610 Medizin und Gesundheit
Refine
Year of publication
Document Type
- Doctoral Thesis (74)
- Article (13)
- Review (2)
Language
- German (89) (remove)
Has Fulltext
- yes (89)
Is part of the Bibliography
- no (89)
Keywords
Institute
- Biochemie und Chemie (89) (remove)
Die Bedeutung der Toleranztests für die Diagnostik der diabetischen Vorstadien wird aus den pathophysiologischen Voraussetzungen abgeleitet. Die Methode der Wahl ist der einzeitige orale Glucosetoleranztest mit 100g Glucose (oder Glucoseoligosacchariden). Dieses Verfahren erfaßt die wesentlichen physiologisch wichtigen Funktionen, was für den intravenösen Glucosetoleranztest und für den Tolbutamidtest nicht gilt. Gleichzeitig ist der orale Toleranztest am einfachsten durchzuführen. Lediglich bei Störungen im Gastrointestinalbereich kann der intravenöse Glucosetoleranztest angezeigt sein. Es gibt keine wichtige Indikation für den Tolbutamidtest.
Die verschiedenen Störmöglichkeiten sowie Fehlermöglichkeiten bei der Durchführung des Glucosetoleranztests werden besprochen.
A nucleoprotein of a vitrous consistency was extracted from the gonads of the coalfish (Gadus virens).
The preparation of deoxyribonucleic acid (DNA) from this nucleoprotein and from staphylococci is described. Both of these different kinds of DNA have been mixed with bovine serum albumin or cytochrom c respectively to produce solutions which subsequently were spread onto the Langmuir trough under defined conditions.
After transfer of aliquots from the surface monolayers to carbon support films the preparations were examined with the electron microscope. The micrographs show threads of various lengths, partly stretched, partly folded in loops, consisting of DNA molecules embedded in a protein envelope.
Measurements and calculations of 5900 particles of the complex of Gadus virens-DNA-Albumin, with relatively short threads show a distribution of discontinuous character. If length is plotted against number then it occurs that there are maxima of different lengths of threads. The abscissae of these maxima obey the ratio 1 : 2 : 4 : 8. This holds for longer threads too the maxima of which, however, have smaller ordinate values.
UV-mikrospektrophotometrische Messungen der Nucleinsäuren- und Eiweißkörper-Konzentration sowie der Kern- und Nukleolengröße nach Virusinfektion und unspezifischer Reizung der Chorion-Allantoismembran zeigen, daß es in beiden Fällen zu einer gleich starken Stimulierung des nucleinsäuren- und eiweißkörperbildenden Systems der Zelle kommt. Bei der Infektion mit Vaccinevirus auf das Ektoderm setzt die Reaktion der Membranzellen in der Eklipse ein, nach Infektion mit Newcastle-Disease-Virus fällt der Titeranstieg mit der Zellreaktion zeitlich zusammen.
Chromosomale Strukturen von Pseudomonas testosteroni. II. Aktivität der endogenen RNA-Polymerase
(1976)
After careful lysis the nucleoid of Pseudomonas testosteroni can be isolated in three different forms with compact and unfolded DNA structures 1. The released nucleoids contain endogenous DNA-dependent RNA-polymerase activity using the chromosomal DNA as a template. RNA syn thesis is proportional to duration of RNA-polymerase reaction and amount of DNA-protein-complexes. The sensitivity towards ionic strength and rifampicin indicates that a part of RNA-polymerase activity is tightly bound to the chromosomal DNA.
Die Ergebnisse einer Selendehydrierung des Cholesterins bei 350°C werden mit Produkten verglichen, die sich aus dem Steroid im aktiviert absorbierten Zustand auf Kieselgel durch Oxydation mit Joddampf bei Raumtemperatur bilden. Alkylsubstituierte Cyclopentenophenanthrene konnten hierbei mit Sicherheit gefaßt werden. Da die äußeren Versuchsbedingungen, im Gegensatz zu allen bisherigen Dehydrierungsversuchen an Steroiden, am ehesten mit physiologischen verglichen werden können (20°C, ein dem freien Sauerstoff entsprechendes Oxydationspotential von ca. +0,4 V und eine aktivierende Grenzfläche), werfen die Ergebnisse ein neues Licht auf die alte Hypothese der endogenen Bildung carcinogener Kohlenwasserstoffe im Organismus.
Der erleichterte Reaktionsverlauf im Adsorpt wird durch Erhöhung der Adsorptionswärme im Zuge der Aromatisierung erklärt.
Nach Kultivierung von Enterococcus Stei mit 14C-markiertem 5-Chlor-, 5-Brom- oder 5-Jod-Uracil wurde aus den Zellen die DNS isoliert und hoch gereinigt. Durch UV-Bestrahlung dieser DNS in wäßriger Lösung werden die eingebauten 5-Halogen-Uracile photochemisch verändert. Beim Abbau dieser bestrahlten DNS findet man neben geringen Mengen nicht-identifizierter Photoprodukte als überwiegendes Strahlenprodukt nach Hydrolyse mit Perchlorsäure Uracil und nach fermentativem Abbau Uracildesoxyribosid. Die Dehalogenierung von BU und JU in der DNS verläuft in Abhängigkeit von der Bestrahlungsstärke etwa gleich schnell, während CU sehr viel langsamer dehalogeniert wird.
Die photochemische Dehalogenierung des BU erfolgt in der nativen DNS am leichtesten, weniger gut in der Hitze-denaturierten DNS und nur in geringem Maße in der Apurinsäure.
Die im Trockenweißkraut vorkommende Kropfnoxe wird durch haushaltsübliches Kochen zerstört. Durch Wasserdampfdestillation verliert das Kraut rund 50% seines Gesamtschwefelgehaltes sowie seine strumigene Aktivität. Eine Isolierung der wahrscheinlich S-haltigen Noxe ist bisher nicht gelungen.
Die Noxe des getrockneten Weißkrautes ist im Gegensatz zu der des weißen Senfsamens in heißem Alkohol unlöslich.
Das Senfölglykosid Sinalbin scheint bei Anwesenheit von Myrosinase die Schilddrüse im Sinne einer Struma diffusa parenchymatosa zu beeinflussen.
Die Reizschwelle des in kürzester Zeit basedowifizierend wirkenden Allylthioharnstoffs liegt bei gewöhnlichen Kaninchen zwischen 30 und 40 mg pro 1 kg Körpergewicht, für Angorakaninchen darunter. Allylthioharnstoff verändert die Schilddrüse zunächst im Sinne einer Struma diffusa parenchymatosa, die aber sehr schnell in eine Struma basedowificata übergeht. Tyronorman beeinflußt die Allylthioharnstoffwirkung, wenn es gleichzeitig mit der chemischen Noxe verabfolgt wird; die Drüse verharrt dabei in einem Präbasedowzustand.
