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Die vielfache Überlagerung epochaler Bewußtseinsschichten, die Rettung erotischer Sprachgewalt bei gleichzeitiger Präsentation christlicher Sublimation der Erotik, die Spannung zwischen Sensualismus und Spiritualismus disponieren das Volkslied zur Herausforderung neuer ästhetischer Lösungen; Heines Tannhäuser sucht sie im Widerspiel von Deutschland und Frankreich und im Zusammenspiel von alter und neuer Poesie.
Mehr als 65 Jahre lang setzte sich der Schriftsteller und Literaturkritiker Rudolf Gottschall (1823-1909) mit Heine auseinander - in Aufsätzen, Rezensionen, Literaturgeschichtsbüchern und sogar in Gedichten. Gottschall war mit Heine persönlich bekannt: er hatte ihn 1851 in Paris besucht und ging in seinen Memoiren davon aus, daß Heine "günstig über [ihn] dachte". Auch wenn Gottschall von Heines 'Charakter' mitunter enttäuscht war, so blieb er doch stets ein großer Verehrer von Heines 'Talent'. Daran änderte sich auch nichts, als aus dem liberalen Oppositionellen der 1840er Jahre ein Geheimer Hofrat mit Adelstitel geworden war, der Hymnen auf den deutschen Kaiser verfasste. Der alte Gottschall nahm Heine sogar gegen Angriffe von rechts in Schutz.
Es ist mittlerweile als Konsens anzusehen, daß Heine mit dem "Atta Troll" eine neue Ebene der polemischen Auseinandersetzung mit seinen politischen und literarischen Widersachern erreichte, die aber auch Merkmale der Kontinuität zu den polemischen Schriften der dreißiger Jahre erkennen laßt. "Atta Troll" (als Werk) läßt sich als eine Allegorie des Kampfes, den Heine mit seinen literarischen Gegnern geführt hat, verstehen, aber nicht in dem Sinne, daß es möglich wäre, im Atta Troll (als Figur) einzelne Positionen und Personen detailliert wiederzufinden. Zwar lassen sich u.a. Spitzen gegen Börne, Herwegh, Freiligrath, Ruge auf der einen, Pfizer und Uhland auf der anderen Seite sowie ironische Abgrenzungen gegenüber dem Frühkommunismus, Nationalismus und Republikanismus ausmachen, keineswegs aber handelt es sich bei dem Versepos um eine differenzierte Analyse dieser politischen Programme und ihrer Protagonisten. Die Unschärfe ist jedoch nicht verfehltes Mitte], sondern bewußtes Ziel der Kritik.
Heinrich Heine and Castro Alves wrote poems with the same title: "Das Sklavenschiff" and "O Navio Negreiro". However, this does not mean that Castro Alves plagiarized Heinrich Heine, the author of the first source. Although both of the poems deal with the same theme, an analysis will show and prove the evident divergency in the convergency.
Heines Naturästhetik
(2001)
1828 verkündet Heinrich Heine das Ende der Kunstperiode, die er durch Goethes Klassizismus formal und inhaltlich geprägt sieht. Die autonome Kunstauffassung des Weimarers schürt den von Heine erkannten Konflikt zwischen Kunst und Lebenswirklichkeit, der nur gelöst werden kann, wenn sich ein Dichter mit den politischen und sozialen Problemen seiner Gegenwart auseinandersetzt und sich einem harmonischen, ganzheitlichen Weltbild verweigert. Mit seiner Naturästhetik zielt er auf eine Überwindung der traditionellen ästhetischen Normen der Klassik und Romantik, die er als formalistischen Zwang empfindet, verlangt Anschaulichkeit und Natürlichkeit der Sprache, einer Sprache, die sich am Menschen orientiert und nicht an Poetiken, einer Sprache, die Subjektivität und Erfahrungen zuläßt und die auch im sozialen Interesse die Kunst dem Leben, der Wirklichkeit öffnet. Diese Natürlichkeitsideale tiefergehend zu untersuchen - so Heines Auseinandersetzung mit der Naturphilosophie, seine kulturkritischen Reflexionen im Rahmen einer Kulturgeschichte der Natur und im Rahmen der Natürlichkeitsvorstellungen anderer Schriftsteller, z.B. die der Aufklärer wie Albrecht von Haller -, vielleicht kann dazu die vorliegende Skizze einladen.
