800 Literatur und Rhetorik
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Weimarer Beiträge 65/2019
(2019)
Die Weimarer Beiträge sind eine Zeitschrift für Literaturwissenschaft, aktuelle ästhetische Theorie und Kulturwissenschaft. Zu Ihren Schwerpunkten gehören moderne Literatur im Rahmen anderer Künste und Medien, die Wechselbeziehungen von Literatur, philosophischer und ästhetischer Reflexion sowie die kritische Analyse der Gegenwartskultur.
Der Wald ist "klassischer Morast" (Heine): Was für die Grimm'schen Märchen der Deutsche Wald, ist für das österreichische Horrorgenre seit Andreas Prochaskas "In drei Tagen bist du tot" 1 (2006) und 2 (2008) der Wald österreichischer Mittelgebirge. Elfriede Jelineks Werk verbindet beides und führt uns dabei zur griechischen Tragödie hin bzw. zurück - das lässt sich aus dem Workshop "Elfriede Jelinek - eine Ästhetik der Übergänge" schließen, den die Jelinek-Spezialistinnen und Literaturwissenschaftlerinnen Uta Degner und Christa Gürtler von der Universität Salzburg am 17.1.2020 im Atelier des Kunstquartiers und in DAS KINO in Salzburg veranstaltet haben.
Im vorliegenden Themenschwerpunkt wird die zentrale Frage aufgeworfen, wie Literatur in interdiskursiven Formationen durch ihre spezifischen Mittel das Wissen von verschiedener (hauptsächlich jedoch wissenschaftlicher) Provenienz kommuniziert. In den Beiträgen wird auch explizit auf die Problematik der theoretisch-methodologischen Erfassung des Zusammenhangs von Literatur und Wissen eingegangen und die jeweilige Art und Weise der Reflexion des konstruktiven Charakters der Literatur als Interdiskurs modelliert. Dadurch wird auf die Funktion der Literatur fokussiert, von der wir annehmen, dass sie die Spur der interdiskursiven Kommunikation in sich trägt. In dieser Perspektive lassen sich entsprechende Transformationsstrategien und Strukturen herausarbeiten, durch die wir uns in der Regel identifizieren und die Tragsäulen unseres Weltbildes darstellen. Im Wesentlichen jedoch wird der Blick auf die Frage gerichtet, was genau geschieht, wenn Wissensbestände über die Grenzen der Spezialdiskurse hinausgehen, oder genauer, in welchem Verhältnis das Wissen der Spezialdiskurse zu ihrer literarischen Kommunikation steht. Der zuletzt angesprochene Aspekt betrifft auch Fragen der Rezeptionsästhetik. Mit der Fokussierung der Besonderheiten der literarischen Kommunikation, also der Integration und der Darstellung des Wissens der Spezialdiskurse im Spektrum der literarischen Mittel wird ein Bereich betreten, der für die Literaturwissenschaft eine Herausforderung darstellt.
Komparatistik online 2020
(2020)
Neben den traditionellen Kernbereichen der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft und der europäischen Literaturgeschichte gilt das besondere Interesse der komparatistischen Internet-Zeitschrift neueren kulturtheoretischen Ansätzen aus dem internationalen Raum. Darüber hinaus widmet sich Komparatistik Online vor allem den produktiven Wechselbeziehungen zwischen Literatur, bildender Kunst und Musik (Comparative Arts und Inter Arts) und den ästhetischen Grundlagen intermedialer Grenzüberschreitungen und Transferbewegungen. Überdies sollen Beiträge zur außereuropäischen Literatur und Kultur, zur globalen Vernetzung und zur postkolonialen Situation Berücksichtigung finden. Interkulturelle und imagologische Fragestellungen bilden einen weiteren zentralen Forschungsbereich.
Where Haas sees the narrative dividing into "Streberwitz" and "Kriegsdarstellung" I see something more like a division between 'Witz' and 'Krieg' per se. The point and the provocation of the novel, in my view, is that Kehlmann declines to bring these two strata together, or rather: that he first insists on bringing them together, by forcing Tyll and the Thirty Years War to inhabit the same work, and then refuses to synthesize them into anything like a higher unity. The irony of the fool, in Tyll, does not acquire gravity or depth by virtue of its relationship to a reality whose hidden truths it emphatically does not reveal; and the reality of war does not find redemption or sublimation in art.
