamtnationalen deutschen Identität. Der zweite Roman, "Leyla" von Feridun Zaimoglu aus dem Jahr 2006, erzählt die Geschichte einer türkischen Einwanderin, wurde jedoch unter den Eindrücken der Terroranschläge von 2001 und der Frage rezipiert, ob der Islam eine Gefahr für die deutsche Gesellschaft und deren Kultur sei. "Ohrfeige" von Abbas Khider aus dem Jahr 2016 wiederum erzählt die Geschichte eines nach Deutschland geflüchteten und dort abgelehnten irakischen Asylbewerbers. Rezipiert wurde dieser Roman im Kontext des jüngsten gesellschaftspolitischen Wendepunkts, der Entscheidung im Jahr 2015, die Grenzen Deutschlands für Flüchtende zu öffnen und das Schengener Abkommen außer Kraft zu setzen.
Der vorliegende Beitrag untersucht den in "Die Welt im Rücken" zur Sprache gebrachten paranoiden 'Beziehungswahn' anhand der Funktion, die Popmusik im Text erfüllt. Den Schwerpunkt auf die Popmusik zu legen - und nicht etwa auf andere Themen, die im Buch ebenfalls an die Paranoia geknüpft sind -, ist deshalb ein besonders lohnendes Unterfangen, da der Text eine untergründige Affinität zwischen Pop und Paranoia aufzeigt. Bereits die konstante Beschallung mit Popmusik, so suggeriert der Text, nähert die von Melle beschriebene Wahrnehmung an diejenige eines Schizophrenen an: Zu Beginn des Buchs erwähnt Melle, dass man bei Patientengesprächen stets gefragt werde, ob man Stimmen höre - den psychiatrischen Klassifikationen zufolge ein unfehlbares Anzeichen für Schizophrenie. Während seiner manischen Phasen vernimmt Melle durch den andauernden Popmusik-Konsum dann tatsächlich in einem fort Stimmen. Und auch sein in diesen Phasen exaltierter Kleidungsstil steht in einem Bezug zu den ausgestellt modischen Exzentrizitäten etlicher Pop-Heldinnen und -Helden [...]. Die von Melle hervorgehobene Affinität zwischen Pop und Paranoia liegt, wie im Folgenden gezeigt werden soll, in der spezifischen Offenheit der Popmusik und ihrer Aussagen begründet. Diese Offenheit stiftet die Voraussetzung dafür, dass sich der 'Beziehungswahn' des Paranoikers an der Popmusik überhaupt entzünden kann. Ein erster Abschnitt untersucht, welche Wirkung die Popmusik während der von Melle beschriebenen manischen Schübe entfaltet. Indem sich Melle der Popmusik bedient, um seine eigene Krankheit darzustellen, wirft er zugleich ein Licht auf die spezifische Verfasstheit von Popmusik, womit sein Text unter der Hand eine abgründige Poptheorie entwirft. Anschließend zeigt ein zweiter Abschnitt, dass der Rückgriff auf Popmusik in "Die Welt im Rücken" Melle bei seinem eingangs zitierten Vorhaben unterstützt, die eigene, durch die Krankheit fragmentierte Geschichte zu artikulieren. Dass Melle für die Offenlegung des Persönlichsten und Intimsten ausgerechnet auf die oft als oberflächlich verschriene Massenware Pop zurückgreift, mag auf den ersten Blick verwundern. Das Vorgehen, individuelle Erfahrungen mithilfe der allgemein verfügbaren Popmusik zu artikulieren, erscheint allerdings weniger widersprüchlich, wenn man einen Blick auf die Poptheorie wirft. Diese hat herausgearbeitet, dass besagter Widerspruch der Popmusik selbst inhärent ist, da sie auf konventionalisierte Formen zurückgreift, um persönlichen Erfahrungen zum Ausdruck zu verhelfen. Dieser Rückgriff auf bereits bestehende Formen, deren Neuanordnung etwas Eigenes formuliert, wurde in der Poptheorie mit dem von Stuart Hall übernommenen Konzept der 'articulation' beschrieben. Ein letzter Abschnitt zeigt anhand der "Die Welt im Rücken" durchziehenden reflexiven Passagen, dass die der Popmusik entlehnten Aneignungsverfahren den Text auch dann bestimmen, wenn nicht explizit von Popmusik die Rede ist. Bei diesem Verfahren handelt es sich also um die dem Text zugrundeliegende Poetologie. Dass der Popmusik abgeschaute Verfahren der Aneignung fremder Aussagen ist insofern vorbildhaft, als sich Melle ebenso die eigene, durch die Krankheit fremd gewordene Geschichte mit dem Schreiben des Buchs aneignet. Dies ermöglicht die in der Nähe zur Autofiktion stehende Erzählsituation, die sich dadurch auszeichnet, dass Melle dezidiert in der ersten Person Singular schreibt und die Grenze zwischen Autor und Erzählinstanz verwischt.
