Tuexenia : Mitteilungen der Floristisch-Soziologischen Arbeitsgemeinschaft, Band 11 (1991)
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Adventive Vorkommen der mediterran-kontinentalen Atriplex rosea L. auf Gleisanlagen in Mitteleuropa und im submediterranen Raum Westeuropas (Pyrenäen-Südrand) werden mit denjenigen auf der Südinsel Neuseelands verglichen, wo die Art auf die wärmsten und trockensten Bereiche von Otago beschränkt ist. Die Bestände von A. rosea in NZ zeichnen sich durch eine hohe Übereinstimmung ihres (bis auf eine Ausnahme) ausschließlich neophytischen Artenspektrum aus und werden als Atriplex rosea-Bromus diandrus-Ges. beschrieben. Eine sehr ähnliche Vergesellschaftung ist am klimatisch mit den warmen Beckenlandschaften Otagos vergleichbaren zentralen Südrand der Pyrenäen zu beobachten, während ein Gesellschaftsanschluß von A. rosea auf Schienenstandorten in Mitteleuropa (noch ?) nicht festzustellen ist.
Durch Entwässerung und Eutrophierung hat sich die Artenzusammensetzung der meisten Erlenbruchwälder Schleswig-Holsteins drastisch verändert. Die vorliegende Arbeit versucht, den Floren- und Standortswandel dieser Wälder am Beispiel der Bestände des Bornhöveder Seengebietes zu belegen. Generell lassen sich in Erlenbruchwäldern verschiedene durch Entwässerung ausgelöste Sukzessionsabläufe unterscheiden. Auf nährstoffarmen Torfen stockende Bestände können sich zu Birken- und Stieleichenreichen Erlenwäldern entwickeln. Demgegenüber werden unter günstigen trophischen Verhältnissen Arten des Alno-Ulmion gefördert. Die zuletzt genannte Entwicklung ist — begünstigt durch eine Vererdung der Torfe und allochthonen Nährstoffeintrag — bezeichnend für entwässerte Erlenbruchwälder des Untersuchungsgebietes. Zur synsystematischen Wertung entwässerter Erlenbruchwälder werden Vorschläge gegeben. Während schwach entwässerten Beständen noch eine Vielzahl bezeichnender Sippen des Alnion eigen ist, werden bei starker Entwässerung Arten des Alno-Ulmion und der Querco-Fagetea begünstigt. Die in Schleswig-Holstein bestehenden Schutzmöglichkeiten und -perspektiven für noch weitgehend intakte Erlenbruchwälder werden erörtert.
Im Rahmen einer Untersuchung der spontanen Vegetation auf Industrieflächen im Ruhrgebiet wurden einige Vegetationsaufnahmen des Chaenarrhino-Chenopodietum botryos Sukopp 1971 und einer Inula graveolens-Tripleurospermum inodorum-Gesellschaft angefertigt. Die Verbreitung von Chenopodium botrys und Inula graveolens im Ruhrgebiet und der Aufbau der von ihnen charakterisierten Gesellschaften werden vorgestellt. In Stetigkeitstabellen werden eine Übersicht der aus Europa vorliegenden Aufnahmen beider Gesellschaften gegeben und überregionale Einteilungen diskutiert. Einige Anmerkungen zu Fragen des Naturschutzes auf Industrieflächen schließen den Aufsatz.
Die Arbeit vergleicht die Flora von 19 Dörfern Westböhmens mit derjenigen der Stadt Plzen. Zugrunde liegen qualitative und quantitative floristische Angaben zur Artenzusammensetzung insgesamt und teilweise auch im Vergleich einzelner Standorte. Ausgewertet werden weiter Lebensformenspektren, der Anteil der Anthropophyten und mittlere Zeigerwerte nach ELLENBERG. Insgesamt ergeben sich deutliche Unterschiede, teilweise in Übereinstimmung mit Untersuchungen aus anderen Gebieten.
