700 Künste; Bildende und angewandte Kunst
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Die Begegnung mit dem Fremden : europäische Einflüsse auf die indigene Kunst Nordwestamerikas
(2002)
Für die indigene Bevölkerung der Nordwestküste Nordamerikas bedeutete die Ankunft des fremden, weißen Mannes eine unfassbare Neuigkeit, die erst in das autochthone Weltbild eingeordnet werden musste. Die anfänglich als übernatürlich eingestuften Wesen konfrontierten die Einheimischen mit einer fremden Lebensweise. Während des 18. und 19. Jahrhunderts hatten in diesem Kulturareal Kontakte mit Forschungsreisenden, Handelsleuten, Missionaren, Siedlern, Regierungsbeauftragten, Wissenschaftlern und Touristen Veränderungen in allen Lebensbereichen bewirkt. Von diesem Kulturwandel gingen Einflüsse aus, die sich auch auf die Kunst der indigenen Bevölkerung Nordamerikas auswirkten.
Schon in der frühen Kontaktperiode experimentierten indigene Künstler mit neuen Materialien, Stilelementen sowie europäischen Werkzeugen und fanden neue Absatzmärkte für ihre Produkte. Die Nachfrage der Fremden nach "Souvenirs" führte zur Ausbildung einer eigenen Gattung von Objekten, die für den Handel bestimmt waren und sich auch an europäischen Gebrauchsgütern orientierten. Die Objekte, die sich heute in zahlreichen Ländern befinden, zeugen von den regen Beziehungen zwischen der Nordwestküste Nordamerikas und Europa.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll am Beispiel der nördlichen Gruppen dieses Areals, vor allem der Tlingit und Haida, die Aufnahme des euro-amerikanischen Einflusses durch das indigene Kunstschaffen aufgezeigt und untersucht werden. Dabei soll vor Augen geführt werden, welche euro-amerikanischen künstlerischen Techniken, Materialien und Stilelemente adaptiert und in die indigene Kunst integriert wurden. Dieser Fremdeinfluss lässt sich an Kunstgattungen wie der Holzschnitzkunst, Textilkunst, Schmuckproduktion und Schamanenkunst nachweisen.
Primäres Anliegen der vorliegenden Arbeit ist, anhand ausgewählter Beispiele generelle Tendenzen und Entwicklungen innerhalb dieser Kunstbereiche aufzuzeigen. Im Rahmen dieser Untersuchungen soll eruiert werden: wie dem Fremden begegnet wurde, was die indigene Bevölkerung als fremd erlebte und welche Strategien sie im Umgang mit dem Fremden entwickelte. Des Weiteren soll aufgrund der komplexen Sozialorganisation dieser Gruppen sowohl geschlechterspezifisch als auch zwischen säkularer und Schamanenkunst differenziert werden. Außerdem soll der Versuch unternommen werden, die besondere Entwicklung dieser Fremdeinflüsse bei den verschiedenen ethnischen Gruppen nachzuvollziehen.
Ein zweiter Aspekt dieser Arbeit befasst sich mit dem Bild des Fremden im Spiegel des indigenen Künstlers. Ebenso wie europäische Reisende die indigene Bevölkerung in Reisetagebüchern und Gemälden festhielten, wurden umgekehrt auch Europäer von indigenen Künstlern bildlich dargestellt. Hierbei handelt es sich vor allem um Darstellungen von Seeleuten, Missionaren, Regierungsbeamten und Frauen. Aber auch das Umfeld des Fremden, d.h. vor allem seine materiellen Güter, wurden nachgebildet. Es stellt sich hier die Frage, in welchen Kunstbereichen, wie und warum der Fremde abgebildet wurde.
Ein weiterer Schwerpunkt der Untersuchung gilt der Auseinandersetzung mit der Frage, wie und wann das Zusammentreffen von europäischen und indigenen Einflüssen zur Entwicklung einer Handelskunst bzw. neuen Märkten führte. Hierbei gilt das Interesse den Marktformen und den am Prozess beteiligten Gruppen bzw. "vested interest groups". In der vorliegenden Arbeit wird auch untersucht, in welchem Rahmen kommerzielle Transaktionen mit Fremden stattfanden. Des Weiteren wird beleuchtet, wie die Kommerzialisierung von Nordwestküstenkunst und die neu entstandene Nachfrage das indigene Kunstschaffen beeinflussten.