In 2020, as the COVID-19 pandemic spread across the world, writers were racing to produce timely accounts, with texts that ranged from reported narratives to poems and short pieces that resembled spontaneous snapshots more than well-thought-out compositions. Short texts that cannot necessarily be assigned to a single genre but that fit well into an anthology seem to be the trend, as some quickly published anthologies on COVID-19 show. [...] Above all in France, the "journal du confinement", or "confinement diary" - or "corona diary", as I will call it in the following - became highly popular as a genre during the pandemic. This phenomenon seems to have been not only international in scope but represented in various media. As a new genre, the corona diary emerged at the beginning of the COVID-19 pandemic, following in the footsteps of two traditional literary branches. First, it had a strong affinity with the literary serial: published as different instalments in newspapers or as video and audio on the internet, the corona diary can be seen as following in this tradition, which until recently was threatened with extinction. As a serial work - and as a quickly written text published in a newspaper - the corona diary can be understood as a revival of this phenomenon, even if its episodes do not build on each other in a linear fashion and therefore need not necessarily be read one after the other. Secondly, the "diary" genre has been undergoing a revival. [...] This genre seems to have spread most quickly at the beginning of the pandemic in the francophone context in particular. Examples include Wajdi Mouawad's corona diary, published on YouTube and SoundCloud, Leïla Slimani's publications in Le Monde, and Marc Lambron's contributions to Le Journal du Dimanche. Although there are a few examples of German-language quick-response literature centered on the pandemic, the corona diary would seem to be a largely neglected genre in the German-language context. [...] One exception in this regard is the work of Thomas Glavinic, whose texts were published in the daily newspaper Welt. Described as a serial novel, the contributions constitute more of a diary than a novel, as I aim to show.
In 2015, author Merle Kröger located an entire novel on the Mediterranean: on a body of water that has had to be considered not only a highly frequented connective zone but at the same time a strictly observed border region. The events around which everything in this novel centers are the maritime distress of a refugee boat with a damaged motor off the Spanish coast; the boat's sighting by a cruise ship with the telling name 'Spirit of Europe'; and the encounter of both with a Spanish coast guard rescue vessel and with a container ship. The novel's original German title, "Havarie", whose literal English translation "average" fails to convey the word's complex meaning, is the nautical designation for malfunctions and accidents suffered by maritime vehicles; and it is also the older insurance-technical term for contributory distribution in the salvaging of a ship (above all through jettisoning of freight and the "sacrifice" of certain parts of the ship). The title of the 2017 English translation, "Collision", opens up a third dimension: the collision of different seascapes in a shipwreck's context. Correspondingly, both the polylogic contents and the multi-perspectivism of Kröger's novel attach a different relationship to the world and the environment to different kinds of boat: the "boat people" on their very basic water vehicles see their situation above all through the prism of circulating stories and rumors, myths and fables; on the cruiser, we find a temporally removed economy of consumeristic attentiveness that allows the sea to vanish beneath a "display" of the all-encompassing service and entertainment offerings; and the coast guard ship is fully oriented toward speedily detecting and approaching a target. [...] As the afterword itself underscores, the book, although a work of fiction, was based on documentary research. And its starting point was found footage - the jetsam of a data-ocean. Namely, by coincidence Kröger, together with her collaborator, the filmmaker Philipp Scheffner, came across a YouTube video recorded by the Northern Irishman Terry Diamond in 2012 off the Spanish coast, on board the "Adventure of the Seas". They researched the background, met Diamond, obtained the relevant radio recordings from the Spanish coast guard, and finally interviewed and filmed both the cruiser's personnel and a number of refugees. When in 2015 Mediterranean crossings from North Africa multiplied and the mass media issued alarmist reports of a "refugee crisis," Scheffner and Kröger wanted to do more than simply contribute their already-produced documentary film to the image flood. They decided on a new approach involving something like parallel literary and filmic action: Kröger shaped what had been researched into a possible scenario; and Scheffner worked with the video recordings as image material and with both the radio and interview recordings as sound material.