Dijodtyrosin ruft unter den gleichen Bedingungen eine ähnliche, aber stärkere Wirkung hervor. Bei kurzfristiger Behandlung einer bereits längere Zeit durch Allylthioharnstoff geschädigten SD kommt es zur Ausbildung einer SD, die histologisch der Jodbasedow-Struma gleicht. Benzylthioharnstoff verändert die SD vorwiegend im Sinne einer Struma diffusa parenchymatosa und steht somit in seiner Wirkung der im Weißkraut vorhandenen Kropfnoxe nahe. Auch für Benzylthioharnstoff scheint die Reizschwelle im gleichen Größenbereich wie beim Allylthioharnstoff zu liegen.
Bei langdauernder Injektion von Benzylthioharnstoff, der schwer resorbiert wird, entsteht beim Kaninchen keine Struma baśedowificata, sondern nur ein Präbasedow-Zustand. Eine Aktivierung der Schilddrüsen(SD)-Follikel tritt bei kurzfristiger Verfütterung von Benzylthioharnstoff auf.
Der symm. Dibenzylthioharnstoff erzeugt bei täglicher Injektion ein Vorstadium der Struma diffusa parenchymatosa. Seine Resorption ist schlecht.
Die Isothioharnstoffe sind für den Tierversuch wahrscheinlich zu giftig.
Thiouracil, subcutan gespritzt, ruft SD-Vergrößerung hervor und ist bei weitem nicht so toxisch wie Allylthioharnstoff. Die Größen der entarteten Drüsen sind den zugeführten Thiouracilmengen nicht proportional und meines Erachtens von der Konstitution der Versuchstiere weitgehend abhängig.
2-Thio-barbitursäure wirkt bei einer Injektion über drei Monate schwach schilddrüsenaktiv.
Die Natriumsalze des S-Kupfer-N-Allyl-N'-[m-carboxyphenyl]-iso-thioharnstoffes (Cuprion) und des S-Gold-N-Allyl-N'-[m-carboxyphenyl]-iso-thioharnstoffes (Lopion), parenteral gegeben, üben einen nachteiligen Einfluß auf die Schilddrüse aus. Lopion wird besser als Cuprion vertragen. Der N-Allyl-N'-[m-carboxyphenyl]-iso-thioharnstoff wird offenbar schnell vom Körper ausgeschieden, weshalb große Mengen des Grundkörpers erforderlich sind, um eine stärkere SD-Aktivität hervorzurufen.
Sulfanilylthioharnstoff verändert ein wenig die Kaninchen-SD, wenn er über zwei Monate verabfolgt wird.
Mengt man Sulfanilylguanidin dem Futter bei, dann wird die SD in geringem Grade aktiviert. Eine leichte Hypertrophie der Drüse wurde bei subcutaner Behandlung eines Tieres festgestellt.
Möglicherweise führen unter gewissen Bedingungen Benzylthioharnstoff, Sulfanilylguanidin, Cupro-N-Allyl-N'- [m-carboxyphenyl]-iso-thioharnstoff und Thiouracil, in dieser Reihe zunehmend wirksam, zu einer SD-Hypertrophie.
Die Art und Weise, wie die Kaninchen auf die schilddrüsenwirksamen Substanzen reagierten, weist auf die Entwicklung eines anormalen Zustandes der Thyreoidea hin. Unsere Befunde stehen mit der Erklärung der thyreostatischen Wirksamkeit chemischer Verbindungen durch amerikanische Autoren in Einklang.
Zur Biochemie der Schilddrüsenfunktion VII : Anzeichen der tierexperimentellen E-Hypervitaminose
(1947)
Vitamin-E-reiche Fütterung von männlichen jungen Kaninchen führt nach mehreren Wochen zu krankhaften Erscheinungen an der Schilddrüse (SD). Die drei Symptome der entstandenen E-Hypervitaminose in dem innersekretorischen Organ sind: 1. Abnorme Volumen- und Gewichtszunahme, 2. Jodfreiheit bzw. -mangel und 3. histologische Veränderung (gesteigertes Epithelwachstum). Vitamin-E-Gaben neutralisieren nicht die schilddrüsenschädigende Wirkung von Kohlkropfnahrung. Ein täglicher α-Toko-pherol-Zusatz zum Normalfutter verhindert nicht den kropferzeugenden Thiouracil-Effekt an Kaninchen, sondern wirkt im gleichen Sinne.
Die Verwendung von photolabilen Schutzgruppen zur nicht-invasiven Kontrolle von Systemen birgt ein großes Potential für verschiedenste Anwendungsgebiete, die von der Erforschung und Regulation biologischer Prozesse, über den Einsatz in medizinischer Therapie bis hin zur Verwendung als molekulare Datenspeicher reichen. Für diese Umsetzung benötigt es allerdings eine breite Auswahl an entsprechenden PPGs und das Wissen über ihre Reaktionsmechanismen. Im Allgemeinen lässt sich die Konzeptionierung von PPGs in drei Prozesse einteilen, beginnend bei dem Design und der Synthese einer neuen PPG. Bei diesem Schritt liegt der Fokus auf ein oder zwei besonderen Eigenschaften, wie beispielsweise einer Absorptionswellenlänge in einem bestimmten Spektralbereich oder einer hohen Uncaging-Quantenausbeute. Im zweiten Schritt folgt die Untersuchung der PPG bezüglich spektroskopischer und mechanistischer Eigenschaften und ggf. anschließender Optimierung auf synthetischer Ebene. Die so gewonnenen Informationen sind dann hilfreich bei dem letzten Schritt, bei dem es um den Einsatz der PPG in einem entsprechenden System geht. Hierbei müssen die verwendeten PPGs genau auf das Zielsystem abgestimmt sein, dazu zählen verschiedenste Parameter wie Anregungswellenlänge, Extinktionskoeffizient, Art und Struktur der Photoprodukte sowie Uncaging-Effizienz und Geschwindigkeit.
In der vorliegenden Arbeit wurde über die drei vorgestellten Projekte mittels spektroskopischer Methoden zu allen drei genannten Stadien zur Konzeptionierung von PPGs ein Beitrag geleistet. Dazu zählt die Entwicklung der CBT-basierten PPGs, die Untersuchung der Struktur-Wirkungsbeziehung von (DMA)(2)F-PPGs und die Etablierung einer wellenlängenselektiven An-/Aus-Funktionalität eines Antibiotikums. In enger interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen theoretischen, synthetischen und biologischen Teilgebieten konnte jedes Projekt innerhalb der jeweiligen Entwicklungsstufe erfolgreich abgeschlossen werden.
