Exzellenzcluster Die Herausbildung normativer Ordnungen
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Dass in Bremen an einer Uferböschung des Flüßchens Ochtum ein alter – mit Stacheldraht bespannter – Schleppkahn als Konzentrationslager gedient hat, erfährt, wer den "Benz-Distel" aufschlägt. Drei Bände des großen Werkes über die Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager liegen nun vor. Auf ursprünglich sieben, mittlerweile neun Bücher, die in halbjährlichem Abstand bis zum Frühjahr 2009 im Verlag C.H. Beck erscheinen werden, ist die Gesamtgeschichte der Lager angelegt, die Wolfgang Benz und Barbara Distel initiiert haben. Das mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnete Herausgeberteam der "Dachauer Hefte" treibt bereits seit Jahrzehnten die Forschung zu den nationalsozialistischen Konzentrationslagern voran. Im Zentrum des schon wegen seines schieren Umfangs eindrucksvollen Projekts steht die Topografie der Lager, genauer: der Umstand, dass die Nationalsozialisten Deutschland und das gesamte besetzte Europa flächendeckend mit einem Netz von Haftstätten überzogen haben. "Der Ort des Terrors" heißt denn auch die mit Mitteln der Kulturstiftung des Bundes und des Auswärtigen Amtes geförderte Gesamtdarstellung der Lager. ...
Die Suche nach der Frau, ihrem Ort, ihrer Rolle sowie ihren Handlungsbereichen und Tätigkeitsfeldern im Dritten Reich markieren verschiedene Stationen der historischen Frauenforschung zum Nationalsozialismus der letzten dreißig Jahre. Während sie in den 1970er-Jahren Frauen im privaten Bereich des NS-Systems verortete, betonten Untersuchungen der 1990er-Jahre die ambivalente Stellung der Frau im nationalsozialistischen Staat. Wenngleich die NS-Rhetorik sowie die sozialpolitischen Maßnahmen des Regimes auf eine Stärkung patriarchaler Strukturen zielten, erweiterten sich dennoch im Dritten Reich die Tätigkeitsfelder und Handlungsmöglichkeiten von Frauen. Trotzdem gilt der nationalsozialistische Staat nach wie vor in der historischen Forschung als eine "Männergesellschaft". ...
Mitten im Land der Täter: Das 13. Dachauer Forum zur Zeitgeschichte beschäftigte sich mit der sozialen Realität der Überlebenden der Shoah in Deutschland. Die Situation der ehemaligen jüdischen Häftlinge des Konzentrationslagers Dachau sowie der überlebenden Jüdinnen und Juden, die in den DP-Einrichtungen in Stadt und Landkreis untergebracht waren, fand hier besondere Beachtung. Nachfolge des langjährigen Projektleiters Bernhard Schoßig übernahm mit diesem Jahr Sybille Steinbacher (Universität Wien), die zudem die wissenschaftliche Leitung des diesjährigen Symposiums innehatte. ...
Die internationale Herkunft der für die Herausgabe und die Studien verantwortlichen Autoren und Autorinnen ist ein wichtiges Merkmal dieses Sammelbandes zur frühen Geschichte des Nationalsozialismus in Deutschland. Die Beiträge des 14. Bandes der Dachauer Symposien zur Zeitgeschichte stammen je zur Hälfte von englischen und deutschen sowie männlichen und weiblichen Fachleuten. Beides ist sowohl positiv wie leider noch nicht alltäglich. Mit dieser Vorausschau können hohe Erwartungen geweckt werden, und – um es vorwegzuschicken – diese werden auch voll und ganz befriedigt. ...
Am 24. und 25. Oktober 2011 veranstalteten Sybille Steinbacher vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien und Raphael Gross vom Fritz Bauer Institut, Geschichte und Wirkung des Holocaust Frankfurt/Main in Kooperation mit der Österreichischen HochschülerInnenschaft die Tagung "Der Holocaust und die Geschichte der Völkermorde im 20. Jahrhundert. Zur Bedeutung und Reichweite des Vergleichs". Im Mittelpunkt der Wiener Tagung standen Fragen nach der Entwicklung des Topos "Singularität des Holocaust", der Einordnung des nationalsozialistischen Judenmords in die Reihe der Völkermorde und dessen Vergleichbarkeit, beispielsweise mit den stalinistischen Verbrechen. Weiters wurde diskutiert, ob und wie den Zeitgenossen des "Dritten Reichs" die Gewaltexzesse gegen Zivilisten und ethnische Minderheiten zur Zeit des Ersten Weltkriegs bewusst waren. Ziel war es, die Bezüge der noch relativ jungen Komparativen Genozidforschung und der Holocaustforschung zu beleuchten, ferner den Merkmalen "ethnischer Säuberungen" nachzugehen und die Verbrechensgeschichte des letzten Jahrhunderts an ausgewählten Beispielen, wie dem Völkermord an den Armeniern, zu analysieren. ...
