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Statt die fruchtlosen Debatten über die Erweiterung oder Ergänzung ihres Aufgabenbereichs fortzusetzen, sollte sich die Vergleichende Literaturwissenschaft auf die Zeit ihrer Entstehung besinnen, da sie sich (vor allem in Frankreich) parallel zur Philosophie und den Sozialwissenschaften entwickelte. Emile Durkheims Einladung an Gustave Lanson, einen Vortrag zum Thema 'L'Histoire littéraire et la sociologie' (1904) an der Ecole des Hautes Etudes zu halten, hatte damals eine symbolische Bedeutung, die heute im sozialwissenschaftlichen Kontext aktualisiert werden könnte. Denn nur eine Vergleichende Literaturwissenschaft, die Anschluß an die sozialwissenschaftlichen Debatten der Vergangenheit und der Gegenwart sucht, kann hoffen, eine theoretische Dynamik zu entfalten, die sie für ihre Gesprächspartner in den Sozialwissenschaften interessant werden läßt. Zu diesen Gesprächspartnern gehören vor allem die anderen Komparatistiken, die von Philologen bisher kaum beachtet wurden: die Vergleichende Soziologie, Semiotik, Politikwissenschaft, Wirtschaftswissenschaft und Rechtswissenschaft. Von ihnen, ihren Problemen und Lösungsvorschlägen, kann die literarische Komparatistik einiges lernen. Zugleich kann sie in bestimmten Fällen den Sozialwissenschaftlern helfen, ihre Probleme zu lösen und neue Probleme zu erkennen.
'Komparatistik' - 'Vergleichende Literaturwissenschaft' - 'Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft': Was ist das für eine wissenschaftliche Disziplin, die unter drei verschiedenen Bezeichnungen firmiert und damit Verwirrung stiftet. Will diese Wissenschaft durch die Methode des Vergleichs allgemeine Gesetzmäßigkeiten der Literatur herausfinden? Ist der Vergleich die einzige Methode dieser Wissenschaft? Wie stehen Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft zueinander? Ergänzen oder fliehen sie sich? Im folgenden stelle ich zunächst einige komparatistische 'Vergleichsmodelle' vor (I.) und klassifiziere und diskutiere anschließend unterschiedliche Verwendungsweisen des Vergleich-Begriffs (II.).
Wenn sich die Systemtheorie nicht als theoretisches Fundament der Komparatistik eignet, weil Komparatistik nicht theoriefähig ist, sondern schlicht eine pragmatische Option, bei der 'die Literatur überhaupt' im Vordergrund steht, dann stellt sich jetzt die Frage, inwiefern die Systemtheorie einer solchen "Allgemeinen Literaturwissenschaft" behilflich sein kann. Das kann sie in sehr vielfältiger Weise und entsprechende Arbeiten in ihrer unterschiedlichen Ausrichtung können hier natürlich nicht aufgezählt werden. Hier soll- nach einer übergeordneten Bemerkung - nur gezeigt werden, wie die Systemtheorie einen bereits dynamischen Zeichenbegriff in der Vorstellung einer gesamtgesellschaftlichen Dynamik zur Geltung bringen kann: Relevant wird Semiotik erst als Systemtheorie. Das sagt natürlich mehr über Systemtheorie als über Komparatistik aus, aber wie anders wäre komparatistisch zu arbeiten als unter Zuhilfenahme von "fremden" Theorien und Methoden - was im Übrigen für jede andere Philologie auch gilt.
