Jahrbuch des Bochumer Botanischen Vereins für das Jahr 2021 - Band 13 (2022)
Refine
Year of publication
- 2022 (23)
Document Type
- Article (23)
Language
- German (23)
Has Fulltext
- yes (23)
Is part of the Bibliography
- no (23)
Endlich, die erste Exkursion nach zehn Monaten Zwangspause! Bei schönstem Wetter ging es in eine der besten Feuchtwiesen der Region. Feuchtwiesen sind insgesamt sehr selten geworden. Meist wurden sie entwässert, in Maisäcker umgewandelt, aufgeforstet oder aber sie fielen brach und verbuschten. Die Wiese im Muttental wird seit Jahrzehnten traditionell zur Heugewinnung genutzt, wenig gedüngt und konnte daher ihren Artenreichtum erhalten.
An den Alleebäumen von Düsseldorf kann man mehr als 100 Moos- und Flechtenarten finden. Dabei gilt allerdings, dass die Artenvielfalt an den Bäumen zum Stadtzentrum hin deutlich abnimmt. Wir steuerten verschiedene Lokalitäten in Düsseldorf an, und zwar vom Außenbereich bis zu städtisch überwärmten ("urbane Hitzeinsel") und stärker immissionsbelasteten Gebieten in der Innenstadt. Dabei wurden die jeweils an Baumstämmen vorkommenden Moose, Flechten und Algenüberzüge untersucht, um die für die jeweiligen Zonen charakteristischen Epiphytengemeinschaften und Arten kennenzulernen. Vom Treffpunkt fuhren wir erst zu einer Allee nahe des Benrather Schlossparks im Düsseldorfer Süden und danach stadteinwärts zum Oberbilker S-Bahnhof. Von dort starteten wir einen Rundgang durch die südliche Innenstadt, bei dem auch die kleine Parkanlage am Lessingplatz aufgesucht wurde.
Phaeophyscia orbicularis – Kreisförmige Schwielenflechte (Physciaceae), Stadtpflanze des Jahres 2021
(2022)
Mit seinen Schwalm-Altarmen, Gagelmooren, der Wacholderheide und einer ganzen Reihe von größeren und kleineren Gewässern in allen erdenklichen Trophiestufen beherbergt das 296 ha große Gebiet zahlreiche Lebensräume bedrohter Arten. Mit über 500 Pflanzenarten, davon 80 auf der Roten Liste, gehört er zu den wertvollsten Schutzgebieten in NRW. In einer rekordverdächtigen Exkursion über fast 10 km, für die bekanntlich im Botaniker*innen-Tempo über sechs Stunden benötigt werden, wurde das umfassende Artenspektrum der jeweils charakteristischen Arten dieser verschiedenen Lebensräume gezeigt. Das Nebeneinander der typischen Lebensräume ermöglichte den direkten Vergleich vieler ähnlicher Arten, sodass immer wieder kleine Bestimmungs-Exkurse zu Gräsern, Seggen, Binsen, Simsen und weiteren Artengruppen eingestreut wurden. Zwischendurch gab es dank der jahrzehntelangen Praxis-Erfahrung und ausgezeichneten Gebietskenntnisse des Exkursionsleiters immer wieder wertvolle Informationen über die erfolgversprechende Einrichtung und Pflege von Moor- und Heidestandorten, die weit über klassisches Lehrbuchwissen hinausgehen. Am Ende des Tages waren sowohl die Köpfe als auch Kamera-Speicherkarten prall gefüllt mit neuen Arten und eine glückliche Exkursionsgruppe machte sich auf den Heimweg.
Die Arbeitskreise Heimische Orchideen Deutschland (AHO Deutschland) haben für das Jahr 2021 das Kriechende Netzblatt (Goodyera repens) zur "Orchidee des Jahres" gewählt, um auf die vielfältigen Gefährdungsursachen für diese Art hinzuweisen. Erstmals wurde die Orchidee des Jahres nicht bei der Jahrestagung der Orchideenvereine in Arnstadt gekürt, sondern auf Grund der Corona-Pandemie digital von den Vorständen benannt.