Wie kein anderer Ort ist Auschwitz zu einem Synonym für die nationalsozialistische Terrorpolitik geworden. Mit Majdanek teilt die Stadt das Schicksal, sowohl ein Konzentrations- als auch ein Vernichtungslager beherbergt zu haben. Mindestens 1,1, möglicherweise sogar anderthalb Millionen Menschen wurden in Auschwitz ermordet, vor allem europäische Juden, aber auch nichtjüdische Polen, Sinti und Roma. Mit Monowitz und seinen Nebenlagern befand sich hier zudem "das erste von einem Privatunternehmen initiierte und finanzierte Konzentrationslager" (S. 43). Jenseits dieses dreiteiligen Lagerkomplexes sollte in Auschwitz eine deutsche Musterstadt entstehen. Auf den Reißbrettern nationalsozialistischer Visionäre avancierte die Stadt "zum Ideal ökonomischer Erschließung und rassischer Auslese, zum Zukunftsmodell der deutschen Herrschaft im eroberten Land" (S. 51). Kurzum: an keinem anderen Ort manifestierte sich die symbiotische Verbindung zwischen Lebensraum und Vernichtung deutlicher als in dieser im deutsch-polnischen Grenzgebiet gelegenen Stadt. Dies rechtfertigt es, Auschwitz eine Überblicksdarstellung in einer Reihe (C. H. Beck Wissen) zu widmen, deren historische Veröffentlichungen in der Regel größere Epochen behandeln, zumal über Auschwitz noch immer keine Monografie erschienen ist. ...
Der Sammelband enthält die Vorträge einer altertumswissenschaftlichen Tagung, die unter gleichem Titel am Freiburger Antike-Zentrum (dort auch "Antikenzentrum" genannt) stattfand und an der Historiker, Kirchenhistoriker, Philologen und Philosophen teilgenommen haben. ...
Hartmut Leppin dokumentiert exemplarisch das Eindringen christlichen Geistes in das traditionelle Kaiserbild. ...
Für die Erforschung der spätantiken Herrscherideologie hat Andreas Alföldi (1895-1981) Grundlegendes geleistet. Ihm gelang es, bildliche Darstellungen zum Sprechen zu bringen und ihre Bedeutung für die Repräsentation der Kaiser zu verdeutlichen. In dieser Tradition bewegt sich der Tübinger Althistoriker (und zeitweilige Assistent Alföldis) Frank Kolb mit seinem hier anzuzeigenden Buch. Darin führt er die verstreuten, von verschiedenen altertumswissenschaftlichen Disziplinen vorangetriebenen Forschungen zur spätantiken Herrscherideologie zusammen, die er durch eigene Beiträge wesentlich beeinflußt hat. ...
Der Wandel von Perspektiven, Deutungen, Methoden und Themen bestimmt den wissenschaftlichen Fortschritt. Deshalb zerbricht die Vorstellung sicheren Wissens über die Generationen hinweg, so dass sich die Vergangenheit in den historisch arbeitenden Kulturwissenschaften in immer neuen Methodenwenden verändert. Der moderne Mut, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aktiv in die Subjektivität ihrer Perspektivierungen einzubauen, bringt die steuernde Macht des Erkenntnisinteresses und seiner Veränderungen vermehrt zur Geltung. Dabei geraten selbst traditionelle Kontrollinstanzen der historisch-kritischen Hermeneutik in die Debatte. Während heute die einen das Vetorecht der Quellen beschwören, stellen andere die beständig verformende Kraft des Gedächtnisses und damit die Relativität punktueller schriftlicher Fixierungen heraus. ...
The focus of this work, the debate about a body of law dealing with aristocratic issues, is not easy to summarize. This problem stems in part from a topic that historians who do not work on law might be forgiven for considering nonexistent; in part, it has to do with the indirect way in which Dorothee Gottwald engages with current trends in the historiography of nineteenth-century Germany. ...
