BDSL-Klassifikation: 01.00.00 Allgemeine deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft > 01.08.00 Zu einzelnen Germanisten, Literaturtheoretikern und Essayisten
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El artículo examina un conjunto de obras de Siegfried Kracauer y Walter Benjamin con el propósito de reconstruir los aportes de ambos autores a una teoría crítica de los intelectuales. Situados entre los frentes, los dos ensayistas intentaron conjugar el compromiso social y político y la búsqueda de una politización de los intelectuales con la renuencia a aceptar y reproducir los dictados de una organización partidaria dogmática. Como término de comparación para el contexto de producción de ambos autores se considera el París de la Restauración, en el que un grupo de pensadores y escritores alemanes exiliados se constituyeron como los primeros intelectuales modernos, identificados con la figura de la conciencia desgarrada (zerrissenes Bewusstsein), tal como fue formulada por Hegel.
This paper investigates the disproportion of the Analytics of the Sublime in context of the Critique of Judgement, as an analogy to the impossibility of reconciling moral theory and practice, nature and reason; thus the bridge between the first and the second critiques, which should be mediated by the third, is marked anew: the sublime corresponds to the violence masked within social processes. Kant’s position is worked out upon the background of Shaftesbury and Burke and thus emerges the fact that the Königsberg philosopher is oriented towards ahistorical rational ideas. His concept of the sublime (as well as his ethics) is therefore situated in the traditions of protestant ascetism and bourgeois-capitalism. Both the beholder of sublime nature and art and the follower of moral imperative must equally relinquish everything material and the direct satisfaction of their yearnings in favour of a higher, intellectual satisfaction. In the same way, the absence of form or measure of the sublime has its parallel in the “negative infinity” of capital and in technological “second nature”.
"Gracián ist nicht nur ein großer Autor, sondern gerade heute [1928] einer der interessantesten.«"Dieses Bekenntnis Walter Benjamins zur Aktualität des spanischen Autors gilt es ernst zu nehmen. Ziel dieses Buches ist es, Benjamins Gracián-Lektüre im Kontext der deutschen Auseinandersetzung mit dem Barock in der Moderne zu verorten und dabei die zentrale politische und theoretische Bedeutung von Graciáns Klugheitslehre in Benjamins Schriften aufzuzeigen. Gracián ist nicht nur eine der Quellen der anthropologischen Ausrichtung von Benjamins Aphorismen, sondern dessen Schriften stellen auch ein wichtiges Bindeglied zwischen dem Trauerspielbuch und Benjamins Produktion der dreißiger Jahre dar. Die Auseinandersetzung mit Gracián führt Benjamin zu einem neuen Konzept einer wirksamen Schreib-Praxis sowie einer politisch wirksamen Schrift.
Mit Baltasar Gracián vertrauten Walter Benjamin-Lesern fällt sofort auf, dass der letzte und abschließende Abschnitt von Benjamins Ursprung des deutschen Trauerspiels einen unverkennbar Gracián’schen Titel trägt: "Ponderación mysteriosa". Als fremdartiges und rätselhaftes Bruchstück stehen die spanischen Vokabeln im deutschen Text. Lange Zeit wurden sie übersehen oder in Benjamins Reflexionen subsumiert. Bernd Witte deutet in seinem Kommentar zum Trauerspielbuch die Figur der 'ponderación misteriosa' als "Sinnbild für Benjamins eschatologische Zuversicht: 'Subjektivität, die wie ein Engel in die Tiefe niederstürzt, wird von Allegorien eingeholt und wird am Himmel, wird in Gott durch 'Ponderación mysteriosa' festgehalten'". Für Witte verdichtet diese Figur den theologischen Gehalt des Trauerspielbuches, zugleich zeigt sie aber auch die "Fragwürdigkeit seines literarischen Anspruches". Mit diesem Urteil sieht Witte nicht nur Benjamins Theorie des Trauerspiels und der Allegorie als wenig bedeutsam an, sondern erschwert zudem den Zugang zu einem der produktivsten Momente der Rezeptionsgeschichte von Graciáns 'ponderación misteriosa' im 20. Jahrhundert.
Rezension zu Erdmut Jost: Landschaftsblick und Landschaftsbild. Wahrnehmung und Ästhetik im Reisebericht 1780-1820. Sophie von La Roche - Friederike Brun - Johanna Schopenhauer (= Rombach Wissenschaften. Litterae; Bd. 122), Freiburg/Brsg.: Rombach, 2005 ; Irmgard Egger: Italienische Reisen. Wahrnehmung und Literarisierung von Goethe bis Brinkmann. München/Paderborn: Fink, Verlag ; Guntram Zürn: Reisebeschreibungen Italiens und Frankreichs im Morgenblatt für gebildete Stände (1830-1850). Frankfurt/M. [u.a.]: Lang, 2008 ; Flucht ins Land der Schönheit: Briefwechsel zwischen Georg Gottfried Gervinus und Karl Hegel auf ihrem Weg aus den politischen Konflikten des deutschen Vormärz nach Italien - und zurück (1837-1839). Aus den Beständen der Universitätsbibliothek Heidelberg/Regina Baar. (Archiv und Museum der Universität Heidelberg; 14). Ubstadt-Weiher, Heidelberg, Basel: Verlag Regionalkultur, 2008 ; Brigitte von Schönfels: Das Erlebte ist immer das Selbsterlebte. Das Reisefeuilleton in deutschen Zeitungen zwischen der Revolution von 1848 und der Reichseinigung (Presse und Geschichte: Neue Beiträge; 19). Bremen: Ed. Lumière, 2005.
Rezension zu Thomas Klinkert: Literarische Selbstreflexion im Medium der Liebe. Untersuchungen zur Liebessemantik bei Rousseau und in der europäischen Romantik (Hölderlin, Foscolo, Madame de Staël und Leopardi). Freiburg im Breisgau (Rombach) 2002 (= Reihe Litterae; Bd. 92). 283 Seiten.
Thomas Klinkert hat es sich in seiner Regensburger Habilitationsschrift (2001) zur Aufgabe gemacht, das Konzept einer europäischen Romantik in der historischen Erfahrung eines fundamentalen gesellschaftlichen Umbruchs zu begründen, der sich an der Ausprägung "gemeinsame[r] Tendenzen der französischen, der deutschen und der italienischen Literatur um 1800" ablesen lässt. Der wesentliche literarische Kristallisationspunkt dieser in ganz Europa geteilten Umbrucherfahrung ist die Rede über die Liebe. In der Thematisierung der Liebe artikuliert sich nicht nur in besonders prägnanter Form das veränderte Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft, die Liebe avanciert in der Romantik auch zu einem bevorzugten Medium der literarischen Selbstreflexion, die ihrerseits wiederum durch den historischen Funktionswandel der Literatur motiviert ist.
Von den Schreiben, die Erich Rothacker und der Romanist Erich Auerbach (1892–1957) gewechselt haben, sind insgesamt siebenundzwanzig - achtzehn Briefe und neun Postkarten - erhalten. Sie stammen allesamt aus dem Zeitraum vom 1925 bis 1933 und von der Hand Auerbachs. Die Schreiben befinden sich im literarischen Nachlass von Rothacker an der Universitätsbibliothek Bonn und sind zu wissenschaftlichen Zwecken ohne Umstände einsehbar.