Mithilfe des relativ neuen Ansatzes, bei dem durch quantenmechanische Berechnungen der vertikalen Anregungsenergie von der kationischen Spezies einer PPG-Grundstruktur eine Aussage über ihre Qualität postuliert werden kann, konnte ausgehend von der Fluoren-Grundstruktur eine neue Klasse von PPGs gefunden werden. Dabei erwies sich die CBT-Struktur mit den Schwefelatomen an der para-Position als besonders geeignet. Insbesondere konnte die Grundstruktur durch die (OMePh)2-Substitution, welche in einer signifikanten bathochromen Verschiebung des Absorptionsmaximums resultierte, optimiert werden. Die Untersuchung der Ultrakurzzeit-Dynamik beider p-CBT Strukturen gab Aufschluss über die unterschiedlichen photochemischen Eigenschaften als PPG.
Für die Stoffklasse der Dimethylamino-Fluorene wurde ein wichtiger Unterschied zwischen den einfach- und zweifach-substituierten Derivaten aufgedeckt, der entscheidend für einen signifikanten Uncaging-Effizienzunterschied ist. Dabei stellt sich die Stabilität des symmetrisch-substituierten Fluorenyl-Kations als der wichtigste Faktor bezüglich der Uncaging-Quantenausbeuten heraus. Beide Schutzgruppen sind in der Lage photoinduziert eine AG freizusetzen, wobei der Reaktionsmechanismus über die kationische Spezies (DMA)(2)F + abläuft. Der Unterschied hierbei liegt in der Lebensdauer der beiden Kationen, die im Falle der symmetrischen PPG stark lösungsmittelabhängig ist und bis zu mehreren Stunden betragen kann, was bis dato das langlebigste Kation dieser Molekülklasse darstellt. Für die zukünftige Optimierung dieser PPG-Klasse ist die Erkenntnis über die Gründe für die Stabilität des Kations von großem Vorteil. Der stabilisierende Faktor ist zum einen die zweite Dimethylamino-Gruppe der symmetrischen Verbindung, welche durch die Erweiterung der Mesomerie zur besseren Verteilung der positiven Ladung im Molekül führt. Zum anderen spielt das Lösungsmittel eine entscheidende Rolle. Dabei bieten protische, polare Medien eine zusätzliche Stabilisierung, die notwendig für die Langlebigkeit des Kations ist. Die Lebensdauer des Kations war zudem durch eine zweite Bestrahlungswellenlänge kontrollierbar. Ausgehend vom Kation konnte eine reversible Nebenreaktion in protischen Lösungsmitteln identifiziert werden, die einen Austausch der AG durch das Lösungsmittel darstellt.
Zusätzlich konnte die kleine Stoffklasse der bisher bekannten Photobasen durch die Verbindung (DMA)2F-OH erweitert werden. Genauer betrachtet handelt es sich dabei um eine photoinduzierte Hydroxidfreisetzung, wodurch je nach eingesetzter Konzentration ein pH-Sprung von bis zu drei Einheiten erreicht werden konnte. Dabei stellt sich die Lebensdauer des pH-Sprungs als ein entscheidender Parameter für Photobasen dar, welcher sich für die hier untersuchte Verbindung aufgrund der besonderen Stabilität des entsprechenden Kations, im Vergleich zu einigen der bereits bekannten Verbindungen, als besonders langlebig herausgestellt hat. Ein weiterer Vorteil des Einsatzes von (DMA)2F-OH als Photobase ist die Möglichkeit den pH-Sprung durch zwei verschiedene Wellenlängen sowohl zeitlich als auch örtlich zu kontrollieren, indem die Verbindung zwischen den zwei Spezies (DMA)2F-OH und (DMA)2F + geschaltet werden kann.
Im Hinblick auf die Anwendungen von PPGs zur verbesserten zeitlichen und örtlichen Kontrolle biologischer Zielsysteme ist im Rahmen dieser Arbeit das Prinzip vom wellenlängenselektiven Uncaging zweier PPGs an einem Molekül (two-PPG-one-molecule, TPOM) etabliert worden. Das Zielmolekül war hier das Antibiotikum Puromycin, welches durch seine Fähigkeit an das Ribosom zu binden, die Proteinbiosynthese inhibieren kann. Dabei wurden zwei verschiedene PPGs gefunden, die sowohl aufeinander als auch auf das Biomolekül selbst abgestimmt sind. Im Ausgangszustand sind beide PPGs am Puromycin angebracht, wodurch es in seiner biologischen Wirkung inaktiv ist. Befindet sich das doppelt geschützte Puromycin in der ROI, so kann es durch die Bestrahlung mit einer bestimmten Wellenlänge infolge des ersten Uncaging-Schritts aktiviert werden. Da biologische Systeme nicht statisch sind, können aktivierte Moleküle stets von der gewünschten ROI nach außen gelangen, wodurch der Anspruch der räumlichen Kontrolle nicht erfüllt wird. In diesem Fall kann durch die TPOM-Umsetzung die zweite Bestrahlungswellenlänge auf den entsprechenden Bereich angewendet werden, wodurch das Uncaging der zweiten PPG initiiert und folglich das Puromycin deaktiviert wird. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass die Deaktivierungswellenlänge auch in der Lage ist beide PPGs zu entfernen, wodurch eine vollständige Inaktivierung des Puromycins außerhalb der ROI garantiert werden kann.
Ist die Proteinbiosynthese längerfristig blockiert, führt das schließlich zum Zelltod. Ein großes Anwendungsgebiet dieses Antibiotikums sind die Neurowissenschaften. Aufgrund der Tatsache, dass Puromycin keine Unterscheidung zwischen eukaryotischen und prokaryotischen Zellen macht, findet es keine Anwendung in der Medizin. Eine zeitliche und örtliche Kontrolle seiner Wirkung könnte den Anwendungsbereich dieses Antibiotikums evtl. ausweiten. Das wohl naheliegendste wäre der Einsatz bei Tumorzellen, deren Behandlung durch Zytostatika auf den gesamten Körper wirken und dadurch viele schwere Nebenwirkungen verursachen.
Wie bereits weiter oben beschrieben muss für jedes Biomolekül und das entsprechende Wirkzentrum die Auswahl des passenden PPG-Paares einzeln abgestimmt werden. Dennoch lässt sich anhand des hier etablierten Systems ein Konzept für die erfolgreiche Umsetzung zukünftiger TPOM-Systeme an anderen biomolekularen Wirkstoffen zusammenfassend formulieren.