Dauerquadrat-Untersuchungen eines in den Allgäuer Alpen gelegenen Grauerlenwaldes ergaben, daß dieser vielleicht aus einem Lavendelweiden-Gebüsch hervorgegangen ist. Die Assoziation würde bei Bodenaufhöhung wahrscheinlich in einen Schluchtwald übergehen. Findet eine solche nicht statt, bleibt der Grauerlenwald voraussichtlich als solcher erhalten.
Die Vegetation des Weidevogelschutzgebietes "Ellewicker Feld" im Münsterland wird dargestellt. Das Grünland-Gebiet wird mit niedriger Stickstoff-Düngung extensiv genutzt. Nach Unterschutzstellung 1980 wurden in den Weiden Tümpel unterschiedlicher Größe angelegt. Die Grünland-Gesellschaften werden als Lolio- und Luzulo-Cynosuretum, Ranunculo-Alopecuretum geniculati und Lolio-Plantaginetum majoris charakterisiert. Die Vegetation der Tümpelränder sind Bidentetea- und Isoeto-Nanojuncetea-Gesellschaften. Außerdem wird eine Juncus effusus-Gesellschaft beschrieben. Die Pflanzengesellschaften des Ellewicker Feldes sind aufgrund des geringen Alters der Grasnarbe und der Gewässer artenarm. Der Effekt der extensiven Bewirtschaftung zeigt sich im Rückgang der Arten, die auf hohe Stickstoffverfügbarkeit angewiesen sind.
Sisymbrium strictissimum ist die einzige in Mitteleuropa heimische ausdauernde Art der Gattung Sisymbrium. Ihre Vorkommen in Niedersachsen, Baden-Württemberg, Osttirol sowie im Unterengadin wurden vergleichend untersucht. Sisymbrium strictissimum wächst meistens in großen Herden oder Kolonien, selten in kleinen Gruppen oder einzelnen Individuen. Aufgrund ihrer Wuchshöhe und ihres kräftigen Rhizoms kann sie sich an einmal besiedelten Wuchsplätzen sehr lange halten. Trotz hoher Samenproduktion (ca. 50.000—80.000 Samen pro Pflanze und Jahr) keimen in den Beständen dieses ausdauernden Konkurrenzstrategen nur wenige Samen. Sisymbrium strictissimum ist eine gefährdete Art, da starke Störungen der jetzigen Wuchsorte dazu führen können, daß die Populationen gebietsweise erlöschen. Die Sisymbrium strictissimum-Bestände wurden in verschiedenen Gegenden Mitteleuropas untersucht und mit pflanzensoziologischen Aufnahmen belegt. In den meisten Fällen wächst die Art in nitrophilen Saumgesellschaften der Ordnung Glechometalia. Lediglich Urtica dioica, Galium aparine, Aegopodium podagraria und Geum urbanum sind in den Sisymbrium strictissimum-Beständen aller Gebiete vertreten. In dem relativ kontinental getönten Engadin ist Sisymbrium strictissimum auch mit thermophilen Ruderalpflanzen vergesellschaftet.
Acht Lebensjahrzehnte vollenden Sie, lieber Herr Preising, in diesem Jahr und Sie könnten sich nun geruhsam in Ihrem Landhaus inmitten der Lüneburger Heide auf ein ausgefülltes persönliches und wissenschaftliches Leben zurückbesinnen. Ihre Schaffensfreudigkeit und Ihre Zuversicht sind trotz zahlreicher gesundheitlicher Rückschläge aber immer noch Motor und Kraftquelle für Sie, um das wissenschaftliche Werk weiterzuführen und die Pflanzengesellschaften Niedersachsens mit ihrer Bestandsentwicklung, ihrer Gefährdung und ihren Schutzproblemen zu vollenden.