Die Forschungsergebnisse ermöglichen zunächst eine Aussage über die Art der Objekte, die europäische Einflüsse aufgenommen haben und zeigen die Lebensbereiche, in denen diese Gegenstände auftreten. Darüber hinaus soll ermittelt werden, welche Kulturelemente - als Ergebnis eine Prozesses der selektiven Adaption - übernommen wurden. Die Resultate dieser Analyse sollen es möglich machen, eine Entwicklung von der Rezeption europäischer Einflüsse bis zur Ausbildung einer Handelskunst bzw. Sammlerkunst aufzuzeigen.
Neben der Untersuchung dieser Fragen ist jedoch das Hauptinteresse der vorliegenden Arbeit, eine in Europa kaum bekannte und außergewöhnliche Kultur bzw. bislang nicht oder nur partiell publizierte Sammlungen aus deutschen und estnischen Museen, die wissenschaftlich und kulturell von unschätzbaren Wert sind, der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Indigene Kulturen und indigene Kunst unterliegen in der Betrachtung von "Weltkunst" vielen Klischees. Vor allem die Bezeichnungen "primitiv" als Attribut für Werke außerhalb der europäischen Kunstgeschichte und "naiv" (wie das englische Wort native vom Lateinischen nativus, 'angeboren, natürlich, ungekünstelt' abgeleitet) erschweren unvoreingenommene Denkweisen. Faszination gegenüber der Ästhetik des "exotischen" Objekts überlagerte oft die Wahrnehmung der Komplexität indigener Kunst, Künstlerpersönlichkeiten verschwanden in einer anonymen Vergangenheit. Mit dem politischen Umbruch nach dem zweiten Weltkrieg und den nachfolgenden gesellschaftlichen Veränderungen in vielen Kontinenten erfolgte auch im indigenen Nordamerika ein Wandel im Bewusstsein gegenüber der eigenen Kultur (R. Hill, Gesprächsprotokoll 2002). Nicht länger waren es nur Wissenschaftler euroamerikanischer Herkunft, die forschende Betrachtungen von außen vornahmen. Indigene Positionierungen entwickelten sich im internen Diskurs mit stammeseigenen Medien und Kultureinrichtungen. Identitätsstiftende Traditionen wurden reanimiert oder neu gebildet, um kulturelle Kontinuität zu wahren; künstlerische und wissenschaftliche Ausbildung erweiterte die Lebensperspektiven der jungen Generationen. Im Kontakt mit Studenten anderer Nationen und Kulturen entwickelte sich so eine eigenständige indigene Kunst, die mit verschiedenen Genres, Formen und Inhalten westlicher Kunstauffassung korreliert und im soziokulturellen Umfeld der spezifischen Bevölkerungsgruppen zu betrachten ist. ...
Am 10 Februar 2004 innerhalb der Reihe "GrenzBereiche des Lesens" gehaltener Vortrag. "GrenzBereiche des Lesens" ist eine kulturwissenschaftliche Vortragsreihe, die 2003 und 2004 an der Universität Frankfurt stattfand. Claus Zittel diskutiert in seinem Beitrag die Frage der Lesbarkeit von Bildern. Er analysiert die vielfältigen Bedeutungen, Darstellungsfunktionen und den argumentativen Stellenwert von Abbildungen in wissenschaftlichen Abhandlungen der Frühen Neuzeit. Anhand einer Fülle von Beispielen zeigt er, wie undifferenziert und trügerisch die verbreitete Vorstellung von der Evidenz wissenschaftlicher Bilder ist: Abbildungen sind weder eindeutig durch den illustrativen Zweck noch durch eine gegebene Evidenz bestimmt. Die Decodierbarkeit und Überzeugungskraft der Bilder hängt vielmehr von kulturell codierten und etablierten Sicht- und Denkweisen ab, die die Bilder selbst in produktiver Weise mit prägen. Status, Funktionen und Bedeutungen von Abbildungen differieren, und sie können nur angemessen erschlossen – gelesen – werden, wenn die erkenntnistheoretischen Voraussetzungen und praktischen Kontexte ihrer Verwendung mit in Betracht gezogen werden.
