340 Recht
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Zwei glücklich zusammenwirkende Merkmale verleihen dem Buch Jan Rolins ein klares Profil. Einerseits beruht seine Rekonstruktion auf einer breiten Basis von Quellen und bietet eine Fülle von Einzelheiten; andererseits werden die Materien, die fast alle Hauptströmungen und Vertreter der deutschen gelehrten Diskussion im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert umfassen, immer durch klare und distinktive Thesen geordnet, so dass das Buch eine deutliche und erkennbare Kontur erhält. Die Absicht des Autors ist nämlich, die politischen Theorien des 18. und 19. Jahrhunderts auf wenige und klar umrissene Argumentationsmuster zurückzuführen, die dann an zwei Maßstäben gemessen und beurteilt werden: einerseits nach ihrer Leistung für die Legitimation der politischen Gewalt, andererseits, und im entgegengesetzten Sinn, nach ihrem Beitrag zur Gestaltung des modernen Rechtsstaats, denn die politischen Lehren haben die moderne Staatlichkeit zugleich theoretisch begründet und praktisch beschränkt. Aus dem Zusammenwirken von Stabilisierung der politischen Herrschaft und deren Begrenzung (auch) durch die gelehrte Diskussion ist der moderne Rechtsstaat entstanden. ...
Es ist nicht zu übersehen, dass spätestens seit der Jahrtausendwende in den Geisteswissenschaften ein gesteigertes Bedürfnis nach einer Historisierung der eigenen Zunft existiert, bei der es nicht um die eher pflichtschuldige Übung eines einleitenden Forschungsstandes geht, von dem aus die eigene Arbeit vorangetrieben wird, sondern die die Wissensbestände des Fachs selbst zum Thema hat. Auch die Rechtsgeschichte reiht sich hier ein in einen allgemeinen Trend zu (geisteswissenschaftlicher) Wissenschaftsgeschichte und vielleicht ist es nicht verfehlt, mit Ernst-Wolfgang Böckenförde und seiner 1961 erschienenen (philosophischen) Dissertation einen gleichermaßen frühen wie wirkmächtigen rechtsgeschichtlichen Innovator zu identifizieren. ...
The study of civilization is one of the core subjects of international legal history. This is no recent development. Jörg Fisch published his seminal work "Die Europäische Expansion und das Völkerrecht" in 1984, the same year in which Gerrit W. Gong presented his renowned "Standard of Civilization". Today, the more recent works by Martti Koskenniemi and Antony Anghie probably represent the most influential research in this field. What all these path breaking works have in common is that they discuss concepts of civilization in international law especially with regard to its function as providing justification narratives for the European/non-European unequal relations, in particular in the 19th century. ...
Verstanden die europäischen Invasoren und die Angehörigen indigener Völker in Amerika sich eigentlich, wenn sie Verträge schlossen, über Rechte verhandelten, vor Gericht miteinander stritten? Fanden sie einen middle ground oder agierten sie nach dem Prinzip des code switching? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des von den US-amerikanischen Rechtshistorikern Brian P. Owensby und Richard J. Ross herausgegebenen Bandes Justice in a New World. Negotiating Legal Intelligibility in British, Iberian, and Indigenous America. Sieben Fallstudien rekonstruieren Momente der rechtlichen Interaktion zwischen Angehörigen indigener Gemeinschaften und Euro-Amerikanern in Anglo- und Iberoamerika zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert. Sie werden gerahmt von einleitenden Überlegungen der beiden Herausgeber zur Möglichkeit des Vergleichs zwischen britischen und iberischen Rechtsräumen sowie zwei zusammenfassenden Beobachtungen. ...
Das klassische Athen glänzte bereits in den Augen der Römer mit vielem, doch nicht mit seinem Recht. Die Athener übten sich in der Redekunst statt im Recht; statt Juristen hatten sie Redner und Redenschreiber. Für moderne Augen ein scheinbar diffiziler Fall: Wie, und warum auch, lässt sich hier Recht von anderen gesellschaftlichen Normen unterscheiden, wenn es keine Rechtskundigen gibt oder eher: wenn alle Bürger rechtskundig sind? Was heißt dann überhaupt Recht? ...
Geschriebene Worte haben ihre eigene Geschichte. Einmal geschrieben, nehmen sie Abschied von ihrem Autor und treten eine lange Reise durch Zeit und Raum an, wie Schiffe ohne Besatzung segeln sie in einem unendlichen Meer von Lesern: eine leichte Beute in einem gefährlichen Meer. Kluge Leser entern sie gleich, ziehen ihre eigene Flagge auf und segeln fortan in alle Himmelsrichtungen. Manchmal entsteht an Bord Streit: sei es über die Richtung, sei es über das Kommando. Manchmal werden sie von anderen Lesern bedroht. ...