Das Wachsen im Nachhall
(2013)
Nach Benjamins Aufsatz "Über Sprache überhaupt und über die Sprache des Menschen" von 1916 gibt es Verständigung nicht nur in der Wortsprache, sondern auch in allen anderen Kommunikationsmedien, zu denen Benjamin auch die Musik zählt. Diese vielfältigen Mitteilungsformen der Dinge, Tiere und Menschen lassen sich ineinander übersetzen, wenn man Übersetzung als Leistung des Vermögens versteht, mimetisch nicht nur sinnliche, sondern auch unsinnliche Ähnlichkeiten zu erzeugen, wie z. B. Kinder Gegenstände zu imitieren vermögen, ohne ihrer Entscheidung ähnlich zu werden. Die drei Teile des Stücks versuchen, dieses von Benjamin mehrfach erörterte mimetische Vermögen musikalisch in Anspruch zu nehmen und dabei klangliche Korrespondenzen für Erinnerungsvorgänge aus der Berliner Kindheit um neunzehnhundert zu finden.
Der kulturelle und wissenschaftliche Austausch zwischen Israel und Deutschland ist in seiner Lebendigkeit beeindruckend. [...] Wenig allerdings weiß man in Israel und Deutschland noch von der zeitgenössischen Musik aus dem jeweils anderen Land. Daher setzte sich die Berliner Komponistenvereinigung Klangnetz e. V. das Ziel, die gegenseitige Neugier mit einem Austauschprojekt zwischen jungen israelischen und deutschen Komponisten zu wecken und dabei möglichst dauerhafte Verbindungen zwischen Musikern, Komponisten, Wissenschaftlern und einem interessierten Publikum herzustellen. Im Juni 2010 fanden Konzerte und Workshops in Tel Aviv und Jerusalem statt, auf die Konzerte und Workshops in Frankfurt am Main und Berlin folgten. Den Abschluss bildete das internationale Symposium »Klang und Musik im Werk Walter Benjamins – Benjamin in der Musik«, das vom Zentrum für Literatur- und Kulturforschung und von Klangnetz e. V. in Kooperation mit der Akademie der Künste, Berlin, veranstaltet wurde.
Die abgelauschte Stadt und der Rhythmus des Glücks : über das Musikalische in Benjamins Denken
(2013)
Im Folgenden sollen die Dimensionen des Musikalischen und Akustischen bei Benjamin betrachtet werden. Zunächst wird das musiktheoretische Vokabular, das Benjamin auf nicht-musikalische Phänomene und Medien anwendet, Gegenstand der Untersuchung sein. Es handelt sich dabei um erkenntnistheoretische und medienphilosophische Überlegungen, die sich an der Form des Musikalischen, besonders am Rhythmus, orientieren. Danach wird das auditiv sensible Schreiben Benjamins am Beispiel der Berliner Kindheit um neunzehnhundert auf die Funktion akustischer und musikalischer Phänomene hin überprüft und mit Benjamins Überlegungen zum Hören verknüpft. Das Ohr zeigt sich hier als das Organ, das über akustische Reize in Klangmedien und die mit ihnen verbundenen Gefühle die Aufmerksamkeit für die in Bildern und Worten fortlebende Geschichte erzeugt. Schließlich wird nach der Funktion der Musik in Benjamins Werk gefragt. Mit Blick auf die Sprache weist er der Musik als der hörbaren Kunst eine Rolle zu, die Bilder und Sprache auf ihre Verbindung und auf die Möglichkeit der Erlösung von der durch sie bedingten Ausdruckshemmung bezieht. Es zeigt sich, dass die Musik bei Benjamin die Sphäre des semiotisch (noch) Unbestimmten bildet und in einer Spannung zwischen Übersinnlichem und Leiblichem steht, die sie mit der Transzendenz ebenso verbindet wie mit den Gefühlen und propriozeptiv wahrnehmbaren Impulsen.
Der Begriff des 'körnigen Stils' steht in der Sprach- und Literaturkritik des 18. Jahrhunderts für eine kurze und gehaltvolle, oft auch als 'nachdrücklich' beschriebene Schreibart. Im Literaturstreit zwischen Johann Christoph Gottsched und den 'Schweizern' erlangte er zugleich programmatische und polemische Bedeutung. Im Zentrum des Aufsatzes steht die für das 'Körnige' konstitutive Konstellation von Kürze, Kraft und Konkretion. Ausgehend von Theodor W. Adornos stilsoziologischer Beobachtung, dass der lakonische Stil in Briefen des 18. Jahrhunderts Ausdruck bürgerlicher Notdurft sei, zeige ich an Texten von Johann Christoph Adelung, Johann Jacob Breitinger, Gottfried Wilhelm Leibniz und Johann Gottfried Herder, dass das Stilideal des Körnigen im 18. Jahrhundert mit dem Streben nach einer Erneuerung und Bereicherung der deutschen Schriftsprache einherging. Zum Kapital, aus dem diese neue Sprache sich speisen sollte, gehörte das ausdifferenzierte Vokabular des Handwerks und des Handels. Der zeitgenössischen Theorie zufolge stellte der körnige Stil also weniger die Notdurft als den Reichtum und die Sprachmächtigkeit des Bürgertums zur Schau.
Sanat ve ahlâk arasındaki ilişki Antik dönemden bu yana tartışılan en eski felsefi sorunlardan birisi olarak görülebilir. Bu iki alan arasında varolduğu düşünülen doğrudan bağı kabul etmeyen ve "çıkarsız hoşa gitme" kavramıyla sanatın özerkliğini ilan eden Kant'ın estetiğiyle birlikte sorun kısmen çözülmüştür. Sanatın özgürlüğü anlamına gelen bu ayrım 20. Yüzyılın ikinci yarısından itibaren relativizm ve postmodernizm akımlarının yardımıyla daha da kabul edilebilir hale gelmesiyle günümüzde bu iki alan arasındaki ilişkiye vurgu yapmak nerdeyse imkansız hale geldi. Jauss'un bu konudaki düşünceleri bu nedenle neredeyse bir istisnaya karşılık gelirler. Jauss'un kuramı sanat ve edebiyatı okur ve alımlayıcı açısından ele alır ve sanat ve edebiyat aracılığıyla okur ya da alımlayıcının ahlâki yargılar oluşturduklarını söyler.
Im Vorwort zu dem 1971 erschienenen ersten Band des 'Historischen Wörterbuchs Philosophie' bezieht Joachim Ritter Stellung zu einer bewusst gewählten Leerstelle im begriffsgeschichtlichen Projekt: "Der Herausgeberkreis", so Ritter, habe "nicht leichten Herzens darauf verzichtet, Metaphern und metaphorische Wendungen in die Nomenklatur des Wörterbuches aufzunehmen". Obwohl man die Bedeutung von Metaphern im Prozess der philosophischen Begriffsbildung anerkenne, habe man sich gegen eine Berücksichtigung figürlicher Ausdrücke entschieden, weil das Lexikon mit einem solchen Unternehmen "überfordert" und auf "unzureichende Improvisation" angewiesen gewesen wäre. Gegenstände der Artikel seien deshalb ausschließlich "Begriffe und Termini". Diese apologetische Passage hat eine konkrete Adresse. Sie nimmt Bezug auf die Verselbstständigung eines Forschungsansatzes, der von Hans Blumenberg erstmals 1958 im Rahmen einer Tagung der Senatskommission für Begriffsgeschichte unter dem Titel Paradigmen zu einer Metaphorologie vorgestellt wurde und sich von einem "Teilbereich" oder einer bloßen "Erweiterung" der Begriffsgeschichte "um ein spezifisches Kapitel" bald zu einem "Alternativprojekt" zur begriffsgeschichtlichen Forschung entwickelte. Als Ritter Blumenberg bei der Planung des 'Historischen Wörterbuchs der Philosophie' Mitte der 1960er Jahre um Beiträge unter anderem zur Begriffsgeschichte der Metapher und zur Metaphorologie bat, erhielt er eine "höflich[e]" Absage.
