BDSL-Klassifikation: 01.00.00 Allgemeine deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft > 01.08.00 Zu einzelnen Germanisten, Literaturtheoretikern und Essayisten
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Rezension zu Zoran Konstantinović: Grundlagentexte der Vergleichenden Literaturwissenschaft aus drei Jahrzehnten. Arbeiten von Zoran Konstantinović. Ausgewählt u. hg. zu seinem 80. Geburtstag von Beate Burtscher-Bechter u.a. Innsbruck (Studienverlag) 2000. (Comparanda; 1). 445 Seiten.
Um Theorie und Methodologie der Vergleichenden Literaturwissenschaft sowie um die Literaturgeschichte Mittel- und Südosteuropas zentrieren sich die Forschungen des Innsbrucker Komparatisten Zoran Konstantinović. Ihm zu Ehren haben nun Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Innsbrucker Instituts für Vergleichende Literaturwissenschaft einen Sammelband herausgegeben, der die besten Aufsätze aus seiner dreißig Jahre währenden Tätigkeit in Innsbruck zusammenstellt.
Rezension zu Manfred Dierks: Das dunkle Gesicht. Eine literarische Phantasie über C. G. Jung. Roman. Düsseldorf, Zürich (Artemis und Winkler) 1999. 310 Seiten.
Manfred Dierks, Germanist in Oldenburg, ist bereits 1997 mit einem Roman an die Öffentlichkeit getreten, der eine fingierte Begegnung zwischen Thomas Mann und Wilhelm Jensen zum Ausgangspunkt hatte und mit seinem Titel 'Der Wahn und die Träume' explizit auf Sigmund Freuds Deutung der Erzählung 'Gradiva' Bezug nahm. Inzwischen hat Dierks seinen zweiten Roman veröffentlicht: 'Das dunkle Gesicht'. Der Untertitel kennzeichnet den Text als "eine literarische Phantasie über C. G. Jung". Nur: Der Leser wird vergeblich nach C. G. Jung fahnden. Er kommt nicht vor. So jedenfalls ist es mir ergangen, bis ich plötzlich realisierte, daß ich es von der ersten Seite an mit C. G. Jung zu tun hatte. Er hieß nur nicht so, sondern: Alt.
Rezension zu Thomas Klinkert: Literarische Selbstreflexion im Medium der Liebe. Untersuchungen zur Liebessemantik bei Rousseau und in der europäischen Romantik (Hölderlin, Foscolo, Madame de Staël und Leopardi). Freiburg im Breisgau (Rombach) 2002 (= Reihe Litterae; Bd. 92). 283 Seiten.
Thomas Klinkert hat es sich in seiner Regensburger Habilitationsschrift (2001) zur Aufgabe gemacht, das Konzept einer europäischen Romantik in der historischen Erfahrung eines fundamentalen gesellschaftlichen Umbruchs zu begründen, der sich an der Ausprägung "gemeinsame[r] Tendenzen der französischen, der deutschen und der italienischen Literatur um 1800" ablesen lässt. Der wesentliche literarische Kristallisationspunkt dieser in ganz Europa geteilten Umbrucherfahrung ist die Rede über die Liebe. In der Thematisierung der Liebe artikuliert sich nicht nur in besonders prägnanter Form das veränderte Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft, die Liebe avanciert in der Romantik auch zu einem bevorzugten Medium der literarischen Selbstreflexion, die ihrerseits wiederum durch den historischen Funktionswandel der Literatur motiviert ist.
Rezension zu Sigrid Weigel: Literatur als Voraussetzung der Kulturgeschichte. Schauplätze von Shakespeare bis Benjamin, München (Wilhelm Fink) 2004. 306 Seiten.
Vergangene Bedeutung von Wörtern gewinnt einen geheimnisvollen Glanz, wenn sie vom Staub des Vergessens befreit wird. Daß Theorie und Schauplatz eine gemeinsame Wortgeschichte haben, bildet die Grundlage für den Titel des Buches von Sigrid Weigel, in dem die "Szenarien der Kulturgeschichte" gezeigt, die "Gemeinsamkeiten von Anschauung und Denken, von Bild und Begriff, von Kunst und Wissen" (7) erinnert werden.
Rezension zu Julia von Rosen: Kulturtransfer als Diskurstransformation. Die Kantische Ästhetik in der Interpretation Mme de Staëls, Heidelberg (Winter) 2004. 306 Seiten.
Es wäre schwer und womöglich müßig zu entscheiden, welches Kapitel in Madame de Staëls kulturgeschichtlich so überaus wichtigem Werk 'De l'Allemagne', mit dem sie in übergreifenden Betrachtungen und vielen Einzelportraits die Tendenzen der deutschen Literatur und Philosophie zwischen 1750 und 1810 international bekannt machte, den größten Einfluß entfaltet hat. Als das Buch, durch die napoleonische Zensur sowohl behindert als auch im Hinblick auf sein Prestige gewaltig aufgewertet, 1813 zunächst in London und nach dem Sturz des Kaisers 1814 in Paris erschien, wurden innerhalb weniger Wochen in ganz Europa 70.000 Exemplare verkauft; bis 1870 kam es auf 15 Auflagen. Das Werk prägte das Deutschlandbild nicht nur mehrerer Generationen von Franzosen, sondern, da es in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde, auch vieler Intellektueller in der ganzen Welt. Der im Frühjahr 2004 erschienene, von Udo Schöning und Frank Seemann herausgegebene Sammelband 'Madame de Staël und die Internationalität der Romantik' hat das zuletzt mit Beiträgen etwa zur russischen, britischen, nord- und südamerikanischen, aber auch zur polnischen oder portugiesischen Wirkungsgeschichte eindrucksvoll gezeigt.
