BDSL-Klassifikation: 15.00.00 19. Jahrhundert > 15.15.00 Zu einzelnen Autoren
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Patrick Eiden-Offe beginnt in "'Weisse Sclaven': Oder wie frei ist die Lohnarbeit? Freie und unfreie Arbeit in den ökonomisch-literarischen Debatten des Vormärz" mit einer Übersicht über die verschiedenen Reflexionsweisen freier und unfreier Arbeit in der Sozialtheorie des Vormärz: bei Weitling, bei Heß und im "Gesellschaftsspiegel". Es wird gezeigt, wie genau die verschiedenen Formen von Arbeit registriert werden, wie wenig aber auch noch eine präzise Begriffssprache für diese Phänomene existiert - die erst mit Karl Marx ausgearbeitet wird, der "Lohnarbeit" und "Kapital" als relationale Begriffe sowie als gesellschaftliche Formbegriffe entwickelt. Anknüpfend an die Kritik der New Labour History gelte es festzuhalten, dass bei der begrifflichen Klärung der Blick auf die historisch-empirisch im Vormärz oft noch ungeklärte Situation verloren geht, weshalb Marx etwa die Sklaverei seiner Zeit nicht als funktionales Komplement, sondern lediglich als Residuum überkommener Arbeitsverhältnisse deuten könne. Empirische oder theoretische Annäherungen an das Problem seien also notwendig mit Ausschlüssen und partiellen Blindheiten verbunden. In einer Betrachtung von Ernst Willkomms Roman "Weisse Sclaven" konstatiert der Autor, dass Willkomm in seinem Entwurf eines soziales Kontinuums von freier und unfreier Arbeit die funktionale Bezogenheit der verschiedenen Formen aufzeigt und dabei eine erstaunliche Hellsicht für globale Zusammenhänge beweist. Dies sei, so die These, allerdings allein im Medium Literatur möglich, indem die begriffliche Unschärfe produktiv gemacht und Zusammenhänge aufgezeigt würden, die theoretisch zum damaligen Zeitpunkt noch gar nicht eingeholt werden konnten.
Franziska Schößler untersucht die literarischen Strategien der Kommodifizierung von Weiblichkeit in Ernst Willkomms Romanzyklus "Weisse Sclaven" und Louise Ottos "Schloss und Fabrik". Willkomm und Otto sind mit dem modernen Phänomen der massenhaften Pauperisierung freigesetzter Arbeitskräfte vertraut und beteiligen sich schreibend an der marktgerechten Transformation weiblicher Arbeitskraft für die Bedürfnisse der Kapitalherrschaft: Frauen partizipieren am Marktgeschehen, indem ihre schönen, sexualisierten und leblosen Körper Zirkulationsprozesse in Gang setzen. In "Weisse Sclaven", so der Befund, sind die sozialen Verwerfungen der frühindustriellen Textilproduktion personalisiert; die Unterwerfung unter das gesundheitszerstörerische Maschinensystem erfahre eine spektakuläre Inszenierung wie auf einer Theaterbühne, bei der mit schauerromantischen Elementen nicht gegeizt werde. Anders als bei Willkomm würden in Louise Ottos "Schloss und Fabrik" die Möglichkeiten organisierten Widerstands der Arbeitenden zwar ausdrücklich thematisiert, zugunsten eines reformorientierten Programms der bürgerlichen Verbesserung der Arbeit letztlich aber verworfen. Das Ideal romantischer Liebe zwischen einer Fabrikantentochter und einem Arbeiter besetze eine zentrale Stelle im Text, die durch deren Tod durch Erschießen während eines Streiks durchkreuzt wird. Als Ausweg aus dem Elend empfiehlt Louise Otto Mildtätigkeit und das Almosenwesen; Liebe sei überdies das alle Klassenkonflikte aushebelnde Instrument, das letztlich Kommunismus bedeute.