Mike Rapport is one of the few scholars who write European history not as the history of a few select countries, but of the entire continent. Rapport is at home in the history of the Balkans as well as France, Italy, Germany, Russia, and Scandinavia, and well versed in the historiography published in English, French, and Italian. Rapport's well-rounded viewpoint is one excellent argument for anyone suffering from "1848 fatigue" after the sesquicentennial celebrations and their aftermath in conference volumes and historiographical reviews to put aside any skepticism regarding the possibility of anyone presenting a novel perspective; the book itself is another. In it, Rapport offers a narrative history of the events of 1848 in those European countries and regions affected directly by the revolution--France, Italy, the German states, Denmark, and Rumania--with some remarks on areas where the impact was more indirect (Britain, Russia, the Ottoman Empire, and Scandinavia). This book is less obviously an academic textbook than Jonathan Sperber's excellent survey of the revolutions of 1848, and less encyclopedic than the survey of national events and overarching themes edited by Dieter Dowe and others for the 1998 anniversary. ...
Andreas Fahrmeirs These lautet, dass die Entwicklung der modernen Form der Staatsbürgerschaft "von einer spezifischen Erfahrung zwischenstaatlichen Wettbewerbs vorangetrieben wurde" (231). Dass alle oder fast alle erwachsenen Männer nach den Prinzipien der Aufklärung und des Liberalismus Rechte besaßen oder wenigstens fähig waren, zur politischen Mündigkeit erzogen zu werden, hat sicherlich auch zur Erweiterung der Rechte und der Zahl der Staatsbürger in vielfältiger Weise beigetragen. Nach Fahrmeir waren aber "Blut und Eisen" wichtiger für die Entwicklung von Staatsbürgerrechten als der Einfluss Lockes und Kants. Krieg oder die Vorbereitung auf einen Krieg haben Staaten angetrieben, eine "homogene, gesunde und produktive Bevölkerung" zu schaffen, um Stabilität und ökonomische Effizienz herzustellen (230). Und hauptsächlich deshalb wurden weitere zivile, politische und soziale Rechte breiteren Gruppen von Einwohnern gewährt und Grenzen zwischen Staatsbürgern und Ausländern schärfer gezogen. Dieser Hypothese folgend, kommt Fahrmeir zum Schluss, dass, da westliche Regierungen seit den 1970er Jahren zunehmend auf die Wehrpflicht verzichten und sich vielmehr auf den wirtschaftlichen Erfolg im Kontext einer globalisierten Ökonomie konzentrieren, sie sich fortan auch weniger um die Opferbereitschaft und um die Rechte ihrer Einwohner kümmern. Deren ökonomische Nutzbarkeit steht im Vordergrund (231 f.). ...
Im Jahr 1921 kam ein 16-jähriger, ursprünglich aus der Ölstadt Baku stammender jüdischer Reisender namens Lev Nussimbaum in Konstantinopel an. Lev wurde 1905 als Sohn eines Ölunternehmers und einer Mutter mit bolschewistischen Neigungen geboren. 1917 ergriffen Lev und sein Vater – die Mutter war um 1911 gestorben, möglicherweise durch Selbstmord – die Flucht. Ihre Reise führte über Turkmenistan und Persien zunächst in die Türkei, dann nach Frankreich, schließlich in das Deutschland der Weimarer Republik. Dort entdeckte der fast mittellose Student einen Markt für Artikel und (ab 1929) Bücher über den Orient, den er als ›echter‹ Araber bediente. »Essad Bey«, wie er sich seit etwa 1924 nannte, erlangte mit einer Fülle von Publikationen, darunter Biographien Mohammeds und Stalins, internationale Bekanntheit, bis die Machtergreifung der Nationalsozialisten seine Lage prekär machte. Denn die falsche Familiengeschichte des Konstrukts Essad Bey, dessen Vater angeblich Mohammedaner und dessen Mutter angeblich eine christliche Adelige waren, wurde nun durch missgünstige Konkurrenten genau untersucht und drohte als Fälschung entlarvt zu werden. Während Nussimbaums jüdische Ehefrau nach Amerika auswanderte und sich dort scheiden ließ, ging er selbst zunächst nach Wien, wo er 1937 als »Kurban Said« das später in Aserbeidschan als Nationaldichtung betrachtete Buch »Ali und Nino« verfasste, dann nach Italien, wo er 1941 an einer Wundinfektion starb. ...
