580 Pflanzen (Botanik)
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In Borstgrasrasen (Nardetalia) des Werra-Meißner-Gebietes (Nordhessen, Südniedersachsen) wurden 2012 nach 25 Jahren auf möglichst gleichen Untersuchungsflächen (quasi-Dauerflächen) Wiederholungsaufnahmen angefertigt, um den gegenwärtigen Zustand bzw. Veränderungen in diesem prioritären FFH-Lebensraumtyp zu erfassen. Es wurden insgesamt 61 Flächen untersucht. Neben der Artenzusammensetzung wurden auch Bodenparameter (pH, C/N-Verhältnis, Mächtigkeit der organischen Auflage) und die Nutzung erfasst.
Bei der Wiederholungsaufnahme 2012 waren, abgesehen von einer Aufforstungsfläche, noch auf allen Flächen Arten der Borstgrasrasen vorhanden. Die Flächen wurden 2012 überwiegend genutzt oder gepflegt, während 1986/87 Brachflächen noch bei weitem dominierten. Eine Düngung der Flächen erfolgte nicht. Trotz dieser generell günstigen Nutzungssituation lässt sich ein genereller Trend zur Eutrophierung feststellen, der sich hinsichtlich Artenzahl und Deckung in einer Zunahme von Arten des Wirtschaftsgrünlandes (Molinio-Arrhenatheretea) bei gleichzeitiger Abnahme der Borstgrasrasen-Kennarten äußert. Auch die Artenzahlen der übrigen Magerkeitszeiger nahmen im Mittel ab, während Verbrachungszeiger im Allgemeinen zunahmen. Eine Veränderung der Gesamtartenzahl war nicht festzustellen. Die mittleren Zeigerwerte spiegeln die Verschiebungen im Arteninventar durch erhöhte mittlere Reaktions- und Stickstoffzahlen wider. Strukturell hat in den vergangenen 25 Jahren vor allem eine generelle Zunahme der Moosschichtdeckung und eine Ausbreitung der Sträucher auf Brachflächen stattgefunden. Bei den Bodenparametern waren 2012 eine signifikante Erhöhung der pH-Werte, eine Einengung der C/N-Verhältnisse und eine Abnahme der Mächtigkeit der organischen Auflage (Of) feststellbar. Regressionsmodelle zeigen, dass dabei die Zunahme von Arten des Wirtschaftsgrünlandes direkt mit den ansteigenden pH-Werten zusammen hing, während die Veränderungen bei den Kennarten eher vom Ausgangs-C/N-Verhältnis, teilweise auch von der Entwicklung der organischen Auflage und der Nutzung abhängig waren. Die vorgefundenen Veränderungen werden vor dem Hintergrund möglicher Gefährdungsszenarien (Brache, Eutrophierung, Bodenversauerung, Klimawandel) diskutiert. Angesichts des unerwarteten Befundes einer Eutrophierung bei gleichzeitig nachlassender Bodenversauerung, wird die Hypothese aufgestellt, dass der seit den 1990er-Jahren erfolgte Rückgang der Schwefeldepositionen mit nachfolgender Erholung der Boden-pH-Werte und nachlassender Stressbelastung, z. B. durch Ammonium-Toxizität, die Veränderungen ausgelöst haben könnte. Außerdem deuten die Ergebnisse auf eine zumindest teilweise zu geringe Nutzungs- bzw. Pflegeintensität bzw. zu späte Nutzungstermine. Möglicherweise führt der erhöhte Eutrophierungsdruck hier auch zu verstärkten Anforderungen an das Management der Flächen. Eindeutige Indizien für klimabedingte Veränderungen im Arteninventar ließen sich nicht finden. Indirekte Effekte über eine erwärmungsbedingte Förderung der Mineralisationsraten oder ein ursächlicher Zusammenhang zwischen höheren Wintertemperaturen und der Zunahme der Moosdeckung lassen sich jedoch nicht ausschließen.
In der Mittelgebirgslandschaft des Mittleren Schwarzwaldes werden wenig ertragreiche Weideflächen zunehmend aufgelassen oder aufgeforstet. Ertragreichere Flächen werden gedüngt und intensiver genutzt. Der Flächenanteil magerer Weideflächen in mittleren Höhenlagen geht immer weiter zurück. Im Mittleren Schwarzwald sind dies Besenginsterweiden oder Borstgrasrasen, die beide als FFH-Lebensraumtyp naturschutzfachlich von Bedeutung sind. In diesem Kontext wurde unter sucht, ob Kleinstrukturen in der Landschaft, wie z. B. Böschungen oder Weidezaunbereiche, für die Artenvielfalt im Raum von Bedeutung sind und ob sich diese Strukturen als Refugien für die Arten der Magerweiden eignen. In zwei Tälern wurden die Kleinstrukturen in Höhenlagen von 400 bis 800 m ü. NN kartiert. An 60 stratifiziert zufällig auf den Kleinstrukturen verteilten Punkten wurden Vegetationsaufnahmen gemacht. Die Vegetationsdaten wurden klassifiziert und einer Korrespondenzanalyse (CA) unterzogen. Auf den untersuchten Kleinstrukturen lassen sich fünf verschiedene Vegetationseinheiten unter scheiden, die nicht an spezielle Typen von Kleinstrukturen gebunden sind. Vier dieser Einheiten können den montanen Borstgrasrasen zugeordnet werden, die fünfte ist eher als Saumgesellschaft anzusprechen. Die Vegetation der Kleinstrukturen wurde mit der Vegetation von Magerweiden in der gleichen Region und der gleichen Höhenlage mit Hilfe einer weiteren Ordination (CA) verglichen. Die beiden Vegetationsdatensätze sind auf der ersten Ordinationsachse weitgehend voneinander getrennt. Die Vegetation der Kleinstrukturen hat einige Gemeinsamkeiten mit der Vegetation magerer Weideflächen, wird darüber hinaus aber von der umgebenden Vegetation stark beeinflusst. So finden sich z. B. Ajuga reptans, Filipendula ulmaria und Hieracium lachenalii eher in den Kleinstrukturen als auf den Magerweiden. Aber auch Kennarten der Nardetalia wie Galium saxatile, Luzula multiflora oder Meum athamanticum haben dort ihren Schwerpunkt. Kleinstrukturen sind artenreicher als Weideflächen. Hier heben sich insbesondere Felsflächen und Böschungen am Wegrand deutlich ab. Dieser Sachverhalt wird zum einen der strukturellen Vielfalt und zum anderen Randeffekten, die bei Kleinstrukturen aufgrund ihrer Geometrie eine große Rolle spielen, zugeschrieben. Kleinstrukturen können so zu einem gewissen Grad eine Rolle als Refugium für Arten der Magerweiden spielen. Die Artenkombination weicht aber in den meisten Fällen deutlich von derjenigen der Magerweiden ab.