630 Landwirtschaft und verwandte Bereiche
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Die weidewirtschaftliche Nutzung beeinflußt seit Jahrtausenden den Natur- und Kulturraum der westafrikanischen Savanne. Die Beweidung durch die verschiedenen domestizierten Tierarten hat in diesem Zeitraum einen wesentlichen Einfluß auf die Entwicklung der Vegetationszusammensetzung gehabt und das vor allem in der Krautschicht. Übermäßige Beweidung kann - wie zahlreiche Untersuchungen zeigen - zu einschneidenden Veränderungen in der Pflanzendecke führen, die letztlich in einer völligen Zerstörung der Vegetation gipfeln können. Dieser Prozess wird landläufig als Überweidung bezeichnet und gilt als eine der wesentlichen Ursachen für Landschaftsschäden. Die in den letzten Dekaden ständig anwachsenden Tierbestände in Afrika südlich der Sahara haben die Situation weiter verschärft. Folgerichtig konzentrieren sich Meliorationsvorschläge auf eine Verringerung der Besatzdichte auf ein tragfähiges Maß. Angestrebt wird ein geregeltes Weidemanagement, das eine nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen ermöglicht. Trotz teilweise jahrzehntelanger Bestrebungen konnte dieses Ziel bis dato nicht erreicht werden, so daß in jüngerer Zeit Fachwissenschaftler zu der Überzeugung gekommen sind, daß diese Mißerfolge bereits auf Fehler in den grundlegenden Überlegungen zurückzuführen sind. Die aus diesen neuen Überlegungen resultierenden Modellvorstellungen in der Weideökologie sollen an dieser Stelle vorgestellt werden. Dabei wird vor allem auf die Problematik der Beurteilung und Bewertung des Überweidungsprozesses eingegangen.
Unermüdliche Pflanzer sind die meisten Mosi, die - gemeinsam mit den Bisa - in Tenkodogo, Verwaltungshauptstadt der Provinz Boulgou im Südosten Burkina Fasos, die Bevölkerungsmehrheit stellen. Im Zentrum ihrer agrarisch geprägten Vorstellungswelt stehen die Kulturpflanzen, vor allem die Hirsearten Sorghum bicolor und Pennisetum americanum, von deren gutem Gedeihen das Überleben in jenem Gebiet weitgehend abhängt. Diese in der täglichen Ernährung unentbehrlichen Pflanzen spielen allerdings in unseren Ausführungen keine Rolle. Wir wollen vielmehr zeigen, wonach selten oder nicht genutze Wildpflanzen, vor allem Kräuter und Gräser, ihren Namen erhielten. Ihre Taxonomie stützt sich wesentlich auf Ordnungssysteme des Alltags, basierend auf der "natürlich-sozialen" Organisation und Opposition von Drinnen und Draußen, welche durch die Gegensätze Kulturland und Busch, Nutzpflanze und Unkraut, Haustier und Wildtier, Gruppenoberhäupter und gesellschaftliche Außenseiter, Menschen und Geister repräsentiert werden.
Die Ergebnisse der Feldforschungen, die hier vorgestellt werden, beruhen auf gemeinsamen Feldaufenthalten der Autoren in dem Untersuchungsgebiet in den Jahren 1990 und 1994. Die ersten Geländebegehungen in diesem Gebiet fanden zusammen mit Günter NAGEL im Februar 1990 statt. Einige seiner Anregungen für interdisziplinäre Arbeiten von Geisteswissenschaftlern und Physischen Geographen zur Landschaftsgenese dieses Raumes, seines Natur- und Nutzungspotentials und der realen aktuellen Inwertsetzung durch die ansässigen Waja wird er, so hoffen die Autoren, in den folgenden Ausführungen wiedererkennen. In dieser Untersuchung wurde vor allem der Frage nachgegangen, welche Beziehungen im südlichen Gongola-Becken zwischen der jüngeren Land-schaftsgenese und dem Natur- und Nutzungspotential bestehen, und wie letzteres von der Bevölkerung in Wert gesetzt wird. Von Interesse sind auch die Auswirkungen der jüngeren Nutzung auf den Naturraum und ihrer Wahrnehmung durch die Bevölkerung.
Zum Landnutzungswandel in der südlichen Sudanzone am Beispiel des Bauchi State (Nordost-Nigeria)
(1995)
In der südlichen Sudanzone Westafrikas sind die Aktivitäten des wirtschaftenden Menschen seit langer Zeit die Hauptfaktoren der Landschafts- und Vegetationsgestaltung. Die ursprüngliche natürliche Vegetationsdecke - entsprechend der klimatischen Gegebenheiten wahrscheinlich laubabwerfende Trockenwälder - ist durch anthropogene Eingriffe in vielfältiger Weise verändert oder auch gänzlich beseitigt worden. Die Veränderungen bestehen einerseits aus direkten Eingriffen durch Rodung (für Siedlungs- und Anbauflächen), die selektive Nutzung von Pflanzen (Brennholzeinschlag und Holzkohleherstellung, Bauholznutzung, Beweidung, Laubschneiteln und Sammeltätigkeiten) und durch gelegte Buschfeuer (Aufspüren von Jagdwild, Stimulanz neuen Graswachstums und "Öffnen" der Pflanzendecke vor Unterkulturnahme). Andererseits haben die anthropogenen Einwirkungen je nach Art, Intensität und Dauer auch die natürlichen Standortbedingungen (vor allem Boden, Wasserhaushalt und Klima) verändert. Nicht zu vernachlässigen sind des Weiteren die nachhaltigen Eingriffe in den Wildtierbestand. In weiten Teilen Westafrikas wurde der am Anfang des 20. Jahrhundert noch recht arten- und individuenreichen Wildtierbestand fast vollständig verdrängt oder ausgerottet. Im vorliegenden Beitrag sollen am Beispiel des südöstlichen Bauchi State die Veränderungen der allgemeinen sozioökonomischen Rahmenbedingungen und die wichtigsten Maßnahmen zur Entwicklung der Land- und Forstwirtschaft und der dadurch bedingte Landnutzungswandel skizziert werden. Ausgangspunkt ist dabei der Zustand der Landschaft zu Beginn der Kolonialzeit, die hier in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts begann.