Der Grund für diese Entscheidung dürfte ein zweifacher gewesen sein. Zum einen ist eine Unterscheidbarkeit von "metaphorischen Wendungen" und präziser Terminologie, wie Ritter sie in der Vorrede nahelegt, aus der Perspektive Blumenbergs gar nicht aufrechtzuerhalten. Der metaphorische Gehalt philosophischer Begriffe, so lautet eine Hauptthese der Paradigmen, tritt oftmals nicht explizit "in der sprachlichen Ausdruckssphäre in Erscheinung", sondern ist als bildlicher Hintergrund, als latente Leitvorstellung auch da wirksam, wo augenscheinlich bloß terminologische Aussagen auftreten.
Wenn ich im folgenden markanten Zeit- bzw. Kulturdiagnosen in einigen Texten Enzensbergers nachgehe, dann geschieht dies in dem Bemühen, nicht nur einzelne Themen von gesellschaftlicher und politischer Relevanz aufzugreifen und zu rekonstruieren, sondern sie im Rahmen von Enzensbergers Selbstverständnis als Intellektueller und Essayist zu erörtern. […] Als unabhängiger, frei denkender Schriftsteller fühlt er sich weder einer philosophischen oder wissenschaftlichen Theorie noch einer politischen Fraktion auf Dauer verpflichtet, und in diesem Weder-Noch hat der Essay als Form seinen traditionellen Ort.
Mutter- und vaterlos, so schreibt der amerikanische Literaturtheoretiker Harold Bloom über das Verhältnis Gottes zur Bibel, scheine Jahwe aus den Seiten eines Buches zu purzeln, das er selbst geschrieben haben könnte und mit dem er zu identifizieren sei – und unterscheide sich dadurch im Grunde lediglich graduell von jedem anderen Autor. Tatsächlich thematisiert die Bibel wie kein anderes Buch das Problem von Autorität und Autorschaft und ist immer wieder daraufhin gelesen worden. Gott selbst tritt als Autor der mit göttlichem Finger verfassten Gesetzestafeln auf, Moses als inspiriertes Sprachrohr und als Schreiber, der nach Gottes Diktat die zweiten Tafeln anfertigt, nachdem er aus Zorn über die Anbetung des Goldenen Kalbes durch die Israeliten die ersten zerbrach, und die christliche Bibel etabliert Jesus in Fortsetzung dieser Tradition als Überwinder des Mosaischen Gesetzes, als Autor seines eigenen Gesetzestextes. Die Frage nach der Autorschaft der biblischen Texte selbst wurde und wird kontrovers diskutiert, und das Thema der Bewertung der unterschiedlichen Autoren dieses Textkorpus wird auch im Kontext der 'Bibel als Literatur'-Debatten aufgegriffen. So fragt bereits Erich Auerbachs Vergleich von homerischem und biblischem Erzählstil nicht nur nach der jeweiligen ästhetischen Wirkung, sondern auch nach der Autorenperspektive eines einzelnen biblischen Erzählers, des Elohisten, und stellt somit einen biblischen als literarischen Autor ins Zentrum der Betrachtung. Dass die Entscheidung darüber, welche der Autorfiguren der Bibel betrachtet und wie Autorschaft dabei verstanden wird, nicht nur in theologischen oder religionswissenschaftlichen, sondern auch in literaturwissenschaftlichen Diskursen eng mit der jeweiligen Definition der Bibel verknüpft sein könnte, ist eine These, die sich an Harold Blooms Umgang mit der Bibel als einem Werk von literarischer Erhabenheit – und somit als literarischem Text – abzeichnet. An Autoren des 'Bibel als Literatur'-Diskurses wie Erich Auerbach, Robert Alter und Frank Kernmode anschließend und sich zugleich von ihnen abgrenzend, wendet sich Harold Bloom schon in früheren Veröffentlichungen einer eher vernachlässigten Autorfigur zu: nicht dem aus den biblischen Seiten purzelnden Jahwe, sondern dessen 'Erfinder', dem Verfasser des Book of J, dem sogenannten Jahwisten.
O presente artigo objetiva uma discussão sobre o vocabulário fundamental da Metapsicologia freudiana, para além da concepção de um simples e estanque agrupado de termos técnicos. Levando-se também em consideração o fato de que Freud foi um escritor brilhante e um perspicaz explorador dos recursos oferecidos pela língua alemã, é nossa intenção demonstrar certas distorções de seu estilo e vocabulário sofridas após ter passado por traduces internacionalmente influentes para as línguas inglesa e francesa. Logo, com a recente entrada da obra freudiana para o domínio público, esta finalmente passou a ser traduzida diretamente para o português, tornando-se atualmente um desafio fundamental aos tradutores brasileiros de Freud recuperar a vivacidade de suas palavras sem deixar de levar em consideração a acuidade de suas proposições.
Neste artigo pretendemos apresentar Sigmund Freud e Vilém Flusser não somente como dois intelectuais que dividem certas peculiaridades biográficas, mas como dois importantes pensadores de proposições convergentes. Ambos analisaram criticamente o mal-estar humano face às diferenças individuais e culturais mediadas pelo simbólico e ambos, cada qual ao seu modo, procuraram apresentar maneiras de lidar com tal questão enfatizando as capacidades criativas da linguagem e da tradução em ultrapassar os limites das diferenças, da intolerância e do mal-entendido. Pretendemos, portanto, discutir aqui as contribuições para o entendimento de cada um destes escritores a partir de uma leitura cruzada de suas obras.
Rezension zu Victor Klemperer: LTI – A Linguagem do III Reich. trad. Miriam Ölsner. Rio de Janeiro: Contexto, 2009
Rhetorik bei Paul de Man
(2011)
Es ist unübersehbar, daß die Texte Paul de Mans in entscheidendem Maße von rhetorischer Terminologie geprägt sind. Unübersehbar ist es aber auch, daß diese Terminologie in erster Linie dem Teil der Rhetorik entstammt, der traditionell als elocutio bezeichnet worden ist: es sind die Tropen und rhetorischen Figuren, von denen aus de Man sein Verständnis der Rhetorik entwickelt. Eine solche reduzierende Rekonstruktion der Rhetorik scheint auf den ersten Blick weit von dem entfernt zu liegen, was man in seiner antiken Ausprägung traditionellerweise Rhetorik genannt hat. Die Übernahme dieser rhetorischen Termini vollzieht sich bei de Man im wesentlichen in seinen Lektüren Nietzsches, in dessen frühen Texten "Darstellung der antiken Rhetorik" (1874) und "Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinne" (1872) er bereits jene dekonstruktive Bewegung auszumachen vermeint, von der auch seine eigenen Schriften geprägt sind.
