540 Chemie und zugeordnete Wissenschaften
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Ziel der vorliegenden Dissertation war es, die initialen Bewegungsparameter von Ionen bei matrixunterstützter Laserdesorption zu bestimmen, um mit deren Kenntnis das Verständnis des Desorptions und Ionisationsprozesses bei MALDI zu verbessern. Die Etablierung einer Meßmethode der initialen Geschwindigkeit von Analytionen sowie die Überprüfung verschiedener experimenteller Parameter führten zur Bestimmung einer großen Zahl von Meßwerten der Startgeschwindigkeit von Ionen unterschiedlicher Masse, Ladung und Substanzklasse bei verschiedenen Matrizes und Präparationsbedingungen (siehe Kapitel 5 und 7). Durch Vergleich dieser Meßwerte ist eine Charakterisierung des Desorptions und Ionisationsprozesses bei MALDI möglich. Aufbauend auf diesen Untersuchungen der Startgeschwindigkeit von Ionen wurde ein Desorptions/Ionisationmodell für MALDI entwickelt (siehe Kapitel 6 und 8). Aus der festen Matrix/Analytpräparation werden durch den Laserimpuls oberhalb einer kritischen Laserbestrahlung geladene Bruchstücke ("Cluster") freigesetzt. Aus diesen Clustern resultiert nach Abdampfen von ungeladenenen Teilchen, wie zum Beispiel Matrixmolekülen, die Freisetzung von Ionen in der Gasphase. Hierbei kann das Modell der Clusterbildung sehr gut mit dem Desorptionsmodell nach Zhigilei (siehe Kapitel 2.4.1.5) verknüpft werden [Zhi97]. Die Cluster verschiedener Größe werden in der sich ausdehnenden Teilchenwolke transportiert. Sie bewegen sich mit der initialen Geschwindigkeit der expandierenden Teilchenwolke. Dieser Vorgang kann mit dem "Mitgerissen werden" der Biomoleküle (entrainment) [Bea91] bei MALDI korreliert werden: So wird beispielsweise beobachtet, daß die mittlere initiale Geschwindigkeit v 0 der Analytmoleküle im Mittel nie höher ist als die der Matrixmoleküle. Die Schwellbestrahlungsabhängigkeit der Ionisation kann weiterhin mit der Schwellbestrahlung der Ablation, d.h. der kollektiven Ablation von großen Partikeln aus der Matrix/Analytpräparation, wie sie von Zhigilei in molekulardynamischen Simulationen gefunden wurde, verknüpft werden. Desorption und Ionisation sind somit nicht getrennt voneinander zu betrachten, da während der Desorption die Freisetzung von Ionen erfolgt. Wenn Peptide und Proteine aus Clustern stammen, besitzen die freigesetzten Biomolekülionen die gleiche mittlere Analytionengeschwindigkeit wie die Matrixneutralen [Dre94]. Für kleine Oligosaccharide werden niedrigere Startgeschwindigkeiten detektiert als für Peptide und Proteine. Das kann darauf zurückgeführt werden, daß diese Ionen nicht als vorgeformte Ionen aus Clustern freigesetzt werden. Da die im Rahmen dieser Arbeit untersuchten neutralen Oligosaccharide kationisiert und (im wesentlichen) nicht protoniert im MALDIMassenspektrum auftreten und bei höheren Verzögerungszeiten eine verstärkte Kationisierung von Oligosacchariden zu beobachten ist, werden diese Teilchen voraussichtlich nach der Desorption in der Gasphase ionisiert (siehe Kapitel 7 und 8). Da Oligosaccharide in die Matrix DHB eingebaut werden, jedoch Kationen zur Ionisation nicht in den Matrixkristallen zur Verfügung stehen, ist anzunehmen, daß neutrale Oligosaccharide aus Clustern mit der gleichen Startgeschwindigkeit wie Peptide und Proteine in der desorbierten Teilchenwolke vorkommen; ihre Ionisation und damit ihre Detektion ist aufgrund der fehlenden Ladung jedoch nicht möglich. Die Ergebnisse der Startgeschwindigkeit von Ionen bei verschiedenen Präparationen verdeutlichen, daß Gasphasenionisation einer der möglichen Wege der Ionisation neben der Freisetzung von Analytionen aus geladenen Clustern ist. Da auch für Peptide und Proteine Kationisierung in der Gasphase auftreten kann, lassen sich auch langsame Molekülionenspezies experimentell feststellen, was mehrere initiale Geschwindigkeits komponenten und damit auch ein Ionensignal mit unterschiedlichen Komponenten der Startgeschwindigkeit zur Folge hat. Weiterhin sollte auch unterhalb der Schwelle des Analytionennachweises (und damit der kollektiven Ablationsschwelle gemäß dem breathing sphereModell) bei MALDI aufgrund von Verdampfung einzelner Moleküle gefolgt von Ionisation in der Gasphase ein Ionensignal feststellbar sein. Die beobachtete mittlere Startgeschwindigkeit von Analytionen wäre somit eine Mischung aus schnellen, aus Clustern stammenden, und aus langsamen, in der Gasphase ionisierten Teilchen. Eine Komponente kann als prompt ionisierte Komponente mit im wesentlichen massenunabhängiger, konstanter (hoher) initialer Geschwindigkeit verstanden werden. Die zweite Komponente kann durch verzögert auftretende Gasphasenionisation innerhalb des expandierenden Materials