El libro Serve the Power(s), Serve the State, editado por los historiadores Juan Carlos Garavaglia, Michael Braddick y Christian Lamouroux en el año 2016, es una apuesta por estudiar sistemáticamente la historia del Estado y de aproximarse a nuevas y diversas lecturas historiográficas al tema, el cual ha ocupado un lugar importante en las reflexiones académicas de las últimas décadas. Esta preocupación por el Estado y su proceso de formación, no sólo ha sido objeto de reflexión desde la Historia, sino además, desde otras disciplinas como la Ciencia Política, la Sociología y la Antropología, entre otras. Así, esta publicación en la que participan quince diferentes autores, con diferentes trayectorias e intereses, surge de la Conferencia Internacional llevada a cabo en el 2011 en la Universidad Pompeu Fabra en Barcelona, la cual estuvo fundada en la reflexión sobre el Estado como problema y objeto de estudio desde una perspectiva histórica. ...
Historische Forschung ist Quellenforschung. Historische Wahrheit steht und fällt mit historischen Quellen. Dann und wann darf sie sich auf Hypothesen stützen. – Diese ehernen Gesetze befolgt der britische Romanist Ernest Metzger (M.) in seinem neuen Buch über den klassisch-römischen Zivilprozess. Es ist einem Gegenstand gewidmet, der desto mehr auf Quellen angewiesen zu sein scheint, je weniger diese vorhanden sind. Selbst die vorhandenen aber geben ihre Wahrheit nicht ohne weiteres preis: "Those who are new to the subject will be surprised at how little we know, and how much effort it takes to extract the truth from the sources" (1). Zuweilen können sogar alle Mühen umsonst sein. Denn am Ende entscheidet allein die Evidenz, nicht die Intelligenz. "Intellectual fashions have their effect, but in the end it is new evidence that eventually sends procedure textbooks to the elephant graveyard one finds in older libraries" (ibid.). Solche Gefahr besteht für dieses Buch nicht: Es ist die Evidenz, die für und durch Metzger spricht. Wovon spricht sie? ...
In der Alten Geschichte originell zu sein, fällt heute schwer, schwerer vielleicht denn je. Doch manchmal gelingt dies auf sonderbarem, abenteuerlichem Wege. Callie Williamson ist es mit dem Buch "The Laws of the Roman People" gelungen: ein Buch, das staunen lässt, ob es die Alte Geschichte je zuvor gab. Dass es sie längst gibt, ist zwar bekannt und durch das Literaturverzeichnis des Buches schnell bewiesen, nicht aber durch dessen Inhalt. Gerade in diesem Widerspruch, in der merkwürdigen Nonchalance, wenn nicht Ignoranz, gegenüber Stand und Bestand der althistorischen Forschung liegt Williamsons originelle Leistung. Eine "klassische" Buchbesprechung würde deshalb einem Repetitorium in 100 Jahre Classics nahe kommen. Statt Kritik am Buch mögen daher als Prophylaxe vor dem Buch einige Proben genügen, und im Übrigen sei auf das Literaturverzeichnis verwiesen. ...
In der gegenwärtigen Forschung zu Recht und Kolonialismus zeigt sich ein interessanter Gegensatz: Während das Recht vor allem als ein Instrument kolonialer Machtausübung verstanden wird, erscheinen Juristen, die nach einer Ausbildung an europäischen oder amerikanischen Universitäten in ihre Herkunftsländer zurückkehrten, als zentrale Akteure lokaler Unabhängigkeitsbewegungen, aus denen heraus neue Nationalstaaten entstanden. Dieser Gegensatz wird beispielhaft illustriert durch aktuelle Arbeiten von Turan Kayaoglu zum Legal Imperialism sowie Arnulf Becker-Lorca und seine Figur des Semi-Peripheral Jurist. Das Buch Asian Legal Revivals – Lawyers in the Shadow of Empire erschien 2010 und geht daher nicht direkt auf diese Arbeiten ein, dennoch ist es ein Beitrag dazu, beide Beobachtungen miteinander zu verbinden. Die Rechtssoziologen Yves Dezalay und Bryant G. Garth, die gemeinsam bereits sechs Bücher verfasst oder herausgegeben haben, untersuchen die Rolle von Juristen in der Herausbildung und Legitimation politischer Herrschaft in sieben asiatischen Ländern im 19. und 20. Jahrhundert. ...