580 Pflanzen (Botanik)
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Die Floristisch-soziologische Arbeitsgemeinschaft wurde am 13. August 1927 in Göttingen gegründet und besteht nun, mit einer Unterbrechung zwischen 1941 und 1948, seit 90 Jahren. In diesem Rückblick wird vor allem die Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg näher dargestellt. Hauptkapitel sind Verein, Satzung und Vorstände, Mitgliederentwicklung, Jahrestagungen, Arbeitskurse und Workshops, die Publikation der Mitteilungen und von Tuexenia mit ihren Beiheften sowie der Synopsis der Pflanzengesellschaften Deutschlands. Insgesamt wird eine sehr erfolgreiche Entwicklung mit Konstanz wesentlicher, schon zu Beginn formulierter Ziele und dynamischen Anpassungen an neue Gegebenheiten festgestellt.
Im ersten Teil wurden erstmals für den jahreszeitlichen phänologischen Wandel einer Kulturlandschaft 12 Geophänophasen beschrieben. Die Phasen 1-9 sind vor allem durch den Blühbeginn von phänologischen Artengruppen definiert. In diesem zweiten Teil werden für diese Phasen einige quantitative Merkmale von Farbspektren vorgestellt. Die Auswertung beruht auf 520 blühenden Arten der untersuchten Landschaft. Sie wurden den Farbgruppen Gelb - Weiß - Rot - Blau sowie der Gruppe der Unscheinbaren und Grünen zugeordnet. Die Zahl blühender Arten zeigt einen Anstieg bis zum Hochsommer (Phase 8: 261 blühende Arten) mit folgendem deutlichen Rückgang. Gelb und weiß blühende Arten haben in allen Phasen die höchsten Werte. Besonders hingewiesen wird auf Kurz- und Langzeitblüher. Nach der Bedeutung ihrer Blüten für Landschafts-Farbaspekte wurden alle Arten fünf neu definierten Aspektwerten (1-5) zugeordnet. Durch Addition dieser Werte für jede Geophänophase ergeben sich für die fünf Farbgruppen absolute und relative Diagramme der Landschaftsaspekte. Dominante Farben sind in allen Phasen Gelb und Weiß. Rot zeigt eine Zunahme im Sommer. Am Ende wird die Bedeutung der farbigen Landschaftsspektren für Mensch und Tier diskutiert.
Auf der Grundlage von Untersuchungen zum jahreszeitlichen Wechsel von Pflanzengesellschaften (Symphänologie), beginnend mit der Aufnahme phänologischer Daten auf Dauerflächen in Buchenwäldern seit 1981, und persönlichen langzeitigen Beobachtungen des jahreszeitlichen Landschaftswandels (Landschaftsphänologie) wird erstmals die jahreszeitliche Gliederung einer Kulturlandschaft in phänologische Phasen (Geophänophasen) vorgestellt. Beispiel ist das kollin-submontane Muschelkalkgebiet um Göttingen. Als Schlüsselfaktoren der Gliederung werden vor allem phänologische Ereignisse pflanzlicher Erscheinungsweisen benutzt, insbesondere Blühwellen geophänologischer Artengruppen mit gleichzeitigem Blühbeginn, dazu Aspekte der vegetativen Entwicklung von Austreiben und Beblätterung im Frühjahr bis zu Herbstfärbung und Laubfall, auch Auswirkungen landwirtschaftlicher Einflüsse. Für die phänologische Landschaftsanalyse werden vor allem die großflächigen Vegetationstypen von Gehölzen, Äckern und Grasland benutzt, zusätzlich verschiedene Kleinstrukturen. Neben der freien Landschaft werden auch die Gehölze der Siedlungsbereiche, insbesondere Gärten und Parks mit ihren zahlreichen exotischen Pflanzen, einbezogen.