Die Gegend um Haßlinghausen zählt zu den ältesten Stätten des Steinkohlebergbaus im Ruhrrevier. Jahrhunderte der Bergbautätigkeit haben in den Wäldern zahlreiche Pingen und kleine Halden hinterlassen. Die Exkursionsroute folgte einem Teil des Deutschlandwegs, einem bergbauhistorischen Wanderweg, der nach der Zeche Deutschland benannt wurde.
Das Laerholz an der Grenze zwischen den Bochumer Stadtteilen Querenburg und Laer ist ein strukturreicher Laubmischwald mit Eichen und Buchen hohen Alters. Es wird von der Asbecke durchflossen. Trotz des hohen Bebauungsdrucks im letzten Jahrhundert durch das aufstrebende Universitätsviertel wurde das Laerholz erhalten, sodass der ehemals zum Haus Laer gehörende Forst heute rege zur Naherholung genutzt wird. Nachdem wir das Gebiet von West nach Ost fast komplett durchlaufen hatten, erreichten wir den evangelischen Friedhof an der Schattbachstr. und die Obstwiese des BUND Bochum. Sie wird nach Methoden des
In jüngerer Zeit häufen sich im Siedlungsraum des Ruhrgebiets Funde des Frühlings-Fingerkrauts (Potentilla verna), insbesondere in Zierrasen auf Friedhöfen. Der Ursprung der Vorkommen, ihr floristischer Status und die Relevanz für die Einstufung in die Rote Liste Nordrhein-Westfalens werden diskutiert.
Dass Innenstädte für Botanikerinnen und Botaniker alles andere als langweilig sind, stellen wir immer wieder aufs Neue fest bei unseren jährlichen Rundgängen durch Bochum. Langweilig wäre es schon fast, wenn dabei kein Neufund oder wenigstens ein paar Seltenheiten auftauchen würden. Aber auch eine ganze Reihe von Arten, die in der Stadt häufig sind, im Umland aber nicht und daher als typische Stadtpflanzen gelten, begegnen und auf unseren Runden durch die Stadt.
Obwohl der Stechende Mäusedorn (Ruscus aculeatus L.) in Deutschland nicht heimisch ist, kennt ihn doch der ein oder die andere von Reisen ins Mittelmeergebiet. Im Jahr 2002 war er in Deutschland sogar Arzneipflanze des Jahres. Als Besonderheit scheinen bei ihm die auffälligen roten Früchte mitten auf dem Blatt zu stehen, was den Gesetzen der botanischen Morphologie widersprechen würde, ein Umstand, der bereits Dioskurides im Altertum auffiel und das Morphologenherz höherschlagen lässt. Die Art wird deswegen oft auch im Biologiestudium als Objekt untersucht und in diesem Porträt sollen ihr ausführliche Kapitel zur Morphologie und Anatomie gewidmet werden.
Crocus tommasinianus und Galanthus nivalis sind im Stadtgebiet Aachen vollkommen etabliert. C. vernus und G. elwesii verwildern selten und zeigen nur an wenigen Stellen eine Tendenz zur Etablierung. Generative Fortpflanzung außerhalb von Kulturen geht bei diesen Arten einher mit Hybridisation mit C. tommasinianus und G. nivalis. Hybridpopulationen von Galanthus elwesii × G. nivalis wurden genauso beobachtet wie Pflanzen, die sich von diesen Hybriden nur durch einen fehlenden Basisfleck auf den inneren Perigonblättern unterscheiden. Sie zeigen außerhalb dieses Merkmals dieselbe Morphologie wie Hybriden und werden deshalb vom Verfasser ebenfalls als Hybriden aufgefasst. Zusätzlich kann Introgression unter den G. nivalis morphologisch ähnlichen Populationen festgestellt werden. Intermediäre Hybriden Crocus tommasinianus × C. vernus sind im Untersuchungsgebiet selten. Hybriden, die morphologisch einer Elternart stärker ähneln, wurden häufiger beobachtet. Möglicherweise tendieren Formen, die C. tommasinianus morphologisch näher stehen, zu einer größeren Eigenständigkeit. Qualität und Größe des Pollens von Hybriden C. tommasinianus × C. vernus sind variabel. Als Hybriden betrachtete Pflanzen zwischen Crocus tommasinianus und C. vernus sowie zwischen Galanthus elwesii und G. nivalis werden detailliert vorgestellt.