* Der erste Schritt sollte die Betrachtung des Wirkzentrums des zu modifizierenden Biomoleküls sein: Welche funktionelle Gruppe bzw. Gruppen sind entscheidend für die Bindetasche oder –stelle? Dieser Bereich des Biomoleküls soll im Zuge des Uncagings entweder blockiert oder abgespalten werden. In der unmittelbaren Nähe muss die PPG1 angebracht werden.
* Bei der Wahl von PPG1 ist das wichtigste Kriterium, dass das Biomolekül mit enthaltener Schutzgruppe in seiner Wirkung unbeeinträchtigt bleibt. Dies schränkt die Auswahl beträchtlich ein. Eine mögliche Umsetzung wäre die Anbringung einer Nitro-Gruppe falls vorhanden an einen Benzolring, welcher sich im Fall eines großen Biomoleküls in der Nähe der wichtigen funktionellen Stelle befindet.
* Die zweite PPG (PPG2), deren photoinduzierte Abspaltung zur Aktivierung des Wirkstoffs führen soll, kann strukturell frei gewählt werden. Das Auswahlkriterium hierbei ist das Absorptionsspektrum. Hierbei sollte das Absorptionsmaximum rotverschoben zur PPG1 sein, um eine unerwünschte Abspaltung zu vermeiden. Außerdem darf keine signifikante Absorption von PPG2 bei der Uncaging-Wellenlänge von PPG1 vorhanden sein.
* Beide PPGs sollten eine ähnliche Uncaging-Quantenausbeute vorweisen, um im Deaktivierungsschritt der doppelt geschützten Verbindung durch das höher energetische Licht keine Bevorzugung einer einzelnen Schutzgruppe zu riskieren.
Anhand der erarbeiteten Herangehensweise können weitere Wirkstoffe oder Biomoleküle hin zu einer An- / Aus-Funktionalität modifiziert werden. Mit der Umsetzung des TPOM-Konzepts kann eine Verbesserung der örtlichen und zeitlichen Kontrolle der Aktivität eines Antibiotikums erreicht werden. Für die Anwendung in biologischer Umgebung ist diese präzische Kontrolle essentiell, um unerwünschte Nebenwirkungen angesundem Gewebe zu verhindern.
Es ist bekannt, dass die Aktivierung von S1P-Rezeptoren die Expression von profibrotischen Mediatoren, wie dem Bindegewebswachstumsfaktor CTGF, induzieren und deshalb auch eine Rolle bei der Entstehung der Nierenfibrose spielen kann. In diesem Kontext konnte unsere Arbeitsgruppe zeigen, dass die Aktivierung von S1P5 zur TGF-β2-induzierten CTGF-Expression in humanen glomerulären Mesangiumzellen beiträgt (Wünsche et al. 2015). Im Rahmen dieser Doktorarbeit wurde deshalb die Rolle von S1P5 in einem in vivo-Modell zur Nierenfibrose untersucht. Männliche S1P5-/--Mäuse und Wildtypmäuse mit C57BL/6J-Hintergrund wurden mit einer adeninreichen Diät für jeweils 7 und 14 Tage gefüttert, um eine tubulointerstitielle Fibrose hervorzurufen. Die Nieren von unbehandelten Mäusen des jeweiligen Genotyps dienten als Kontrolle. Die Ergebnisse zeigen, dass S1P5-/--Mäuse geringere Kreatininplasmaspiegel und weniger Schäden im Nierengewebe gegenüber Wildtypen zeigten. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die mRNA-Expression von mehreren Fibrosemarkern und proinflammatorischen Zytokinen in den S1P5-/--Mäusen schwächer war als in den Wildtypen. Die Auswertung von histochemischen Färbungen und Western Blots bestätigte diese Beobachtung. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass S1P5 eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Adenin-induzierter Entzündung in der Niere und nachfolgender Pathogenese wie Gewebeschäden und Fibrose spielt.
Ceramide sind ein Bestandteil der Lipiddoppelschicht, in allen eukaryotischen Zellen vorhanden und zentrale Moleküle des Sphingolipidstoffwechsels. Die Synthese und der Abbau der Ceramide werden von vielen verschiedenen Enzymen reguliert. Neben ihrer Aufgabe als strukturelle Elemente der Zellmembranen wurde herausgefunden, dass Ceramide auch in verschiedenen Signalwegen involviert sind, die auch bei Nierenerkrankungen eine Rolle spielen. In Bezug auf die Kettenlänge der angehängten Fettsäure können so genannte kurz- und langkettige Ceramide Apoptose induzieren, wohingegen sehr langkettige Ceramide Zellproliferation fördern. In mehreren Studien wurden bereits Konzentrationsänderungen von kettenlängenspezifischen Ceramiden im Plasma und Serum von Patienten gemessen, die zu diesem Zeitpunkt an einer Nierenerkrankung litten. In dieser Arbeit wurde daher untersucht, ob solche Konzentrationsänderungen auch im Nierengewebe von Patienten und Mäusen mit einer Nierenfibrose, dem Kennzeichen nahezu aller chronischen Nierenerkrankungen, zu sehen sind. Zu diesem Zwecke wurden Biopsien der Nierenrinde und des Nierenmarks von fibrotischen Nieren aus Patienten, die an Hydronephrose und/oder Pyelonephritis litten, und von gesunden Gewebeproben untersucht. Letztere wurden durch Nephrektomien zur Behandlung von Nierenkarzinomen gewonnen und dienten als nichtfibrotische Kontrolle. Zum Vergleich mit fibrotischen Nieren aus Mäusen wurden männliche Mäuse der Linie C57BL/6J mit einer adeninreichen Diät für 14 Tage gefüttert. Die Konzentrationen der Sphingolipide wurden mittels Massenspektrometrie gemessen und die Level der fibrotischen Marker wurden mit Hilfe von RT-qPCR und histologischen Färbungen analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass die sehr langkettigen Ceramide Cer d18:1/24:0 und Cer d18:1/24:1 sowohl in fibrotischen Nierenrindenproben der Patienten als auch in fibrotischen Nieren der Mäuse im Vergleich zu den jeweiligen Kontrollproben signifikant geringer konzentriert waren. Diese Effekte korrelieren mit der Hochregulation der Fibrosemarker COL1α1, COL3α1 und αSMA in den fibrotischen Nieren. Es konnte gezeigt werden, dass nur bestimmte Ceramide in fibrotischem Nierengewebe in ihrer Konzentration verändert sind, was interessante Fragen hinsichtlich der Ursache dieser Veränderungen, ihrer funktionellen Aufgabe und zu möglichen Effekten einer Manipulation des Ceramidstoffwechsels mit dem Ziel der Behandlung der Nierenfibrose oder der Entdeckung neuer Biomarker aufwirft. Die hier präsentierten Ergebnisse zeigen zudem die Eignung von in vivo-Mausmodellen als translationalen Ansatz für das Verständnis der Beteiligung von Ceramiden in menschlichen Nierenerkrankungen.
