Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt, Jahrgang 48 (2011), Heft 1/2
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Das Flussneunauge (Lampetra fluviatilis Linnaeus, 1758), das im Anhang II der FFH-Richtlinie als Tierart „von gemeinschaftlichem Interesse“ aufgeführt ist, lebt in den Küstenregionen europäischer Meere und wandert als erwachsenes Tier zum Laichen in die einmündenden Flüsse. Daher kommt bzw. kam es in Sachsen-Anhalt nur in der Elbe und größeren Nebenflüssen wie der Havel, Mulde, Saale und Schwarzen Elster vor (Kammerad et al. 1997). Hier war es aber durch die starke Abwasserbelastung und den Bau des Elbewehres in Geesthacht (Niedersachsen) ausgestorben. Erst nach der Verbesserung der Wassergüte und der Errichtung von funktionsfähigen Fischaufstiegsanlagen in Geesthacht konnte es wieder in der Elbe aufsteigen. Am 1.5.2002 gelang der erste Nachweis für den erfolgreichen Aufstieg dieser Art in den Bereich der Mittelelbe durch den Fang von 34 Flussneunaugen am Stadtwehr Dessau (Gaumert & Zuppke 2003).
Die im Gewässergrund verborgene Lebensweise des Steinbeißers (Cobitis taenia Linnaeus, 1758) brachte es mit sich, dass die Kenntnis über die Verbreitung dieser Fischart große Lücken aufweist. Bei der Erarbeitung der Roten Liste der Fische und Rundmäuler Sachsen-Anhalts im Jahre 1992 (Zuppke et al. 1992) lagen nur sehr wenige Nachweise des Steinbeißers vor, so dass er damals in die Kategorie 1 „vom Aussterben bedroht“ eingestuft werden musste. Erst durch den Einsatz von Elektrofischfanggeräten verdichteten sich die Hinweise. Bei der Aktualisierung der Roten Liste 2004 (Kammerad et al. 2004) zeigte die nun vorhandene erweiterte Datenlage, dass der Steinbeißer doch nicht so selten ist und eine Rückstufung in die Kategorie 2 „stark gefährdet“ vorgenommen werden konnte. Insgesamt ist der Steinbeißer in Deutschland und darüber hinaus in seinem gesamten europäischen Verbreitungsgebiet, das von den Pyrenäen bis zum Ural mit Ausnahme von Nordskandinavien, Irland, Schottland und dem südlichen Balkan reicht, durch seine Bindung an bestimmtes Bodensubstrat gefährdet, so dass er in den Anhang II der FFH-Richtlinie aufgenommen wurde.
Dr.-Ing. Lothar Plath verstarb am 2. April 2010 im Alter von 71 Jahren in Rostock. Er hat einen bedeutenden Beitrag zur naturkundlichen, vor allem ornithologischen Erforschung des Elbe-Havel-Winkels im Land Sachsen-Anhalt geleistet. Außerdem war er auch als Ornithologe im nördlichen Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern tätig.
Unter einem „Regal“ wurde seit dem Mittelalter ein wirtschaftlich nutzbares Hoheitsrecht verstanden. So gab es z. B. ein „Wasserregal“, das die Nutzung des Wassers regelte, oder ein „Bergregal“ zur Festsetzung der Rechte für den Abbau von Bodenschätzen. Das „Eichenregal“ regelte den Besitz und die Nutzung von Huteeichen, die für die Schweinemast überragende Bedeutung hatten. Es stellt eine einzigartige Bildung des deutschen Partikularrechts dar, das im vorliegenden Fall seine rechtliche Grundlage in einer Bestimmung in Tit. XXI der schon im Jahre 1572 erlassenen und im Jahre 1666 in verbesserter Fassung herausgegebenen Landes- und Prozessordnung von Anhalt-Dessau hat. Danach war der eigenmächtige Einschlag von Mastbäumen, d. h. Eichen und Buchen, bei Strafe von 10 Talern für jeden Mastbaum verboten. Das Eichenregal sicherte dem Fürsten- und späteren Herzogshaus das Eigentum an den Solitäreichen unabhängig vom Eigentum der Grundflächen zu.