Es ist bekannt, daß sich der theoretische Dissens zwischen Michel Foucault und Jacques Derrida, wie er seit den sechziger Jahren, seit Foucaults Buch "Wahnsinn und Gesellschaft", in den Texten beider Autoren seinen Niederschlag gefunden hat, anhand von Fragen entzündet hat, die die Problematik der Lektüre einiger Passagen der "Meditationes de Prima Philosophia" von René Descartes betreffen. Diese durchaus von polemischer Schärfe getragene Auseinandersetzung, deren z.T. unversöhnbar scheinende Rhetorik angesichts einer strategischen Nähe, die man prima facie zwischen den theoretischen Projekten beider vermuten könnte, verwundern mag, findet ihren Ausgangspunkt in Foucaults frühem Projekt einer Rekonstruktion des für die klassische und moderne Epoche angeblich konstitutiven Ausschlusses des Wahnsinns aus der Vernunft. [...]
Im folgenden werde ich zunächst die Position Foucaults in Bezug auf den Zusammenhang des Ausschlusses der wahnsinnigen Sprache aus der Vernunft und der Entstehung einer spezifischen Literatur erläutern. Die Erläuterung der Beziehung von Wahnsinn, Sprache, Vernunft und Literatur macht es notwendig, weitere Texte Foucaults heranzuziehen, trotz eines gewissen Vorbehalts bezüglich der Zulässigkeit einer Art der Rekonstruktion der Thesen Foucaults, die über verschiedene Texte hinweg zeitlich divergierende Stadien seiner Theorie als eine einheitliche und kohärente Theorie behandelt. Der dritte Teil widmet sich einer Rekonstruktion der theoretischen Verschiebung, die Derrida an Foucaults Projekt vornimmt. Schließlich folgt im letzten Teil eine Rekonstruktion der gegenseitig erhobenen Einwände im Rahmen eines Vergleichs beider Positionen und ein Aufriß der Strategie und Methodik.
Im Erhabenen befinden sich nicht die Erkenntniskräfte (also Einbildungskraft und Verstand) in einer freien Harmonie wie bei der Erfahrung des Schönen (wie immer sich eine solche freie Harmonie herstellen und bestimmen lassen kann), sondern Einbildungskraft und Vernunft befinden sich in einem Widerstreit […]. Die Vernunft fordert von der Einbildungskraft, Dinge darzustellen, die sie nicht direkt, sondern nur indirekt oder negativ darstellen kann, und zwingt die Einbildungskraft dadurch zu einer indirekten Darstellung ihrer (d.h. der Vernunft bzw. ihrer Ideen) selbst. Das Erhabene gründet in der Unmöglichkeit einer positiven Darstellung von Vernunftideen […]. Dem komplizierten Zusammen- und/ oder Wechselspiel von erhabenen Naturphänomenen, sittlichen Ideen, Vernunft und Einbildungskraft gehe ich im folgenden genauer nach. Während also der Schönheit die Funktion einer fundierenden Selbstbestätigung des Subjekts zugesprochen wird, da sich in ihr die Angemessenheit unserer Erkenntnisvermögen zur Beschaffenheit der Naturdinge ästhetisch und lustvoll zeigt, bringt das Erhabene eine Dissoziation von Subjekt und Welt und damit zunächst eine Unlust mit sich. In der Erfahrung des Erhabenen zeigt sich zunächst die Unangemessenheit jeder bestimmten Anschauung der Einbildungskraft zur Darstellung des erhabenen Gegenstands. In einem zweiten Schritt dient diese uneinholbare Unangemessenheit zur Darstellung einer Idee der Vernunft – vor allem der Idee der menschlichen Freiheit. Bloß uneigentlich erhaben ist dagegen die erhabene Natur, die entweder schlechthin groß oder aber gewaltig ist. Das Erhabene markiert den Riß zwischen dem freien menschlichen Subjekt und der kausalnotwendig verfaßten Natur, den es zugleich zu überbrücken behauptet.
Der Mediävist Peter Wapnewski hatte seine Hörer, seine Leser des unvergleichlichen Glanzes der Dichtung zur Zeit der Staufer versichert, hatte nach der Schändung der deutschen Kultur durch die Nationalsozialisten wieder die Herkunft, das Werden, die Schönheit der ersten deutschen Sprache gegenwärtig gemacht. Wollten die Deutschen ihr Land wiederaufbauen, so sollten sie ihre Sprache in der Dichtung gereinigt als Anspruch an ihr eigenes Leben wiederfinden. Das Thomas Mann verbundene Wort vom "Adel des Geistes" bewahrte Wapnewski, hanseatisch geprägt auch er durch seine Jugend in Kiel, 1922 dort geboren. Der zwölf Jahre jüngere Karlheinz Barck, in Quedlinburg aufgewachsen, den Harz im Rücken, maß als Romanist den Sprachraum aus, den Baudelaire, den Lautréamont und Rimbaud vor und nach der Pariser Commune gewonnen hatten, um dieses Potential, das die Surrealisten zur Welt machten, als einen Handlungsraum in der geschlossenen DDR zu begreifen und einzusetzen: Rimbauds Aufforderung zur "Entgrenzung aller Sinne" folgend.
Was sie beide über die in ihren Texten und Büchern vermittelte Freude an ihren Entdeckungen hinaus auszeichnete, war ihr Einsatz für die anderen, die Vermittlung, das Interesse an der Auseinandersetzung. Sie verliehen zwei in Berlin neu gegründeten akademischen Instituten die spezifische Prägung durch ihr jeweils eigenes Vermögen, Geistes- wie Naturwissenschaftler und Künstler zusammenzuführen. Mit dem Wirken an diesen Instituten erfüllte sich ihre Lebensaufgabe.
Wenn man in der Photographietheorie der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nach strikt gegenübergestellten und sich wechselseitig ausschließenden Positionen sucht, liegt es auf der Hand, Walter Benjamin und Albert Renger-Patzsch zu nennen, den der kritischen Theorie nahestehenden Theoretiker auf der einen Seite und den Protagonisten der neusachlichen Photographie auf der anderen. Zwischen ihnen liegt ein vermeintlich unüberwindlicher Graben, den nicht zuletzt Walter Benjamins berühmtes Diktum aus der "Kleinen Geschichte der Photographie" ausgehoben hat, das Benjamin auch in seinem Aufsatz "Der Autor als Produzent" unentschärft wiederaufgenommen hat.
Der Titel von Spenglers Bestseller, von dem innerhalb weniger Jahre weit über 100.000 Exemplare verkauft wurden, ist aber nicht nur sprichwörtlich geworden, sondern wurde noch vor Erscheinen des zweiten Bandes als Signum seiner Zeit gelesen. "Der Untergang des Abendlandes" bringt, so seine Zeitgenossen, die Zeitströmung auf den Punkt. Ein Grund dafür ist - auch wenn Spenglers Buch noch während des Krieges konzipiert und geschrieben wurde und Spengler zudem vom deutschen Sieg überzeugt war - der verlorene Weltkrieg.
