BDSL-Klassifikation: 15.00.00 19. Jahrhundert > 15.15.00 Zu einzelnen Autoren
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Der vorliegende Beitrag befasst sich mit den religionskritischen Tendenzen im Werk Louise Astons. Ausgehend vom grundsätzlichen, in der Forschung bereits gut dokumentiertem, Befund des Zusammenschlusses von religiöser Opposition, Frauenemanzipation und demokratischer Bewegung in der Mitte des 19. Jahrhunderts soll ein Blick auf die spezifisch kirchenkritischen Einflüsse und Ausprägungen des Schreibens einer Autorin geworfen werden, die Renate Möhrmann als Kämpferin für die "Revisionierung der christlichen Krämerwelt" beschreibt. Dabei konzentriert sich die Betrachtung vor allem auf Louise Astons journalistisches und schriftstellerisches Engagement, weniger auf ihren Status als "enfant terrible des Feminismus" im 19. Jahrhundert. Diese Perspektive ermöglicht zum einen eine stärkere Kontextualisierung Louise Astons innerhalb religionskritischer und liberaldemokratischer Strömungen des Vormärz. So steht ihr Schreiben, wie zu zeigen sein wird, in Auseinandersetzung mit dem Saint-Simonismus, auf dessen Rezeption sie nicht explizit verweist, an dessen Gedanken zur Neubestimmung der Rolle der Frau sie jedoch offenkundig anknüpft. Zum anderen offenbart sie einen exemplarischen Blick auf die Beteiligung von Frauen am öffentlichen Diskurs jener Zeit und den Wandel von der beschriebenen zur schreibenden Frau.
Die Lyrik-Anthologie "Klio" des Historikers Adolf Schottmüller gilt als ein repräsentatives Beispiel für die Konjunktur der Geschichtslyrik im 19. Jahrhundert. Ohne den Verlauf der Weltgeschichte im Einzelnen abbilden zu wollen, zielt der Herausgeber auf die Veranschaulichung epochaler historischer Ereignisse, deren spezifisch dichterische Darstellungsform den Leser unmittelbar affizieren soll. Anhand von Schottmüllers einleitenden Reflexionen werden die strukturellen Bedingungen für die Übertragung historischer Ereignisse in den Gattungsbereich der Geschichtslyrik diskutiert. Am Beispiel von August von Platens Rollengedicht "Klaglied Kaiser Otto's III." und Ernst Moritz Arndts Ereignisgedicht "Die Schlacht bei Leipzig" kommen ferner die ästhetischen Verfahren in den Blick, mit denen diese Transformationsleistung realisiert wird.
Friede den Hütten! Krieg den Palästen!
Im Jahre 1834 siehet es aus, als würde die Bibel Lügen gestraft. Es sieht aus, als hätte Gott die Bauern und Handwerker am fünften Tage und die Fürsten und Vornehmen am sechsten gemacht, und als hätte der Herr zu diesen gesagt: 'Herrschet über alles Getier, das auf Erden kriecht', und hätte die Bauern und Bürger zumGewürm gezählt. Das Leben der Vornehmen ist ein langer Sonntag: sie wohnen inschönen Häusern, sie tragen zierliche Kleider, sie haben feiste Gesichter und redeneine eigne Sprache; das Volk aber liegt vor ihnen wie Dünger auf dem Acker. DerBauer geht hinter dem Pflug, der Vornehme aber geht hinter ihm und dem Pflug und treibt ihn mit den Ochsen am Pflug, er nimmt das Korn und läßt ihm die Stoppeln. Das Leben des Bauern ist ein langer Werktag; Fremde verzehren seine Äcker vor seinen Augen, sein Leib ist eine Schwiele, sein Schweiß ist das Salz auf dem Tische des Vornehmen.
Mit dieser rhetorischen Fanfare beginnt der Hessische Landbote, jene politische Flugschrift, die Georg Büchner 1834, noch vor seinen eigentlich literarischen Werken, veröffentlichte. Es ist der Text in Büchners Werk, in dem die biblischen Bezüge am deutlichsten sind, wie in der zitierten Passage nicht nur die explizite Erwähnung der Bibel im ersten Satz und die deutliche Anspielung auf Jesaja 1.7 "Fremde verzehren eure Acker vor euren Augen" zeigt. Auch der gesamte Tonfall, jene Mischung von Vehemenz und Anschaulichkeit, die den Landboten insgesamt auszeichnet, ist biblisch geprägt. Allerdings wissen wir nicht einmal sicher, ob dieser zitierte Anfang von Büchner stammt, denn der Landbote hat zwei Autoren: Georg Büchner und Friedrich Ludwig Weidig, der einen nicht überlieferten Entwurf von Büchner überarbeitet und ergänzt hat, so dass am Ende kaum zu sagen ist, wer hier was geschrieben hat.