Anfänglich wurde darauf hingewiesen, dass das Ziel, das sich die Ethnologie als Zweig der Anthropologie gesetzt hat, war, die Klischees und Stereotypen über den Menschen der europäischen Peripherie wissenschaftlich zu überwinden. Wie Frobenius diese Klischees und Stereotypen überwunden hat, ist in seiner Erarbeitung der Kategorien zur Analyse und zur Rekonstruktion der afrikanischen Kultur und in der politischen Implikation seiner Kulturtheorie zu sehen, welche die Afrikaner und die Deutschen zu Mitgliedern derselben geistigen Familie machte. Um dies zeigen zu können, sind mithilfe der diskursanalytischen Methode die unterschiedlichen Zentren der Produktion von Diskursen untersucht worden. Daraus ist hervorgegangen, dass Frobenius´ Kunst- und Literaturdiskurs sowie seine Kulturtheorie von den institutionellen Diskursen aus den wissenschaftlichen, wirtschaftlichen, akademischen und politischen Institutionen und von den philosophischen und geisteswissenschaftlichen Diskursen des deutschen Idealismus beeinflusst sind. Die „Geburt“ der Ethnologie, die mit seiner eigenen Geburt kongruierte, konnte nicht anders geschehen. Als neue Disziplin brauchte die Ethnologie das Wissen anderer Disziplinen und Gedankenströmungen, die Unterstützung von akademischen, wirtschaftlichen und politischen Institutionen, um sich als Wissenschaft zu definieren und die Beschäftigung mit außereuropäischen fremdkulturellen Realitäten zu legitimieren...
Der hier zu besprechende Sammelband ist aus einer mehrtägigen Konferenz im Oktober 2008 in Paris und Auxerre hervorgegangen und vereinigt Beiträge in französischer, englischer und deutscher Sprache. Legt man freilich das Programm jener journées d’étude neben das Inhaltsverzeichnis der Publikation, zeigen sich besonders deutlich die Unwägbarkeiten auf dem Weg von der Tagung zur Drucklegung, denen letztlich kein Herausgeber entgehen kann. Mehr als die Hälfte der elf Tagungsbeiträge finden sich nicht in dem Band publiziert, unter anderem derjenige der Mitorganisatorin der Veranstaltung, Marianne Besseyre, zur Frage karolingischer Buchreliquien am Beispiel des Sakramentars Karls des Kahlen (Paris BNF, Ms. lat. 1141); drei Beiträge (von Herbert L. Kessler, David Ganz und Andrea Stieldorf) sind neu hinzugekommen, und der Herausgeber selbst, Philippe Cordez, schrieb nicht über das Thema seines Vortrags zu Karl dem Großen und den Passionsreliquien, sondern stellte allgemeine Überlegungen zu einem catalogue raisonné der mittelalterlichen Objekte an, die mit Karl dem Großen verknüpft wurden. Titel und konzeptionelle Ausrichtung von Tagung und Sammelband sind allerdings gleich. ...
Die Welt ist im Wandel, der Globalisierungsprozess weit fortgeschritten. Inwiefern spielen dann Kolonialismus und Unterdrückung noch eine Rolle? Sind diese Zeitgeschehnisse nicht wie man so schön sagt "Geschichte"? Dieser Frage gehen der britisch-ghanaische Künstler John Akomfrah und das Black Audio Film Collective im gemeinsamen Werk "Expeditions 1 – Signs of Empire" (1983) nach. Die zweiteilige Videoarbeit zeigt mithilfe dokumentarischer Fotografien, Textfragmenten und Tonaufzeichnungen des British Empire ein Bild, welches die Potenz heutiger nationalstaatlicher Strukturen des Okzidents in der Unterdrückung und Ausbeutung kolonialisierter Länder verortet – und so den Mythos der moralischen Überlegenheit des Westens dekonstruiert. ...