Der Wirtschaftswissenschaftler Manfred Schroeter, der 1922 bereits eine Kritik von Spenglers Kritikern unternimmt - die so zahlreich sind, daß er sie in verschiedenen Gruppen referieren kann, die von der Ägyptologie über die Mathematik und Paläontologie bis hin zur Theologie und Philosophie reichen -, weist dem Buch den Rang eines bedeutenden kulturhistorischen und zeitdiagnostischen Dokuments zu.
Michael Georg Conrad, der Wegbereiter des Naturalismus in Deutschland, konstatiert 1891 in seinem Aufsatz "Die Sozialdemokratie und die Moderne" einen entscheidenden Wandel der Literatur der Gegenwart. Wird bei Zola noch die Persönlichkeit der Figuren durch das Milieu erklärt, ohne dabei ihren zentralen Status zu verlieren, so gilt dies für die neuere Literatur bereits nicht mehr. In ihr ist die Persönlichkeit verschwunden und auch die literarischen Beschreibungen haben sich bereits an der Technik der Momentphotographie orientiert:
Sie [die Persönlichkeit, B.S.] ist gleichwertig mit dem Milieu, und das Gespräch einer Person hat für den Schriftsteller nicht mehr Bedeutung wie das Knacken eines Stuhles. Notwendig kommt man auf diese Weise zur Technik der Momentfotografie. Ein Interesse haben nur noch die Wahrnehmungen, und Aufgabe des Künstlers wird es jetzt, die Wahrnehmungen der Momente möglichst vollständig zu Papier zu bringen. Was früher behagliche, zusammenhängende Erzählung, Schilderung, Auseinandersetzung, Darlegung war, das verwandelt sich jetzt in eine Reihe unzusammenhängender, blitzartig aufgefasster, nervöser Szenen.
Vier Aspekte legen für Conrad den Vergleich der Literatur mit der Momentphotographie nahe: die Gleichwertigkeit der Erscheinungen bzw. der Gegenstände, die Orientierung der Literatur an der sinnlichen Wahrnehmung, der Versuch einer Vollständigkeit der Beschreibung und schließlich die Ersetzung der "Tableaux vivants" durch eine Folge von Einzelbildern. Alle diese Aspekte nehmen entscheidende Punkte der Auseinandersetzung mit der Photographie im 19. Jahrhundert auf, ohne aber die ansonsten zugleich formulierte Gegenposition der Literatur einzunehmen. Michael Georg Conrad ist einer der ersten Schriftsteller und Theoretiker, der konsequent eine Umwertung der Photographiekritik vornimmt und ihre Zuschreibungen auf die Literatur überträgt.
"Die Jugend aber ist das Dornröschen, das schläft und den Prinzen nicht ahnt, der naht, es zu befreien." (Walter Benjamin)
Walter Benjamins Jugendschriften stellen eine weitgehend unbekannte Seite seines Schaffens dar. Zumeist wird mit Befremden auf sein enthusiastisches Engagement in der Jugendbewegung vor dem Ersten Weltkrieg reagiert. Benjamins philosophische und literarische Anfänge gilt es jedoch als eigenständige Phase seines Denkens Ernst zu nehmen. Denn Benjamin war nicht nur jung, als er seine frühesten Schriften verfasste, sondern die ambivalente Idee der Jugend diktiert diesem Diskurs auch sein Gesetz. Die vorliegende Studie rekonstruiert die spezifische Konfiguration von Benjamins Jugendphilosophie und wirft ein neues Licht auf spätere Phasen seines Denkens. Damit stellt sie die erste umfassende systematische und historische Auseinandersetzung mit dem jungen Benjamin dar. Durch die konsequente Berücksichtigung des zeitgenössischen Kontexts wird ein wichtiger Beitrag zur kulturgeschichtlichen Aufarbeitung der Jahrhundertwende, einem Stiefkind der Philosophiegeschichte, geleistet.
Von der nackten Wahrheit zur rätselhaften Wahrheit des Strumpfes : Walter Benjamins Bilddenken
(2015)
Mit der Unterscheidung zwischen Erkenntnis und Wahrheit findet sich in Benjamins frühen erkenntnistheoretischen Überlegungen eine Entsprechung zu den beiden Seiten der Sprache. Unter 'Erkenntnis' versteht er in diesem Zusammenhang durch Begriffe mitteilbare Sachverhalte, welche den Bereich propositionalen Wissens bilden und in der Semantik der Sprache aufgehen. Erkenntnisse können prädikativ erfasst und verbal vermittelt werden. Von der Wahrheit könne es hingegen kein Wissen geben. Da die Wahrheit weder in Begriffen darstellbar noch durch Aussagen mitteilbar ist, ist ihre Darstellung auf die symbolische Seite der Sprache verwiesen. Folgerichtig findet sich für diese Vorstellung von Wahrheit in Benjamins Schriften kein Begriff, sondern ein 'Bild', nämlich das des Strumpfes - vermutlich nicht zufällig. Denn dieser steht als ein Kleidungsstück exemplarisch für den Zusammenhang von Funktion und Symbol in der menschlichen Kultur.
Vorbild, Beispiel und Ideal : zur Bedeutung Goethes für Wilhelm Diltheys Philosophie des Lebens
(2017)
Johannes Steizinger untersucht unter drei Leitaspekten die Bedeutung Goethes für die Lebensphilosophie Wilhelm Diltheys. Goethe stelle das Vorbild für Diltheys Weltanschauung dar; er diene ihm als Beispiel für die Erkenntnis der Gesetzmäßigkeiten der Einbildungskraft; und schließlich steige die vielfach beschworene Synthese von Goethes Leben und Werk für Dilthey zum Ideal von Dichtung als einer "Steigerungsform des Lebens" selbst auf. Goethe bilde folglich nicht nur einen zentralen Gegenstand in der Entwicklung von Diltheys Ästhetik und Poetik, wie sie etwa in den unterschiedlichen Fassungen von "Ueber die Einbildungskraft der Dichter" (ab 1877) greifbar wird. Darüber hinaus beanspruche er Goethe konsequent als Lehrmeister in wesentlichen methodologischen Fragen, ja er verpflichte ihn geradezu auf eine Beglaubigungsinstanz der eigenen Philosophie, wenn er in seiner Baseler Antrittsvorlesung programmatisch festhält: "So ruht Goethes forschendes Auge noch auf dem, was wir heute tun." Die methodische Bedeutung Goethes für Dilthey zeige sich in erster Linie an Phänomenen wie der Selbsterforschung und dem Selbstzeugnis. Es sei in letzter Instanz der eigene Lebensbegriff, den Dilthey bereits bei Goethe systematisch vorgeprägt sieht. So lasse sich "die Relativität alles Geschichtlichen" mit Goethe als Grundtendenz an das 'Leben' selbst zurückspielen und depotenzieren; so lasse sich mit Goethe das Denken als "Ausdruck des Lebens" und nicht als dessen Widerpart begreifen; und so sei das genetische Naturverständnis Goethes wegweisend für Diltheys typologische Weltanschauungslehre. Der zentrale Stellenwert der Einbildungskraft und die 'schöpferische' Opposition, die sie zu den "pragmatischen Erfordernissen der Erfahrungswelt" unterhalte, erlaube es Dilthey sogar, die Unterscheidung zwischen Natur- und Geisteswissenschaften im Rekurs auf Goethe vorzunehmen. Die Hoffnung auf eine für Goethe symptomatische Unmittelbarkeit der Beziehung zwischen 'Erlebnis' und 'Ausdruck' - wie sie im Kompositum des 'Erlebnisausdrucks' manifest werde - untersucht Steizinger im Sinne Diltheys abschließend als "Ausgangspunkt jeder erkenntnistheoretischen Reflexion".