Das griechische Recht ist, so stellt der Verfasser dieser Passauer juristischen Dissertation zu Recht fest, nicht hinreichend erforscht worden. Althistoriker behandeln es nebenher mit, typischerweise ohne juristische Expertise; Spezialisten für antike Rechtsgeschichte wenden sich zumeist anderen Rechtskulturen zu. Zeitler will in diese Lücke vorstoßen, mit einem Schwerpunkt auf dem Prozess des Sokrates – nun gerade einer der meistdiskutierten Fälle griechischen Rechts. Doch sind diesem gerade knapp 30 Seiten von etwas mehr als 200 gewidmet. ...
Das vierte Jahrhundert war ein Jahrhundert der Bürgerkriege. Diese forderten einen überaus hohen Blutzoll und lähmten teils auch die Verteidigung an den Grenzen. Ein Bürgerkrieg aber war die weitestgehende Form der Desintegration des Reiches, da die Armee auseinanderbrach, in der sich doch das Kaisertum und — wenn man auf Kaisererhebungen blickt — das römische Volk verkörperte. Zudem bedeutete Auseinanderbrechen einen gewaltigen Ressourcenverlust, da einem Kaiser nur ein Teil der ohnehin schwer zu erneuernden römischen Armee zu Gebote stand. ...
Ob nun jeweils sicherheits-, innen- oder finanzpolitische Motive zu Grunde liegen, stets stehen Straffreiheit und Straferlass im Spannungsfeld von zwingender Verantwortung des Einzelnen als Grundlage unseres Rechtssystems und der Forderung nach ausgleichender Gerechtigkeit und sozialem Frieden. Das Rechtsinstitut der Amnestie steht nicht nur begrifflich, sondern auch sachlich in antiker Tradition, vergleichbare Maßnahmen sind aus allen Epochen des Altertums nachzuweisen. Fünfzehn renommierte AutorInnen aus Deutschland, Großbritannien und Österreich, alle ExpertInnen in verschiedenen Fachgebieten und Epochen des Altertums, nämlich der Altorientalistik, des pharaonischen Ägypten, der Griechischen und Römischen Rechtsgeschichte, des archaischen und klassischen Griechenland, des Hellenismus, der altitalischen Geschichte, der Römischen Republik, der frühen und hohen römischen Kaiserzeit und der Spätantike, präsentieren ihre Beiträge in diesem Band. Sie behandeln das Thema jeweils aus der eigenen Perspektive — entweder in Form von Spezialuntersuchungen zu exemplarischen Fällen oder aber in breit angelegten Übersichtsreferaten. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass alle Kategorien von Schriftquellen, also die literarische Überlieferung, juristisches Schrifttum, Inschriften und Papyri, in die Analyse eingeflossen sind. Hierdurch wurden erstmals in der Forschungsgeschichte die Voraussetzungen geschaffen, eine Gesamtschau über Fragen der Amnestie und des Straferlasses vom Alten Orient bis in die Spätantike zu bieten und rote Fäden durch die Jahrhunderte zu ziehen. Auf diese Weise wurde auch eine neue Grundlage für eine Typologisierung von Amnestien gelegt.
Die Collectio Thessalonicensis ist eine nur fragmentarisch überlieferte Sammlung von Papst- und Kaiserbriefen, angeblich vor dem Jahre 531 zusammengestellt. Sie ist seit langen Jahren nicht mehr (oder doch nur peripher) in der internationalen Forschung beachtet worden. Aber nicht nur dieser Umstand veranlasste uns zur eingehenderen Beschäftigung mit diesem Konvolut interessanter Texte. In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat die wissenschaftliche Durchdringung der christlichen Spätantike enorme Fortschritte gemacht. Neue Hilfsmittel – nicht zuletzt die heute zur Verfügung stehenden elektronischen Ressourcen – stehen nunmehr zur Verfügung. Auch neue wissenschaftliche Fragestellungen evozieren eine erneute Beschäftigung mit dieser (angeblich oder tatsächlich) aus dem 6. Jahrhundert stammenden Sammlung wichtiger Dokumente. Die seit einigen Jahren erneut aufgeflammte Diskussion über die Umstände der endgültigen Unterstellung der Bistümer des sog. östlichen Illyricum in den 50er Jahren des 8. Jahrhunderts unter Rom erfordert es, die kirchengeschichtlichen Hintergründe dieser bis dahin lange zwischen Rom und Konstantinopel umstrittenen Region (man denke nur an das sog. Vikariat von Thessaloniki) erneut ins Auge zu fassen. ...