erklärt werden, wobei die Analytionen eine geringere Startgeschwindigkeit zeigen. Zusammenfassend (siehe Kapitel 8) wird eine kollektive Ablation von Partikeln und vorgeformten Ionen beim MALDIDesorptionsprozeß gefolgt von Sekundärreaktionen innerhalb der dichten Teilchenwolke in der Gasphase in der selvedgeRegion durch Ionen Molekülreaktionen vorgeschlagen, wie es bereits bei dem precursorModell für Sekundärionenmassenspektrometrie formuliert wurde [Sun88], [Pac85], [Ben83]. Bezogen auf die Auswahl potentieller Matrizes besitzt das Modell nach wie vor nur eine geringe "Voraussagekraft": Ob eine Substanz als Matrix geeignet ist oder ob sie einen hohen bzw. geringen Grad an metastabiler Fragmentierung für zum Beispiel Peptide oder Proteine zeigt, kann weiterhin nur experimentell bestimmt werden, wobei jedoch eine Charakterisierung mit Hilfe der Startgeschwindigkeit möglich ist. Der Zusammenhang eines ClusterDesorptions/Ionisationsmodells mit molekulardynamischen Simulationen nach Zhigilei ermöglicht jedoch eine Beschreibung vieler experimenteller Ergebnisse bei MALDI. Weiterführende Experimente sollen die Verifikation des "ClusterModells" der Ionisation zum Ziel haben. Hier ist insbesondere die Untersuchung des Ladungszustandes von Analytmolekülen in festen Matrix/Analytpräparationen von Bedeutung. Weitere Untersuchungen zur Spektrenqualität bei Matrizes, die keinen Einbau der Analytmoleküle in die Matrixkristalle zeigen, sowie eine eingehende Untersuchung der verschiedenen alternativen Präparationstechniken aus Kapitel 7 sind hierbei geplant.
In der vorliegenden Arbeit wurden neue Methoden für die hochauflösende NMR Spektroskopie entwickelt, um damit native und denaturierte Proteine charakterisieren zu können. Neue Mess- und Anwendungsmethoden für dipolare Kopplungen bilden den Schwerpunkt der Doktorarbeit. Durch die Verwendung von flüssigkristallinen Medien ist es in NMR in Lösung möglich geworden dipolare Kopplungen zu bestimmen. Durch die Projektionen der einzelnen so bestimmten Vektoren auf andere Vektoren im Protein, welche beliebig weit entfernt sein können, kann weitreichende Orientierungsinformationen für die Strukturrechnung von Biomakromolekülen genutzt werden. Dies ist an den Beispielen Ubiquitin, Triggerfaktor und Raffinose in der Arbeit dargestellt. Durch diese Orientierungsinformation kann man auch Teile von Proteinen, wie zum Beispiel Domänen, gegeneinander ausrichten oder die relative Orientierung von Sekundärstrukturelementen nutzen um eine 3D Homologiesuche durchzuführen. Auch dies ist in der Arbeit beschrieben. Die neuen Messmethoden erlauben erstmals die Bestimmung von 1H-1H dipolaren Kopplungen mit Größe und Vorzeichen (JHH-NOESY) und von allen drei dipolaren Kopplungen in einer Seitenkettenmethylgruppe (SPITZE-HSQC). Ein weiterer wichtiger Punkt war die Extraktion dynamischer Parameter aus dipolaren Kopplungen. Der Vektor, der die wechselwirkenden Dipole verbindet, wird von der Dynamik des Proteins beeinflusst. Dadurch ist eine Analyse der Dynamik auf einer Zeitskala bis ca. 10ms möglich (bisher nur bis in den Bereich von ns). Besonders µs Dynamik, welche vorher nicht mittels NMR Methoden sichtbar, kann so dargestellt werden. Aus den dipolaren Kopplungen, welche in 11 verschiedenen Orientierungsmedien gemessen wurden, konnten modellfreie dipolare Ordnungsparameter extrahiert werden. Erstmals konnte zwischen axialsymmetrischen und anisotropen Bewegungen der NH Vektoren unterschieden werden. Unsere experimentellen Daten zeigen, dass Ubiquitin auf einer Zeitskala oberhalb der Korrelationszeit ähnlich viel Bewegung zeigt wie unterhalb der Korrelationszeit. Der mittlere Ordnungsparameter sinkt von 0.8 für Bewegungen bis zur Korrelationszeit auf 0.6 für alle Bewegungszeiten. Auch sieht man, dass viele Bewegungen bis zu 60% Anisotropie beinhalten. TOCSY-Sequenzen sind wichtige Bausteine für Moleküle jeder Größenordnung. Hierfür wurden neue adiabatische TOCSY Sequenzen entwickelt, welche TOCSY Spektroskopie bei allen Magnetfeldern mit höherer Intensität erlauben. Wichtig ist auch noch die viel größere Robustheit gegen B1-Inhomogenitäten und Pulsmisskalibrierung. Dipolare TOCSY Sequenzen (MOCCA) erlauben besseren Transfer mittels den zuvor schon erwähnten dipolaren Kopplungen. Durch die Analyse denaturierter Proteine wollte man ein besseres Verständnis dieses Zustandes erzielen. Hierfür wurden Kopplungskonstanten, kreuzkorrelierte und autokorrelierte Raten und chemische Verschiebungen gemessen und mit einem Modell, dem sogenannten Random Coil Modell verglichen. Mit Hilfe dieser experimentellen Daten sieht man erstmals direkt, dass Proteine im denaturiertem Zustand den Winkel zwischen 60° ( -Helix) und 120° ( -Faltblatt) absuchen.