Die in vitro-Untersuchungen zu der Rolle des S1P-Transporters Spns2 haben gezeigt, dass Spns2 die Expression von CTGF nach Stimulation von Mausmesangiumzellen mit TFG-β2 verstärkt. 24 Stunden nach Stimulation war im Zellkulturüberstand von Spns2-/--mMC im Gegensatz zu Spns2+/+-mMC keine Akkumulation des pro-fibrotischen Zytokins CTGF gegenüber der unstimulierten Kontrolle detektierbar. Nach 48 Stunden Stimulation mit TFG-β2 war die Menge an CTGF im Zelllysat als auch im Zellkulturüberstand von Spns2-/--mMC genauso hoch wie in der unstimulierten Kontrolle. Im Zelllysat und im Überstand der Spns2-/--mMC war die Expression von CTGF weiterhin deutlich höher im Vergleich zu den Proben der unstimulierten Zellen. Die basale und TFG-β2-induzierte Genexpression von S1P-synthetisierenden und S1P-degradierenden Enzymen, sowie die Konzentrationen an S1P und Sphingosin in den Zellen unterschieden sich zwischen Spns2-/--mMC und Spns2+/+-mMC nicht.
Identifizierung und Charakterisierung neuer Inhibitoren der C2-ähnlichen Domäne der 5-Lipoxygenase
(2011)
Die 5-Lipoxygenase (5-LO) katalysiert die ersten beiden Schritte der Leukotrien (LT)-Biosynthese (Samuelsson et al., 1987). Das Substrat Arachidonsäure (AA) wird im ersten Schritt zu einem Fettsäurehydroperoxid, der 5(S)-Hydroperoxy-6-trans-8,11,14-cis-Eikosatetraensäure (5-HpETE) oxidiert. Durch Dehydrierung entsteht im zweiten Reaktionsschritt das instabile Epoxid LTA4. Weiter wandeln zwei Synthasen das LTA4 zum einen in LTB4 oder zum anderen in die Cysteinyl-LTs C4, D4 und E4 um (Samuelsson et al., 1987). Die 5-LO wird in Zellen myeloiden Ursprungs exprimiert und kommt vor allem in reifen Leukozyten vor.
LTs spielen eine wichtige Rolle bei der angeborenen Immunantwort und vermitteln vor allem entzündliche und allergische Reaktionen (Funk 2001; Peters-Golden & Henderson, 2007). Asthma bronchiale, kardiovaskuläre Erkrankungen wie Atherosklerose, Osteoporose oder verschiedene Krebsarten werden im Zusammenhang mit der 5-LO untersucht (Werz & Steinhilber, 2006). Die Inhibition der LT-Biosynthese oder die Senkung der LT-Spiegel stellt eine Möglichkeit dar, den entzündungsfördernden Eigenschaften entgegenzuwirken. Inhibitoren der LT-Biosynthese lassen sich in indirekte und direkte 5-LO-Inhibitoren gliedern. Zu den indirekten 5-LO-Inhibitoren zählen FLAP-Antagonisten (Young, 1991; Evans et al., 2008) sowie CysLT1-Rezeptorantagonisten (Darzen, 1998). Von den vier Gruppen der direkten 5-LO-Inhibitoren (redoxaktive, Eisenligand-, nichtredox- sowie diverse Inhibitoren (Pergola & Werz, 2010)) ist bisher nur Zileuton (Carter et al., 1991), ein Eisenligand-Inhibitor, als Wirkstoff zur Behandlung von Asthma bronchiale in den USA zugelassen.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die neuartige Klasse der Imidazo[1,2-a]pyridine hinsichtlich ihrer 5-LO-Inhibition, ihrer Löslichkeit sowie ihrer Effekte auf die Zellviabilität zu evaluieren und zu optimieren. Dabei stand das Verständnis der Rezeptor-Ligand-Wechselwirkung im Fokus. Ausgehend von Substanz A14, der potentesten Substanz eines virtuellen Screenings nach dualen COX/5-LO-Inhibitoren (Hofmann et al., 2008), wurden 78 Substanzen in ionophor-stimulierten intakten polymorphkernigen Leukozyten (PMNL) sowie im zellfreien System, dem Überstand nach 100.000 × g Zentrifugation (S100) von homogenisierten PMNL, bezüglich ihrer inhibitorischen Aktivität untersucht. Die Effekte auf die Zellviabilität nach Inkubation mit den Substanzen für 48 h auf die humane leukämische Monozytenvorläufer Zelllinie U937 wurden mit Hilfe eines WST-Assays, der die mitochondriale Aktivität misst, sowie eines LDH-Assays, zur Bestimmung der Freisetzung von LDH als Folge von Nekrose, evaluiert.
Innerhalb der Struktur-Aktivitäts-Beziehung (SAR) der 78 Derivate konnte kein eindeutiges Substitutionsmuster, das sowohl in intakten PMNL als auch in zellfreiem S100 zu den gleichen Schlüssen führt, festgestellt werden. Ausgehend von Substanz A14 konnte die inhibitorische Aktivität verbessert werden, wobei Substanzen mit nanomolaren IC50-Werten in beiden Assaysystemen resultierten. Die Substanzen lassen sich in drei strukturelle Teile gliedern: Einen oberen Teil am sekundären Amin, ein bizyklisches N-fusioniertes Imidazopyridin (Teil A) sowie einen Teil B am aromatischen Kern. Nur für den oberen Teil ließ sich ein allgemein-gültiges Substitutionsmuster feststellen. Am sekundären Amin führen in intakten PMNL größere Substituenten zu einer Verbesserung der inhibitorischen Aktivität, wobei dies bis zu einer Cyclohexylgruppe gilt und eine Adamantyl-Substitution eine Ausnahme bildet. Allgemein lässt sich feststellen, dass bei einer Cyclohexylgruppe am sekundären Amin und einer Methylgruppe an Position 6 in Teil A, die Substituenten in Teil B stark variieren können, ohne an inhibitorischer Aktivität zu verlieren. Werden innerhalb des oberen Teils oder in Teil A die Substituenten polarer, sind in Teil B weniger Variationen möglich. Es werden insbesondere lipophile Reste toleriert. Beim Versuch, die Löslichkeit zu verbessern, zeigte sich, dass ein Gleichgewicht zwischen polaren und unpolaren Substituenten vorliegen muss. Auch die Einflüsse der Substituenten auf die Zellviabilität konnten nicht einem allgemein-gültigen Muster unterworfen werden. Mit Substanz 15 konnte ein Derivat identifiziert werden, das verglichen mit der Ausgangssubstanz A14 eine verbesserte inhibitorische Aktivität aufweist (IC50-Werte von 0,16 µM (PMNL) und 0,1 µM (S100)), löslicher ist (clogP-Wert von 4,6) und keine Nekrose auslöst. Weiter zeigten auch die Substanzen 31 und 50 eine Verbesserung der inhibitorischen Aktivität (IC50-Werte von 0,26 µM bzw. 0,58 µM (PMNL) und 0,8 µM bzw. 0,16 µM (S100)) ohne Nekrose auszulösen, wobei Substanz 50 zusätzlich eine verringerte Lipophilie (clogP-Wert von 4,2) aufweist. Substanz 76 ist mit einem IC50-Wert von 6 nM die im zellfreien System aktivste Substanz unter den 78 getesteten Derivaten.