With its broad spectrum of cults and coexisting religions Graeco-Roman antiquity seems, at first glance, to be the embodiment of religious freedom. Yet, a closer analysis shows that a concept of tolerance or the idea of religious freedom did not exist. Political institutions could easily suppress religious practices that were regarded as offensive. Fighting against the oppression of Christians appears to have increased under the influence of oecumenical paganism during the reign of the Severans. In this time, the Christian thinkerTertullian discovered and articulated the concept of religious freedom. However, he did not do so emphatically and the concept was not very successful in antiquity. With the Christianization of the Roman Empire it disappeared soon, although its rediscovery in later epochs contributed heavily to the formation of the European norm of religious freedom.
Die Geschichte der frühen Christenverfolgung wird in Hollywoodstreifen wesentlich dramatischer dargestellt, als sie in der jüngeren Forschung beurteilt wird. Auch andere Kulte wurden unterdrückt, denn es bestand kein Recht auf Religionsfreiheit. Die Gründe für solche Maßnahmen lagen nicht in Glaubensvorstellungen, sondern in Handlungen, die als gefährlich für das Gemeinwesen galten. So fürchtete man, dass die Weigerung der Christen, Opfer darzubringen, den Zorn der Götter heraufbeschwören könne oder ein Zeichen mangelnder Loyalität sei. Vor diesem Hintergrund forderten Christen Religionsfreiheit von den Heiden, doch wurde diese auch im später christlichen spätantiken Reich nicht praktiziert.
Adam Smith formulated a fundamental critique of economic growth in his philosophical oeuvre The Theory of Moral Sentiments, published in the year 1759. What might seem to be irony concerning the history of ideas – irony in the sense of the exclamation “he of all people” – is actually not irony at all. Smith wrote a substantial review of Rousseau’s Second Discourse, referring to Rousseau’s critique of commercial society. Additionally, one of the principal topics of Rousseau’s critique, the deformation of fundamental needs to passions in service of the satisfaction of self-love, is a major subject in Smith’s Theory of Moral Sentiments. But whereas Rousseau suggests egalitarian politics, Smith proposes individual stoicism: “In ease of body and peace of mind, all the different ranks of life are nearly upon a level, and the beggar, who suns himself by the side of the highway, possesses that security which kings are fighting for.” Nevertheless, both authors and analysts of pre-capitalist society identify the difference between fundamental needs and desires as having been born out of comparison as both a source of unhappiness and of economic development.
On 15 August 2005, when the Republic of Indonesia and the Free Aceh Movement (Gerakan Aceh Merdeka, GAM) signed the Memorandum of Understanding (MoU) in Helsinki, Finland, it was considered yet another uncertain attempt at putting an end to Indonesia's thirty years of conflict in its westernmost province, Aceh. After a historically unprecedented reconstruction process that followed the tsunami of December 2004 and two orderly elections in 2006/2007 and 2009, Aceh’s peace process is not only still on track, but widely considered a role model for ending protracted civil wars by means of political participation and autonomy regulations. This article reviews past developments that have led to the reconfiguration of Aceh's political landscape and seeks to illustrate the most recent developments in GAM's transformation from an independence movement to an Indonesian local political party.
Was hat 1555 mit Toleranz und Freiheit zu tun? Diese Frage ist sehr berechtigt, denn es gibt keine unmittelbare Beziehung zwischen unserem Verständnis von beiden Phänomenen und den Vorstellungen der Zeitgenossen aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, die sich in einer Welt der konfessionellen Spannungen und Zerrissenheit zurecht finden mussten.
Historiker sollten keine Verbindungslinien zwischen Gegenwart und Vergangenheit in dem Sinne ziehen, dass die Gegenwart aus dem Vergangenen lernen könnte. Das ist nicht machbar, denn jeder historische Raum hat einen eigenständigen Wert, nichts wiederholt sich in der Geschichte. Was Historiker aber können, ist Entwicklungen zu identifizieren, Phasen des Wandels zu benennen, in denen merklich oder unmerklich neue Phänomene aus Vorhandenem entstehen. Und unter dieser Perspektive kann nun auch der Augsburger Religionsfriede betrachtet werden, denn in seinem Kontext, in seiner Wirkung sind wesentliche Grundrechte im deutschsprachigen Raum erstmals als Rechtsnorm niedergelegt worden. Dazu gehört zum ersten das Recht auf freie Religionsausübung und zum zweiten das Recht auf Freizügigkeit. Der Blick des Historikers richtet sich bei der Betrachtung des Augsburger Religionsfriedens demnach auf die politischen und religiösen Normen der Zeitgenossen, die sich unter einem großen Neuerungsdruck befanden; damit geht es zugleich um die Untersuchung des Wandels dieser Normen: Handelt es sich um Weiterführung schon vorhandener Ordnungsmuster oder gab es grundsätzlich Neues?
