Beiträge zur Naturkunde zwischen Egge und Weser, Band 19 (2007)
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Der „Ornithologische Sammelbericht“ erscheint alljährlich und gibt erwähnenswerte Vogelbeobachtungen des Kreisgebietes und direkt angrenzender Bereiche wieder. Sofern es nicht gesondert angegeben ist, liegen den Daten keine gezielten Untersuchungen zugrunde – sie sind somit zufällig entstanden und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Veröffentlichung dient zur Dokumentation der Nachweise, zur aktuellen Information und kann als Grundlage für Auswertungen verwendet werden.
Aus verschiedenen Regionen Deutschlands wird in den letzten Jahren gemeldet, dass sich die seltene und heimliche Wildkatze ausgehend von ihren letzten Rückzugsräumen wieder ausbreitet und verloren gegangenes Terrain zurückgewinnt. Auch im Kreis Höxter gibt es aus den letzten Jahren glaubwürdige Meldungen von Wildkatzen. Aufgrund ihrer heimlichen Lebensweise ist es durchaus möglich, dass diese Art auch im Raum zwischen Egge und Weser schon weiter verbreitet ist, als der bisherige Kenntnisstand es vermuten ließe, denn der Kreis Höxter liegt nahe an zwei großen Vorkommen dieser Art, dem Solling und dem Reinhardswald. Diese Vorkommen wiederum sind vernetzt mit Beständen im Kaufungerwald und möglicherweise in geringerem Maße mit der Harzpopulation (siehe Abb. 2). Die günstige Situation lässt hoffen, dass die Wildkatze über kurz oder lang wieder stabile Populationen in den größeren Waldbeständen des Kreises aufbauen wird. Besondere Planungsrelevanz erhält die Wildkatze dadurch, dass sie in der bundesweiten Roten Liste als stark gefährdet eingestuft wird, in Nordrhein-Westfalen gilt sie sogar als „vom Aussterben bedroht“ (FELDMANN, HUTTERER & VIERHAUS 1999). Weiterhin ist sie rechtlich geschützt durch die FFH-Richtlinie (Anhang IV), die Bundesartenschutzverordnung (besonders und streng geschützte Art, CITES (Washingtoner Artenschutzabkommen: Anhang II) und die Berner Konvention (Hessisches Ministerium für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz 2004). Im Naturschutz wird sie als Leitart für unzerschnittene und waldreiche Landschaften angesehen und vertritt damit auch andere große Säugetierarten mit großen Raumansprüchen wie z. B. den Rothirsch (SIMON & RAIMER 2007). Deswegen erscheint es über das naturkundliche Interesse hinaus sinnvoll, die aktuelle Situation der Wildkatze in diesem Raum einmal näher zu untersuchen. Der folgende Text soll interessierten Personen einen Einblick in das Leben der Wildkatze geben und darüber hinaus über eine praktikable Methode der Bestandserfassung informieren.
Im Naturschutzgebiet „Grundlose-Taubenborn“ ist trotz jahrhunderte langer menschlicher Einflussnahme (vgl. KOCH 2007) eine für natürliche oder naturnahe Flussniederungen typische Vielfalt an Gewässer- und Biotopstrukturen erhalten geblieben. Die überwiegend extensiv betriebene Landwirtschaft – weitgehend Weidewirtschaft – und naturverträgliche Erholungsnutzung tragen zusätzlich zum Artenreichtum des Gebietes bei, der für den gesamten Oberweserraum einmalig ist. Von überregionaler Bedeutung ist das Schutzgebiet insbesondere für die Amphibien- und Libellenfauna. Das große Angebot an unterschiedlichsten Gewässertypen bietet 10 Amphibien- und wenigstens 31 Libellenarten günstige Reproduktionsbedingungen. Bei den Amphibien sind neben der Artenzahl und dem Vorkommen europaweit geschützter Arten die großen Populationen wertbestimmend. Insbesondere die Populationsgrößen bei Erdkröte, Teich- und Bergmolch und Grünfrosch stechen hervor. Das größte bei BERGER & GÜNTHER (1996) erwähnte Vorkommen des Bergmolchs in Deutschland weist max. 4.000 Tiere auf (Taubenborn: 8.000). Beim Teichmolch gelten schon Bestände mit 2.000 Tieren (Taubenborn: 25.000!) als sehr groß (BUSCHENDORF & GÜNTHER 1996). Auch bei der Erdkröte ist die Situation ähnlich – Populationen mit mehr als 1.000 Tieren (Taubenborn: 20.000) sind die Ausnahme. Auch bei den Libellen charakterisieren nicht so sehr die