Ein vielversprechender Vertreter dieser neuartigen Klasse der Imidazo[1,2-a]pyridine, Substanz 15 (EP6), wurde in verschiedenen Assaysystemen charakterisiert. EP6 ist ein hochwirksamer Inhibitor der 5-LO mit einem IC50-Wert von 0,16 µM in intakten PMNL und weist im zellfreien S100 von PMNL einen IC50-Wert von 0,1 µM, am partiell gereinigten Enzym einen IC50-Wert von 0,05 µM auf. Die vergleichbare inhibitorische Aktivität in intakten Zellen sowie im zellfreien System lässt auf eine direkte Inhibition der 5-LO schließen. Die Zugabe der allosterischen Faktoren ATP oder Calcium hat keinen Einfluss auf die Potenz von EP6. Auch ist die Inhibition nicht vom Redoxzustand der Zelle abhängig, wie im Falle bekannter nichtredox-Inhibitoren (Werz et al., 1998). Die Zugabe von steigenden Mengen an exogenem Substrat AA zu S100 von PMNL führt zu keiner Beeinträchtigung der Potenz von EP6, was im Vergleich zu den nichtredox-Inhibitoren einen Vorteil bei entzündlichen Prozessen mit erhöhten Lipidhydroperoxid-Spiegeln darstellt. Bei ionophor-stimulierten PMNL ohne die Zugabe von exogenem Substrat resultiert ein sechsfach höherer IC50-Wert von 1,2 µM, der auf eine allosterische Inhibition durch EP6 hinweist, bei der Substrat in ausreichenden Mengen vorliegen muss, damit EP6 mit dem 5-LO-AA-Komplex interagieren kann. Darüber hinaus inhibiert EP6 die LT-Bildung unabhängig von der Art der 5-LO-Stimulation bei einer Zugabe von 20 µM exogener AA. Der physiologische Stimulus in PMNL über N-Formylmethionyl-Leucyl-Phenylalanin (fMLP) führt zu einem höheren IC50-Wert von 0,76 µM mit Zugabe von 20 µM AA und bestätigt die Ergebnisse von ionophor-stimulierten PMNL ohne Zugabe von exogenem Substrat. Für EP6 konnte weiterhin eine allosterische Bindestelle an der C2-ähnlichen Domäne der 5-LO postuliert werden. Die Zugabe von Phosphatidylcholin führte zu einer verminderten inhibitorischen Aktivität. Durch Experimente mit einer Mutante der 5-LO, bei der die Tryptophane, welche die Membranbindung vermitteln, ausgetauscht sind (3W-Mutante), konnte die Interaktion dieser Aminosäuren mit EP6 gezeigt werden. Über einen Kompetitionsassay mit der C2-ähnlichen Domäne, Mutations- und Docking-Studien, wurden die Aminosäuren Y81, Y100 und Y383 des Interfaces der beiden Domänen der 5-LO als essentiell für die Bindung identifiziert. Somit zählt EP6 als Vertreter der Klasse der Imidazo[1,2-a]pyridine neben Hyperforin und AKBA zu den einzigen mit der C2-ähnlichen Domäne interagierenden 5-LO-Inhibitoren.
EP6 ist ein selektiver Inhibitor der 5-LO, der die 15-LO1, 15-LO2 und 12-LO nicht inhibiert. Weiterhin werden drei weitere Enzyme der AA-Kaskade, die Cyclooxygenase-1 und -2 sowie die mikrosomale Prostaglandin E2 Synthase-1 nicht durch EP6 beeinflusst. Neben der humanen 5-LO wird auch die murine 5-LO, in intakten RAW 264.7 Zellen und deren S100 getestet, mit niedrig mikromolarem bzw. nanomolarem IC50-Wert inhibiert, was die erste Voraussetzung für potentielle in vivo Studien darstellt.
Die Inhibition der 5-LO-Produktbildung in humanem Vollblut konnte jedoch bis zu einer Konzentration von 30 µM EP6 nicht gehemmt werden. EP6 ist lipophil (clogP-Wert von 4,6) und weist eine hohe Plasmaproteinbindung (Bindung an humanes Serumalbumin von 97,5 ± 0,7% bei 10 µg/ml EP6) auf, was die Unwirksamkeit in humanem Vollblut erklären könnte.
Abschließend wurden die Effekte von EP6 auf die Zellviabilität untersucht. Die Experimente wurden zunächst in U937 bei einer Inkubationszeit von 48 h mit einer maximalen Konzentration von 30 µM EP6 durchgeführt. EP6 führt zu keinen unmittelbaren zytotoxischen Effekten innerhalb der Inkubationszeit der in dieser Arbeit durchgeführten Aktivitätsassays (gezeigt in PMNL). Weiter wurde jedoch gezeigt, dass die mitochondriale Aktivität nach Inkubation für 48 h mit einem EC50-Wert von 14 µM beeinträchtigt wird (WST-Assay). Dieser Effekt ist jedoch nicht auf Nekrose zurückzuführen, da die gemessene Konzentration an freigesetztem LDH gering bleibt. Über ein Langzeitexperiment wurde die Abnahme der Lebendzellzahl nach Inkubation mit 30 µM EP6 nach 24 h festgestellt. Über Detektion von PARP-Spaltung, einem Marker für späte Apoptose, stellte sich heraus, dass EP6 in U937 Apoptose induziert. Zusätzlich zu den Untersuchungen der leukämischen Zelllinie wurden humane nicht-tumor Zellen (RPE) im Langzeitexperiment sowie im BrdU-Assay untersucht. EP6 beeinträchtigt die Lebendzellzahl der nicht-tumor Zelllinie RPE nicht und führt nur zu geringen antiproliferativen Effekten.