Die genauere Auswertung der zahlreichen Daten zeigt eine regelmäßige Verteilung phänologischer Erscheinungsweisen im Jahresverlauf und hat zur Aufstellung von 12 Geophänophasen geführt, größtenteils benannt nach zwei charakteristischen blühenden Arten von Gehölzen und Krautigen: 1 Corylus-Tussilago-Phase (Vorfrühling), 2 Salix caprea-Anemone nemorosa-Phase (Frühlingsbeginn), 3 Prunus spinosa-Taraxacum-Phase (Erstfrühling), 4 Fagus-Alopecurus pratensis-Phase (Vollfrühling), 5 Quercus robur-Ranunculus acris-Phase (Frühlingsende), 6 Crataegus laevigata-Leucanthemum ircutianum-Phase (Frühsommerbeginn), 7 Sambucus nigra-Papaver rhoeas-Phase (Frühsommerende), 8 Tilia cordata-Cirsium arvense-Phase (Hochsommer), 9 Clematis vitalba-Solidago canadensis-Phase (Spätsommer), 10 Hedera-Colchicum-Phase (Frühherbst), 11 Vollherbst-Phase, 12 Winter-Phase.
Diese Abfolge kann als beispielhaft für weitere Bereiche Mitteleuropas angesehen werden. In diesem ersten Teil werden qualitative Aspekte der Geophänophasen beschrieben (Analytische Landschaftsphänologie). In einem zweiten Teil sollen quantitative Merkmale zusammenfassend dargestellt werden (Synthetische Landschaftsphänologie).
Sekundärsukzession auf Kahlschlagflächen eines Buchenwaldes : Dauerflächenuntersuchungen 1971–2013
(2014)
Im Winter 1970/71 wurde durch den Göttinger Wald eine breite Schneise für ein neues Straßenbauprojekt geschlagen. Hier wurden im Sommer 1971 zwei Dauerflächen (F1, F2, je 8 x 8 m²) eingerichtet. Nachdem der Straßenbau aufgegeben wurde, konnten die Flächen mit ihrer natürlichen Sukzession bis heute kontinuierlich pflanzensoziologisch untersucht werden. Alljährlich wurden zweimal Vegetationsaufnahmen im Frühling und Sommer, vorwiegend mit Schätzung des Deckungsgrades der Schichten und Arten durchgeführt. Für die Auswertung über 43 Jahre wurden die Aufnahmedaten in Tabelle 1 und 2 als Beilage für jeweils mehrere Jahre mit Angaben von absoluter Stetigkeit und Deckungsgrad-Median zusammengefasst und mit einer aktuellen Aufnahme des benachbarten Buchenwaldes verglichen.
Auf dem Plateau des Göttinger Waldes wurden 1980 12 ha eines artenreichen, heute etwa 145 Jahre alten, submontanen Kalkbuchenwaldes (Hordelymo-Fagetum lathyretosum) für ein Ökosystemforschungsprojekt eingezäunt. In diesem Bereich wurde ein großer Transekt (GT) von 2,81 ha mit 281 10x10m-Quadraten als Dauerfläche zur Untersuchung der natürlichen Vegetationsentwicklung ausge-wählt. Von 1981 bis 2011 wurden alle 10 Jahre Flora und Vegetation sehr detailliert in allen Quadraten erfasst (Schichtung, Deckungsgradschätzung aller Arten in %, Vegetationskartierung). Die Ergebnisse werden in Tabellen der Krautschicht, in quantitativen Verteilungskarten einzelner Arten und in Vegetationskarten dargestellt. – Schon in den ersten 10 Jahren hatte sich teilweise eine Strauchschicht, vor-wiegend aus jungen Bäumen, entwickelt. Auch in der Krautschicht gab es deutliche Veränderungen. Eine Frequenztabelle aller 83 gefundenen Arten (Tab. 1) zeigt zahlreiche Pflanzen (33) mit Abnahme-tendenz, dazu einen Grundstock konstanter Arten. Deutlich zugenommen haben nur Allium ursinum, Cardamine bulbifera, Dryopteris carthusiana, Hedera helix und Neottia nidusavis. Für die Vegetationskartierung wurden verschiedene Einheiten nach Dominanz oder Mischung einzelner Arten benutzt, mit den Schlüsselarten Aconitum lycoctonum, Allium ursinum, Anemone nemorosa und Mercurialis perennis. – Insgesamt war lange Zeit der Antagonismus von Allium (deutliche Zunahme) und Mer-curialis (starke Abnahme) besonders auffällig. So hat sich auch der Allium ursinum-Dominanztyp über 30 Jahre stark ausgedehnt. Während sich