Aufgrund der vielfältigen Parallelen zwischen 'Walden' und 'Un balcon en forêt' und der Dominanz von Landschafts- und Naturschilderungen im Werk beider Autoren scheint ein typologischer Vergleich der fraglichen Texte durchaus legitim, zumal diese auch in poetologischer Hinsicht konvergieren. Sowohl Thoreaus Bericht als auch Gracqs Roman weisen nämlich Merkmale des klassischen pastoralen Modus auf, für den Terry Gifford das Schema "retreat, renewal and return" (Gifford 1999, 174) in Anschlag bringt. Der Rückzug aufs Land beziehungsweise in die Natur impliziert demnach eine innere Reform des Helden, die seiner Rückkehr in die Stadt vorausgeht. Thoreau und Gracqs Protagonist Grange erfahren während ihres Aufenthalts im Wald gemäß dem pastoralen Paradigma einen äußeren und inneren Wandel, den ich als Naturalisierung bezeichne. Dieses "Zurück zur Natur" erweist sich in Wahrheit jedoch als Kulturalisierung, wie David Abram Iuzid schließt: "Becoming earth. Becoming anima!. Becoming, in this manner, fully human" (Abram 2010, 3). Dies meint nicht die Rückkehr zu einem naturnahen Lebensstil, sondern vielmehr die Schärfung unserer 'animalischen' Sinne für die phänomenale Realität, das heißt, die Wiederaufnahme des großen Dialogs mit der belebten und unbelebten Natur, um auf diese Weise zu einem höheren Menschsein zu gelangen. Ziel dieser Studie ist es, diesen manifesten Prozess entlang der dynamischen Grenze von Kultur und Natur nachzuzeichnen und zu analysieren. Der Gewinn dieser komparatistischen Lektüre wäre dann ein besseres Verständnis zweier unterschiedlicher Naturkonzepte, die - sowohl bei Thoreau als auch bei Gracq - vom Geist der Romantik durchdrungen sind.
The present article analyzes a prominent yet relatively understudied contact space among Native American, New Zealand Maori, and aboriginal Taiwanese literatures: the struggle of indigenous peoples to negotiate optimal relationships between themselves and the natural world, particularly in light of capitalist modernity and globalization. Many indigenous narratives draw sharp distinctions between native peoples and outsiders, predictably portraying the former as protectors and the latter as destroyers of both nature and indigenous local cultures. The Native American Chickasaw writer Linda Hogan's (1947-) novel 'People of the Whale' (2008), the Maori writer Patricia Grace's (1937-) novel 'Patiki' (1986), and the aboriginal Taiwanese writer Topas Tamapima's short story "Zuihou de lieren" are no exception. But these texts also problematize notions of the so-called "ecological native." They do so most conspicuously by revealing the ambiguous relationships those peoples believed closest to nature have with the nonhuman world, that is to say their environmental ambiguity ('ecoambiguity') (Thornber 2012).
Tagungsbericht zum Internationalen Symposium, Wien, 15. bis 17. Januar 2011: Der literarische Transfer zwischen Großbritannien, Frankreich und dem deutschsprachigen Raum im Zeitalter der Weltliteratur (1770-1850)
Unter dem Titel 'Der literarische Transfer zwischen Großbritannien, Frankreich und dem deutschsprachigen Raum im Zeitalter der Weltliteratur (1770-1850)' veranstalteten die Abteilung für Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Wien und die Gesellschaft für Buchforschung in Österreich von 15. bis 17. Januar 2011 ein internationales Symposium in Wien. In zahlreichen Vorträgen und Diskussionen wurde die Intensivierung der internationalen literarischen Kontakte und Transfers im titelgebenden Zeitraum erörtert, wobei unter anderem die Modalitäten der Produktion und Distribution von Literatur, urheberrechtliche Fragen, Vermittlerpersönlichkeiten und die Zensur im Zentrum standen.
Kinderliteraturforschung und Komparatistik standen und stehen z. T. noch heute kaum in Verbindung miteinander. Die Komparatistik, lange auf Texte der Hochliteratur konzentriert, kümmerte sich nicht um kinderliterarische Texte, denen implizit ein geringerer literarischer Status zugeschrieben wurde. Die Kinderliteraturforschung arbeitete meist mit einem internationalen Korpus der Kinderliteratur, die Texte wurden 'der' Kinderliteratur schlechthin zugeschrieben, als ob diese keine Sprachgrenzen kenne; das Gemeinsame und nicht die Differenz stand im Mittelpunkt. Eine positive Ausnahme in der deutschsprachigen Komparatistik stellt Erwin Koppen, langjähriger Inhaber des Lehrstuhls für Vergleichende Literaturwissenschaft der Universität Bonn, dar, der im Juli 1990 die erste komparatistische Veranstaltung zur Kinder- und Jugendliteratur in Deutschland, eine von der DFG geförderte Tagung "Internationale Aspekte der Kinder- und Jugendliteratur. Theorie - Übersetzung - Rezeption", in Bonn organisierte. Durch sie wurde "die Notwendigkeit klarer komparatistischer Fragestellungen innerhalb der Kinderliteraturforschung verdeutlicht".