Die 5-Lipoxygenase (5-LOX) stellt den Startpunkt des Leukotrienstoffwechsels dar, da sie Arachidonsäure (AA) über die 5(S)-Hydroperoxy-6-trans-8,11,14-cis-eicosatetraensäure (5-HpETE) in Leukotrien A4 (LTA4) umwandelt. 5-HpETE kann zum korrespondierenden Alkohol 5(S)-Hydroxy-6-trans-8,11,14-cis-eicosatetraensäure (5-HETE) reduziert werden. LTA4 dient als Zwischenprodukt für die Synthese von LTB4 und den Cysteinyl-gebundenden LTs LTC4, LTD4 und LTE4. LTs nehmen eine wichtige Funktion in der Immunabwehr ein, sind jedoch auch an einer Vielzahl von Krankheitsgeschehen wie z. B. Asthma bronchiale, Atherosklerose und einiger Tumorarten beteiligt. Die 5-LOX teilt sich in zwei Domänen auf: der reglatorischen, N-terminalen Domäne und der katalytischen, C-terminalen Domäne. Ihre Aktivität unterliegt einer komplexen allosterischen Regulation und kinetischen Besonderheiten wie einer Substratinhibition. In vielen Fällen ist die regulatorische PLAT-(Polycystin-1, Lipoxygenase, alpha-Toxin)-Domäne involviert. Sie ist essentiell an der Bindung von Calcium, Membranen und weiterer Faktoren wie dem Coactosin-like protein (CLP) und Dicer beteiligt. Auch eine zweite Bindungsstelle für das Substrat oder einen seiner Metaboliten wird dort vermutet. Letztlich bleibt jedoch die Regulation der 5-LOX-Aktivität durch die PLAT-Domäne unzureichend geklärt. Diese Tatsache und die fortwährende Suche nach neuen Ansatzpunkten für die 5-LOX-Inhibition bilden den Hintergrund, vor dem diese Arbeit angefertigt wurde.
Das Ziel lag in der Entwicklung einer stabilen, isolierten PLAT-Domäne und deren Charakterisierung. Es stellte sich jedoch heraus, dass sich die isolierte Domäne durch eine hohe thermische Instabilität und starke Aggregationsneigung auszeichnet. Mittels Mutationsstudien auf Basis der 5-LOX AS 1-115, verbunden mit Gelfiltrationsläufen zur Analyse der Proteinaggregation, wurde schließlich ein Konstrukt entwickelt, das in Konzentrationen < 0,5 mg/ml als Monomer vorlag: die sogenannte PLAT1-115 W75G. Ein Austausch des W75 in Glycin erhöhte ebenfalls die thermische Stabilität, so dass Versuche bei 20°C durchgeführt werden konnten. Zunächst wurden jedoch die grundlegenden Eigenschaften der Mutante untersucht. Dies umfasste die Beantwortung der Frage, ob auch die PLAT1-115 W75G Calcium bindet, sowie die Aufnahme eines Circulardichroismus-(CD)-Spektrums. Der erste Aspekt konnte mit mehreren Methoden bestätigt werden. Eine Calciumzugabe zum Laufpuffer 20 mM MOPS, 50 mM KCl pH 7,4 erhöhte konzentrationsabhängig das Elutionsvolumen der PLAT1-115 W75G auf der analytischen Gelfiltrationssäule – vermutlich durch den bekannten Einfluss von Calcium auf die Hydrophobizität der PLAT-Domäne. Zusätzlich wurde die Interaktion durch differential scanning fluorimetry (DSF) und Oberflächen-Plasmonen-Resonanz-Spektroskopie (SPR) nachgewiesen. Allerdings gelang aus verschiedenen Gründen keine Quantifizierung der Bindungsaffinität. Das CD-Spektrum bestätigte die Struktur der PLAT-Domäne als sogenanntes all-beta_protein und ermöglichte die Einordnung der PLAT1-115 W75G in die Gruppe der betaII-Proteine.
Ein weiterer Fokus dieser Arbeit lag auf der vermuteten allosterischen Fettsäurebindungsstelle in der PLAT-Domäne. Es wurde versucht, die Interaktion mittels SPR nachzuweisen. Zur Vorbereitung wurde im 5-LOX-Aktivitätstest und im DSF an der isolierten Domäne ein Detergens bestimmt, das einen möglichst geringen Einfluss auf das Protein ausübt. Dabei zeigte Octyl-beta-D-glucopyranosid (beta-OG) das vorteilhafteste Profil. Auf dieser Basis wurde die kritische Mizellbildungs-Konzentration (CMC) der AA und einiger HETEs in beta-OG-haltigen Puffern bestimmt. Die SPR-Studien ergaben jedoch keine reproduzierbaren Ergebnisse. In einem weiteren Schritt wurden die Substrathemmung des Gesamtproteins 5-LOX und der Einfluss von Calcium charakterisiert. Sowohl in Gegenwart von ~ 1 mM freiem Calcium als auch von 1 mM EDTA lag mit 20 µM AA die höchste Produktbildung nach 10-minütiger Reaktion vor. Das Detergens Tween20 (T20) hob in einer Konzentration unter seiner CMC (0,001 % m/V) in Anwesenheit von Calcium die Inhibition auf. Ohne Calcium zeigte sich auch in Gegenwart von T20 die bekannte Substratinhibition der 5-LOX einschließlich ihrer Maximalaktivität bei 20 µM AA. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Calcium eine Bindung der 5-LOX an eventuell vorhandene, negativ geladene Vesikel aus AA und Detergens vermitteln und dadurch die Substratinhibition aufheben kann. In Fällen, in denen die Substratinhibition vor dem Erreichen der AA-CMC auftritt, hat Calcium folglich keinen Einfluss.
Zuletzt wurde die Interaktion der PLAT1–115 W75G mit CLP und einem C-terminalen Fragment von Dicer untersucht. Im Crosslinking ließ sich nicht auf eine Interaktion der isolierten PLAT-Domäne mit CLP schließen. Dagegen ergaben Diamid-Crosslinking-Studien, dass die isolierte PLAT-Domäne in der Lage ist, das Dicer-Fragment zu binden. Dieses Ergebnis wurde im SPR bestätigt.