Wenn man sich an die Frage eines möglicherweise spezifischen Schreibstils der sozialen Medien und seiner Auswirkungen auf Literatur heranwagt, sollte man nicht nur das 'Endprodukt', also den fertigen (Buch-)Text untersuchen, sondern vor allem auch die Bedingungen seiner Hervorbringung. Denn für das Entstehen eines neuen Stils der sozialen Medien spielt die Funktion des Kollektivs eine zentrale Rolle. In Analogie zur soziologischen Beschreibung aktueller urbaner Entwicklungen lassen sich die Beziehungen im Social-Media-Kollektiv als eine Form neuer Nachbarschaft beschreiben: Über die beschleunigte und intensivierte Interaktion in sozialen Netzwerken entstehen neue Geflechte und (virtuelle) Orte, an denen sich dieselben Personengruppen wiedertreffen, lesen und rezensieren - auch wenn sie in völlig unterschiedlichen Stadt- oder Weltteilen leben. Entsprechend können selbstverstärkende und selbstreferentielle Effekte durch Social Media auch für die Literaturproduktion und -rezeption untersucht werden: Markieren Retweets, angeheftete Posts und Hashtags neue Interessen- oder 'Stilgemeinschaften', die eigene Formen, aber auch Regeln und Zwänge ausbilden?
Euphorisch nahm das deutsche Feuilleton im letzten Sommer ein schmales Bändchen auf: Theodor W. Adornos "Aspekte des neuen Rechtsradikalismus". Ihm liegt ein von Adorno ursprünglich 1967 vor Wiener Studierenden gehaltener Vortrag zugrunde, in dem er auf den Einzug der NPD in einige deutsche Landesparlamente Ende der 1960er Jahre reagierte. Vorherrschend in den Besprechungen war der Verweis auf "erstaunliche Parallelen" zwischen dem Rechtsradikalismus der 1960er Jahre und den "gegenwärtigen Entwicklungen". [...] Magnus Klaue ist einer der wenigen Rezensenten, der in die Jubelrufe nicht einstimmt. In seiner Besprechung in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung kritisiert er nicht Adornos Vortrag selbst, sondern die aus seiner Sicht "um den Preis der Enthistorisierung" allzu munter betriebene Parallelisierung der damaligen mit aktuellen politischen Entwicklungen. Klaue plädiert für die Einordnung von Adornos Vortrag in seinen zeitgeschichtlichen Entstehungskontext, da sich die Situation Ende der 1960er Jahre von der heutigen deutlich unterscheide.
Der Übergang vom 19. ins 20. Jahrhundert wurde von den Zeitgenoss*innen als markante Epochenwende erfahren. [...] Versteht man die Stil- und Kitschdiskurse um 1900 als aufeinander bezogen, erscheinen der "Wille nach Stil" und die Abwertung anderer ästhetischer Positionen als Kitsch allerdings nicht nur als Abgrenzungs- und Distinktionsversuche, sondern auch als Krisenlösungsstrategien zur Bewältigung der einschneidenden gesellschaftlichen wie ästhetischen Veränderungsprozesse der Epochenwende.
Bevor Wolodymyr Selenskyj vor einem Jahr Präsident der Ukraine wurde, war er dies schon einmal gewesen, und zwar in seiner Rolle in der erfolgreichen Fernsehserie "Sluha narodu" ("Diener des Volkes"). Hier zeichnet sich nicht nur ein neues Verhältnis von digitaler Wirklichkeit und politischer Öffentlichkeit ab, sondern auch eine neue Form des Populismus, die nicht auf nationalistische Diskurse und reaktionäre Denkmuster baut, sondern antistaatliche und neoliberale Affekte miteinander verbindet.
Blickte Carl Schmitt dieser Tage auf Georgien, so müsste er seinen berühmten Anfangssatz aus dem dritten Kapitel der "Politischen Theologie" ändern. Statt "Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet", müsste es heißen: Souverän ist, wer sich dem Ausnahmezustand nicht beugt. Denn die Georgische Orthodoxe Kirche hat erklärt, sich notfalls über alle vom Staat im Zusammenhang mit der Corona-Krise verhängten Beschränkungen hinwegzusetzen, um Liturgien und vor allem die Kommunion feiern zu können - so geschehen bei den Ostermessen am letzten Sonntag. [...] Der Konflikt ist jedoch nicht nur rechtlich, sondern auch politisch sehr bedeutsam. Politisch geht es um die freiheitliche demokratische Grundordnung Georgiens und den Versuch der Kirche, diese zu untergraben. Die Orthodoxe Kirche Georgiens, Ende der 1980er Jahre noch eine randständige gesellschaftliche Kraft, ist zu einer der reichsten und mächtigsten Institutionen in Georgien aufgestiegen, der die Mehrheit der georgischen Gesellschaft vertraut und die deshalb großen politischen Einfluss ausübt.
