360 Soziale Probleme und Sozialdienste; Verbände
Refine
Year of publication
Document Type
- Book (53)
- Part of Periodical (39)
- Article (37)
- Contribution to a Periodical (20)
- Working Paper (14)
- Review (13)
- Part of a Book (9)
- Doctoral Thesis (9)
- Periodical (4)
- Report (4)
Language
- German (183)
- English (26)
- Portuguese (1)
Is part of the Bibliography
- no (210)
Keywords
- Deutschland (7)
- Drogenkonsum (6)
- Drogenkriminalität (5)
- Drogenszene (5)
- Frankfurt <Main> (5)
- Soziale Kontrolle (5)
- Armut (3)
- Migration (3)
- Garantiertes Mindesteinkommen ; Soziale Gerechtigkeit (2)
- Gender (2)
Institute
- Erziehungswissenschaften (47)
- Präsidium (23)
- Centre for Drug Research (16)
- Gesellschaftswissenschaften (14)
- Rechtswissenschaft (13)
- Wirtschaftswissenschaften (12)
- Medizin (9)
- Geographie (8)
- Center for Financial Studies (CFS) (6)
- Extern (5)
Mit der neuen Umgangspflegschaft verabschiedet sich der Gesetzgeber vom Grundsatz, dass Eingriffe in das elterliche Sorgerecht erst bei (nicht anders abwendbaren) erheblichen Kindeswohlgefährdungen zulässig sind. Bleibt zu hoffen, dass die Praxis mit größter Behutsamkeit von der Bestellung von Umgangspflegschaften Gebrauch macht, insbesondere dann, wenn Umgang gegen den Kindeswillen durchgesetzt werden soll, was sich aus rechtlichen, fachlichen und ethischen Gründen verbietet. Die massive Bedrohung der eigenständigen Interessenvertretung Minderjähriger – die bislang eine Erfolgsgeschichte zu werden schien – tritt am 01.09.2009 in Kraft. Verfahrenspfleger/-beistände werden sich auf die neue vergütungsrechtliche Situation einzustellen haben, mit welchen persönlichen Konsequenzen, das kann nur von ihnen beantwortet werden. Es wäre schade, insbesondere für die auf qualifizierte und einfühlsame erfahrenspfleger/-beistände angewiesenen Minderjährigen, wenn allzu viele dieser erfahrenen und bewährten Interessenvertreter Minderjähriger sich von diesem bedeutsamen, aber auch herausfordernden Arbeitsfeld abwenden müssten, geht es doch bei der Gruppe von Minderjährigen, die auf einen Verfahrenspfleger bzw. -beistand zur eigenständigen Wahrnehmung ihrer Interessen angewiesen sind, um Minderjährige, die bereits erheblich gefährdet sind oder waren bzw. denen eine solch massive Beeinträchtigung ihres Wohls droht. Sicherlich: Auf die Situation vor 1998 sind wir noch nicht zurückgeworfen, aber es gilt in mühsamer Arbeit die Rechtspolitik davon zu überzeugen, dass diese Fehlentscheidung alsbald korrigiert werden muss.
Transylvania was not exempt from the witch hunt of the 17th century; the city of Sibiu itself witnessed a series of trials and death sentences. While the phenomenon itself has been widely studied and written about in Western Europe, it has been scarcely mentioned in Romanian history works. The original documents from the Transylvanian archives, written down in German, have not been translated and presented to the Romanian public. The present paper intends to present aspects of the witch hunt in Sibiu during the 17th century starting from the case of a midwife judged and condemned to death by burning in 1692. This case will be presented through the original documents of the trial, found in the National Archives of Sibiu and containing the depositions of witnesses, of the accused herself, as well as the sentence passed. We hope that this will be the starting point for a selection and translation into Romanian of the German written documents, in order to make them available to the Romanian speaking public.
Als Sie vor über drei Jahren das Forum »Alterswissenschaften und Alterspolitik« ins Leben gerufen haben, wollten Sie eine fächerübergreifende Zusammenarbeit in der Altersforschung initiieren. Was ist daraus geworden? Zenz: Wir haben zunächst einmal mit der öffentlichen Vorstellung von Frankfurter Forschungsprojekten begonnen. Im Rahmen einer Vortragsreihe sind immer wieder Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen zusammengekommen – aus Sportwissenschaft und Psychologie, Biologie und Hirnforschung, Ökonomie und Soziologie, Psychiatrie und Pädagogik. Dabei sind auch Fachhochschul- und Praxisprojekte einbezogen worden, um Beispiel vom Frankfurter Bürgerinstitut. Und immer haben wir Wert darauf gelegt, dass neben den etablierten Professoren der »wissenschaftliche Nachwuchs« zu Wort kam. ...