Zwischen emanzipatorischem Appell und melancholischem Verstummen : Walter Benjamins Jugendschriften
(2011)
Wenn ich im Folgenden versuche, den prekären Status des juvenilen Diskurses anhand seiner grundlegenden Motive an diesem selbst nachzuweisen, geht es mir nicht darum, den Schluss-Stein in der Konstruktion seines Werkes zu setzen. Vielmehr soll mit der kritische Analyse der Konfiguration seiner frühesten Schriften davon abgerückt werden, sein Schreiben in der Totalität eines Werkes fixieren zu wollen. Denn - um es in Anlehnung an Foucaults genealogischem Blick auf die Geschichte zu formulieren - an seinem Anfang "stößt man nicht auf die noch unversehrte Identität (eines) Ursprungs, sondern auf Unstimmigkeit und Unterschiedlichkeit". Deshalb gilt es, Benjamins Jugendschriften in ihrer Marginalität, Kontingenz und Vergänglichkeit ernst zu nehmen. Meine These lautet, dass diese außerhalb seines Werkes stehen müssen, weil sie sich weder selbst in ein Werk abschließen noch einfach seinem Autornamen zuordnen lassen. Ihre verstörende Wirkung erklärt sich nicht zuletzt dadurch, dass sie entstanden sind, noch bevor Walter Benjamin als 'Autor' zu schreiben begonnen hat.
Für mehrere Generationen von Germanisten ist der Name Zdeněk Masařík ein Begriff. Manche ehren ihn als einen anspruchsvollen, strengen, aber gerechten Lehrer, manche würdigen ihn als einen tüchtigen Wissenschaftler und großen tschechischen Sprachgermanisten und manche schätzen ihn als einen verlässlichen Kollegen, ausgezeichneten Sänger und guten Menschen. Beim zusammentreffen mit diesem energischen Mann will man nicht glauben, dass er in diesem Jahr seinen 85. Geburtstag feierte, denn man hat den Eindruck, seine Seele bleibt immer jung.
An Versuchen, Walter Benjamins 'Einbahnstraße' in die literarhistorischen Traditionen einzuordnen, fehlt es nicht. Vorzugsweise hat man dabei auf den Feldern gesucht, die sich von Benjamins eigenen frühen literarhistorischen Schwerpunkten aus anbieten, dem Barock mit dem Emblem und der Romantik mit dem Fragment, beides mit ebenso vielen Erträgen wie Problemen. Von anderen Aspekten in seinem Werk gehen die Erörterungen zu Traktat und Denkbild aus. Zum Traktat setzen sie bei Benjamins "Innenarchitektur" (WuN VIII, 38) an und nehmen Bezug auf den Konstruktivismus; zum Denkbild gehen sie von seinen "Denkbildern " aus, die unter dem Pseudonym Detlev Holz in der 'Frankfurter Zeitung' vom 15. November 1933 erschienen, wesentlich gestützt durch die Autorität Adornos etwa von Schlaffer und Jäger. Fernerliegendes, wie Anekdote und Mosaik, ist (von Bertrams Nietzsche-Bild her) gleichfalls erprobt worden, und Schöttker hat aus dem jeweiligen Ungenügen heraus auch integrierende Versuche unternommen. Benjamin habe versucht, "den frühromantischen Fragmentarismus, den er im barocken Drama vorbereitet sah, mit den Ideen der konstruktivistischen Avantgarde zu verbinden". Miniatur oder Minimalprosa sind daneben eher unverbindliche Verlegenheitslösungen geblieben. Am nachhaltigsten ist wohl der Aphorismus zur zentralen Kategorie erklärt worden, mit sehr viel Berechtigung und wiederum nicht ohne erhebliche einschränkende Bemerkungen.
Um 1750 gelangt die ethopoetische Funktion des Stils in den Fokus verschiedener Autoren, welche die Kategorie in Rhetorik, Poetik und Ästhetik neu vermessen. Johann Christoph Gottscheds Rhetorik weiß den Stil als Übung zu nutzen, um Empfinden und Denken der Schüler zu trainieren. Der Charakter der Schüler resultiert somit aus einem Ausbildungsprogramm, das vom Spracherwerb bis zum Verfassen von Reden reicht. Johann Jacob Breitinger erläutert in seiner Poetik, wie die Sprache auf einer semiotischen Ebene auf verschiedene Arten Kraft ausübt, um das Gemüt zu bewegen und damit sinnliche Erkenntnisse zu generieren. Stil als Übung und Stil als Darstellungsverfahren vereint Alexander Gottlieb Baumgarten in seiner Wissenschaft der sinnlichen Erkenntnis, die sowohl eine Vervollkommnung des sinnlichen Erkennens anstrebt als auch die Verfahren beleuchtet, die für die Darstellung der sinnlichen Erkenntnis verantwortlich sind.
A Universidade de Aachen abrigou durante anos o principal centro de Estudos Imagológicos da Alemanha e talvez do mundo. O centro foi fundado por Hugo Dyserinck, que, em 1966, com o artigo "Zum Problem der 'images' und 'mirages' und ihrer Untersuchung im Rahmen der vergleichenden Literaturwissenschaft" abriu as portas para uma nova Imagologia. Ali reuniu discípulos, que desbravaram os novos horizontes com inúmeras pesquisas, que deram origem à publicação da coleção "Aachener Beiträge zur Komparatistik". No Brasil, a influência de Dyserinck também se fez sentir, por exemplo, na publicação do livro "Do cá e do lá. Introdução à Imagologia", de minha autoria, cujo conteúdo é aqui, em parte, comentado e ilustrado.
Schriftsteller, die in ihren poetischen oder philosophischen Texten die Kunst des Zitierens kultivieren, können auf eine lange literarische Tradition zurückblicken, denn seit den Anfängen der literarischen Überlieferung stellt das Zitieren eine zentrale Kulturtechnik dar. Bevor im folgenden Beitrag die Frage nach einer 'Poetik des kreativen Zitats' in den Texten von Autoren des 20. und 21. Jahrhunderts näher erörtert werden soll, bietet es sich daher an, einen selektiven Blick auf die Vorgeschichte der gegenwärtigen poetischen Zitiertechniken zu richten.