Die Frage nach der Position der Komparatistik im Rahmen der kulturwissenschaftlichen Neuorientierung der Literaturwissenschaft berührt grundsätzlich das fachliche Selbstverständnis. Jede Standortbestimmung hängt deshalb wesentlich von den Vorstellungen ab, worin die Aufgaben und Kompetenzen der Komparatistik überhaupt bestehen sollen. Neben einer historischen Orientierung des Faches und einer von Fachvertreterin zu Fachvertreter unterschiedlichen Idealvorstellung, die jeweils viel mit dem persönlichen akademischen und wissenschaftsbiographischen Werdegang zu tun hat, gilt es deshalb auch, die institutionellen Rahmenbedingungen in den Blick zu nehmen.
The point of my explanation is simply that in its "deep-structure" even 'A Handful of Dust' (and 'a fortiori', as we shall see, other novels by Waugh) attaches itself to the mode of the historical novel, which is only in a very qualified way the descendant of the epic, as Lukacs would have us believe.
Comparatists have always had misgivings about the concept of comparison. The status accorded to comparison within Comparative Literature is far from dear. Although the discipline's very name derives from the concept, we are not quite sure what comparison refers to. Does it define what we do? Does it delineate a field of study, a range of objects?
Rapport de la Réunion des représentants des societés comparatistes européennes à l'initiative de la SFLGC à Paris le 6 octobre 2001
La journée comparatiste européenne, organisee par Danièle Chauvin et Bertrand Westphal, s'est tenue dans la salle des actes de Paris-N pendant toute la journée du 6 octobre 2001.
Studierende und Lehrende des Faches Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft, die in den Beständen ihrer Bibliothek nicht fündig geworden sind, werden sich vielleicht fragen, warum viele ihrer Fernleihen von der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main stammen. Dass sich ausgerechnet dort das Sondersammelgebiet für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft befindet, mag überraschen, denn schließlich wurde an der Goethe-Universität ein eigenes Institut für Komparatistik erst im Sommersemester 2001 gegründet. Aufmerksame Entleiher und Entleiherinnen älterer Titel aus den Frankfurter Beständen könnten darin ein Exlibris finden: "Frhl. Carl von Rothschildsche Bibliothek Stadt Frankfurt a. Main": Die bedeutenden Bestände der Rothschildschen Bibliothek, die durch rechtzeitige Auslagerung ohne größere Verluste den Zweiten Weltkrieg überstanden haben, waren u. a. ausschlaggebend dafür, dass 1949 der damaligen Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft die Sondersammelgebiete "Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft" (SSG 7.11), "Germanistik" (SSG 7.20) sowie "Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft" (SSG 7.12) zugewiesen wurden. Mit 130.000 Bänden stellte die Rothschildsche Bibliothek immerhin fast 15 % des 1945 an der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt noch vorhandenen Gesamtbestandes von 900.000 Bänden.
In den Einzelphilologien hat die feministische bzw. gender-orientierte Literaturwissenschaft längst Fuß gefaßt (auch wenn sie auch dort mitnichten wissenschaftlicher Standard für alle ist). Warum also ist die Komparatistik - nicht nur, aber ganz besonders in Deutschland - im Vergleich zu vielen anderen Kulturwissenschaften in dieser Hinsicht so konservativ, obwohl sie doch das Selbstbild hat, weltoffen, progressiv und als Literaturwissenschaft auch politisch relevant zu sein? Welche Berührungspunkte gibt es zwischen feministischer Literaturwissenschaft bzw. 'Gender/Queer Studies' einerseits und der Komparatistik andererseits? Welche Konsequenzen hätte die Berücksichtigung von Gender als zentrale Analysekategorie (vgl. Hof 1995) in Theorie und Praxis des Faches Komparatistik?
Bericht zur Tagung vom 4.-6. Juli 2002, Zentrum für komparatistische Studien der Georg-August-Universität Göttingen
'Spiel-Arten der Komparatistik': Dem Titel des Symposions entsprechend konkretisierten die Einzelbeiträge verschiedene Varianten der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft. Thematisch gruppierten sie sich um zwei Zentren. Auf der einen Seite wurden historische, systematische und theoretische Grundlagen des Fachs reflektiert, auf der anderen variationsreich Fallbeispiele von Komparatistik diskutiert.
Rethinking Central Europe comparatively means crossing various topologies built up by the human 'pathos' of identities and history's destroying or recreating collectivities. Of course, this comparative approach necessarily implies a dialectic process in which local and global, as well as the interaction between the two, must be considered. Inevitably broader issues arise, such as the notion of 'Weltliteratur'. The following article considers the problems inherent in such an endeavor, especially for a region as difficult to define as Central Europe.