Merab Mamardaschwili (1930–1990) ist ein, wenn nicht der bedeutendste Philosoph aus der Sowjetunion. Der "georgische Sokrates" (Jean-Pierre Vernant) genießt in seiner georgischen Heimat und in Russland, wo er mehrere Generationen von Philosoph*innen beeinflusst hat, beinahe kultische Verehrung. Mamardaschwilis Philosophie aber wurde von seinem Kultstatus geradezu erdrückt: Er ist als philosophische Pop-Ikone in Georgien und Russland allgegenwärtig, er wird bewundert, passend oder unpassend zitiert, aber wenig gelesen. Außerhalb der ehemaligen Sowjetunion ist er weitgehend unbekannt geblieben, in deutscher Übersetzung liegen nur einzelne Vorträge und Aufsätze vor. 30 Jahre nach seinem Tod am 25. November 1990 wäre es die beste Würdigung, ihn von seinem Denkmalstatus zu befreien und als einen Philosophen wiederzuentdecken, mit dem die Fragen an die Gegenwart anders zu stellen und möglicherweise auch zu beantworten sind.
Jean-Luc Nancy ist einer der bekanntesten zeitgenössischen Philosophen Frankreichs. Stark beeinflusst von Martin Heidegger, Georges Bataille und Jacques Derrida, setzt er sich in seinen zahlreichen Schriften vor allem mit der deutschen Philosophie und Literatur auseinander. Das Gespräch wurde im September 2020 per E-Mail auf Französisch geführt.
Ein Vergleich der beiden Biographien Warburgs, der vollendeten von Gombrich und der unvollendeten von Bing, dürfte angesichts der offensichtlichen Differenzen ihrer beider Sichtweisen wenig ertragreich sein. Allerdings ist Bing, die eine enge Vertraute Warburgs war, etwas Wichtiges aufgefallen, das Gombrich entgangen ist und auch von weiten Teilen der darauffolgenden Literatur nicht zur Kenntnis genommen wurde: Warburg hatte Ludwig Traube, den Begründer der modernen Paläographie, als "Großmeister unseres Ordens" bezeichnet. Diese amüsante Ehrerbietung mit ihren freimaurerischen Untertönen hat weitreichende hermeneutische Implikationen, die von Bing mit großem Scharfsinn entwickelt wurden. Hierzu stellen meine folgenden Überlegungen eine Ergänzung dar.
Wenn verschiedene Sprachen, Literaturen und Kulturen in mehrsprachigen Räumen und Situationen und in intertextuellen Dialogen miteinander in Beziehung treten, entsteht ein kreatives Potential, das der karibische Schriftsteller Patrick Chamoiseau als 'actif relationnel' bezeichnet: " La communauté est désormais dans l'actif relationnel des langues, des cultures et des hommes ". Wie lässt sich diese Idee für die literarische Komparatistik fruchtbar machen, zu deren Aufgaben es gehört, die komplexen Beziehungen zwischen verschiedenen Sprachen, Literaturen und Kulturen zu untersuchen? Mit welchen sprachlichen und poetischen Verfahren wird es in der literarischen Praxis mobilisiert, mit welchen Methoden kann man ihm auf analytischer und theoretischer Ebene gerecht werden? Im vorliegenden Band wird die Kreativität und Komplexität dieses Relationspotentials an einem breiten Spektrum von Sprachen und literarischen Werken aus aller Welt aufgezeigt.
Das Periodical "Medienkomparatistik" eröffnet ein neues Forum für vergleichende Medienwissenschaft. Das Zusammenwirken unterschiedlicher Medien und verschiedener medialer Praktiken spielt nicht nur in der gegenwärtigen Alltagswelt eine zunehmend bedeutende Rolle. Vielmehr hat sich in den letzten Jahren, ausgehend von den literatur-, kunst-, und medienwissenschaftlichen Einzeldisziplinen ein fächerübergreifendes Diskussionsfeld herausgebildet, das sich gezielt Fragen des Medienvergleichs und der Interferenz von Medien widmet. Dieser interdisziplinäre Forschungsbereich erlebt derzeit in den Kulturwissenschaften eine erstaunliche Konjunktur. Neben der vergleichenden Methodologie als wichtige heuristische Grundlage besteht eine weitere Zielsetzung der Medienkomparatistik darin, allgemeine Kriterien zur systematischen Erfassung der einzelnen Medien zu entwickeln und ihre jeweiligen Operationsleistungen in sich wandelnden kulturellen Kontexten zu erkunden. Dabei soll ein weites Spektrum medialer Formen und Verfahren einbezogen werden, das von analogen und digitalen Bild- und Schriftmedien über dispositive Anordnungen bis hin zu diskursiven Wissensformationen reicht. Welche spezifischen Eigenschaften zeichnen einzelne Medien aus, was trennt und was verbindet sie? Welche produktiven Austauschbeziehungen ergeben sich aus medialen Konkurrenzen und Konvergenzen? Wie lassen sich historische Transformationen medialer Praktiken und Ästhetiken erfassen? Wie können mediale Verhältnisbestimmungen medientheoretisch neu konturiert werden? Das Periodical erscheint zunächst jährlich in einem Band von ca. 200 Seiten. Da es in einem interdisziplinären Forschungsbereich angesiedelt ist, richtet es sich an verschiedene kulturwissenschaftliche Fachgruppen, wie zum Beispiel Komparatistik, Medienwissenschaft, Kunstgeschichte sowie einzelne Philologien wie Anglistik, Germanistik, Romanistik etc.