Nicht zu Unrecht ist dem Buch ein Ausspruch von L. Loeske (1903): „Denn ich habe dieses ... Gebirge kennen gelernt als ein Gebiet, in dem der Moosforscher nicht auslernt und wenn er Methusalems Alter erreichen sollte“ vorangestellt. L. Loeske hat 1903 die bisher einzige Moosflora des Mittelgebirges Harz herausgebracht. Es ist deshalb eine große Leistung, wenn M. Koperski unter der Mitwirkung einiger weiterer Bryologen im Jahr 2011 nunmehr eine kommentierte Artenliste der Moose des Nationalparks Harz vorlegen kann, umfasst diese doch einen wesentlichen Teil der Moosflora des Harzes. Dies unterstreicht gleichzeitig die Bedeutung des Nationalparks für die Bewahrung der Moosarten in diesem Mittelgebirge.
Auf einer Festveranstaltung konnte von den Autoren L. Reichhoff und U. Wegener ein lang ersehntes Buch vorgestellt werden. Durch die Mitwirkung von 24 Wissenschaftlern – meist ehemalige Mitarbeiter des Instituts für Landschaftsforschung und Naturschutz Halle – war es möglich geworden, auf Grund von Dokumenten und den Erinnerungen dieser Zeitzeugen, die geschichtliche Entwicklung dieser wissenschaftlichen und zugleich praxisorientierten Einrichtung und speziell seiner Forschung eindrucksvoll darzustellen. Das ILN (Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz) mit seinem Hauptsitz in Halle wurde im Jahr 1953 gegründet und 1991 aufgelöst. In ihm wirkten 1990 insgesamt 162 Mitarbeiter, davon gehörten 78 zum wissenschaftlichen Personal.
Dem Buch ist eine Einführung von H. Behrens vorangestellt, die in hervorragender Weise die Geschichte des Naturschutzes in Deutschland in seiner vielfältigen Abhängigkeit von politischen, gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Entwicklungen aufzeichnet und eine Klärung der Stellung des ILN als erstes deutsches Naturschutzinstitut im nationalen und internationalen Rahmen ermöglicht. Damit wird auch die Bedeutung des vorliegenden Buches, für das Schließen einer bisher schmerzlich klaffenden Lücke in der Naturschutzgeschichte Deutschlands deutlich.
Mit dem ersten gemeinsamen Land/Bund-Forschungsvorhaben wurde bereits im Jahr 2000 die sogenannte „Landeskarte“ der Potentiellen Natürlichen Vegetation von Sachsen-Anhalt veröffentlicht mit Erläuterungen zu standörtlichen Verhältnissen, den Vegetationseinheiten und naturnahen Wäldern (LAU 2000). In den nachfolgenden Jahren wurden weitere Bundesländer bearbeitet und zu der nun vorliegenden PNV-Karte von Deutschland im Maßstab 1:500.000 zusammengefasst (BfN 2010).
Tabellarisch sind anerkannte Naturschutzvereinigungen im Land Sachsen-Anhalt (Stand: September 2011) aufgelistet. Die Tabelle gibt eine Übersicht über die nach NatSchG LSA (§ 29) in Verbindung mit Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (§ 3 Abs. 3) und BNatSchG (§ 63 Abs. 2) im Land Sachsen-Anhalt anerkannten Naturschutzvereinigungen.
Mit Wirkung vom 24.3.2011 trat in Sachsen-Anhalt die neue Verordnung über ehrenamtliche Naturschutzbeauftragte (GVBl. LSA Nr. 9/2011 S. 549–550) in Kraft. Die bisherige Regelung lief damit aus. Infolgedessen waren auch die Dienstausweise der „Naturschutzbeauftragten mit besonderen Aufgaben“ (NbBA) zu ersetzen, die ihre Gültigkeit zum 11.6.2011 verloren. Alle neuberufenen Naturschutzbeauftragten erhielten außerdem eine Bestellungsurkunde mit Benennung der Aufgaben und Befugnisse.
Invasive Neophyten werden in Sachsen-Anhalt als eine wichtige Ursache der Gefährdung von Ökosystemen und Arten gesehen (Arndt 2009, Landesregierung Sachsen-Anhalt 2010). Der Umgang mit ihnen wird durch verschiedene Umstände erschwert. So zeichnen sich viele der invasiven Arten durch starke Wuchskraft und hohes Vermehrungspotenzial aus. Zudem besteht die Gefahr, dass sich bisher nicht als invasiv bewertete Neophyten in den nächsten Jahren verstärkt in naturnahen Lebensräumen ausbreiten. Daher wurde von Prof. S. Tischew (Hochschule Anhalt) und Dr. D. Frank (Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt) die Entwicklung eines Projektes initiiert, das sich dieser Problematik intensiver widmet. Das Projekt „Frühwarnsystem und Konzeption von Maßnahmen gegen invasive Neophyten in ausgewählten Schutzgebieten Sachsen-Anhalts“ wurde im Juni 2010 gestartet. Ziel des Projektes ist die Entwicklung und Umsetzung des Aktionsprogramms „Invasive Neophyten in Schutzgebieten Sachsen-Anhalts“.