Der Beitrag bezieht sich auf die Ideen, die Professor Ilpo Tapani Piirainen in einer seiner ersten Veröffentlichungen entwickelt hat. Es geht um die Monographie 'Textbezogene Untersuchungen über "Katz und Maus" und "Hundejahre" von Günter Grass', die 1966 als Laudatur-Arbeit im Fach Ästhetik an der Historisch-Philologischen Sektion der Philosophischen Fakultät der Universität Helsinki angenommen worden war. Seit diesem Ereignis sind 50 Jahre vergangen (Piirainen 1968). Diese Arbeit scheint von Wert zu sein durch ihr tiefes Eindringen in die Fragestellungen der Sprachwissenschaft und Literaturwissenschaft in ihren Zusammenhängen, die auch heute aktuell bleiben, sowie durch ihr methodisches Verfahren, das es erlaubt, die Stilzüge literarischer Texte aus der Sicht der Linguistik zu interpretieren. Aufgaben dieser Art entstehen immer wieder, wenn neue literarische Produkte erscheinen, die durch ihre Sprache als Idiolekt eines Textverfassers die besondere Aufmerksamkeit der Linguisten auf sich ziehen. [...] In der deutschen Gegenwartsliteratur finden sich mehrere Autoren, die Konjunktiv I-Formen in ihren literarischen Werken gern benutzen und seine variable Einsatzmöglichkeiten bei der Vertextung zum Vorschein bringen. Gegenstand des vorliegenden Beitrags ist die Verwendung des Konjunktivs I im Roman "Die Vermessung der Welt" von Daniel Kehlmann. Auffallend ist der reichliche Gebrauch des K I in diesem Roman. Seine starke Präsenz verleiht dem Text eine eigenartige stilistische Prägung unter den anderen Werken der modernen deutschen Literatur, auch unter denen, die zur aktiven Verwendung der K I-Formen neigen.
Heutige Diskussionen um 'Artistic Research' oder 'Investigative Aesthetics' reaktivieren die alte Frage nach den Wissens- und Erkenntnisdimensionen von künstlerischer Praxis. Auch in parallel entstehenden literarischen Texten kommt es zu verstärkten Auseinandersetzungen mit Praktiken und Begriffen außerliterarischer Wissensfelder wie den Medien, dem Recht oder den Wissenschaften. Ebenso lassen sich erhöhte Ansprüche ausmachen, mit dem eigenen literarischen Schreiben eine Art Wissen zu erzeugen. Der Beitrag stellt dies beispielhaft an deutschsprachigen Texten zum Jugoslawien-Krieg in den 1990er Jahren dar und diskutiert die literarische Hinwendung zu Formen des Wissens und Ermittelns als ein den forschenden oder investigativen Künsten verwandtes Phänomen.
Lara Tarbuk widmet sich dem Gedichtband "dachbodenfund" von Nicolas Mahler, dessen Texte aus Spielzeugauktionskatalogen montiert werden. Ihre Lektüren ausgewählter Gedichte zeigen, wie, vermittelt über die montierten Texte, die Materialität des Bandes und seiner Texte selbst zum Gegenstand der Reflexion wird.
"Der Atem reinster Gegenwärtigkeit: no future" : Zukunft in Roman Ehrlichs Klima-Dystopie "Malé"
(2024)
Dieser Aufsatz beschäftigt sich mit der Frage, welche Krisen und Potenziale sich in Roman Ehrlichs 2020 erschienener Klima-Dystopie "Malé" aus dem Entwurf einer apokalyptischen Zukunft für das Erzählen ergeben. "Malé" thematisiert vor dem Hintergrund der Klimawandel-Bedrohung eine Utopie-Krise und erzählt im Modus der Rückblende eine Weltuntergangsgeschichte. Der Roman postuliert im Angesicht einer prekären Zukunft eine Identitäts- und Sprachproblematik, die auch die Literatur betrifft. Dabei deutet sich anhand von Raum- und Körperdarstellungen das Ende anthropozentrischer Konzepte an. Der Roman schlägt seine eigene synekdotische, polyphone Form als Überwindungspotenzial vor und sucht nach einer neuen Sprache und Ästhetik, in der eine Einheit mit nicht-menschlichen Entitäten gedacht und formuliert werden kann. So zeigt sich in "Malé" immer wieder utopisches Potenzial. Dies betont aus der Zukunftsperspektive die Gegenwart als Moment, an dem eine Verhinderung der durch multiple Krisen ausgelösten Apokalypse durch radikales Umdenken und Handeln noch möglich ist.