BDSL-Klassifikation: 18.00.00 20. Jahrhundert (1945-1989) > 18.09.00 Stoffe. Motive. Themen
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Es ist ein allgemein verbreiteter Gedanke, dass die Zukunft von der Jugend abhängt, dass die jungen Generationen die Verantwortung für den morgigen Tag tragen, und dass es in ihren Händen liegt, eine neue, bessere Welt zu schaffen. Von jungen Menschen wird heutzutage die Bereitschaft zur Suche von Alternativen zu allem bereits Etablierten erwartet sowie Innovation und stetige Geistesregeneration, um mit Schwierigkeiten umzugehen und auf neue Ideen zu kommen. Missachtung alles Konventionellen, Selbstbestimmung, intellektuelle Widerspenstigkeit und die Fähigkeit, als Antriebskraft für Veränderung zu wirken, das sind Eigenschaften, die der Jugend zugeschrieben werden und die ihren Ethos am besten ausdrücken. Im Rahmen der Thematik „Übergänge. Grenzen überschreiten in der Germanistik“ des Internationalen Kongresses Junger Germanisten, schien es mir angemessen und ebenso sehr aktuell, einen Vortrag zu halten, der in erster Linie dieses Bild der Jugend und die mit ihr assoziierte transformatorische Wirkung beleuchten könnte. Aus diesem Grunde stellte sich mir der politische, soziale und kulturelle Hintergrund der Jugendrevolte der Wilden 68er als passend zur Verwirklichung dieses Beitrags dar. [...] 1968 ist das historische Zeitfenster in "Heißer Sommer", der 1974 veröffentlichte Roman des deutschen Autors Uwe Timm und in "Sem Tecto, entre Ruínas" [Ohne Dach, zwischen Ruinen] des portugiesischen Romanschriftstellers Augusto Abelaira, aus dem Jahr 1979. Die erzählte Welt beider Romane, in denen historische Fakten und Fiktion sich vermischen, rekonstruiert den soziopolitischen Kontext der Krise und der Aufruhr der 68er. Durch die in beiden Romanen repräsentierte junge Generation offenbart sich eine weltweite Euphorie, die grenzüberschreitend in Diktaturen sowie in demokratischen Ländern zu spüren ist. Denn selbst die Studenten aus westlichen Demokratien fanden das von den Regierungen verbreitete Bild von Frieden und Wohlstand in ihren Ländern nicht vor.
Während und nach dem Zweiten Weltkrieg sind über 12 Millionen Deutsche aus dem ehemaligen deutschen Osten geflohen und vertrieben worden. Der vorliegende Beitrag konzentriert sich darauf, wie diese dramatischen Vorgänge die Grenze zur Literatur überschritten haben und im Roman "Jokehnen oder Wie lange fährt man von Ostpreußen nach Deutschland?" des Schriftstellers Arno Surminski erzählt wurden. Schon im Titel des Werkes wurde ein deutlicher geographischer Hinweis auf den Schauplatz des Surminski-Romans gegeben. Diese Provinz Ostpreußens war ebenso wie Westpreußen, Schlesien, Pommern und Brandenburg, das östliche Teil des einstigen Ostdeutschlands. [...] Bei der Flucht und Vertreibung der Deutschen aus diesem historischen deutschen Osten, die von vielen Historikern als eine der größten Migrationen der Geschichte Europas angesehen wird, handelt es sich um einen sehr komplexen Prozess. Er kann grundsätzlich als eine ethnische Säuberung klassifiziert werden, da es sich um die gewaltsame Umsiedlung einer ethnischen Gruppe von einem Land in ein anderes Land handelt. Ein solches Phänomen war nicht keineswegs einmalig in der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Man denke z.B. an die Deportationen der Armenier in den Jahren 1915 und 1916, oder an den Vertrag von Lausanne vom 24. Juli 1923, der die Flucht und Vertreibung von circa 1.200.000 Griechen und 400.000 Türken als ein Austausch der Religionen sanktionierte, und der unter Vernachlässigung seiner offensichtlichen negativen Konsequenzen später als Beispiel verwendet wurde, die Vertreibung der ostdeutschen Bevölkerung am Ende des Zweiten Weltkriegs zu rechtfertigen. Der Schlüssel zum Verständnis des Prozesses liegt in der Geschichte, daher ist die historisch und politisch bedingte Motivation zu untersuchen, welche im Werk von Arno Surminski zur strafenden Vorgehensweise durch die nicht-deutsche Bevölkerung gegenüber den Deutschen führte, die damals die deutschen Ostgebiete bewohnten.
„Die Lose ähneln sich, die Odysseen“. Dieser Vers Ingeborg Bachmanns aus ihrem Gedicht Von einem Land, einem Fluss und den Seen behauptet, die Irrfahrten und Schicksale der vielen Odysseus-Gestalten seien einander ähnlich. Wenn sich aber die Schicksale und Heimkehrreisen der Umherwandernden ähneln, dann könnten sich auch ihre literarischen Werke ähnlich sein. Ausgehend von dieser Vermutung sollen im folgenden Beitrag zwei große Lyriker des 20. Jahrhunderts gegenübergestellt werden, die sich mit der Frage des Exils und seiner Überwindung beschäftigt haben: die Österreicherin Ingeborg Bachmann und der Iraker Sa'dī Yūsuf. Zwar gehören beide unterschiedlichen Sprachräumen und Literaturtraditionen an. Zugleich sind sie aber aus diesen Räumen ausgebrochen, um neue geografische, sprachliche und gedankliche (W)orte zu erkunden, die keine fest umrissenen Grenzen mehr kennen. Darüber hinaus haben sie in ihren Texten auf ähnliche Weise Untergänge und Auferstehungen inszeniert, die meines Erachtens den Erfahrungen ihres Exils entspringen. Ihre Sichtweisen auf das Eigene und Fremde fordern uns auf, unseren eigenen Blick in einer Zeit zunehmenden und zugleich konfliktreicheren Zusammenlebens zu öffnen und zu hinterfragen.