Rezensionen zu: Markus Breitscheidel : Abgezockt und totgepflegt. Alltag in deutschen Pflegeheimen Berlin 2005, Econ Verlag, Ullstein Buchverlage, ISBN 978-3-548-36901-3, 240 Seiten, 16,95 Euro. Markus Breitscheidel : Gesund gepflegt statt abgezockt. Wege zur würdigen Altenbetreuung ; Berlin 2006, Econ Verlag, Ullstein Buchverlage, ISBN-13: 978-3430-30011-7, ISBN-10: 3-430-30011-8, 175 Seiten, 16,95 Euro.
This chapter outlines the conditions under which accounting-based smoothing can be beneficial for policyholders who hold with-profit or participating payout life annuities (PLAs). We use a realistically-calibrated model of PLAs to explore how alternative accounting techniques influence policyholder welfare as well as insurer profitability and stability. We find that accounting smoothing of participating life annuities is favorable to consumers and insurers, as it mitigates the impact of short-term volatility and enhances the utility of these long-term annuity contracts.
Arbeitslosigkeit und gesundheitlicher Status sind eng miteinander verbunden. Verlust sozialer Bindungen, Verschlechterung mentaler und physiologischer Gesundheit und damit einhergehend der Verlust an Lebensqualität lassen Morbidität und Mortalität in der Gruppe der Arbeitslosen im Vergleich zur erwerbstätigen Bevölkerung deutlich ansteigen [13, 15 – 21]. Körperliche Aktivität entsprechend internationaler Bewegungsempfehlungen [157] ist nachweislich dazu in der Lage positive gesundheitliche Effekte auf der individuellen Ebene zu erzielen [52, 55]. Dennoch zeigen arbeitslose im Vergleich zum Durchschnitt der bundesdeutschen Bevölkerung ein noch höheres Maß an körperlicher Inaktivität [24, 176] und nehmen Sport- und Bewegungsangebote sowie Präventionsangebote der Krankenkassen deutlich seltener wahr [10]. Programme zur Gesundheitsförderung bei Langzeitarbeitslosen sind generell noch selten und wenn solche Programme durchgeführt wurden mangelt es bisher meist an entsprechenden Evaluationskonzepten zur Wirksamkeit dieser Angebote [13]. Werden Angebote für die Zielgruppe initiiert, beinhaltet dies überwiegend die Einrichtung separater, zeitlich beschränkter Gruppenkurse ohne Folgeangebot. Die Durchführung solcher Angebote obliegt größtenteils zusätzlich qualifizierten Mitarbeitern der Jobcenter und nicht Fachkräften aus der Gesundheitsförderung [116, 117]. Bewegungsbezogene Programme zur Gesundheitsförderung bei Arbeitslosen sind insgesamt noch selten und objektive Daten zum Bewegungsverhalten der Teilnehmer bislang noch nicht verfügbar. Mögliche, aber bisher nur vereinzelt praktizierte Ansätze stellen Konzepte zur Bewegungsberatung (physical activity counseling) bzw. Vermittlung in Bewegungsangebote (exercise referral) dar. Vor diesem Hintergrund besitzen Erkenntnisbeiträge zur Qualitätssicherung und zur Entwicklung spezifischer Beratungs- und Vermittlungskonzepte zur bewegungsbezogenen Gesundheitsförderung bei speziellen Zielgruppen eine hohe Relevanz für das Forschungsfeld. In der vorliegenden Dissertationsschrift wurde aufbauend auf dem dargelegten Forschungsdefizit ein theoriegeleitetes Beratungs- und Vermittlungskonzept (AGILer) zur Steigerung körperlicher Aktivität entsprechend internationalen Standards und Empfehlungen [14, 122, 123] entwickelt und in Kooperation mit regionalen Jobcentern der Rhein-Main Region auf die Zielgruppe älterer Langzeitarbeitsloser übertragen. Ziel des Beratungs- und Vermittlungsansatzes ist es Langzeitarbeitslose für das Thema gesundheitsförderliche