Diyalog 2020/1
(2020)
Im Fachbereich Literaturwissenschaft beschäftigt sich der erste Artikel mit dem Begriff der "neuen Weiblichkeit" und unternimmt einen Vergleich zwischen dem Werk von Halide Edip Adıvar "Ateşten Gömlek" (1922) [dt. Das Flammenhemd] und dem Werk von David Herbert Lawrence "The Fox" (1922) [dt. Der Fuchs]. Der zweite Beitrag bearbeitet die sogenannte Schäferkultur. In ihrem Artikel erwähnt die Autorin wichtige Auswirkungen des Geographie- und Glaubenssystems auf die Menschen und den Schäferberuf, welcher einer der ältesten Berufe ist und angesichts dieser Einflüsse entstand. Im dritten Beitrag handelt es sich um die Reiseberichte des deutschen Orientalisten und Reisenden Eduard Sachau (1845-1930). Der Autor geht davon aus, dass Sachaus Reise ein Prozess der orientalistischen Wissensproduktion war und er diese Informationen, die er während seiner Reise gesammelt hat, auf unterschiedliche Weise in akademische Texte umgesetzt hat. Der vierte Beitrag setzt sich zum Ziel, die merkmalspezifischen Handlungsweisen von Vater und Sohn in ausgewählten Geschichten des Romans "Als Vaters Bart noch rot war - Ein Roman in Geschichten" unter pädagogischem Gesichtspunkt zu untersuchen. In der fünften Studie wird die Sichtweise von Frauen, Frauenbildern, verschiedenen weiblichen Rollen in der deutschen und türkischen Gesellschaft im Roman 'Die Brücke vom goldenen Horn' von Emine Sevgi Özdamar analysiert. Es wird beabsichtigt, aus dem Blickwinkel einer Schriftstellerin aufzuzeigen, wie sich die Frauenbilder in den Jahren 1966-1975 in Deutschland und in der Türkei darstellten, ob es Unterschiede zwischen den zwei Kulturen gab und vor welchem geschichtlichen und sozialen Hintergrund die Frau, die im Mittelpunkt steht, lebte. Der sechste Beitrag thematisiert die Lacansche Psychoanalyse und untersucht die drei Perioden (real, imaginär und symbolisch) des psychischen Subjekts. Nach diesen theoretischen Kenntnissen wird das Vogelbild in der Kurzgeschichte "Vogel Rock" von Marie Luise Kaschnitz im Lichte der Informationen der Lacanischen Psychoanalyse untersucht. Die Autorin versucht, die Projektionen der Prozesse der Verfremdung zu behandeln. Der letzte Aufsatz dieser Kategorie möchte die Reiseberichte der Schweizer Journalistin, Reporterin, Autorin und Fotografin Annemarie Schwarzenbach, die im Oktober 1933 eine Mission als Journalistin in den Orient aufnahm, in den Blickpunkt stellen. Die Autorin bezweckt dabei zum Verständnis des Türkenbildes einen Beitrag zu leisten, welches Schwarzenbach in der deutschen Literatur vertritt. [...]
Diese Ausgabe des "Forums Interdisziplinäre Begriffsgeschichte" vereint zwei Themenschwerpunkte, die, unabhängig voneinander entstanden, auch inhaltlich zunächst nichts miteinander zu tun zu haben scheinen. In drei englischsprachigen Beiträgen des ersten Teils geht es um die sich semantisch und in ihrer historischen Genese überlappenden Begriffe 'Energie', 'Entropie' und 'Anthropozän'. Der zweite Themenschwerpunkt behandelt begriffshistorische Verschiebungen im Theoriegebäude der Sprachwissenschaft. Die Ausgabe wird beschlossen durch den Politikwissenschaftler Kari Palonen (Universität Jyväskylä, Finnland), der einen Band zur Geschichte der politischen Ideengeschichte rezensiert.