Heine artikuliert seine kunsttheoretischen Reflexionen in publizistischen Texten in Form von Korrespondenzartikeln und Briefen, Tagesberichten und Notizen. Diese Kleingattungen besitzen die typischen Kennzeichen des literarischen Genres der Moderne: Sie sind offen und temporär und damit Bewegungsliteratur per se. Die Negierung der traditionellen Gattungsgrenzen und die Favorisierung von literarisch-journalistischen Kleinformen, durch welche die Umbruchssituation der Epoche ihren formalen Niederschlag in der Literatur finden soll, verbindet Heine mit den anderen jungdeutschen Autoren. Der Aufschwung der prosaischen Textsorten beruht auf der von ihren Verfassern postulierten Eigenschaft, authentische Dokumente einer verschriftlichten Gegenwart zu sein. Mittelpunkt der revolutionären Gegenwart ist für viele engagierte Autoren die Revolutionsstadt Paris, deren Urbanität und charakteristische Atmosphäre der Beschleunigung eine große Faszination ausüben und den Diskurs über das Phänomen Großstadt definieren. Heine nimmt dabei die Wahrnehmungsperspektive des flanierenden Betrachters ein, der kaleidoskopartig die vielschichtigen Aspekte des großstädtischen Lebens erfasst und reflektiert, um darin die Signatur der Zeit zu entziffern. Diese vor allem visuelle Perzeption in einzelnen Partikeln und Fragmenten sowie die Diskontinuitt der wahrgenommenen Eindrücke determinieren die Kompositionsweise der publizistischen Schriften: Die Flanerie wird zum narrativen Prinzip. Eine solche kompositorische Struktur, in der Einzelelemente selbständige Bedeutung erlangen, lässt sich nicht mehr mit den Parametern der idealistischen Ästhetik und dem Prinzip der geschlossenen Ganzheit erfassen.
Rezension zu Dietrich Schubert: "Jetzt wohin?" Heinrich Heine in seinen verhinderten und errichteten Denkmälern. Köln, Wien, Weimar (Böhlau Verlag) 1999 (= Beiträge zur Geschichtskultur; Bd. 17). 380 Seiten.
Der Heidelberger Kunsthistoriker Dietrich Schubert liefert mit seiner chronologischen Darstellung der deutschen Streitereien, Plädoyers und Strategien um Heine-Denkmäler einen Forschungsbeitrag, der in gleicher Weise "politisch" und "künstlerisch" von Interesse ist.
Rezension zu Anne Maximiliane Jäger: "Besaß auch in Spanien manch' luftiges Schloß". Spanien im Werk Heinrich Heines (Heine-Studien). Stuttgart und Weimar: Metzler, 1999.
Kai Neubauer: Heinrich Heines heroische Leidenschaften. Anthropologie der Sinnlichkeit von Bruno bis Feuerbach (Heine-Studien). Stuttgart und Weimar: Metzler, 2000.
[Rezension zu:] Heine und die Folgen. Ein Streifzug durch Tagungsbände aus dem Jubiläumsjahr 1997
(2003)
Rezension zu Heine und die Folgen. Ein Streifzug durch Tagungsbände aus dem Jubiläumsjahr 1997
"Dichter unbekannt". Heine lesen heute. Internationales Symposium. Bonn, Mai 1997. Hrsg. v. Dolf Oehler und Karin Hempel-Soos. Bonn: Bouvier, 1998.
Differenz und Identität. Heinrich Heine (1797-1856). Europäische Perspektiven im 19. Jahrhundert. Tagungsakten des internationalen Kolloquiums zum Heine-Gedenkjahr. Lissabon, 4.-5. Dezember 1997. Hrsg. v. Alfred Opitz. Trier: Wissenschaftlicher Verlag, 1998.