Die Herausgeber haben einen erstaunlich differenzierten und perspektivenreichen Band über Sartres Beziehung zu den Medien zusammengestellt, der so unterschiedliche Aspekte umfasst wie das Verhältnis des französischen Existenzphilosophen zum Film, insbesondere seine Tätigkeit als Drehbuchautor, seine Bildtheorie und visuell geprägte Theaterästhetik sowie seine Phänomenologie des Blicks und Konzeption des Imaginären. Es handelt sich, wie ein erster Überblick zeigt, um sehr heterogene Gesichtspunkte, die nicht ohne weiteres auf einen Nenner zu bringen sind, zwischen denen sich aber bei genauerer Betrachtung durchaus interessante und fruchtbare Verbindungslinien ziehen lassen. Michael Lommel weist in seiner Einführung „Elemente zur Einleitung" zu Recht darauf hin, dass bereits die philosophischen Schriften Sartres von der Kinoerfahrung beeinflusst seien, etwa das unmittelbare Auftauchen des Anderen, welches an Kinophantasien erinnere. Mit den Schlüsselbegriffen 'rôle', 'projet', 'transcendance' habe Sartre zudem die alternativen Lebensentwürfe und virtuellen Biografien vorweggenommen, die im Zeitalter der digitalen Medien und Computerspiele eine neue Aktualität gewinnen, auch wenn Sartre selbst wohl eher den theatralischen Raum als Experimentierfeld vor Augen hatte. Der Möglichkeitssinn und die Erkenntnis der Potentialität in Sartres Existenzphilosophie weisen zudem Affinitäten zum Genre des Episodenfilms auf.
Klaus Kreimeier diskutiert die Kindheitserfahrungen Sartres, seine ersten Kinobesuche im Alter von 6-7, die er rückblickend in seinen Erinnerungen "Les mots" (1964) eingehend schildert. Filme wie "Fantômas" und "Maciste" haben die Phantasie des Jungen modelliert und formativ auf ihn gewirkt. Neben den vornehmen Kinopalästen der Bourgeoisie faszinierte den jungen Sartre besonders die sinnlich intensive Atmosphäre des kleinen unprätentiösen Schlauchkinos in der Nachbarschaft. Die damaligen Katastrophenfilme (Anno 1912) erzeugten das Gefühl der Angst im kindlichen Beobachter, und zwar im Sinne einer physikalisch-körperlichen Überwältigung durch die Reizüberflutung, und lösten zugleich eine Art Katastrophensehnsucht aus. Der fast sechzigjährige Sartre erinnert in seinem autobiographischen Rückblick an die weiblichen Begleitpersonen des Kindes, insbesondere an seine damals noch jugendliche Mutter, die den Projektionssaal des Cinéma ebenfalls als bevorzugtes Unterhaltungsmedium an Regentagen zu schätzen wusste.
Partindo de considerações sobre os escritos precoces que Benjamin dedicou à questão da linguagem - sem descuidar de outros escritos do mesmo período -, pretendemos sugerir a importância que a reflexão de Kant teve para a formulação de seu pensamento linguístico. Nesse sentido, voltamo-nos principalmente para a Segunda Parte da "Crítica da Faculdade de Juízo", na qual é desenvolvido e trabalhado o importante conceito de "Zweckmässigkeit" ("conformidade a fins"), sobretudo a partir de uma reflexão sobre a perfeição da natureza, em sua dimensão teleológica. Benjamin retoma esse conceito e - elaborando uma série de imagens sobre a dimensão natural da linguagem, na linha do que propunha um pensador como Humboldt - desenvolve uma filosofia da linguagem a um só tempo natural e teológica. Depois de demonstrar textualmente a existência dessa relação entre a Faculdade do Juízo Teleológica de Kant e a filosofia da linguagem do jovem Benjamin, pretendemos sugerir que este último cede àquilo que o filósofo de Königsberg considerava a ilusão natural da razão, pois, ao postular uma "afinidade meta-histórica entre as línguas", fundamentada no conceito suprassensível de "die reine Sprache" ("a língua pura"), Benjamin aborda algo que escapa à possibilidade de experiência humana e propõe desdobramentos dogmáticos a partir daí.
O trabalho retoma a análise freudiana de "Der Sandmann", presente num ensaio de 1919 que se provou paradigmático para as interpretações futuras da obra de E. T. A. Hoffmann. No dito ensaio, o pai da psicanálise faz diversos juízos sobre a construção argumentativa da novela romântica que, nos estudos literários, vêm sendo indevidamente atribuídos ao próprio Hoffmann. Seu programa estético supostamente seria aquele de um analista dos mecanismos psíquicos de suas personagens, revelando-o como um curioso conhecedor avant la lettre das teorias psicanalíticas. É como se a criação de um imaginário horripilante que caracteriza sua prosa servisse a um impulso interpretativo das áreas ocultas da psique a fim de detrair tendências irracionalistas e animistas de suas personagens. A crítica freudiana ao animismo é um dos aspectos mais contestados por estudiosos recentes como Bruno Latour e Isabelle Stengers e, por isso, retomaremos seus argumentos num segundo momento. Então, alguns de seus argumentos serão retomados em um segundo momento do artigo para que possamos voltar a Hoffmann e reinterpretar sua estética como uma defesa de certo tipo de animismo, para além dos paradigmas psicanalíticos que nunca cessaram de o ensombrar.
Der österreichisch-serbische Literaturwissenschaftler Zoran Konstantinović, geboren am 5. Juni 1920 in Belgrad, ist am 22. Mai 2007 in seiner Geburtsstadt verstorben. Nach der Kriegsgefangenschaft, in die er als Soldat der jugoslawischen Armee geriet, seinem 1945 in Zagreb begonnenen und in Belgrad fortgesetzten Studium, seiner Hochzeit mit der Kroatin Dagmar Bestal sowie der Geburt seiner beiden Kinder Vladimir und Dagmar und seiner Zeit als Universitätsprofessor für Germanistik in Belgrad wurde Zoran Konstantinović 1970 auf den ersten österreichischen Lehrstuhl für Vergleichende Literaturwissenschaft nach Innsbruck berufen. Dort baute er das Studium für Vergleichende Literaturwissenschaft und ein dazugehöriges Institut auf, das er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1990 auch leitete.
O presente texto lida com a forma do juízo em Hölderlin e Hegel, focalizando principalmente seus momentos de divisão e unificação. Inicialmente, unificação e divisão são aqui tratadas a partir de temáticas desenvolvidas em torno do amor no séc. XVIII. O juízo é analisado basicamente no âmbito da Ciência da lógica, de Hegel, de prefácios do romance Hyperion e do texto "Juízo e Ser", de Hölderlin. A análise visa expor as passagens entre esses momentos do juízo nos textos supracitados, as quais mobilizam relações entre singular, particular e geral. Considerando essas relações, propõe-se uma interpretação do romance acima mencionado.
Walter Benjamin escreveu muito sobre cidades e arquitetura ao longo de sua obra. Seja em jornais de viagens, em ensaios dedicados a determinadas formações urbanas, em textos autobiográficos, na sua teoria do 'flâneur', ou em sua teoria estética, as cidades sempre estiveram em um local central. A cidade ideal de Benjamin não é clássica, "bela", mas, antes, marcada pela circulação de pessoas, pela "interpenetração" ('Durchdringung') e pela "porosidade". Essa cidade perfurada se metamorfoseia em sua própria filosofia da história, já que pare ele também o tempo é poroso.