Die Debatten, die seit der Mitte des 16. Jahrhunderts im Alten Reich über den Charakter von Herrschaft geführt wurden, haben Maßstäbe gesetzt. Denn offensichtlich wurden im Kontext der Konfrontation zwischen altgläubigem Kaiser und protestantischen Reichsständen erstmals die zentralen Fragen nach der Struktur konfessionsverschiedener politischer Ordnungen gestellt, die in den folgenden Jahrzehnten dann u.a. auch im Frankreich der konfessionellen Bürgerkriege, im Konflikt um die Herrschaftsordnung in den Niederlanden der 80iger Jahre des 16. Jahrhunderts und am Ende des Jahrhunderts zwischen anglikanischer Königin und puritanischen Ständen in England zur Lösung anstanden.
Dieser europäische Blick auf die Debatten über Herrschaft ist aufschlussreich er belegt, dass es europäische Sonderwege angesichts einer sehr großen Gemeinsamkeit politisch-theologischer Denkmuster und Argumentationsstrategien im 16./17. Jahrhundert nicht gegeben hat.
Herrschaft ist umstritten, das gilt für alle historischen Epochen. Die Wege zur Herstellung legitimer Herrschaft allerdings haben sich seit der Antike wiederholt verändert. Für die Frühe Neuzeit, also die Zeitspanne zwischen Reformation und Französischer Revolution, bleibt der Rückgriff auf Traditionen als Legitimationsgrund unangefochten, erst der radikale Umbruch zum Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts hat diese Linie beendet.
Recht präzis lässt sich die Legitimierungsstrategie mit dem Begriff der reformatio charakterisieren, der Wiederherstellung also einer Ordnung, die als gerechte anerkannt war und ist und deren Rückgewinnung zeitgenössisch schlechte Zustände überwinden helfen kann. Solche Berufung auf Vergangenes konnte sehr wohl zu radikalen Brüchen in der Gegenwart führen, unter diesem Anspruch musste sich alle Herrschaft im Europa der Frühen Neuzeit rechtfertigen, unter diesem Votum durfte legitimerweise Kritik geübt, schließlich legitimerweise Widerstand geübt werden. In diesem Sinne spricht die Forschung von »Rechtfertigungsnarrativen«; im sozialen, politischen, rechtlichen und religiösen Weltverständnis des frühneuzeitlichen Europa fanden sie Verwendung.
Nusa Tenggara Timor, a south-eastern province of Indonesia, is populated mainly by Christians. The Alor-Pantar Archipelago has a majority of Protestant inhabitants who were baptized by Dutch Calvinists in the first half of the twentieth century. In addition, there are some coastal enclaves that have been inhabited by Muslims for centuries. In some areas, such as in the headland of Muna (Tanjung Muna) forming the northeast of Pantar Island, there is an even greater diversity of monotheistic religions, with some Catholic families living next to Protestants and Muslims. All adherers of the three religious faiths living at Tanjung Muna share core elements of the local adat, which consists of core rules relating to social behavior. It is believed that the ancestors will notice transgressions of these rules, and may use their supernatural power to punish their human descendants. In Indonesia, the term adat was first used by Muslims to distinguish the non-Islamic practices from Muslim faith (Keane 1997:260-261). This is definitely not the case in the village of Pandai at the coast of Tanjung Muna, where Islam tolerates ancestral worship. The same is true for the Catholics in the inland village of Helangdohi, who do not only tolerate but even support such customs. Some villagers from Helangdohi had become acquainted with this kind of Catholicism on the nearby island of Flores, where ancestral worship is encouraged by the missionaries of the Societas Verbi Divini (SVD). The attitude of Protestantism, at least in the Alor Archipelago, is quite the contrary of the permissive views held by Catholicism and Islam. In the 1930s the Protestant-Calvinist missionaries banned any kind of ancestral worship and destroyed most relics (Dalen 1928: Picture 1). These drastic measures demanded the disavowal of the ancestors, including the destruction of heirlooms and omitting of rituals.