"Die Emanzipation des Volkes war die große Aufgabe unseres Lebens". Beiträge zur Heinrich-Heine-Forschung anläßlich seines zweihundertsten Geburtstags 1997. Hrsg. v. Wolfgang Beutin, Thomas Bütow, Johann Dvořàk, Ludwig Fischer. Hamburg: von Bockel, 2000.
Heine und die Weltliteratur. Edited by Terence James Reed and Alexander Stillmark. Oxford: Legenda, 2000.
Deutsch-französische Erfahrungen und/oder Erfindungen :
Heines Besucher in Paris von 1831 bis 1848
(2003)
Überlegungen, die sich einem der bedeutendsten Kapitel der Beziehung zwischen der deutschen und französischen Literatur widmen, können an der Gestalt und dem Werk Heinrich Heines nicht vorbei gehen. Oft genug gibt er gar das Modell ab für politische und soziale Funktionen der Literatur in ihrer die Grenzen überschreitenden Möglichkeit. Heine selbst liefert dafür immer wieder Beispiele der Vermittlung in unterschiedlichster Weise. Den Franzosen die deutsche Eigenart wie Geisteswelt und den Deutschen die künstlerischen, intellektuellen wie revolutionären Errungenschaften der Franzosen nahe zu bringen, betrachtete er als Lebensaufgabe seiner letzten 25 Jahre von 1831 bis 1856, die er in Frankreich bzw. Paris verbracht hat.
Das Thema "Heine und Goethe" scheint im wesentlichen erledigt, die wichtigen Stationen von Heines Auseinandersetzung mit der geliebten und gehaßten literarischen Vaterfigur sind beschrieben und untersucht. Zwei Perspektiven auf die Beziehung des 50 Jahre Jüngeren zum Weimarer Klassiker und Staatsminister herrschen dabei vor. Die eine hat ein Interesse, das man als biographisch-ideologisch bezeichnen könnte: Wie steht Heine zu Goethe? Welche Bedeutung hat die Auseinandersetzung mit ihm für die Genese seiner ästhetischen, philosophischen, politischen Positionen? In welchen Konstellationen bewegt sich Heine zwischen Goethe-Gegnern und -Verehrern, zwischen Liberalen und Romantikern, zwischen Nazarenern und Hellenen? [...] neben diese Perspektive, die den Zeitgenossen der "Wolfgang-Goetheschen Kunstperiode" also selbst durchaus geläufig war, tritt in der Heine-Forschung eine zweite, die nach binnenliterarischen Bezügen zwischen Heines und Goethes Schriften fragt.
Auch in der Matratzengruft ist dem Dichter sein Exil noch ein notwendiges. Wenn er auch über die verbrannten Flügel jammert, so verleiht doch seine Sprachkunst dem Jammer Flügel. Dem Käfer sind die Flügel verbrannt, aber Pegasus hat die Kraft seiner Flügel durchaus nicht verloren. Der Autor reiht sich ja explizit mit Dante ein in die Reihe der großen sprachmächtigen Dichter. Heines kunstvoller Umgang mit der Sprache, der ihm vertrauten deutschen Sprache, macht das Gedicht selbst zu einer Libelle, die uns etwas vorgaukelt und die Schmerzen des Exils
mit "beflügelter Herrlichkeit" hinter sich läßt.
Literatur ist mehr als eine Belegstelle für literatur- oder medientheoretische Thesen, anderseits erschließt sie sich nicht selbst, sondern antwortet auf Bezugsprobleme. Das Problem, das ich mit Blick auf "Schrift" an Heinrich Heine herantragen möchte, ist die Frage, ob die Literatur sich selbst als Medium beobachtet und ob mit der Figur des 'Jehuda ben Halevy' womöglich Autorschaft unter Bedingungen konkurrierender Medien reflektiert wird. Meine medienkomparatistische Lektüre zielt auf jene Medien der Literatur, die Heine im 'Romanzero' thematisiert und als Bedingung seines eigenen Schreibens reflektiert. Ausgehend von dieser vergleichenden Analyse der Medien des 'Romanzero' werde ich in einem zweiten Teil die hinzugezogenen Medientheorien daraufhin befragen, welche Fragen sie an die Literatur herantragen und welche Antworten sie auf Probleme literarischer Texte geben können.