Para Vilém Flusser as imagens técnicas são como "aspiradores de pó" que sugam toda a história: elas aceleram o tempo e transformam o todo em imagens congeladas. Trata-se para ele de uma imagem que contém a realização de uma redenção judaico-cristã. As imagens técnicas permitem a superação do que ele via como a clausura do mundo histórico, marcado pela textolatria. Elas permitem remontar ludicamente o universo a partir de sua decomposição imagética, como se as imagens (constituídas de "calculi", pixels) fossem pedras de lego. O trabalho apresenta essa escatologia mística judaica de Flusser sobre as imagens mágicas redentoras, levando em conta também o seu credo (que ele também considerava judaico), segundo o qual, ao invés de pensarmos na imortalidade das almas deveríamos apostar que "sobreviveremos na memória dos outros". Que memória seria essa e o que significaria sobreviver em um mundo pós-histórico, esvaziado de sua visão temporal, são algumas das questões que o texto desenvolve. Comparando com algumas ideias e conceitos de Walter Benjamin, o texto procura mostrar como Flusser procurou responder à demanda benjaminiana segundo a qual o surgimento de novas técnicas impõe-nos repensar o que a morte e o amor seriam hoje em dia.
In view of the tremendous success of Victor Klemperer's diaries testimoning his personal experience as a Jew in Nazi Germany, this article discusses the specific contribution of witness literature to the knowledge of history. During the Holocaust period, in the face of death, true historical knowledge was essentially reduced to personal experience. Klemperer's clandestine journal exposes how the collective trauma affected everybody through the daily speech patterns, dictated by the Nazis' appropriation of the German language. In this memory of Alltagsgeschichte as a critical history of language can be seen the specific contribution of Literature of testimony. The function of Klemperers chronicle of 'Lingua Tertii Imperii' to develop the readers linguistic sensitivity, in order to enable them to reappropriate their language.
Benjamin liest Wittgenstein : zur sprachphilosophischen Vorgeschichte des Positivismusstreits
(2008)
Ludwig Wittgenstein und Walter Benjamin haben eine Gemeinsamkeit, die sie von anderen Autoren ihrer Generation unterscheidet. Während ihre Texte und Theorien zu Lebzeiten nur einem kleinen Freundeskreis vertraut waren, haben sie postum eine ungeheure Wirkung entfaltet, die zu neuen Denkweisen führte und akademische Disziplinen veränderte. "Diskursivitätsbegründer" hat Michel Foucault diesen Ausnahmetypus des gelehrten Schriftstellers in seiner 1969 gehaltenen Rede 'Was ist ein Autor?' genannt und auf Marx und Freud als Beispiele verwiesen. In der Tat übernahmen Marxismus und Psychoanalyse in den 60er Jahren eine orientierende Funktion in den Geistes- und Sozialwissenschaften, während die Schriften Benjamins und Wittgensteins seit den 80er Jahren ihre Wirkung entfaltet haben, weil nun nicht mehr die Erkenntnis bildende Funktion von Geschichte und Psyche, sondern die von Sprache und Kultur in den Mittelpunkt des Interesses rückte. Glaubt man den Biographen, dann gab es zwischen Benjamin und Wittgenstein keine Verbindung, obwohl sie Zeitgenossen waren und die Schriften viele theoretische und literarische Berührungspunkte haben. Benjamin, 1892 geboren, war drei Jahre jünger als Wittgenstein und starb elf Jahre früher 1940. Beide publizierten seit 1921, hätten also durchaus zwanzig Jahre lang von einander lesen oder hören können. Dass Wittgenstein Schriften von Benjamin zur Kenntnis genommen hat, ist allerdings unwahrscheinlich, weil er als Autor und Leser ein Sonderling war. Anders liegen die Dinge bei Benjamin, der sich die philosophische Literatur seiner Zeit umfassend anzueignen versuchte. Doch geht es hier nicht nur um Benjamin als Leser, sondern um den Kontext seiner Lektüre. Wenn man ihn berücksichtigt, wird man mit einer der wichtigsten wissenschaftstheoretischen Debatten des 20. Jahrhunderts konfrontiert: der Auseinandersetzung zwischen der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule und dem logischem Positivismus bzw. Empirismus, die in den 30er Jahren begann und in den 60er Jahren als Positivismusstreit in der deutschen Soziologie Wissenschaftsgeschichte geschrieben hat. Benjamin und Wittgenstein waren hier zwar keine Protagonisten, aber durch ihre sprachtheoretischen Reflexionen wichtige Ideengeber.
Walter Benjamin teilt das Schicksal vieler Autoren, die den literarischen und philosophischen Kanon anführen; man denke an Kleist, Büchner, Kafka oder Wittgenstein. Wie bei diesen so bilden auch bei Benjamin die zu Lebzeiten veröffentlichten Texte nur die Spitze eines Eisbergs. Der weitaus größere Teil ist erst nach dem Tod erschienen. Das Schicksal des Werkes lag damit in der Hand von Editoren, die es nach ihren Vorstellungen eingerichtet haben. Die für Benjamin tragische Geschichte der unabgeschlossenen, gescheiterten oder redaktionell verstümmelten Buch- und Aufsatzpublikationen wie das 'Passagen-Werk', die 'Berliner Kindheit' oder der Aufsatz 'Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit' ist häufig dargestellt worden. Man könnte es damit bewenden lassen und nun auf eine Ausgabe hoffen, in der alle veröffentlichten und unveröffentlichten Arbeiten samt ihrer Fassungen, Varianten und Materialien vollständig versammelt werden sollen. Dieser Anspruch ist allerdings mit verschiedenen Fragezeichen zu versehen.
Der Aufsatz von 1976 geht der Frage nach, wie weit Walter Benjamins "Wahlverwandtschaften"-Aufsatz als philologische Studie aufgefasst werden darf. Das Ergebnis ist in wesentlichen Teilen negativ und lädt zu Überlegungen ein, welches Ziel Benjamin in seiner Studie verfolgt und welcher methodologischen Mittel er sich dabei bedient.
Gilles Deleuze und Félix Guattari haben ein polemisches Buch geschrieben, das seinen Gegner im Titel benennt: Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie. Man fände kein Ende, wenn man allen seinen Bezügen zur Psychoanalyse nachgehen wollte. Als es 1972 herauskommt, wird es als Rück fall hinter deren Errungenschaften kritisiert. André Green zieht einen Vergleich mit Sigmunds Freuds voranalytischen Schriften: [...] Worauf der Vergleich aus ist, ist ein Tertium comparationis, das in der Rolle der Naturwissenschaften für die Theorie des Unbewussten liegt. Obwohl der Anti-Ödipus keinen unmittelbaren Verweis auf die voranalytischen Schriften enthält, scheint der Vergleich gerechtfertigt, weil Deleuze und Guattari in Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Biochemie und Molekularbiologie eine neuartige Konzeption des Unbewussten vorschlagen. Green sieht in der Attacke gegen den Ödipus-Komplex einen Angriff auf das Kernstück der Psychoanalyse: Ohne Ödipus gibt es nur mehr einen diffusen Nexus zwischen biologischem und psychischem Geschehen. Während Green oder Leopold Szondi versuchen, neuere biologische Forschungen in die Psychoanalyse zu integrieren, aber hierbei am Ödipus-Komplex festhalten, verfolgen Deleuze und Guattari einen »vagen Monismus«, indem an die Stelle eines durch den ödipalen Konflikt gebildeten Unbewussten ein molekulares Unbewusstes tritt.