körperliche Aktivität (HEPA) im Alltag zu sensibilisieren und so den Umfang körperlicher Aktivität entsprechend den Leitlinien [157] auf ein gesundheitsförderliches Maß zu erhöhen sowie diese bisher schwer zu erreichende Personengruppe an bestehende Bewegungsangebote örtlicher Anbieter (Sportvereine, Volkshochschulen, etc.) anzubinden. Die Intervention wurde anhand zweier separater Studien hinsichtlich der Erreichbarkeit der Zielgruppe sowie deren Wirksamkeit auf das Bewegungsverhalten der Teilnehmer evaluiert. Primärzielparameter der ersten Querschnittsstudie zur Erreichbarkeit war die Teilnahmerate an Angeboten des Gesundheitssports in Abhängigkeit gesundheitlicher Parameter und des Geschlechts. Insgesamt 741 Langzeitarbeitslose (54,3 ± 3,6 Jahre, 4,5 ± 4,4 Jahre arbeitslos) hatten nach einem ersten Gruppeninformationsangebot die Möglichkeit sich weiterführend individuell durch ein Expertenteam gesundheitlich beraten und in bestehende Bewegungsangebote vermitteln zu lassen. Erfasst wurden der BMI, das Bewegungsverhalten (IPAQ – 7-Tage-Kurzversion) [130] und die selbsteingeschätzte Gesundheit (VAS 1-100) [132, 133] der Teilnehmer. Es konnte auf Grundlage berechneter Häufigkeitsverteilungen (Chi²-Test) eine signifikant höhere Teilnahmerate an gesundheitssportlicher Aktivität in der Gruppe der Frauen gegenüber der Gruppe der Männer detektiert werden (p=.038). Insgesamt 28,2% der Frauen und 21,7% der Männer begannen im Anschluss an die Beratung eine gesundheitssportliche Aktivität. Unterschiede zwischen aktiven und nichtaktiven Teilnehmern hinsichtlich bewegungs- und gesundheitsbezogener Kennwerte bestanden gemäß berechneter Mittelwertsunterschiede nur für die Gruppe der Männer. Männer mit einem erhöhten gesundheitlichen Risiko aufgrund von Bewegungsmangel (<150 Min. körperliche Aktivität/Woche), erhöhtem BMI(>30 kg/m²) und unterdurchschnittlichem Gesundheitsempfinden (VAS <50) begannen signifikant häufiger mit Gesundheitssport (p< .001) als die übrigen Männer der Stichprobe. Ihre Vermittlungschance in ein gesundheitssportliches Angebot war gemäß beobachteter Häufigkeitsverteilung um das 2,8 fache erhöht (95% CI 1,8 – 4,3). Die zweite Längsschnittstudie zur Wirksamkeit des Beratungsansatzes evaluiert erstmalig anhand objektiver Messgrößen die Effekte einer strukturierten Bewegungsberatung hinsichtlich der Veränderbarkeit des Bewegungsverhaltens in der Zielgruppe. Hierzu wurde eine Stichprobe 51 älterer Langzeitarbeitsloser (54,3 ± 3,6 Jahre, 4,8 ± 3,2 Jahre arbeitslos) ohne manifeste gesundheitliche Einschränkungen (attestiert durch den Hausarzt) mit dem Ziel einer Erhöhung körperlicher Aktivität im Alltag und der Möglichkeit zur Aufnahme eines strukturierten Bewegungsprogramms sportmedizinisch beraten. Weitere 21 langzeitarbeitslose (56,1 ± 2,8 Jahre, 4,8 ± 3,0 Jahre arbeitslos) und 17 erwerbstätige Personen (56,4 ± 3,4 Jahre) ohne Beratungs- oder Vermittlungsangebot bildeten die Kontrollgruppen. Die Umfänge körperlicher Aktivität aller 89 Probanden wurden vor und 12 Wochen nach der Beratung jeweils für 7 Tage mittels zweiachsiger Akzelerometrie (ActiGraph GT1M) gemessen. Im Ergebnis absolvierten insgesamt 58 Personen die Eingangs- und Ausgangsmessung. Zur Eingangsmessung zeigte die erwerbstätige Kontrollgruppe signifikant höhere Umfänge körperlicher Aktivität als die erwerbslosen Studienteilnehmer. Für Personen, die nach der Beratung in eine strukturierte Bewegungsaktivität vermittelt wurden, zeigte die mehrfaktorielle ANOVA eine signifikante Steigerung