Aussiger Beiträge : 6. Jahrgang
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Im vorliegenden Aufsatz geht es um die Frage, inwiefern sich Kategorien postkolonialer Theoriebildung und der Ansatz einer Universalisierung der Holocausterinnerung auf die deutsch-jüdische Gegenwartsliteratur übertragen lassen und welche Probleme mit diesem Theorietransfer und einem Verlust historischer Spezifizierung vor dem Hintergrund der deutsch-jüdischen Geschichte verbunden sind. In einem zweiten Schritt steht die Selbstpositionierung deutsch-jüdischer Autoren im Verhältnis zur Transkulturalität im Vordergrund. Skizziert werden die Position von Vladimir Vertlib, die er in seinen Chamisso-Poetikvorlesungen entfaltet, sowie die literarischen Ansätze von Maxim Biller und Doron Rabinovici.
Melinda Nadj Abonji hat als erste Schweizer Schriftstellerin sowohl den Deutschen wie den Schweizer Buchpreis gewonnen. Der Paradigmenwechsel in Bezug auf einen Umbruch in der bisherigen nationalkulturellen "Meistererzählung", der sich auch in der Schweiz schon länger angekündigt hat, ist damit deutlich eingetreten – und dies, während sich das Land in den letzten Jahren immer mehr vom restlichen Europa abschottet und seine Identität vermehrt in rückwärtsgewandten Kulturwerten sucht. Ausgehend von einer Analyse der narrativen Dramaturgie und des wiederkehrenden Erinnerungsmotivs wird die Verhandlung hybrider Kulturformen in dem Roman untersucht und das mnemografische Feld von "Tauben fliegen auf" – eine Art "dritter Ort" (Bhabha) – beschrieben. Untersucht wird, in welchem Spannungsverhältnis sich Erinnerung und Rekonstruktion zur Konstituierung neuer kultureller und sprachlicher Räume befinden und wie Abgrenzungen und Gegenüberstellungen vollzogen werden, um "Eigenes" oder "Fremdes" zu erkennen oder zu relativieren.
Das Wort "Heimat" ist facettenreich, voller Konnotationen, vor allem aber oft von Missbrauch gezeichnet oder mit Fontane gesprochen: ein "zu weites Feld". Dennoch wird es immer wieder problematisiert und in der Literatur thematisiert. In der heutigen einerseits immer stärker globalisierten, andererseits aber auseinander strebenden und partikularisierenden Welt gewinnt es wieder an Bedeutung, wird jedoch unterschiedlich verstanden, aufgefasst und ausgelegt. Autoren und Autorinnen, die ihre "engste" oder ursprüngliche Heimat verlassen mussten, behandeln das Thema besonders sensibel und zeigen oft eine Auffassung, die man neuerdings mit dem Wort transkulturell bezeichnen kann. Im Beitrag wird anhand der jüngsten Werke von Erica Pedretti und Ilma Rakusa ein Versuch unternommen, paradigmatisch aufzuzeigen, wie sie diesen schillernden Begriff einzufangen versuchen und ihn doch nicht festlegen. Beide Autorinnen haben ein sehr feines Gespür für das Verständnis von Pluralität nicht nur der historischen, sondern vor allem der heutigen Lebenswelten, und ihre Werke haben einen starken Gegenwartsbezug.
Die vorliegende Studie hat zum Ziel, literarische Konkretisierungen der Transkulturalität in den Prosawerken der deutschsprachigen Autoren rumänischer Herkunft zu untersuchen. Es wird von der Annahme ausgegangen, dass Homi Bhabhas Konzept des dritten Raums auch als Produkt literarischer Verfremdungsverfahren betrachtet werden kann. Die Materialisierungen solcher Räume lassen sich anhand der untersuchten Romane von Aglaja Veteranyi, Cătălin Dorian Florescu und Carmen Francesca Banciu veranschaulichen. Dabei wird die Transkulturalitätsdynamik innerhalb der dritten Räume dank eines Leidens durch den Heimat- oder Herkunftsort ausgelöst. Dieses seelische Leiden wird durch das literarische Schreiben in körperlichen Schmerz verwandelt, das sich an Erscheinungen wie Krankheit und Missbrauch artikuliert.
In diesem Beitrag gehe ich der Frage nach, welche Bedeutung der Herkunft von Autorinnen und Autoren, die in die deutsche Sprache eingewandert sind, im literaturwissenschaftlichen Diskurs, in Rezensionen ihrer Bücher und in biographischen Darstellungen beigemessen wird. Ich nehme dabei sowohl auf ihre Selbstpositionierungen in Essays und Interviews als auch auf die biographischen Darstellungen im Diskurs über sie und ihre Literatur Bezug. Wie wird der Zusammenhang zwischen den jeweiligen Lebensgeschichten und den Texten wahrgenommen und dargestellt? Welche Bedeutung hat ihre Migrationsbiographie für ihre Position im deutschsprachigen literarischen Feld? Letztlich stellt sich dabei die Frage nach den Möglichkeiten, einen transkulturellen bzw. transnationalen literarischen Raum zu schaffen, für den Mehrfachzugehörigkeiten konstitutiv sind und in dem die Herkunft von AutorInnen keine bestimmende Rolle spielt.