Vorkommen einzelner seltener oder gefährdeter Arten das Gebiet – vielmehr ist es der außergewöhnlich große Artenreichtum des Gebietes, der seine überregionale Bedeutung ausmacht. Aber auch für Arten aus den anderen Tiergruppen ist der Taubenborn von zumindest regionaler Bedeutung. Dies gilt für einige Fledermausarten (z.B. die Wasserfledermaus) und darüber hinaus für unsere beiden heimischen Schlangenarten (Ringel- und Schlingnatter). Die Aufnahme des Gebietes in das europäische Netzwerk Natura 2000 soll gewährleisten, dass der Arten- und Naturreichtum des Taubenborns dauerhaft erhalten bleibt. Die Anlage der Kleinweiher haben die Gewässervielfalt und damit die Bedeutung des Gebietes weiter erhöht. Es bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen der geplante Neubau der B 64/83 für das Gebiet und seine Pflanzen- und Tierwelt haben wird. Insbesondere wird sich der Lärmpegel im Gebiet deutlich erhöhen und es somit auch für Erholungssuchende deutlich unattraktiver machen. Wie stark die Beeinträchtigungen sein werden, hängt vor allem davon ab, ob es gelingt, die negativen Auswirkungen durch die Trassenführung und -gestaltung sowie durch Ausgleichsmaßnahmen möglichst gering zu halten. In diesem Zuge ist auch die Einrichtung großflächiger, extensiv genutzter Weideflächen anzustreben, deren Umsetzung zum Erhalt und darüber hinaus zu einer weiteren Steigerung der Artenvielfalt beitragen wird.
Das ehemals Stummrigefeld genannte Gebiet zwischen Höxter und Godelheim stellt einen vielgestaltigen und stark dem Wandel unterliegenden Teil der Kulturlandschaft in der Weseraue dar. Der Kulturraum vereint in sich stark von Menschenhand überprägte und naturnahe Bereiche, ur- und frühgeschichtliche, mittelalterliche und neuzeitliche Elemente der Kulturlandschaft. Insofern stellt er einen geeigneten und interessanten Kleinraum für die "historische Landschaftsanalyse" dar. In der Weseraue zwischen Godelheim und Höxter befand sich, vor dem 20. Jahrhundert weit umfangreicher als heute sichtbar, ein Mosaik aus Hochflutrinnen, verlandeten Altarmen, Bereichen von Randsenke und Niederterrasse. Sie wurden schon vom urgeschichtlichen Menschen schrittweise in Besitz genommen und kultiviert. Dieser lebte möglicherweise seit der zweiten Hälfte des 5. Jahrtausends v. Chr. in der unmittelbaren Umgebung Höxters sowie seit mindestens dem 4. Jahrtausend v. Chr. auf der Sandwiese nördlich von Godelheim. Beispielhaft für den mittelalterlichen Landschaftsausbau steht der Flurname Sandwiese (santwisch), der als Oberbegriff für die landwirtschaftlichen Nutzflächen seit dem 14. Jahrhundert durch das jüngere Stummrigefeld (stummerfeld) abgelöst wurde. In diesem Ablösungsprozess spiegeln sich politische Anstrengungen und gewandelte Raumauffassungen der höxterschen Stadtgemeinde wider, die besonders in der Errichtung einer Landwehr im 14. Jahrhundert zum Ausdruck kommen. Der hierdurch zum Ausdruck gebrachte Raum- und Herrschaftsanspruch konnte aber wohl nur bis ins 17. Jahrhundert aufrecht erhalten werden. Bereits im 14. und 15. Jahrhundert sind ehemalige Sumpf- und Bruchflächen, wie zum Beispiel der Aubruch (obroke) und die beiden Kolke, zu Ackerland umgeformt, während vermutlich erst seit dem 16. Jahrhundert die Lake zum Hainanger und der Siek zum Siekbruch, d. h. zu Wiesen- und Weideflächen umgewandelt wurden. Auch im großen Bruch lässt sich für das späte Mittelalter und die frühe Neuzeit ein Nutzungswandel belegen: Noch zu Beginn des 15. und in der Mitte des 17. Jahrhunderts finden sich hier Waldflächen, über deren genauen Umfang allerdings keine Aussagen getroffen werden können. Nur im Umfeld der Grundlosen konnten sich offene Gewässerflächen und Sumpfzonen über die Jahrhunderte hin erhalten, während alle anderen Bruchflächen im Bereich des Stummrigefeldes vollständig entwässert und kultiviert und einer intensivierten Nutzung unterzogen wurden. Ansatzweise kann mit Hilfe von historischen Schrift- und Bildquellen eine fortschreitende Umwandlung der Feuchtbereiche in der Weseraue zu