kleinflächig in den Quadraten (Mikroskala) deutliche Veränderungen der Artenzusammensetzung zeigten, war im gesamten Bestand (Mesoskala) teilweise auch floristische Konstanz zu erkennen. – In der Diskussion werden mögliche Ursachen für die festgestellten Veränderungen erörtert. Neben lokalen Wirkungen wie Einzäunung oder der Konkurrenzkraft von Allium ursinum lassen sich im Literaturvergleich großräumig wirksame Faktoren erkennen. Seit langem vollzieht sich vor allem in forstlich wenig oder gar nicht beeinflussten Laubwäldern eine Verdichtung des Kronendaches mit Ausbildung eines stärker schattig-luftfeuchten Mikroklimas. Seit einigen Jahrzehnten können stärkere Stickstoffeinträge für nährstoffliebende Arten wirksam sein. In den letzten 20 Jahren lassen sich zunehmend Auswirkungen einer Klimaerwärmung erkennen, z. B. eine Verlängerung der Vegetationsperiode. Als neues Phänomen wird das Eschentriebsterben durch Pilzbefall beschrieben.
Die Steppenrasen des NSG „Badraer Lehde–Großer Eller“ werden hier erstmalig beschrieben und analysiert. 156 Originalaufnahmen wurden über eine Clusteranalyse in sieben Assoziationen und zwei ranglose Gesellschaften innerhalb der Verbände Alysso-Sedion, Seslerio-Festucion pallentis, Festucion valesiacae, Xerobromion und Cirsio-Brachypodion gegliedert. Die Auswertung alter Luftbilder zeigt, dass die beiden ranglosen Gesellschaften junge Steppenrasen auf ehemaligen Ackerflächen darstellen, während die Assoziationen überwiegend alte Steppenrasen repräsentieren. Der erste floristische Gradient nach einer NMDS in der Vegetation wird durch Variablen erklärt, die die Temperatur und die Wasserversorgung der Standorte anzeigen. Der zweite floristische Gradient kann durch das Alter der Flächen erklärt werden. Alte Steppenrasen enthalten signifikant mehr gefährdete Pflanzenarten als junge Steppenrasen, während sich der Gesamtartenreichtum zwischen jungen und alten Beständen nicht signifikant unterscheidet. Ein CSR-Strategietypenspektrum zeigt in einer Gesellschaft auf ehemaligen Ackerflächen eine höhere Bedeutung der C-Strategie, sonst aber kaum Unterschiede zwischen den Syntaxa. Die beiden Xerobromion-Assoziationen sind besonders artenreich und enthalten überdurchschnittlich viele gefährdete Pflanzenarten. Eine Gesellschaft auf ehemaligen Ackerflächen enthält durchschnittlich viele und die andere fast keine gefährdeten Arten. Der Artenreichtum der Gefäßpflanzen ist am stärksten positiv mit der Bodengründigkeit, der Deckung der Krautschicht und dem Ellenberg-Zeigerwert für Bodenreaktion und negativ mit dem Zeigerwert für Temperatur korreliert. Unsere Studie zeigt die hohe Bedeutung des NSG für den Trockenrasenschutz. Diese beruht vor allem auf der allgemein hohen Artenvielfalt und Diversität an Gesellschaften sowie auf der sehr hohen Zahl gefährdeter Arten.
In den Publikationsreihen der Floristisch-soziologischen Arbeitsgemeinschaft (Mitteilungen, Tuexenia, 1928–2009) wurden alle einzeln publizierten Vegetationsaufnahmen gezählt und innerhalb von 52 Vegetationsklassen den Assoziationen oder Gesellschaften zugeordnet. Insgesamt wurden 38.419 Aufnahmen gezählt, davon 33.699 zu 753 Vegetationseinheiten europäischer Pflanzengesellschaften (davon 7,1 % Kryptogamenvegetation) gestellt. Die 20 Klassen mit den meisten Aufnahmen (insgesamt 82,5 %) und die 10 aufnahmereichsten Assoziationen werden gesondert aufgezählt. Im Anhang befindet sich eine umfangreiche Bibliografie aller Vegetationseinheiten, welche den Zugang zu den reichhaltigen Vegetationsdaten erleichtern soll. Zu Beginn wird die Bedeutung pflanzensoziologischer Literatur - bibliographien und Vegetationsdatenbanken erörtert.