Paul Seibert 70 Jahre alt
(1991)
Am 18. Februar 1991 vollendete Prof. Dr. rer. nat. Paul Seibert sein 70. Lebensjahr. Als sein Nachfolger auf der Professur für Vegetationskunde (heute Geobotanik) in München hatte ich die Gelegenheit, während der vergangenen 4 Jahre mit Herrn Kollegen Seibert zahlreiche wissenschaftliche und private Gespräche zu führen und ihn auf mehreren gemeinsamen Exkursionen in die oberbayerische Landschaft zu begleiten. Hierbei habe ich nicht nur den Wissenschaftler sondern auch den Menschen Paul Seibert besser kennenlernen können. Deshalb darf ich vorweg sagen: Am wohlsten fühlt sich Herr Kollege Seibert, wenn er im Gelände der zentralen Tätigkeit des Vegetationskundlers nachgehen kann: Analyse der Vegetation, Erfassen der floristischen und ökologischen Zusammenhänge vor Ort, Entschlüsselung der Sprache der Vegetation.
Im nordwestlichen Teil der Norddeutschen Tiefebene haben sich auf von zahlreichen Tieflandbächen durchschnittenen pleistozänen Ablagerungen noch einige alte, naturnahe Waldstücke bis in die Gegenwart erhalten. Bekannte Beispiele solcher Waldreste sind der "Neuenburger Urwald" in der Nähe von Neuenburg und das "Hasbruch" westlich der Stadt Bremen. Es gibt aber in der Gegend noch weitere ähnliche Laubwaldreste mit vorwiegend Buchen, Eichen und Eschen, die, obwohl meistens bewirtschaftet und mit jüngeren Bäumen bestockt, in gleichem Maße zu den ökologisch äußerst wertvollen Flächen gerechnet werden können. Besonders um Westerstede, westlich der Stadt Oldenburg, sind noch viele dieser Waldstücke vorhanden. Einige bestehen ununterbrochen seit dem Mittelalter. Exemplarisch wurde die nördlich von Westerstede gelegene Parzelle mit dem Flurnamen "Rottforde" detailliert botanisch-vegetationskundlich untersucht, um ihren botanischen Wert festzustellen. Neben floristischen Daten wurde auch die Waldstruktur durch ein Profil im ökologischen Übergang zwischen feuchtem Eichen-Eschenwald (Carici remotae-Fraxinetum und Pruno-Fraxinetum) und trockenem Buchen-Eichenwald (Fago-Quercetum) in einem durchschnittlich 90-jährigen Bestand aufgenommen. Besonders die bachnahen Teile erwiesen sich als auffällig artenreich; unter diesen Arten sind einige selten für Niedersachsen. Neben ökologischen gibt es auch historische Gründe für die Naturschutzwürdigkeit dieser alten Laubwaldreste. Forstwirtschaftliche Aktivitäten während des vorigen und jetzigen Jahrhunderts haben besonders die trockeneren Teile dieser Wälder erheblich umgestaltet: Anpflanzungen von Koniferen (zuerst überwiegend Waldkiefer, später auch Fichte, Japanische Lärche und Douglasie) haben große Flächen der alten Wälder stark verändert. Heute sind auch die nasseren Teile dieser Wälder durch solche Umwandlungen bedroht: Pappel-Hybriden, Erlen und Sitka-Fichten ersetzen immer mehr die einheimischen Bestände von Eichen und Eschen. Solche Verfahren führen zur Vernichtung der biologischen Vielfalt dieser Waldstücke. Wenn nur einige weit voneinander entfernte "Inselpopulationen" innerhalb von Reservaten wie Neuenburg und Hasbruch in dieser Gegend übrigbleiben, ist zu befürchten, daß viele Pflanzen- und Tierarten vom Aussterben bedroht werden. Die Verfasser betonen deswegen die Notwendigkeit und Dringlichkeit von Naturschutzmaßnahmen für diese Laubwaldreste und geben kurz einige mögliche Maßnahmen an, von naturnaher, plenterartiger Bewirtschaftung bis zur Unterschutzstellung als Totalreservat.