sowohl des Umfangs moderater bis intensiver körperlicher Aktivität (MVPA) von 26 ± 14 auf 35 ± 25 Min./Tag als auch des Gesamtumfanges körperlicher Aktivität von 207 ± 86 auf 288 ± 126 cpm. Personen die nur das Beratungsangebot wahrnahmen sowie die Kontrollgruppen zeigten keine Steigerungsraten körperlicher Aktivität. Schlussfolgernd zeigen die Untersuchungsergebnisse, dass bereits bei anderen Zielgruppen etablierte und evaluierte Beratungskonzepte entsprechend internationaler Empfehlungen zur Bewegungsförderung ebenso auf bisher weniger beachtete Zielgruppen wie beispielsweise Arbeitslose übertragen werden können. Die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung erhöhte Erreichbarkeit gesundheitlich besonders gefährdeter Studienteilnehmer erscheint vor dem Hintergrund steigender Gesundheitskosten und der Zunahme vor allem chronischer Erkrankungen [177, 178] von besonderer Bedeutung und ist höher als in vergleichbaren Untersuchungen [11]. Es konnte gezeigt werden, dass der Beratungs- und Vermittlungsansatz geeignet ist, das Bewegungsverhalten Langzeitarbeitsloser nachweislich zu verbessern und den Umfang körperlicher Aktivitäten entsprechend den Leitlinien [157] zu erhöhen. Allerdings scheint, anders als bei anderen Zielgruppen [147, 149, 150], ein alleiniges Beratungsangebot nicht auszureichen um das Bewegungsverhalten in der Zielgruppe positiv zu beeinflussen. Dieses Ergebnis könnte allerdings auch auf dem nichtrandomisierten Studiendesign und daraus resultierenden Selektionseffekten beruhen. Insgesamt kann die vorliegende Arbeit einen wichtigen Beitrag zum Erkenntnisgewinn zur Effektivität spezifischer Beratungskonzepte bei bisher schwer zu erreichenden Zielgruppen beitragen. Weiterer Forschungsbedarf wird hinsichtlich der Nachhaltigkeit der Interventionseffekte gesehen.
Alkohol in den Tropen
(1910)
Die Geschichte des Alters ist jung, jünger als die Geschichte der Jugend. Die historische Betrachtung einer Lebensphase hat Konjunkturen, die den gesellschaftlichen und demographischen Entwicklungen folgen. Stand die Geschichte der Jugend lange unter dem Vorzeichen einer als hochpolitisch begriffenen Generation vor und nach 1968, so wurden die gleichen geburtenstarken Jahrgänge in letzter Zeit eher als die erste konsumfreundlich alternde Kohorte ("best agers") von Werbefachleuten in den Blick genommen. Vor allem die demographische Entwicklung westeuropäischer Gesellschaften steht nun Pate für die Konjunktur der sozialgeschichtlichen Forschung zum Alter. Zwei methodische Ansätze können unterschieden werden. Ein Breitbandansatz sammelt Bilder, Märchen und Fabeln, betrachtet Theaterstücke und Bauernschwänke, vertieft sich in wichtige geistesgeschichtliche Dokumente und betrachtet die ökonomische Situation älterer Menschen. So entstehen oft reich bebilderte Werke wie etwa die Geschichte des Alters von Peter Borscheid oder die Kulturgeschichte des Alters von Pat Thane. Nach der Lektüre hat man einen guten Eindruck von der Aufladung der Altersbilder durch biblische Mahnungen, den immer wiederkehrenden Stereotypen von Weisheit und Verfall und den Auseinandersetzungen zwischen den Generationen. ...
Ausreichende Arbeit und den menschlichen Bedürfnissen angemessener Lohn! Das ist die Losung und das gerechte Verlangen der arbeitenden Klassen. Alle politischen Reformen helfen den socialen Uebeln nicht ab, und die Revolution wird nur vertagt, aber nicht geschlossen werden, wenn es nicht gelingt, die Arbeit zu mehren und dadurch der Verarmung zu wehren. ...