Das vorliegende Heft der Slowakischen Zeitschrift für Germanistik behandelt das Thema Sprache im digitalen Zeitalter. Herausforderungen für eine neue Germanistik. Die fortschreitende Digitalisierung unserer Privat- und Arbeitswelt hat zur Folge, dass die Omnipräsenz der digitalen Technologien wie Computer, Laptops, Tablets oder Smartphones aus dem alltäglichen Leben kaum wegzudenken ist. Die Spuren der digitalen Revolution und der Einfluss der neuen Technologien macht sich auch in der Germanistik durchaus bemerkbar. Als Schnittstelle zwischen Linguistik und Informatik ermöglicht die Korpuslinguistik die Verarbeitung und Analyse elektronisch aufbereiteter linguistischer Daten in Form von umfangreichen sprachlichen Korpora. Die Sprache im Internet wird durch den hybriden Charakter der Textsorten und durch die Gruppen der Benutzerinnen und Benutzer geprägt. Ihr dynamischer Charakter und ihre Heterogenität erlauben kaum eine Abgrenzung einer einheitlichen Internetsprache. Im DaF-Unterricht finden digitale Medien vielfältigen Einsatz und haben das Potenzial, die Motivation und die Medienkompetenz der Lernenden zu steigern. Lernformate werden mit Hilfe von digitalen Inhalten vermischt und miteinander kombiniert und die Lehre durch Blended Learning ergänzt. In den vorliegenden Beiträgen wird auf die computergestützten Ansätze in der linguistischen Forschung eingegangen. Im Bereich der DaF-Didaktik dominieren Beiträge mit der Thematik des Blended Learnings, wobei teilweise auch auf den Online-Unterricht eingegangen wird. Die Nummer schließt mit einem Aufsatz zur Rolle und Zukunft der Digital Humanities und der traditionellen Geisteswissenschaften.
The resistance of aesthetics consists in the mode of experience that art affords, which promotes individual consciousness and political awareness by exploding the dualisms with which we tend to simplify things: centralization and decentralization, totality and fragmentation, communism and neoliberal capitalism, dictatorship and democracy. Although the formal complexity and ambiguous compositions met in works by the likes of Picasso, Woolf, and Schönberg most obviously support this sort of experience, it can be drawn out of all art to various degrees. Indeed, what distinguishes these modernists from the artists who came before and after them is how they set aesthetic experience as the aim of artistic production. But no work of art can be reduced either to the whole or to the sum of its parts; either to systematicity or to formlessness. Strictly speaking, the opposing ideals of classical and critical aesthetics are not two distinct aesthetic positions, but the theoretical limits between which art unfolds. By analogy, totalitarian governance and social atomism are not oppositional political materializations, but the two extremes at which politics ends.
Manfred Prisching: Die Verbotsgesellschaft : Zeitdiagnostische Befunde zur Zensur - Georg Kamphausen: Der Laie als Experte seiner selbst, oder : was heißt moralische Selbständigkeit? - Irmtraud Fischer: Vom kreativen Effekt der Zensur alttestamentlicher Gottesbilder : das alttestamentliche Bilderverbot in seinen historischen Kontexten und seinen Auswirkungen auf die metaphorische Rede von Gott - Michael Walter: Zensur und Political Correctness auf der Opernbühne - Matthias Mansky: Ludwig Anzengruber und die Zensur : Anmerkungen zur Bauernkomödie "Die Kreuzelschreiber" - Lars Rebehn: Vorzensur, Nachzensur, Selbstzensur : das Puppentheater, der Staat und die Moral - Elisabeth Böhm: Was sich einfach nicht sagen lässt : Sagbarkeit, Gattungskonzeption und kulturelle Identität anhand von Charlotte Salomons "Leben? oder Theater?" - Dieter Haselbach: Political Correctness : zur politischen Kultur in Nordamerika (1995)
The title of the conference that took place in the Dance Studies department of the University of Salzburg on January 23rd and 24th - Post-utopia and Europe in the performing arts - was an invitation to grapple not only with the subject matter announced, but also with the very conception of its terms. The interdisciplinary contributions to the conference - from dance studies, musicology, literature, cultural policy and film studies - presented a multifaceted range of ideas both about Europe and European-ness and about (post-)utopia, pushing and pulling the notions in a tense field of reflection.
Was macht Rhythmus? Eine Figur des Übergangs zwischen Literatur und Musik : Veranstaltungsbericht
(2020)
Rhythmen geben Struktur - unseren Arbeitswelten, unserem Zusammenleben, den verschiedenen Tätigkeiten unseres Alltags. Zugleich ist "Rhythmus" ein schillernder Begriff in gegenwärtigen Debatten der Wissenschaften und der Künste. Er ist als analytische Kategorie einerseits, als Konzept künstlerischer Praktiken andererseits ungemein attraktiv, und das, verfolgt man seine Geschichte bis in die Antike, quasi seit jeher. Was aber jeweils gemeint ist, wenn von Rhythmus die Rede ist, welche ästhetischen Phänomene damit erfasst werden sollen, welche theoretischen Vorannahmen dabei im Spiel sind, ist angesichts der Vielfalt der Verwendungsweisen dieses Begriffs und der zahlreichen Kontexte seines Gebrauchs alles andere als eindeutig.