Tagungsbericht zu 'Comparative Arts - Neue Ansätze zu einer universellen Ästhetik'. 14. Tagung der DGAVL in Münster, 26. bis 28. November 2008
Unter dem Titel 'Comparative Arts - Ansätze zu einer universellen Ästhetik' veranstaltete die DGAVL vom 26. bis zum 28.11. 2008 in Münster ihre 14. turnusmäßige Tagung.
The following essay in comparative literature focuses on three comedies that perhaps satisfy the aforementioned conditions, namely Ludvig Holberg's 'Mascarade' of 1724, Carlo Goldoni's 'I Rusteghi' of 1760, and Georg Büchner's 'Leonce und Lena' of 1836. My interest is typological, not genealogical, i.e. I do not claim that the later authors knew the earlier dramas; for the three authors belong to different cultures and write their texts in different languages - Danish, Venetian, and German. Still, even if am not interested in the question, I cannot exclude such knowledge either. There are similarities not only in the main structure, but also in the details; and Holberg is possibly known to Goldoni and certainly to Büchner.
Volltextsuche
(2005)
[...] Und nun die Komparatistik? Sie mutiert zu einer Volltextwissenschaft. Die Weltliteratur, egal ob im summarischen oder qualitativen Sinn, ist noch nicht homogen digital erschlossen. Dadurch wird es noch lange bei der Bevorzugung großer Namen bleiben. Zugleich aber wird sich allmählich eine Nivellierung einstellen, die die Prioritäten der literaturwissenschaftlichen Suche synchronisiert mit denen der gängigen Suchmaschinen. Netzsuche und Volltextsuche auf begrenzten Datenträgern werden einander überlagern und den Resultaten eine egalitäre Struktur verleihen. Und dies wird auf längere Sicht zweierlei befördern: 1. Die Emanzipation der Trivialliteratur seit den 1960er Jahren, die Ausweitung des Textbegriffs und die kulturwissenschaftliche Orientierung werden in komparatistischen Arbeiten daran ablesbar sein, daß jegliches Kulturzeugnis, das beispielsweise einen bestimmten Mythos berührt, als potentiell zur Sache gehörig betrachtet wird. Alles kommt erst einmal in Frage. 2. Die Anonymität des weltweiten digitalen Korpus führt dazu, daß gerade die Volltextsuche die diskursanalytische These verwirklichen wird.
'Über den Grund des Vergnügens an tragischen Gegenständen' nannte Schiller 1792 einen seiner berühmten ästhetischen Grundlagenaufsätze. Als Tragödienautor war er Partei und versuchte daher 'nicht' zu explorieren, 'ob 'das Tragische vergnügen könne (was natürlich nicht trivial, sondern im Sinn ästhetischen Reizes und dessen theatraler Befriedigung zu verstehen ist), sondern er setzte den vorgefundenen oder hypostasierten Affekt als eine anthropologische Konstante. Dass nun das Vergleichen 'literarischer Einheiten' (Inhalte, Strukturen, Epochen) Vergnügen bereitet, ist in der Tat Prämisse dieses Beitrags. Warum aber, das lohnt vielleicht einen Blick, der auf das Selbstverständnis und die Episteme unseres Fachs zielt.
Roland Barthes' Entwurf kritischer Literaturwissenschaft, den ich im ersten Teil darstellen möchte, findet sich vor allem in den frühen Essays 'Sur Racine' (1963), in 'Critique et vérité' (1966), Barthes' Antwort auf den Streit um seine Racine-Interpretation, sowie in seinem ersten Buch 'Le degré zéro de l'écriture' (1953), dessen Einzelaspekte er in kleineren Arbeiten später präzisiert hat. Im zweiten Teil möchte ich den Fokus erweitern und Ähnlichkeiten mit Walter Benjamins Konzept aktualisierender Kritik herstellen, um schließlich im dritten Teil die Frage nach dem Standort, von dem aus Roland Barthes spricht, zu erörtern. Im Zentrum meiner Ausführungen stehen Barthes' Überlegungen zur Alternative von Literatur und Geschichte, zum Verhältnis von Kritik und Wahrheit, zum Autor, zum Leser und zur Macht der Bilder.