The Alor-Pantar Archipelago is still one of the most under-researched areas of Indonesia. However, in January 2009 I was able to collect data on anthropomorphic sculptures in the Tanjung Muna area of Pantar. The study used photographs of objects that had been purchased recently by European private art collectors in order to elicit responses regarding the local mythology. I was also able to interview local traders as well as the dealer who sold the sculptures, which allowed me to document information regarding their origin and former use, as well as the circumstances under which they had found their way on to the international art market. Traditional marriage rules as well as black magic played a central role. Furthermore, in the course of my research by chance I learned of a contemporary ancestor cult connected to the construction of a new clan house and of traditional (pre-Protestant) forms of healing.
Stéphane Dufoix schreibt im Vorwort, das vorliegende Buch (das in etwas kürzerer Fassung 2003 auf französisch in der Reihe "Que sais je" erschien) habe "a somewhat schizophrenic character". Es handele von "Diaspora", sei aber von einem Autor verfasst, der an die Nützlichkeit von Diaspora als Forschungsbegriff nicht glaube. Nach der Lektüre von rund 100 Seiten luzidem und konzisem Text weiß man garantiert etwas über Diaspora, was man vorher nicht gewusst hat, und man wird vermutlich die Skepsis des Autors im doppelten Sinne teilen: gegenüber der Nützlichkeit des Begriffs als analytischem Instrument, und gegenüber der Annahme, dass der Begriff bald durch andere ersetzt werden wird. ...
Hans von Hentig war ein impulsiver Abenteurer mit wenig Respekt vor Autorität. Und er war ein extrem schreibfreudiger Wissenschaftler, der zu den Begründern einer modernen, durch die Verbindung juristischer und medizinisch-psychologischer Kenntnisse und Zugänge bestimmten Kriminologie gehörte. Hans von Hentig wurde 1887 als Sohn des Rechtsanwalts Otto Hentig geboren. Dieser hatte zunächst in Berlin praktiziert, bevor er als Spezialist für Wirtschaftsrecht 1893 zum Verwalter der Güter Karl Egon IV. zu Fürstenberg und 1900 zum Staatsminister des Herzogtums Sachsen Coburg und Gotha wurde; letzteres Amt brachte der Familie die Nobilitierung ein. ...
In der Forschung zum 18. und 19. Jahrhundert gelten Vereine - zumal in Deutschland - meist immer noch als zentrale Bereiche einer im Prinzip liberalen und zukunftweisenden "Zivilgesellschaft", in der frei von repressivem staatlichem Einfluss und fern von überlebten korporativen Traditionen politische Aushandlungsprozesse im Rahmen einer liberalen Bürgergesellschaft erprobt werden konnten. Das Bild hat freilich einige Risse bekommen [1], die aber bislang eher als ehrwürdige Patina zu fungieren scheinen denn als Anzeichen für grundlegenden Restaurierungsbedarf. Die Arbeit von Stefanie Harrecker lenkt den Blick nun auf eine andere Art Verein, der in vielem wirkungsmächtiger war als die intensiv untersuchten stadtzentrierten liberalen Assoziationen. Der Landwirtschaftliche Verein in Bayern, der 1810 seine Tätigkeit aufnahm, war zwar formal ein privater Verein, wies aber von Anfang an enge personelle und finanzielle Beziehungen zum Staat auf, die sich im Laufe der Zeit eher intensivierten als abschwächten. Ziel des Vereins war einerseits die Produktionssteigerung der Landwirtschaft, etwa durch die Popularisierung neuer Anbaumethoden; andererseits verstand sich der Verein auch als Lobby der Landwirtschaft gegenüber der Regierung, und zwar sowohl im Parlament als auch im öffentlichen Raum, in dem er mit unterschiedlichen Publikationen präsent war. Der Verein hatte regionale Zweigstellen, engagierte sich im Bereich der landwirtschaftlichen Ausbildung, und richtete Feste und Feierlichkeiten aus (darunter das Oktoberfest), in deren Rahmen beispielsweise Vieh gezeigt und prämiert wurde. Angesichts der spannungsreichen Beziehungen zwischen Regierung und Parlament, Staat und Öffentlichkeit im Bayern des 19. Jahrhunderts war klar, dass auch der Landwirtschaftliche Verein keinen ganz stabilen Platz