Vor allem in Deutschland ist die historische Perspektive spätestens seit Dilthey erste (akademische) Bürgerpflicht und Inbegriff von Geisteswissenschaftlichkeit überhaupt. Erfrischend und gründlicher provozierend ist deshalb der Blick in das Buch eines jungen Anglisten der Yale University, das auch in den USA, wo die Humanities von jeher nicht so eng an den Primat der Geschichte gekoppelt waren, für einige Aufregung gesorgt hat. Im Alleingang, abseits geläufiger Periodisierungen und Selbstbeschreibungen, hat Joseph North eine - eingestandenermaßen tendenziöse - Geschichte seines Fachs vorgelegt
Der wichtigste Vermittler Lukians im deutschen Sprachraum im 18. Jahrhundert, Christoph Martin Wieland, machte die Stadt Abdera in seiner Geschichte der Abderiten zum Schilda der Antike. Und mit Bezug auf diese sublimierten Schwankerzählungen allzu menschlicher Irrsale eines Gemeinwesens von Dummköpfen bildete Kant einige Jahre später wiederum den Begriff des "Abderitismus". Damit bezeichnete er diejenige Auffassung des Gangs der Weltgeschichte, der zufolge in den menschlichen Angelegenheiten bloß ein Auf und Ab vergeblicher Bemühungen und bodenloser Torheiten zu beobachten sei. Kant hielt diese Vorstellung für moralisch unerträglich. Die "zum Besseren fortschreitende" Struktur des historischen Geschehens sollte zur Abwehr des Abderitismus regelrecht bewiesen werden. Vom Tragödienfieber zur Geschichtsphilosophie: sobald der Faden einer Trope einmal angesetzt ist, spinnt sie sich von selbst weiter. Die "Daseinsmetapher" (Hans Blumenberg) der Ansteckung lässt uns nicht los und wird auch die gegenwärtige Pandemie weiterhin begleiten.
Die Besonderheiten der Gutachtenkultur verdanken sich demselben Umstand: Das geisteswissenschaftliche Gutachten ist in all seinen Varianten, vom Referenzschreiben für eine Person (im Englischen 'letter of recommendation') bis zum anonymen Gutachten eines Verbundprojektes, stets ein Hybrid aus Patronage und Sachverständigen- bzw. Expertenmeinung. Dabei gibt es auf Sender- und Empfängerseite unausgesprochene Erwartungshaltungen, Usancen und Codes, die die Vergleichbarkeit von Gutachten so sichern sollen, dass sie eine Entscheidungshilfe darstellen.
Prophetische Politik
(2020)
"Prophetische Politik" verkündet während existentieller und politischer Krisen einen radikalen Wandel mithilfe religiöser Sprache. Der Begriff bringt zwei unterschiedliche semantische Felder zusammen. Zum einen das der Prophetie, die in allen Religionen durch Individuen repräsentiert wird, die man als Sprachrohr des Göttlichen betrachtet. Ob heidnisch oder monotheistisch, männlich oder weiblich, antik oder modern, Propheten sind immer Lehrer und Kritiker, mahnend und scheltend. Nie schrecken sie davor zurück, ihre Meinung zu äußern, auch nicht in Lebensgefahr. Das zweite Feld ist das der Politik: Ausgehend von der Idee der polis und der politeia steht die Politik seit Thomas Hobbes für die staatliche Beziehung zwischen Volk und Souverän, für ein vereinigendes Zwangsverhältnis, das die Angst und den Krieg "aller gegen alle" im "Naturzustand" überwindet. Indem sie den Mächtigen die Wahrheit sagt, markiert prophetische Politik Momente der Überschneidung dieser Semantiken. Sie schöpft ihre Legitimität aus einer höheren Macht - sei es die Wahrheit oder göttliche Autorität. In Krisenzeiten wagen es die Propheten, auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam zu machen und neue, radikale Wege zu verkünden. Mag prophetische Politik heute auch anachronistisch erscheinen, so hat sie das revolutionäre Potential ihrer langen und wechselhaften Geschichte keineswegs eingebüßt.
Im Zusammenhang mit den Tendenzen zum Autobiographischen in der Gegenwartsliteratur, die seit einiger Zeit unter dem Label der Autofiktion bekannt sind, wird häufig der Name der französischen Autorin Annie Ernaux genannt. Allerdings hat der Tagebucheintrag in ihrem Werk eine besondere Funktion, dient er doch der nachzeitigen Stabilisierung ihrer anderen Texte. Sie selbst bezeichnet ihre Texte, die autobiographische Erlebnisse im Kontext der sie bestimmenden sozialen Strukturen erzählen, auch nicht als Autofiktionen, sondern als "Autosoziobiographien", die sich ihrem Gegenstand nur im Rückblick annähern können.
Hölderlin und Hegel heute
(2020)
Die Wege des Dichters und des Philosophen, die sich in revolutionären Zeiten im Tübinger Stift kennengelernt hatten, waren verschieden und doch vielfältig verbunden. Immer wieder und besonders häufig in diesem doppelten Jubiläumsjahr 2020 sind die Dioskuren des deutschen Idealismus Gegenstand der Betrachtung und Bewunderung gewesen. [...] Am 9. Dezember 2020 wollen wir uns unter dem Titel "Hölderlin und Hegel heute" den Werken dieser beiden Schwaben jedoch vor allem unter der Fragestellung nähern, was diese denn mit uns heute noch oder wieder zu tun haben könnten.