Die standardisierte Kopplung des sozialen Sicherungssystems an eine ‚Normalarbeitsbiographie‘ geriet in den letzten Jahren immer stärker in die Kritik. Einerseits, weil die darauf aufbauenden Leistungen auf Dauer nicht mehr aufrechterhaltbar scheinen, da die Finanzierung durch immer weniger Erwerbsarbeit und immer mehr Leistungsbezug, v.a. durch die steigende Zahl der RentnerInnen, zunehmend erschwert wird. Andererseits wurde bereits in den 80er Jahren verstärkt Kritik an der mangelnden Leistungsfähigkeit des Sicherungssystems bezüglich der Vermeidung von Armut geäußert. Das deutsche Sozialstaatsmodell gerät in die Gefahr, nicht ähnliche Wohlfahrtsniveaus zu sichern, sondern neue Konflikte zu schüren, und die Gesellschaft in Profiteure und Nonprofiteure der Marktwirtschaft zu spalten. Die Zeiten, in denen man die Möglichkeit einer Vollbeschäftigung in den westlichen Industrieländern für realistisch hielt, scheinen zu Ende zu sein. Es gelingt VertreterInnen einer Politik der Vollbeschäftigung offenbar nicht, erfolgversprechende Konzepte zu entwickeln, die die zunehmende ‚Rationalisierung‘ der Produktionsprozesse mit einer Politik der ‚Arbeit für Alle‘ in Einklang bringen könnten. So sieht es danach aus, als könnte das ‚Normalarbeitsverhältnis‘, das jahrzehntelang Ziel einer sozialstaatlichen Aufwertung der Lohnarbeit war und als Versöhnung der Klassen unter dem Kapital angesehen wurde, nicht mehr mehrheitsfähig sein. Die Risikovielfalt unterschiedlicher Lebenswege kann nicht mehr mit standardisierten Sicherungsmaßnahmen aufgefangen werden. Seit den siebziger Jahren (und verstärkt seit Mitte der 80er Jahre) gibt es breite Bevölkerungsschichten, die nicht über ein existenzsicherndes Einkommen verfügen und somit als „arm“ bezeichnet werden können. Etwa 10% der Bevölkerung in den meisten westlichen Industriestaaten verfügen nur über ein Einkommen, das unter 50% des Durchschnittsnettoeinkommens der Gesamtbevölkerung des jeweiligen Landes liegt. Bis zu 20% der Bevölkerung verfügen über ein Einkommen, das unter 60% des Durchschnittsnettoeinkommens liegt. 25 – 30% der Gesamtbevölkerung sind nach Schätzungen in der BRD zumindest kurzzeitig von Armut betroffen. Die neue Armut ist nicht nur etwa bei der steigenden Zahl von SozialhilfebezieherInnen beobachtbar, sondern auch bei der in einem festen Arbeitsverhältnis stehenden Bevölkerung. „Armut trotz Arbeit“ nennt man diesen verbreiteten Zustand der sogenannten „working poor“. Zur Zeit stehen in der Bundesrepublik ca. 40% der Armen in einem festen Arbeitsverhältnis. 4 Eine Reform des sozialen Sicherungssystems besonders hinsichtlich einer Minimalsicherung in allen Lebensbereichen wird unausweichlich werden. Hierzu gibt es verschiedene Grundsicherungsmodelle, die in der Arbeit vorgestellt werden sollen. Der belgische Wissenschaftler Philippe van Parijs beschäftigt sich seit Ende der 70er Jahre mit einem besonderen Grundeinkommensmodell, nämlich dem „unbedingten Grundeinkommen“ (unconditional basic income). Im Mittelpunkt dieses Modells steht die Rechtfertigung der Einführung eines Rechts auf ein Mindesteinkommen für alle, welches dadurch erreicht werden soll, daß alle BürgerInnen ein Einkommen vom Staat zu Verfügung gestellt bekommen, das ihnen unabhängig von Arbeitsfähigkeit, Bedürftigkeit oder Arbeitswilligkeit ausgezahlt wird. Van Parijs‘ Modell ist deshalb von besonderem Interesse, weil es eine reichhaltige Schnittstelle von Grundsicherungssystemen einerseits und Gerechtigkeitstheorien andererseits darstellt. Es eignet sich besonders als Ausgangspunkt für eine dauerhafte interdisziplinäre Arbeit zwischen Soziologie, Ökonomie und Philosophie. Ist dieses Modell eine praktikable Lösung, d.h. ist dieses Modell finanzierbar und auch gegenüber anderen Modellen attraktiv? Ist es auch unter anspruchsvollen Gerechtigkeitsaspekten normativ rechtfertigbar? Ist es also gerecht, effektiv in bezug auf das Armutsproblem und wirtschaftlich effizient? Mit diesen Fragen will sich diese Arbeit auseinandersetzen. Die