in der informellen Landesverfassung haben konnte. Anfang des 19. Jahrhunderts dominierte die Autonomie, die moderate oppositionelle Tendenzen (die freilich zum guten Teil aus der Verwaltung kamen) einschließen konnte. Das galt vor allem im Rahmen der Diskussion über die Abschaffung des 'Feudalsystems', also die Veränderung der Besitz- und Abhängigkeitsverhältnisse in ländlichen Regionen. Nach intensiver Verwicklung in die politischen Intrigen der frühen 1830er Jahre geriet der Verein, der damals unter Mitgliederschwund litt, unter stärkere staatliche Aufsicht. Diese trug mit dazu bei, dass der Verein 1848/49 die Chance verpasste, zum Sprachrohr der Veränderung zu werden; stattdessen fügte er sich in das Programm der Stärkung eines partikularen Profils Bayerns, das Maximilian II. verfolgte. Selbst Ludwig II. interessierte sich noch hinreichend für den Verein und seine öffentliche Wirkung, so dass er sich für eine Präsentation von preisgekrönten Tieren vor allen Festbesuchern, nicht nur vor den Fachleuten, einsetzte. Die Reichsgründung von 1870 bedeutete zwar nicht das Ende des Landwirtschaftlichen Vereins, wohl aber das seiner herausragenden Bedeutung; die Integration in ein deutsches Netzwerk landwirtschaftlicher Vereine endete mit weitgehendem Relevanzverlust. Die Frage, ob der Verein seinen selbst gesteckten hohen Zielen gerecht wurde, ist nicht ganz leicht zu beantworten. Die Publikationen, die populär waren, waren selten die innovativsten. Überhaupt gab es immer wieder Gelegenheit, über Sinn und Aufgaben des Vereins zu streiten, etwa wenn es darum ging, die Rolle von Festen und Fachmessen abzuwägen. Manche spektakuläre Aktionen (so der Plan, Seidenraupen in Bayern anzusiedeln) gehörten in ihrer praktischen Wirkung nicht gerade zu den Sternstunden der Agrarökonomie. Dagegen spielte der Verein eine erhebliche Rolle bei der Etablierung landwirtschaftlicher Forschungs- und Lehreinrichtungen und bei der Mobilisierung staatlicher Zuschüsse für solche Zwecke. Er engagierte sich für die Belange der bäuerlichen Bevölkerung und bemühte sich - trotz einer erkennbaren München-Fixierung - um eine flächendeckende Versorgung des Landes mit Bibliotheken und lokalen Vereinen. Stefanie Harreckers Buch liefert einen mustergültig recherchierten, abgewogenen Einblick in das Leben eines nicht ganz dem konventionellen Bild entsprechenden Vereins, der zwischen privatem Klub, wissenschaftlicher Gesellschaft und Lobby angesiedelt war. Dabei kommen sowohl die kleinen Vereinsquerelen zur Sprache als auch die Rolle des Vereins im Kontext der landwirtschaftlichen Entwicklung - insofern handelt es sich bei diesem sehr lesenswerten Buch um einen herausragenden Beitrag zur Vernetzung der allgemeinen mit der viel zu stark vernachlässigten Agrargeschichte. Anmerkung: [1] Etwa durch Eckhart Trox: Militärischer Konservativismus. Kriegervereine und "Militärpartei" in Preußen zwischen 1815 und 1848/49, Stuttgart 1990. Redaktionelle Betreuung: Peter Helmberger
Jonathan Wagner has written a monograph on a migration movement that was in many ways a peripheral one. From a Canadian perspective, Germans accounted for a relatively minor share of immigrants, compared to former residents of the British Isles, of eastern or southern Europe. Seen from Germany, Canada was one of many destinations for migrants who wished to leave the country and were prepared to travel over long distances, but were, for whatever reason, not attracted by the United States, the destination for the overwhelming majority of transcontinental emigrants. Nevertheless, the movement from Germany to Canada was significant in absolute and often symbolic terms. The way Wagner tells it, the story of German-Canadian migration was a tale of parallel experiences: both Germany and Canada experienced federation and increasing international autonomy from the 1860s; both were ruled by domineering conservative figures presiding over de facto liberalization in the 1870s; both participated in the First World War, and both went through traumatic economic crises in the interwar period. ...