Der Proust'sche Fragebogen dient traditionell dazu sich kennenzulernen, sei es in einem französischen Salon, wo er einst entstand, sei es auf der letzten Seite eines deutschen Magazins. Wir haben unseren eigenen Fragebogen für den ZfL BLOG entworfen. Hier antwortet jetzt Anja Keith, die seit dem Frühjahr 2020 am ZfL an der von Detlev Schöttker geleiteten "Kommentierten Auswahl-Edition des Briefwechsels zwischen Ernst und Gretha Jünger (1922–1960)" arbeitet.
Bis Ende Oktober 2020 waren in Berlin zwei bemerkenswerte, aufeinander bezogene Ausstellungen zu sehen. Unter dem Titel "Aby Warburg: Bilderatlas Mnemosyne. Das Original" zeigte das Haus der Kulturen der Welt Warburgs Bilderatlas, wie ihn die Kuratoren Roberto Ohrt und Axel Heil anhand der letzten dokumentierten Version vom Herbst 1929 unter Nutzung von Warburgs originalem Bildmaterial wieder hergestellt haben. Eindrucksvoll wurden die 63 großen Tafeln mit insgesamt 971 Abbildungen in dem abgedunkelten Ausstellungsraum präsentiert, in der Aufstellung an die charakteristische Ellipsenform des Lesesaals der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg (KBW) erinnernd. Wer sich nach dem Besuch dieser Ausstellung auf einen spätsommerlichen Gang durch den Tiergarten machte, konnte anschließend in der Gemäldegalerie 50 der insgesamt etwa 80 Werke, die Warburg in den Bilderatlas aufgenommen hatte und die sich im Besitz der Staatlichen Museen zu Berlin befinden, im Original sehen.
Wende
(2020)
Wer heute bezogen auf die deutsche Geschichte von 'der Wende' spricht, meint die im Herbst 1989 in der DDR beginnenden und mit deren Anschluss an die Bundesrepublik endenden politischen Umwälzungen. Zwar favorisieren damalige Akteure und manche Historiker dafür pathetischere Bezeichnungen wie 'Freiheitsrevolution' oder das vom damaligen Westberliner Bürgermeister Walter Momper am Tage nach der Maueröffnung geprägte, etwas sperrige Oxymoron 'friedliche Revolution'. Doch gerade die ostdeutsche Alltagssprache hat diese nie übernommen, vielleicht, weil im DDR-Sprachgebrauch 'Revolution' mit sozialem Fortschritt, mit etwas grundsätzlich Neuem verbunden war. Dass 'Wende' zur nahezu neutralen Bezeichnung dieser Prozesse werden würde, war zeitgenössisch keineswegs absehbar.
Dass die Zeit kontinuierlich verläuft, dass ihre Unterteilung stets ein bloßer Akt der Willkür ist, dass bei jeder Veränderung, gleich wie tief der Einschnitt erscheint, vieles auch unverändert bleibt - diese und ähnliche Annahmen gehören zu den kaum verrückbaren geschichtswissenschaftlichen Grundüberzeugungen, denen gegenüber sich jede kulturwissenschaftliche Frage nach Diskontinuitäten oder Brüchen im historischen Geschehen von vornherein im Nachteil befindet. Um diesen Nachteil auszugleichen, bietet es sich an, eine Art Umgehungsmanöver zu veranstalten, indem man sich darüber Gedanken macht, wie sich historische Akteure zum Problem des Bruchs mit der Vergangenheit verhalten.
Am 9. Jänner 2020 fand im Rahmen des Programmbereichs "Figurationen des Übergangs" im interuniversitären Schwerpunkt "Wissenschaft & Kunst" eine Podiumsdiskussion mit dem Titel "Insektensterben" statt. Eine Expertin und vier Experten beleuchteten unter der Moderation und Konzeption von Romana Sammern (Salzburg) das Problemfeld der schwindenden Menge und Vielfalt der Insekten aus verschiedenen Blickwinkeln.
Einer bekannten Redensart zufolge soll man die Feste feiern, wie sie fallen. Zynisch könnte man fragen: Gilt das auch für Epochenwenden? Sind die auch hinzunehmen wiewiederkehrende Feiertage, Grippewellen oder unerwartete Naturkatastrophen? Dass die Covid-19-Pandemie schon jetzt in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen als Epochenwende verstanden wird, merkt man nicht nur an der Häufung des vordem eher vermiedenen Epochenbegriffs, sondern auch am Gebrauch der Formel 'vor und nach Corona' - obwohl doch ein Ende der Pandemie derzeit nicht in Sicht ist und deshalb auch und gerade Feste nicht wie üblich begangen werden können (oder sollten).
