Aussiger Beiträge : 2. Jahrgang
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Der Beitrag stellt die 1997 im Lehrstuhl für Germanistik der Palacký-Universität in Olmütz gegründete Forschungseinrichtung Arbeitsstelle für deutschmährische Literatur vor und beschäftigt sich mit literatur-theoretischen, methodologischen und ideologischen Fragen, die an die Erforschung des Gegenstandes, der deutschmährischen Literatur, geknüpft sind.
Rezensionen zu:
- BINDER, Hartmut (2007): Mit Kafka in den Süden. Eine historische Bilderreise in die Schweiz und zu den oberitalienischen Seen. Prag: Vitalis, ISBN 978-3-89919-058-8, 418 S.
- BINDER, Hartmut (2008): Kafkas Welt. Eine Lebenschronik in Bildern. Reinbek: Rowohlt, ISBN
978-3-498-00643-3, 687 S.
- JAGOW, Bettina von/JAHRAUS, Oliver (Hrsg.) (2008): Kafka-Handbuch. Göttingen Vandenhoeck &
Ruprecht, ISBN 978-3-525-20852-6, 576 S.
- KOCH, Hans Gerd (2008): Kafka in Berlin. Eine historische Stadtreise. Berlin: Wagenbach, ISBN 978-3-8031-1252-1, 136 S.
- PRINZ, Alois (2007): Auf der Schwelle zum Glück. Die Lebensgeschichte des Franz Kafka. Frankfurt am Main: Suhrkamp, ISBN 978-3-518-45894-5, 392 S.
- SALFELLNER, Harald (2007): Franz Kafka und Prag. Prag: Vitalis, ISBN 978-3-89919-077-9, 336 S.
- SELG, Peter (2007): Rainer Maria Rilke und Franz Kafka. Lebensweg und Krankheitsschicksal im 20. Jahrhundert. Dornach: Pforte, ISBN 978-3-85636-175-4, 292 S.
- STACH, Reiner (2008): Kafka. Die Jahre der Erkenntnis. Frankfurt am Main: S. Fischer, ISBN
978-3-10-075119-5, 729 S.
- WITTE, Bernd (2007): Jüdische Tradition und literarische Moderne. Heine – Buber – Kafka – Benjamin. München: Carl Hanser, ISBN 978-3-446-20845-2, 271 S. (S.141-204).
Der 1889 in Brünn geborene Schriftsteller Oskar Jellinek verbrachte die größte Zeit seines Lebens in Wien, bevor er 1938 ob seiner jüdischen Herkunft in die USA emigrieren musste, wo er 1949 verstarb. Zu seinen überschaubaren literarischen Hinterlassenschaften zählen neben Gedichten und einem Romanfragment vor allem Novellen. In klassischer Manier behandelt Jellinek dort moralische Themen. Wie andere seiner österreichischen Zeitgenossen reagierte er damit auf die Verunsicherungen, die der Zerfall der k.u.k. Monarchie mit sich gebracht hat. Die mährische Landschaft, in der die Mehrzahl seiner Novellen angesiedelt sind, fungiert dabei als Projektionsfläche für die in Frage stehenden Werte, wobei besonders die Gegensätze Natur vs. Kultur und Mann vs. Frau moralische Aufladung erfahren.
Im Rahmen der seit 1916 veröffentlichten über 70 Erzählungen Urzidils markiert "Die Frau mit den Handschuhen" eine Endphase, in welcher der im New Yorker Exil lebende Autor wieder verstärkt seine böhmische Herkunft thematisiert. Seine liebevolle und zugleich äußerst präzise Hinwendung zum eigenen familiären Hintergrund, authentisch oder fiktional, dient nicht einer verklärend-nostalgischen Rückschau, sondern deckt gravierende Probleme und Defizite im individuellen wie im gesellschaftlichen Leben seiner Protagonisten in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts auf. Der viel spätere Verlust der Heimat wurzelt, so eine mögliche Deutung, bereits hier im Scheitern von Liebe und Kommunikation zwischen konkreten Personen ebenso wie zwischen sozialen und nationalen Gruppen.
Der historische Kontext eines literarischen Textes, so lautet eine Kernthese jeder Hermeneutik in rekonstruierender oder dekonstruktiver Absicht, ist das Andere der ästhetischen Struktur dieses Textes: Er verstellt, mit anderen Worten, den Zugang zum literarischen Text als Kunstwerk. Dieser These wird hier am Beispiel der 'chinesischen' Erzählungen Franz Kafkas widersprochen. Der Beitrag führt vor, wie gerade aus der kalkulierten Einfügung eines Erzähltextes in den kulturellen Kontext seine spezifische ästhetische Form gewonnen wird.
Das Exil in Zeiten des Faschismus macht notwendig erfinderisch. Bertolt Brechts Exilwerk ist geprägt durch Strategien und Techniken der Identitätssicherung durch Satire, Witz, Gewitztheit. Die subversive Kraft des Schelmischen, wie es im Werk Bachtins theoretisch produktiv gemacht wurde, zeigt sich in nahezu allen Texten Brechts aus jenen Jahren. Sein Stück "Schwejk im Zweiten Weltkrieg", Resultat einer langjährigen Auseinandersetzung mit Hašeks Werk, lässt wie in einem Brennspiegel erkennen, wie Brecht literarische Tradition aktualisiert und als Erfolg versprechende Form des literarischen Widerstands einsetzt. Identität wird hier durch die Ambivalenz des Schelmischen gesichert, ohne dabei permanente Gefährdung dieser Identität zu verschweigen.