Zum Gedenken an Günter Tiede
(2011)
Am 9. April 2011 verstarb im Alter von 80 Jahren Günter Tiede, Ehrenmitglied des Ornithologischen Vereins Dessau (OVD). Geboren wurde Günter Tiede am 26.10.1930 in Wörlitz. Nach dem Besuch der Knaben-und Mittelschule ging er bei seinem Vater, einem Tischlermeister, in die Lehre. Den väterlichen Betrieb konnte er nach Abschluss der Meisterprüfung noch bis 1969 weiter führen. Danach nahm er eine Tätigkeit in einer Produktionsgenossenschaft (PGH) des holzverarbeitenden Handwerks an.
Die Naturschützer der Stadt Dessau-Roßlau mussten tief betroffen Abschied von Günter Kallenbach nehmen. Sein unerwarteter Tod ist menschlich und fachlich ein tiefer Einschnitt. Unser Mitgefühl gilt der Familie, den Freunden und Kollegen.
Günter Kallenbach wurde 1951 in Quellendorf geboren, wo seine Familie seit langem verwurzelt war. Sein Großvater mütterlicherseits war Bauer. Durch ihn fand er früh eine innigliche Beziehung zur Landwirtschaft und Natur. Nach dem Abitur erlernte er den Beruf eines Gärtners für Grünanlagen, Fachrichtung Grünanlagenbau. Ein Studium an der Ingenieurschule für Gartenbau Erfurt folgte.
Die seit dem Jahre 2000 als Welterbegebiet von der UNESCO anerkannte historische Kulturlandschaft Gartenreich Dessau-Wörlitz erhielt mit dem Denkmalrahmenplan einen Managementplan, der den Schutz, die Pflege und Entwicklung dieser Denkmallandschaft gewährleisten soll. Als Fachplan entwickelt der Denkmalrahmenplan keine eigene rechtliche Verbindlichkeit, ist aber sehr wohl die fachliche Grundlage der Entscheidungen der Denkmalbehörden. Die Wertigkeit des Planes wird auch durch das Geleitwort des ehemaligen Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Prof. Dr. Wolfgang Böhmer, hervorgehoben.
Das Sumpfglanzkraut (Liparis loeselii) ist eine äußerlich unscheinbare Orchideenart mit weiter Verbreitung. Als Charakterart weitgehend ungestörter mesotrophbasischer Moore ist sie mit dem anthropogen bedingten Verschwinden dieses Biotoptypes in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet selten geworden bzw. bereits aus weiten Landschaftsraumen vollständig verschwunden. Folgerichtig hat der Rat der Europäischen Gemeinschaft Liparis loeselii in den Anhang II der FFH-Richtlinie aufgenommen. Deutschland befindet sich im Arealzentrum der Art, besitzt also bereits aus diesem Grund eine besondere Verantwortung für die Erhaltung der Art insgesamt und insbesondere der verbliebenen Populationen. Ehemals über ganz Deutschland verbreitet, existieren gegenwärtig nur noch wenige Dichtezentren, z. B. im Alpenvorland. Ein weiterer Verbreitungsschwerpunkt im während des Jungpleistozäns überformten Teil der norddeutschen Tiefebene erlosch bis auf Relikte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In Sachsen-Anhalt ist von einem ehemals landesweiten Vorkommen auszugehen, allerdings sind nach 1950 nur noch sechs Nachweise bekannt geworden. Die Überlebenschancen für diese Art sind eng an den Erhaltungszustand ihrer Lebensräume gekoppelt. Massive und flächige Veränderungen des Geländewasserhaushaltes sowie Nährstoffeinträge mit den daraus resultierenden Vegetationsverschiebungen haben natürlich waldfreie und konkurrenzarme Moorstandorte vollständig aus unseren Landschaften verdrängt. Nur durch gezielte und kontinuierlich fortgeführte Managementmaßnahmen können Liparis loeselii und weitere Arten der ehemals für das Tief- und Hügelland charakteristischen Quell- und Durchströmungsmoore in ihrem Bestand erhalten und entwickelt werden.
