Forum Interdisziplinäre Begriffsgeschichte. 11. Jahrgang [Heft] 1
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Statik
(2022)
Bei der Statik handelt es sich um einen vielschichtigen Begriff, der zumeist ausgeblendet wird und dem sich Kunst-, aber auch Literatur- und Kulturwissenschaftler*innen bislang nur selten explizit widmeten. Im Folgenden wird es um die weitere Aufschlüsselung dieses Begriffs gehen, wobei die Kunst der Avantgarden der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Zentrum steht. Im abschließenden Teil wird der Blick dann auf weitere, für die Klärung des Begriffs relevante Bereiche gerichtet. Die Bemerkungen können nur ausschnitthaft darstellen, dass Moderne und Postmoderne stärker von der Statik geprägt sind, als man gemeinhin annimmt. Sie konterkariert die gängigen Erzählungen von Beschleunigung und hemmungsloser, ungezügelter Bewegung als einem Kennzeichen der Moderne. Dabei tritt sie nicht in Distanz zur Dynamik - vielmehr kann sie nur in Anbindung an diverse Prozesse gefasst werden.
Sowohl Etymologie als auch Metaphorik des Transparenzbegriffs kreisen um die Verbindungen von Licht zur Erkenntnis und wiederum zur Moral, die an den Transparenzbegriff weitergegeben wurden, was den Fokus auf den übertragenen Gebrauch von Transparenz lenkt. 'Transparenz' verweist folglich auf mehr als eine bloße Zustandsbeschreibung, denn sie stellt einen Begriff dar, der aus historischen, sozialen sowie technologischen Gründen wirkmächtig wurde und sich auf eine zunehmende Zahl von Gesellschaftsbereichen bezieht. Die medialen Veränderungen, die sich durch Digitalisierung und ständige Vernetzung ergeben, stoßen somit ein tieferes und allgemeines Nachdenken über das Verhältnis von Öffentlichkeit, Transparenz und Demokratie an. Gerade im digitalen 21. Jahrhundert werden Begriff und Konzept, die auf ideengeschichtliche Wurzeln in der Aufklärung zurückgreifen und die beiden Bedeutungshemisphären von Staat und Individuum nachzeichnen besonders wichtig. [...] 'Transparenz' wohnt eine deutlich deskriptive sowie eine normativ-metaphorische Ebene inne, die in der Originalität des Begriffs in der Optik und im optischen Bereich wurzeln, wie besonders im Bereich der Architektur manifest wird. Transparenz vereinfacht die Herstellung der für die Demokratie notwendigen Öffentlichkeit, stellt dabei allerdings eine Art vorgelagerten Zustand beziehungsweise eine grundlegende Eigenschaft dar, welche Öffentlichkeit erst ermöglicht. Als normativ und metaphorisch anschlussfähige Ideologie bezieht sich Transparenz jedoch auch auf das Individuum. Die Transparenz des Individuums, die sich im digitalen Bereich besonders deutlich am digital gläsernen Menschen zeigt, stellt nicht nur eine Gefahr für die individuelle Privatsphäre dar, sondern macht den Einzelnen überwachbar und erhält so eine politische Dimension. Insgesamt prägt Transparenz daher als gesellschaftliche Ideologie moderne Lebenswelten.
Editorial
(2022)
Die vorliegende Ausgabe des FIB präsentiert in zwei Beiträgen die Geschichte von Begriffen, die in besonderer Weise der Idee des E-journals entsprechen. Denn ihre Bedeutung lässt sich nur Disziplinen überschreitend rekonstruieren. Die Literaturwissenschaftlerin Nicole Rettig untersucht den Begriff der Statik, Lea Watzinger den der Transparenz. Beide Arbeiten geben Einblick in begriffsgeschichtliche Thesen ihrer jüngst abgeschlossenen Qualifikationsschriften. [...] Clemens Knobloch zeigt in seinem Rezensionsessay zu dem von David Ranan herausgegebenen Glossar "Sprachgewalt. Missbrauchte Wörter und andere politische Kampfbegriffe", dass sich hinter dem Titel höchst anregende, gerade die widersprüchliche Pragmatik von politischen Gegenwartsbegriffen herausarbeitende Begriffsgeschichten auffinden lassen.