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Rezension zu Georg Herwegh: Werke und Briefe. Kritische und kommentierte Gesamtausgabe. Hg. von Ingrid Pepperle in Verbindung mit Volker Giel, Heinz Pepperle, Norbert Rothe und Hendrik Stein. Band 5: Briefe 1832-1848. Bearbeitet von Ingrid Pepperle. Bielefeld: Aisthesis, 2005. Band 6: Briefe 1849-1875. Bearbeitet von Ingrid und Heinz Pepperle. Bielefeld: Aisthesis, 2010.
Das Findenkönnen ist dem Seindürfen verwandt; wo die kulturelle Überformung das Einzelphänomen nur als Bejahung seiner strukturgebenden Funktionen zuläßt, schließt sich das persönliche Detail von den Ausdrucksmitteln ab, in denen es zu sich kommen könnte. Daß Detailerkenntnis nicht mehr Naherkenntnis ist, sondern das Detail den Betrachter gleichsam blind anschaut, läßt sich auf die Möglichkeit übertragen, den Lebensentwurf der Dichterin des Vormärz zu beschreiben: Fanny Lewalds Roman "Jenny" (1843/1872) kann von seiner Protagonistin nicht bruchlos reden, weil die sprachliche Ausdrucksform ihre Brüche dem Verständigungszweck unter ordnet. Sprachliche Kommunikation, die erscheint, hängt dem Störungsfreien an; die unvermeidlichen Mißverständnisse und Fehldeutungen der Sprachbenutzer scheinen zu den gelingenden Kommunikationssituationen nur als Ausnahmen zugelassen zu sein. In diese Situation hinein versucht die Vormärz-Autorin zu sprechen. Ihre Worte suchen einen Ort, den es nicht gibt, den sie schreibend konstituieren muß und doch in dem Wissen, daß keine Reaktionen des etablierten Gefüges ihr freundlich antworten werden. In doppelter Außenseiterposition, als Frau und Jüdin, hängen an ihrer Sprache Wünsche: nach Festigkeit des Ausdrucks, dem Gehörtwerden, dem Blick, der versteht.
Sealsfields Mobilität, die ihn zwischen 1823 und 1858 viermal zwischen den Kontinenten pendeln lässt, rhythmisiert sein Leben und Arbeiten. Sie ist die Voraussetzung seiner transatlantischen Doppelperspektive, übernationalen Geschichtssicht wie international wirksamen publizistischen Vorgehensweise und liefert die Zäsuren für ein Agieren, das in zwei Phasen erfolgt, abhängig vom Wohnsitz in den USA und in Europa. Daran orientieren sich die nachfolgenden Ausführungen. Deren Ziel ist es an Hand der Buchveröffentlichungen zu erläutern, wie Sealsfield für seine innovative Schreib- und internationalisierte Vermarktungsstrategie potente Verlage als nützliche Dienstleister funktionalisiert und so das engagierte Erzählkonzept für die Selbstorganisation im literarsozialen Gefüge des Vormärz umsetzt.
"… einen bleibenden Verleger" : Notizen zur Ausgabe der "Schriften" von Karl Leberecht Immermann
(2011)
Karl Leberecht Immermanns parallel zu der juristischen Laufbahn verfolgte schriftstellerische Karriere war bereits in ihren Anfängen von der Schwierigkeit geprägt, eine verlässliche Verleger-Beziehung aufzubauen. Mit dem sicheren Blick für die nicht nur ökonomische Bedeutung einer kontinuierlichen Zusammenarbeit mit einem Verlagshaus benannte Julius Campe, in dessen Verlag ebenfalls einzelne Schriften Immermanns erschienen sind, diese Problematik bereits im Jahr 1826.
Die "historische Bedingtheit" ist nicht nur ein Charakteristikum der Texte Anastasius Grüns, sondern ließe sich auf die Beschäftigung mit der Literatur des österreichischen Vormärz insgesamt übertragen. Die politisch engagierte Literatur zwischen 1830 und 1848 ist dieser "historischen Bedingtheit" vielfach zum Opfer gefallen, und selbst innerhalb der Literaturwissenschaft sind zahlreiche dieser politischen Schriftsteller vollständig vergessen. Setzt man sich diesem Verdikt entgegen, stößt man auf eine ganze Reihe von Schriftstellern österreichischer Provenienz, die zwischen 1830 und 1848 aktiv - und zumeist aus dem Exil - gegen die Metternich'sche Restauration anschrieben. Exemplarisch richtet Andreas Macho in diesem Beitrag auf einen von ihnen den Fokus. Nicht weil seine Schriften mustergültig wären, sondern weil die verwendeten Formen und Themen tiefe Einblicke in den Buchmarkt und die Publikationsbedingungen im österreichischen Vormärz geben. Und auch die Vita des dargestellten Schriftstellers verdeutlicht die Produktionsbedingungen von Literatur unter einem System restriktiver Zensur und Überwachung, wie Österreich sie für den gesamten Deutschen Bund vorbildlich praktizierte.
Andreas Feuchte: Hermann Franck (1802-1855). Persönlichkeit zwischen Philosophie, Politik und Kunst im Vormärz.(Forschungen zum Junghegelianismus. Quellenkunde, Umkreisforschung, Theorie, Wirkungsgeschichte. Herausgegeben von Konrad Feilchenfeldt und Lars Lambrecht). Frankfurt am Main, Berlin, Bern: Peter Lang, 1998.