Mit dem fast 500 Seiten starken Buch legt der Arbeitskreis Heimische Orchideen Sachsen-Anhalt e. V. (AHO) ein im doppelten Wortsinne schwergewichtiges Werk vor, in dem die über Jahrzehnte gesammelten Kenntnisse des Arbeitskreises für die Öffentlichkeit aufbereitet wurden. Diese immense Arbeitsleistung, die sicher auch eine logistische Herausforderung darstellte, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Das Werk gliedert sich in drei Teile: Orchideen in der Kulturlandschaft, die Orchideenarten Sachsen-Anhalts sowie Orchideen und Vegetation.
In der kurzen Abhandlung über geschützte und gefährdete Pflanzen, Tiere und Landschaften des Landes Sachsen-Anhalt wird auf Arten der Kalttrocken- sowie Magerrasen eingegangen. Beschrieben werden der weiße Dost- oder Schmuck-Kleinspanner (Scopula ornata) dessen Flügelspanne nur etwa zwei Zentimeter misst und der zu den Spannerfaltern (Geometridae) zählt, sowie der kastanienbraune Schmalflügelzünsler (Selagia spadicella), der innerhalb der Zünslerfalter (Pyralidae) zur Unterfamilie Phycitinae gehört. Als Pflanze des Magerrasens wird die Herbstwendelorchis (Spiranthes spiralis) als eine stark gefährdete Orchideenart aufgeführt.
Das vorgestellte Buch ist ein Werk, welches in beeindruckender Weise ein Waldgebiet, den Zeitzer Forst, sowohl populär als auch mit wissenschaftlichen Quintessenzen beschreibt. Eine klare Gliederung erlaubt dem Leser, sich gezielt seinen Interessenschwerpunkten zu widmen oder besser noch – das gesamte Buch zu lesen. Der Herausgeber hat in Zusammenarbeit mit 25 Autorinnen und Autoren, alle aus dem Umfeld des Gebietes stammend, ein umfassendes Gesamtkonzept für einen Landschaftsbereich zusammengetragen. Diese Fachleute geben, mit ihren detaillierten und gemeinverständlichen Beschreibungen der einzelnen Kapitel und Sachgebiete, diesem Buch seine Authentizität. Es berührt in vielfaltiger Weise so viele unterschiedliche Bereiche, dass jeder interessierte Leser fündig werden wird. Der Autor selbst beschreibt im Vorwort sein Buch als „Synthese zwischen den Themenbereichen …“ und als eine Betrachtung aus unterschiedlichen Ebenen.
Im Ostharz (TK 25 4130 SW) wurde die Kugelspinne Theridion betteni Wiehle, 1960 (Araneae: Theridiidae) im Rahmen einer Exkursion von Mitgliedern des Forums mitteleuropäischer Spinnen (Lemke 2011) am 15. Mai 2011 wiedergefunden. Eine Sammelgenehmigung für Rote Liste-Bearbeiter des Landesamtes für Umweltschutz lag vor.
T. betteni ist eine bis zu 4 mm große Kugelspinne. Der Vorderkörper (Prosoma) ist dunkelbraun und ungezeichnet. Der Hinterkörper (Opisthosoma) trägt ein undeutliches gewelltes Mittelband, das sich farblich wenig vom dunkelgrau gefleckten Hintergrund absetzt. Die Beine sind hell gefärbt und dunkelbraun geringelt. T. betteni bevorzugt Blockhalden und Felsen als Lebensraum (Wiehle 1965, Rŭžička 2000).
Im vorliegenden Beitrag werden Untersuchungsergebnisse zum Bestand, Nahrungsspektrum und Spulwurmbefall sowie zu aktuell bevorzugten Habitaten des Waschbären in einer intensiv landwirtschaftlich genutzten Region vorgestellt. Betrachtungen über den Einfluss dieser Raubsäugerart auf die Vogelwelt, mit Fokus auf Graureiher und ausgewählte Greifvogelarten, ergänzen die Ausführungen. Die vorgestellten Untersuchungen beziehen sich auf das Gebiet des Landkreises Bernburg in den Landkreisgrenzen vom 1.7.1994 (1. Kreisreform des Landes Sachsen-Anhalt) bis 30.6.2007 (2. Kreisreform), nachfolgend Altkreis Bernburg genannt.
Die Fachdaten für die nach Naturschutzrecht geschützten Gebiete und Objekte des Landes Sachsen-Anhalt werden mit den Naturschutzbehörden jeweils zum Jahresende abgeglichen. Die nachfolgende Tabelle gibt eine statistische Übersicht der nach Naturschutzrecht geschützten Gebiete und Objekte des Landes Sachsen-Anhalt mit Stand 31.12.2010.