Arbeit gliedert sich in vier Hauptteile. Im ersten Hauptteil (A) wird eingehend die Geschichte der Armutsentwicklung behandelt. Es wird untersucht, welche Rolle die Armut in unterschiedlichen Gesellschaftsformen und insbesondere im Rahmen der Entwicklung bis hin zur modernen Industriegesellschaft gespielt hat. Es soll geklärt werden, inwieweit verschiedene Erklärungsmodelle entwickelt wurden, und welche Modelle für welche Armutstypen aussagekräftig sind. Außerdem wird genauer auf die Verfeinerung der Ansätze innerhalb der Soziologie der Armut eingegangen, die nötig waren, um das unklare Bild einer amorphen, neuen Armut aufzuhellen. Gewonnen werden soll aus diesen Kapiteln eine möglichst umfangreiche und genaue Gegenstandsbestimmung sowie die Beantwortung der Frage, ob die neue Armut mit der Entwicklung moderner Industriestaaten systematisch verknüpft ist, oder ob unterschiedliche Armutstypen unvermittelt nebeneinanderstehende Randerscheinungen verschiedener sozialer Organisationsformen sind. Weiterhin könnten Argumente für konstruktive legitimierbare Ansätze der Armutsvermeidung im Gegensatz zu destruktiven oder schlecht legitimierbaren Ansätzen gefunden werden. 5 Im zweiten Teil (B) werden verschiedene Grundsicherungsmodelle vorgestellt. Sie werden auf ihre Finanzierbarkeit, ihre Zielgenauigkeit, und auf ihre Fähigkeiten, mit den in den vorigen Kapiteln aufgeworfenen Problemen umzugehen, geprüft. Der dritte Teil (C) behandelt die normative Rechtfertigung von Umverteilungsmaßnahmen und Grundsicherung. Es werden verschiedene Gerechtigkeitstheorien unter besonderer Berücksichtigung der gerechten Güterverteilung vorgestellt. Anhand verschiedener Autoren aus dem libertären, liberalen und analytisch-marxistischen Spektrum werden Ansprüche und Probleme der Gerechtigkeitsfragen verdeutlicht. Im weiteren Verlauf wird die Theorie von van Parijs genauer vorgestellt. Es wird versucht, anhand des vorliegenden Textmaterials alle populären normativen Einwände gegen van Parijs auszuräumen. Als Ergebnis soll ein eigenes gerechtes Grundsicherungsmodell vorgestellt werden, das sich an van Parijs‘ Theorie orientiert, aber auch Anforderungen anderer Gerechtigkeitskonzeptionen berücksichtigt. Dieses Modell wird Income-Outcome Gerechtigkeit genannt. Zum Schluß (Teil D) wird der Versuch unternommen, das Income-Outcome Modell mit den Grundsicherungsmodellen aus (B) zu verknüpfen und mit den gewonnenen Anforderungen aus (A) zu vergleichen. So sollte es gelingen, ein gerechtes und sozialpolitisch diskutierbares Grundsicherungsmodell für die Bundesrepublik Deutschland zu entwickeln. A Armut und Armutsforschung Dieser Teil beschäftigt sich mit der Entstehung und Wandlung des Armutsbegriffs, mit der modernen Definition und Messung von Armut und mit der Rolle der Armut in unterschiedlichen Gesellschaftsformen. Außerdem werden aktuelle Ansätze der und Debatten innerhalb der Armutsforschung vorgestellt. Zunächst soll die Entstehung und Verwendung des Armutsbegriffs im wissenschaftlichen Kontext grob umrissen werden. Danach folgt eine eingehende Beschäftigung mit der historischen Entwicklung des Armutsbegriffs und mit seiner Verwendung in verschiedenen Epochen von Urgesellschaften über das Mittelalter bis hin zur modernen Industriegesellschaft.
In Zeiten der Zunahme prekärer Arbeitsverhältnisse und wachsender Ungleichverteilung der Einkommen ist die Entkoppelung von Einkommen und Erwerbsarbeit aktueller denn je. Im Verlauf der Arbeit wird Schritt für Schritt aufgezeigt, wie mit einem garantierten Grundeinkommen eine Reform der sozialen Sicherungssysteme gelingen kann. Der Weg des garantierten Grundeinkommens zeigt sich als beste Lösung, wenn Armutsfreiheit, diskontinuierliche Arbeit, selbstbestimmte Beschäftigung, ein Mindesteinkommen als soziales Grundrecht und die Reform des Wohlfahrtsstaats gleichermaßen gefördert werden sollen. Dieses Buch ist besonders als Einstiegslektüre in die Themen Armutsforschung, soziale Grundsicherungssysteme und Gerechtigkeitstheorien geeignet.