Der Harz ist neben seinen Wäldern auch durch seine bunten Bergwiesen bekannt. Letztere sind schon seit längerer Zeit durch Nutzungsaufgabe oder intensivere Nutzung bedroht und gehören zu den besonders schutzbedürftigen Pflanzengesellschaften. Seit den 1980er Jahren werden zunehmend staatlich geförderte Pflegemaßnahmen zu ihrer Regeneration und Erhaltung durchgeführt. Im NSG „Bergwiesen bei St. Andreasberg“ sind seit 1987 wieder große Flächen durch einen ortsansässigen Landwirt gemäht worden. Zur Erfolgskontrolle und Erprobung anderer Pflegemaßnahmen wurden 1988 für ein Biomonitoring mehrere Dauerflächen eingerichtet, mit 10 x 10 m-Parzellen für jährliche Mahd und Brache, teilweise auch für Mahd alle zwei oder drei Jahre sowie Mulchen. Die Parzellen wurden bis 2002 auf 2x2 m-Kleinflächen erfasst. 2003 wurden die ganzen Parzellen aufgenommen, zusätzlich die Vertikalstruktur (Höhe der Schichten) und die oberirdische Biomasse gemessen.
Beschrieben werden hier vier Dauerflächen, zwei in Goldhaferwiesen (Geranio-Trisetetum potentilletosum erectae), je eine in einem Borstgrasrasen (Polygalo-Nardetum) und in einem Rubus idaeus-Brachestadium. Die Ergebnisse zeigen, dass sich durch jährliche Mahd mit Abfuhr des Mähgutes überall wieder eine artenreiche, bunt blühende Magerwiese mit offener Struktur und kleinwüchsigen Pflanzen eingestellt hat. Mahd alle zwei oder drei Jahre fördert etwas wuchskräftigere Arten. Mulchen erscheint wegen stärkerer Streubildung weniger geeignet. In den Brachen haben sich Hochstaudenfluren oder andere Dominanzstrukturen entwickelt. Eine Schlüsselart für die Regeneration ist Meum athamanticum, dessen Wuchskraft am besten durch jährliche Mahd eingedämmt wird. In der Diskussion wird deshalb als beste Erhaltungsmaßnahme eine jährliche Mahd ab Ende Juni empfohlen, möglichst im Mosaik mit seltener bis gar nicht gemähten Flächen. Auch eine extensive Beweidung wird diskutiert.
Dr. habil. Heinz Schlüter ist am 29. Mai 2008 nach längerer schwerer Krankheit im Alter von 83 Jahren verstorben. Er wurde auf dem Jenaer Nordfriedhof unter Bäumen in der von ihm geliebten Natur bestattet. Mit ihm ist einer der führenden Vegetationskundler Ostdeutschlands von uns gegangen. Nach ersten Arbeiten in Berlin und Brandenburg wurden Flora und Vegetation Thüringens, hier namentlich die Waldgesellschaften, ein Schwerpunkt seiner Forschungstätigkeit. Seine vielseitige wissenschaftliche Arbeit reicht von geobotanischer Grundlagenforschung über Vegetationskartierung bis in die Anwendungsbereiche Forstliche Standortskunde und Wuchsgebietsgliederung, Landschaftsökologie, Vegetationsgeographie und Naturschutz. Ein wichtiges Anliegen war ihm die Verwendung der realen und potentiellen natürlichen
Vorwort
(2009)
Der diesjährige Band 29 ist umfangreicher als der vorangegangene Band. Das Spektrum der Themen von 15 Beiträgen reicht inhaltlich und geografisch recht weit, sodass hoffentlich alle Leserinnen und Leser etwas Interessantes vorfinden werden. Auch gibt es mehrere Beiträge in englischer Sprache, was den internationalen Gebrauch fördern kann.