Wiesen- oder Ackerflächen aufgezeigt werden, die aus Sicht des Menschen bis weit ins 20. Jahrhundert hinein stets als Melioration, als Verbesserung aufgefasst wurde. Nach der teilweisen Einstellung der Oberflächennutzung wurde das Abbaugebiet, auf dem sich einst ein Hospital und Siechenhaus befand, in ein Freizeitgelände umgewandelt. Erst in jüngerer Zeit sieht man den Wert des Seengebietes für Erholungssuchende, begreift außerdem Randsenken- und Feuchtgebiete als ökologische Rückzugsräume für Pflanzen und Tiere und erkennt die vernetzende Wirkung, die etwa vom Hechtgraben als Relikt der Naturlandschaft und Teil der Kulturlandschaft ausgeht. Nach der Einrichtung eines frühen Naturschutzgebietes am östlichen Ziegenberghang (1930) kam es erst in jüngster Zeit zur Ausweisung des Naturschutzgebietes "Grundlose-Taubenborn" (2006) in der Weseraue. Abschließend sei nochmals betont, dass der vorliegende Beitrag Grundlage für weiterführende umweltgeschichtliche Untersuchungen bieten will. Grundlegendere Erkenntnisse bedürfen einer angemessenen Ausweitung des Untersuchungsraums, etwa auf die gesamte Feldmark Höxters oder den ganzen Auenbereich der Oberweser, sowie des regionalen Vergleichs. Fragen, ob Flutrinnen und Senken auf natürliche Weise verlanden oder durch den Eingriff des Menschen, in welcher Form eine urgeschichtliche oder mittelalterliche Besiedlung Einfluss ausübte, können allein mit Hilfe der historischen Schriftquellen nicht beantwortet werden. Hierzu werden weitere Fächer übergreifende Untersuchungen benötigt, wie sie zum Teil im Stummrigefeld sowie in Höxter und Corvey bereits durchgeführt wurden.
Der Turmfalke ist ein – noch – häufiger und als „Allgemeingut“ empfundener Vertreter der Greifvögel im ländlich geprägten Kreis Höxter. Er nistet in vielen Kirchtürmen und anderen geeigneten Gemäuern, so z. B. in der Südwand des Steinernen Hauses in Borgentreich, dem Sitz der Landschaftsstation. Nicht selten sieht man ihn sprichwörtlich „rüttelnd“ über der Feldflur „stehen“. Doch auch er ist von mancher Wandsanierung oder Fassadenglättung sowie der schleichenden Verschlechterung seiner Lebensraumqualität betroffen. Um hier entgegen zu steuern, veranlasste der NABU Kreisverband Höxter, dass im November 2006 die heimische Presse ausführlich über den Turmfalken berichtete. Vom NABU-Höxter wurden kostenlos Nisthilfen für Turmfalken angeboten. „Kein Turm ohne Falke“, so lautete das Schlagwort dieser Aktion. Kurz nach der Pressemeldung wurden auch noch alle Ortheimatpfleger des Kreises Höxter angeschrieben und um Installation der kostenlosen Nistkästen gebeten. Es wurden dann die rund 30 bestellten Nistkästen in der NABU-Werkstatt in Marienmünster-Born selber hergestellt und zum Jahreswechsel 2006/2007 an die Interessenten ausgeliefert. Von geschickten Bastlern können Nisthilfen für den Turmfalken sehr leicht selber hergestellt werden. Die Außenmaße B/ H/ T betragen etwa 42/ 30/ 26 cm, wobei die Vorderfront auf der ganzen Breite zur Hälfte offen bleibt.
Bei Blankenrode, Kreis Paderborn, befindet sich direkt an der Kreisgrenze zu Höxter eine ehemalige Bleikuhle, die aufgrund des Vorkommens einer großen Seltenheit aus der Pflanzenwelt einen Bekanntheitsgrad erlangt hat, der weit über die Grenzen Westfalens hinaus reicht. Bei der Rarität handelt es sich um das Westfälische Galmei- Veilchen (Viola guestphalica, Abb. 1). Dieses großblütige Veilchen stellt tatsächlich eine große Besonderheit dar, denn es wächst weltweit nur in den Bleikuhlen von Blankenrode und deren Umgebung (s. Abb. 2). Normalerweise wird das Vorkommen dieser Art immer mit dem Kreis Paderborn in Verbindung gebracht, aber tatsächlich greift das Vorkommen auch auf die Kreise Höxter und den Hochsauerlandkreis über. Im Kreis Höxter besiedelt es in individuenstarken Beständen die Abraumhalde der Bleikuhle (vgl. Abb. 3), im Hochsauerlandkreis ist es im Bereich einer Feuchtwiese am Wäschebach unterhalb der Bleikuhle anzutreffen. Der gesamte Bereich ist geschützt als Teil des NSG „Bleikuhlen und Wäschebachtal“.