Büchner, Georg: Sämtliche Werke und Schriften: Historisch-kritische Ausgabe mit Quellendokumentation und Kommentar (Marburger Ausgabe)/im Auftr. d. Akad. d. Wiss. u. Lit., Mainz, hrsg. von Burghard Dedner und Thomas Michael Mayer. Bd. 3: Dantons Tod. Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft, 2000. 3.1 Text/bearb. von Thomas Michael Mayer. V, 511 S.: 167 Faks. 3.2 Text [Forts.], Editionsbericht/bearb. von Burghard Dedner und Thomas Michael Mayer. V, 378 S. 3.3 Historische Quellen/bearb. von Burghard Dedner, Thomas Michael Mayer und Eva-Maria Vering. VI, 467 S. 3.4 Erläuterungen/bearb. von Burghard Dedner unter Mitarb. von Eva-Maria Vering und Werner Weiland. V, 251 S.
Eine neuere biographische Arbeit über den vielseitigen Gelehrten und Staatsmann Christian Carl Josias Bunsen ist seit langem ein Desiderat. Obgleich er zusammen mit seinen Weggefährten Barthold Georg Niebuhr und Alexander von Humboldt zu den universellen Geistern des deutschen Kultur- und Geisteslebens gezählt werden kann, die einen europäischen Horizont besaßen, hat es bisher nur wenig Ansätze für eine nähere biographische Beschäftigung gegeben. Die nachfolgenden Ausführungen geben einen Kurzbericht über eine Untersuchung, die als Dissertation 1999 in Marburg angenommen wurde.
Mit Nachdruck hat der österreichische Dichter Nikolaus Lenau 1833 die Vorstellung zurückgewiesen, nach Goethe ließe sich keine Faust-Dichtung mehr schreiben, der Stoff habe in Goethes Werk seine letzt-, weil mustergültige Gestaltung gefunden. Der kategorische Ton, mit dem Lenau nur ein Jahr, nachdem der nachgelassene zweite Teil des Goetheschen 'Faust' erschienen war, damit das Projekt einer eigenen Faust-Bearbeitung verteidigt, dient der Klärung von Differenz; er ist dem Bemühen geschuldet, die ästhetische Autonomie des noch im Entstehen begriffenen eigenen Textes gegen den zu erwartenden Vorwurf des Nachzeitigen und Epigonalen zu verteidigen, kurz: das Besondere im scheinbar Vertrauten oder Ähnlichen des Sujets, die eigene, von Goethe abweichende Auffassungsweise des Stoffs ins rechte Licht zu rücken.
Seit dem Herbst 1997 ist eine kommentierte Ausgabe von Karl Gutzkows Werken und Briefen im Entstehen begriffen, die die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet elektronischer Textverarbeitung nutzen wird. Der vorliegende Beitrag ist ein Aufruf an alle Interessierten im Forum Vormärz Forschung, dem Projekt mit ihren Sachkenntnissen förderlich zu sein.
Unter dem Imperativ 'Gutzkow lesen!' stand die erste internationale Konferenz zum Thema Karl Gutzkow in Deutschland, die vom 18.-20. September 2000 in Berlin stattfand. Anlass der Konferenz war es, das jüngste Interesse der Verleger, Publizisten und der großen Feuilletons an dem lange Zeit fast verschollenen Gutzkow auch wissenschaftlich zu fundieren.
Heine artikuliert seine kunsttheoretischen Reflexionen in publizistischen Texten in Form von Korrespondenzartikeln und Briefen, Tagesberichten und Notizen. Diese Kleingattungen besitzen die typischen Kennzeichen des literarischen Genres der Moderne: Sie sind offen und temporär und damit Bewegungsliteratur per se. Die Negierung der traditionellen Gattungsgrenzen und die Favorisierung von literarisch-journalistischen Kleinformen, durch welche die Umbruchssituation der Epoche ihren formalen Niederschlag in der Literatur finden soll, verbindet Heine mit den anderen jungdeutschen Autoren. Der Aufschwung der prosaischen Textsorten beruht auf der von ihren Verfassern postulierten Eigenschaft, authentische Dokumente einer verschriftlichten Gegenwart zu sein. Mittelpunkt der revolutionären Gegenwart ist für viele engagierte Autoren die Revolutionsstadt Paris, deren Urbanität und charakteristische Atmosphäre der Beschleunigung eine große Faszination ausüben und den Diskurs über das Phänomen Großstadt definieren. Heine nimmt dabei die Wahrnehmungsperspektive des flanierenden Betrachters ein, der kaleidoskopartig die vielschichtigen Aspekte des großstädtischen Lebens erfasst und reflektiert, um darin die Signatur der Zeit zu entziffern. Diese vor allem visuelle Perzeption in einzelnen Partikeln und Fragmenten sowie die Diskontinuitt der wahrgenommenen Eindrücke determinieren die Kompositionsweise der publizistischen Schriften: Die Flanerie wird zum narrativen Prinzip. Eine solche kompositorische Struktur, in der Einzelelemente selbständige Bedeutung erlangen, lässt sich nicht mehr mit den Parametern der idealistischen Ästhetik und dem Prinzip der geschlossenen Ganzheit erfassen.