Starkes Übergewicht und eine damit einhergehende Hypertrophie von Geweben aber auch des Herz-Kreislauf-Systems führen zu einer Reihe von Folgeerkrankungen wie z. B. Diabetes mellitus Typ 2 oder auch Arteriosklerose. Während im Fettgewebe freie Fettsäuren, die von Makrophagen aufgenommen werden, eine entscheidende Rolle spielen, scheint in der Pathogenese von Arteriosklerose die Aufnahme von Fettsäuren aus Lipoproteinpartikeln durch Makrophagen von großer Wichtigkeit zu sein. Ein weiterer Faktor, der durch freie Fettsäuren ausgelöst wird ist ER-Stress. Makrophagen, die zu Triglycerid (TG) reichen Schaumzellen geworden sind, akkumulieren in arteriosklerotischen Läsionen. Der Lipidmetabolismus von Makrophagen wird transkriptionell u.a. durch den Transkriptionsfaktor PPARγ (Peroxisomproliferator aktivierter Rezeptor γ) reguliert. Sein Zielgen FABP4 (Fettsäuren bindendes Protein 4) beschleunigt die Entwicklung von Arteriosklerose in Mausmodellen. Da die Expression von PPARγ und FABP4 in IL 4- (Interleukin-4) polarisierten Makrophagen induziert wird, sollte die Rolle von FABP4 in humanen, mit IL 4 polarisierten Makrophagen untersucht werden. Hierfür wurden primäre humane Monozyten in Anwesenheit von LPS/IFNγ (Lipopolysaccharid/Interferon γ) bzw. IL 4 zu Makrophagen differenziert. Es zeigte sich, dass in LPS/IFNγ stimulierten Makrophagen PPARγ und dessen Zielgene nicht exprimiert wurden. Dagegen waren sie bei unstimulierten Makrophagen bei IL 4 stimulierten Makrophagen deutlich erhöht. Dies spiegelte sich auch in einer erhöhten Aufnahme von Triglyceriden aus VLDL-Partikeln (Lipoproteinpartikel sehr niedriger Dichte) wider. IL 4 induzierte also einen Fettsäuren akkumulierenden Phänotyp. Durch einen PPAR-Luciferase-Reporter-Test wurde untersucht, ob FABP4 für die Aktivierung von PPARγ nötig war. Dies konnte bestätigt werden, da PPARγ durch seinen Liganden Linolsäure nur in Anwesenheit von FABP4 aktiviert werden konnte. Diese Aktivierung konnte zusätzlich durch den FABP4-Inhibitor HTS01037 verhindert werden. Nun sollte der Einfluss von FABP4 auf die PPARγ-abhängige Genexpression untersucht werden. Hierfür wurde FABP4 während der Differenzierung mit den beiden Inhibitoren HTS01037 oder BMS309403 in IL 4 stimulierten Makrophagen inhibiert. Durch die Inhibition von FABP4 sank die Expression von FABP4 und LPL (Lipoproteinlipase), während die von PPARγ unverändert blieb. Die LPL spielt eine entscheidende Rolle in der Aufnahme von Lipiden aus VLDL-Partikeln und trägt somit zur TG-reichen Schaumzellbildung bei. Die verminderte Expression von LPL spiegelte sich in einer verminderten Lipidaufnahme aus VLDL-Partikeln wider. Gleichzeitig wurde durch die FABP4-Inhibition die Entzündungsantwort der Makrophagen auf VLDL-Partikel abgeschwächt. IL 4 induziert also LPL, indem es PPARγ aktiviert. FABP4 unterstützt hierbei die Aktivierung von PPARγ. Durch die Inhibition kann die LPL-Expression vermindert werden, was die TG-reiche Schaumzellbildung und die Entzündungsreaktion in einem VLDL-reichen Umfeld vermindert und eine neue Therapiemöglichkeit von Arteriosklerose eröffnet. Im Fettgewebe kommt bei starkem Übergewicht, bedingt durch die erhöhte Konzentration an freien Fettsäuren und Hypoxie, zu einer leichten Entzündungsreaktion. Diese Entzündungsreaktion wurde durch eine Stimulation mit Palmitat unter Hypoxie (1 % O2) nachgebildet. Überstände von Makrophagen nach dieser Stimulation (MCM) wurden auf primäre humane Adipozyten übertragen. Diese Überstände konnten zwar keine Insulinresistenz in Adipozyten auslösen, induzierten jedoch eine Entzündungsreaktion. Diese zeigte sich in einer erhöhten Expression der proentzündlichen Zytokine CCL2 (CC-Chemokin-Ligand-2) und IL 6. Gleichzeitig wurde die Expression des antientzündlichen Zytokins Adiponectin vermindert. Der Transfer von MCM ist also ein Modell für die Entstehung der Insulinresistenz in einem frühen Stadium. Beim Versuch, die entzündungsfördernde Fähigkeit des MCMs zu verhindern, wurde AMPK mit verschiedenen Aktivatoren stimuliert. Es zeigte sich, dass der AMPK-Aktivator AICAR (5-Aminoimidazol-4-carboxamidribonukleotid) die Entzündungsantwort und den ER-Stress von mit Hypoxie und Palmitat stimulierten Makrophagen deutlich reduzierte. Der starke Effekt auf den ER-Stress konnte auch mit anderen ER-Stress-Auslösern wie Thapsigargin oder Tunicamycin nachvollzogen werden. Da AICAR ein AMPK-Aktivator ist, wurden typische Effekte der AMPK-Aktvierung wie reduzierte Proteinexpression, verstärkte Sirtuin-1-Aktivierung und Steigerung der Fettsäurenoxidation mittels Inhibitoren verhindert. Dies hatte keinen Einfluss auf die Wirkung von AICAR. Ebenso wurde untersucht, ob AICAR in die Zelle aufgenommen werden musste und ob es zu seiner phosphorylierten Form ZMP umgewandelt werden musste. Durch den Inhibitor ABT 702 kann die Adenosinkinase inhibiert werden, welche die Phosphorylierung katalysiert. Es zeigte sich, dass die Phosphorylierung von AICAR zu ZMP nicht erforderlich war, damit AICAR die ER-Stress-Antwort hemmen konnte. AICAR und nicht ZMP wirkte gegen den ER-Stress. Da durch das fehlende ZMP die AMPK nicht aktiviert wurde, war das ein weiteres Zeichen, dass AICAR AMPK-unabhängig wirkte. Dies konnte durch einen AMPK-Knockdown bestätigt werden. Durch einen Knockdown verschiedener Adenosintransporter konnte gezeigt werden, dass SLC28A3 (Soluttransporterfamlie 28 Typ A3) verantwortlich für die Aufnahme von AICAR in primäre humane Makrophagen war. Es konnte demnach gezeigt werden, dass AICAR den ER-Stress in primären humanen Makrophagen in einem von AMPK unabhängigen Mechanismus vermindert. Dafür wird es mittels SLC28A3 in die Zelle aufgenommen und wirkt als AICAR und nicht als ZMP. Diese Erkenntnisse stellen eine interessante, neue therapeutische Möglichkeit im Feld von Arteriosklerose und Diabetes dar.