BDSL-Klassifikation: 13.00.00 Goethezeit > 13.14.00 Zu einzelnen Autoren
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Timo Sestu analysiert in seinem Beitrag die kulturhistorische Bedeutung selbstschreibender Automaten des 18. Jahrhunderts und deren satirische 'Fortschreibung' bei Jean Paul. Es zeigt sich, dass diesen Automaten aufgrund ihrer Materialität und Körperlichkeit auch widerständige Potentiale innewohnen, die der gewaltsamen Zurichtung "gelehriger Körper" im Sinne Foucaults die Virtualität des Geschriebenen und die Bewahrung poetischen Eigensinns entgegensetzen.
Christin Krüger betrachtet den Zusammenhang zwischen Gliederpuppe bzw. Marionette und der Konstitution eines (literarischen) Textes. So ist die Gliederpuppe in Heinrich von Kleists Essay "Über das Marionettentheater" nicht nur Gegenstand der Erzählung, sondern ein Phänomen des Textes selbst, indem die gegliederte Rede zum Akteur eines "Artikulationsspektakels" wird. Dies verbindet Kleists Schrift mit den über Jean Starobinski vermittelten Anagramm-Studien Ferdinand de Saussures, in denen die Gliederpuppe als zentrale Reflexionsfigur wieder auftaucht, und mit der eingehenden Beschäftigung Hans Bellmers mit Puppen, die nicht zuletzt in der Illustration von Kleists "Marionettentheater" kulminiert.
Am 6. August 1975 lädt der Verlag Roter Stern in Frankfurt am Main zu einer Pressekonferenz ins Hotel Frankfurter Hof. Hier präsentieren der Verleger KD Wolff, ehedem Bundesvorsitzender des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes, und der ehemalige Werbegrafiker D.E. Sattler den Einleitungsband ihrer neuen Hölderlin-Ausgabe. Die zwanzigbändige Edition soll in fünf Jahren abgeschlossen sein; tatsächlich erscheint der letzte Band 2008. Aufsehenerregend war die neue Ausgabe vor allem wegen ihrer Editionsprinzipien: Alle Handschriften werden im Faksimile wiedergegeben, eine "typographische Umschrift" bildet die Schriftbildlichkeit der Handschriftenblätter ab, eine "Phasenanalyse" macht den zeitlichen Charakter des Entwurfsprozesses nachvollziehbar. Aufsehenerregend war aber auch, dass die Frankfurter Hölderlin-Ausgabe (FHA) von Anfang an unter einem politisch-aktivistischen Stern stand: "Roter Stern über Hölderlin" oder "Liest Marx jetzt Hölderlin?" lauteten einschlägige Überschriften in der Presse.
Im Wesentlichen liefern die beiden Romane - dies soll im Folgenden gezeigt werden - Beispiele für eine Kontinuitätsthese, die Martin Weiß als Lesart benennt: die Fortführung bzw. das unsichtbare (Wieder-)Aufgehen souveräner Macht im biopolitischen Regulieren und Disziplinieren. Um die 'verbundene Polarität' plastisch werden zu lassen, wähle ich die Metapher des Gängelbands als Veranschaulichung, die eine doppelte Lesart in sich vereint: Zum einen steht sie für einen lebenssichernden, biopolitischen Eingriff, der trotz Kontrolle durch die charakteristische 'Steigerung des Lebens' ein repressives Movens ausschließt; zum anderen erweist sie sich als gleichsam rückläufiges Modell, das das 'alte Recht' der autoritären Zucht rehabilitiert. In diesem historischen Rahmen "gesellschaftlicher Transformationsprozesse", manifestiert sich ein (anti-)biopolitisches Wechselspiel. Dieses Spannungsverhältnis findet sich als literarische Reflexion nicht nur in Grosses Roman, sondern auch in Goethes "Wilhelm Meisters Lehrjahre" (1795/1796). Die Protagonisten beider Romane treffen auf sektenähnliche Gruppen, die sie wie am Gängelband führen und so direkt in das Leben der 'Jünglinge' eingreifen. Wie sich dies genau ausgestaltet, soll sich in der folgenden Analyse zeigen.