Sammelrezension zu Hugo Meltzl u. Samuel Brassai: Acta comparationis litterarum universarum. Jahrgang 1 - Naul 1 (1877). Neu herausgegeben von Horst Fassel. Cluj-Napoca/Klausenburg (Presa universtară Clujeană) 2002 (ISBN 973-610-105-3).
Horst Fassel (Hg.): Hugo Meltzl und die Anfänge der Komparatistik. Wiesbaden (Franz Steiner) 2005 (= Materialien des IdGL Tübingen, Bd. 16). Caíetele echínox. Volumul 6: Germanistică şi comparatistică. Cluj-Napoca (Dacia) 2004 (ISBN 973-35-1818-2).
Mit den erschienenen Bänden sind wichtige Vorarbeiten für eine umfassende Beschäftigung mit Hugo Meltzl und den 'Acta comparationis litterarum universarum' (ACLU) geleistet. Neben ihrer inhaltlichen Qualität ist es eine weitere Stärke der Tagungsbeiträge, daß sie die dem (westeuropäischen) Leser meist nicht verständlichen und daher verschlossenen ungarischen Artikel der Zeitschrift und der Arbeiten Meltzls zumindest mittelbar zugänglich machen. Es bleibt zu hoffen, daß die Edition der ACLU fortschreitet und damit wichtiges Material der komparatistischen Wissenschaftsgeschichte auch von größeren Interessentenkreisen zur Kenntnis genommen werden kann.
Rezension zu Petra Renneke: Poesie und Wissen. Poetologie des Wissens der Moderne. Heidelberg (Winter) 2008 (= Beiträge zur neueren Literaturgeschichte, Bd. 261). 382 S.
Die Germanistin Petra Renneke legt mit ihrer Monographie 'Poesie und Wissen. Poetologie des Wissens der Moderne' die Buchfassung ihrer an der Universität Paderborn eingereichten Habilitation vor.
Rezension zu Elke Mehnert (Hg.): Russische Ansichten - Ansichten von Russland. Festschrift für Hugo Dyserinck. Frankfurt a.M., Berlin, Bern u.a. (Peter Lang) 2007. (= Studien zur Reiseliteratur- und Imagologieforschung. Hg. v. Elke Mehnert u. Uwe Hentschel, Bd. 7). 219 S.
Die Herausgeberin der hier anzuzeigenden Festschrift für Hugo Dyserinck, die Chemnitzer Komparatistin Elke Mehnert, hat sechzehn Beiträge versammelt, die aus verschiedenen Perspektiven und an höchst unterschiedlichen Gegenständen das Bild Russlands in diversen europäischen Nationalliteraturen thematisieren, aber auch die russische Wahrnehmung Deutschlands und Europas untersuchen.
Die Herausgeber haben einen erstaunlich differenzierten und perspektivenreichen Band über Sartres Beziehung zu den Medien zusammengestellt, der so unterschiedliche Aspekte umfasst wie das Verhältnis des französischen Existenzphilosophen zum Film, insbesondere seine Tätigkeit als Drehbuchautor, seine Bildtheorie und visuell geprägte Theaterästhetik sowie seine Phänomenologie des Blicks und Konzeption des Imaginären. Es handelt sich, wie ein erster Überblick zeigt, um sehr heterogene Gesichtspunkte, die nicht ohne weiteres auf einen Nenner zu bringen sind, zwischen denen sich aber bei genauerer Betrachtung durchaus interessante und fruchtbare Verbindungslinien ziehen lassen. Michael Lommel weist in seiner Einführung „Elemente zur Einleitung" zu Recht darauf hin, dass bereits die philosophischen Schriften Sartres von der Kinoerfahrung beeinflusst seien, etwa das unmittelbare Auftauchen des Anderen, welches an Kinophantasien erinnere. Mit den Schlüsselbegriffen 'rôle', 'projet', 'transcendance' habe Sartre zudem die alternativen Lebensentwürfe und virtuellen Biografien vorweggenommen, die im Zeitalter der digitalen Medien und Computerspiele eine neue Aktualität gewinnen, auch wenn Sartre selbst wohl eher den theatralischen Raum als Experimentierfeld vor Augen hatte. Der Möglichkeitssinn und die Erkenntnis der Potentialität in Sartres Existenzphilosophie weisen zudem Affinitäten zum Genre des Episodenfilms auf.
Klaus Kreimeier diskutiert die Kindheitserfahrungen Sartres, seine ersten Kinobesuche im Alter von 6-7, die er rückblickend in seinen Erinnerungen "Les mots" (1964) eingehend schildert. Filme wie "Fantômas" und "Maciste" haben die Phantasie des Jungen modelliert und formativ auf ihn gewirkt. Neben den vornehmen Kinopalästen der Bourgeoisie faszinierte den jungen Sartre besonders die sinnlich intensive Atmosphäre des kleinen unprätentiösen Schlauchkinos in der Nachbarschaft. Die damaligen Katastrophenfilme (Anno 1912) erzeugten das Gefühl der Angst im kindlichen Beobachter, und zwar im Sinne einer physikalisch-körperlichen Überwältigung durch die Reizüberflutung, und lösten zugleich eine Art Katastrophensehnsucht aus. Der fast sechzigjährige Sartre erinnert in seinem autobiographischen Rückblick an die weiblichen Begleitpersonen des Kindes, insbesondere an seine damals noch jugendliche Mutter, die den Projektionssaal des Cinéma ebenfalls als bevorzugtes Unterhaltungsmedium an Regentagen zu schätzen wusste.