Nach wie vor ist die Geschichte der ästhetischen und auch der poetologischen Debatten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, was ihre Breite und Heterogenität angeht, ein blinder Fleck der Forschung. Das überrascht angesichts der Dynamik der Verschiebungen innerhalb der Paradigmata des Schönen nach 1800, die der erstarkenden Bedeutung des Sehens im Horizont medialer Formerweiterungen ebenso Rechnung trägt wie der philosophischen Ausrichtung der Phänomenologie, der wachsenden Bedeutung der Psychologie und auch dem steigenden Einfluss von wissenschaftlichen Ordnungen auf die Künste. Allenthalben verschaffen sich neue Konzepte des Schönen, der Kontinuität, der Brüchigkeit und der Kritik, des Verhältnisses von Idee und Realität, von Phänomen und System, von Erscheinung und Abstraktion Ausdruck und werden wiederum in Ästhetik 'betrachtet' und eingeordnet. Das vorliegende Jahrbuch holt mit seinem Themenschwerpunkt die Komplexität dieser Entwicklung nicht ein, kann das auch im hier zur Verfügung stehenden Rahmen nicht. Es versteht sich als Impuls für notwendig weitere Forschungen.
In a time when 'internationalization' and 'diversity' have become key areas universities are expected to excel in, it may seem an almost self-evident endeavor to install a memorial for a figure as influential and internationalist as Du Bois, whose connection to the Humboldt University outlasted two ideologically very different political systems. Planned to be positioned in the ground floor of the main building, the memorial, which will start production as soon as the last funding has been secured, reveals an image right at its center that "exist[s] in virtually every student's life and family album, and commonly serve[s] as vehicle[s] of recognition, remembrance and commemoration": the class photograph. What are the main considerations underlying the W. E. B. Du Bois Memorial's concept and design? How has it evolved so far? And what can such a memorial realistically achieve?
Weimarer Beiträge 66/2020
(2020)
Die Weimarer Beiträge sind eine Zeitschrift für Literaturwissenschaft, aktuelle ästhetische Theorie und Kulturwissenschaft. Zu Ihren Schwerpunkten gehören moderne Literatur im Rahmen anderer Künste und Medien, die Wechselbeziehungen von Literatur, philosophischer und ästhetischer Reflexion sowie die kritische Analyse der Gegenwartskultur.
First as a student of comparative literature with a focus on German and then as a professor of German Studies, I’ve been traveling back and forth to Germany for three decades, almost exactly the age of the reunified German state. I have stayed for weeks, for months, or for more than a year at a time. I have lived in Leipzig, in Cologne, and in Munich, but I have spent by far the most time in Berlin, a place that I have come to consider a second home. Throughout that time, Germany has changed enormously, both demographically and attitudinally. In relation to diversity in general and in its relationship to Jews.
Die Redaktion von "leibniz" hat für die Ausgabe ihres Magazins zum Thema "Anfänge" (Heft 3, 2020) dreizehn Menschen aus der Leibniz-Gemeinschaft gebeten, ihre liebsten ersten Sätze kurz zu kommentieren. Eva Geulen, Direktorin des ZfL, hat hierfür einen Satz aus Heimito von Doderers Roman "Ein Mord den jeder begeht" ausgewählt. Wir veröffentlichen auf unserem Blog die Langfassung ihres Textes.
Komparatistik online 2021
(2021)
Neben den traditionellen Kernbereichen der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft und der europäischen Literaturgeschichte gilt das besondere Interesse der komparatistischen Internet-Zeitschrift neueren kulturtheoretischen Ansätzen aus dem internationalen Raum. Darüber hinaus widmet sich Komparatistik Online vor allem den produktiven Wechselbeziehungen zwischen Literatur, bildender Kunst und Musik (Comparative Arts und Inter Arts) und den ästhetischen Grundlagen intermedialer Grenzüberschreitungen und Transferbewegungen. Überdies sollen Beiträge zur außereuropäischen Literatur und Kultur, zur globalen Vernetzung und zur postkolonialen Situation Berücksichtigung finden. Interkulturelle und imagologische Fragestellungen bilden einen weiteren zentralen Forschungsbereich.
Liest man einen Text Hélène Cixous' auf Deutsch, stammt die Übersetzung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus der Feder von Claudia Simma oder Esther von der Osten. Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, sind sie die beiden einzigen Übersetzerinnen von Cixous' Werk ins Deutsche. Am 07. Oktober 2021 fand unter dem Titel "Schreiben, das heißt übersetzen" ein Gespräch zwischen ihnen statt, in dem sie anhand ausgewählter Beispiele Übersetzungsentscheidungen reflektierten und Einblick in ihre Arbeit mit, am und im Cixous'schen Sprachkosmos gaben. Diesem öffentlichen Teil des Zusammentreffens gingen Korrespondenzen, Gespräche und gegenseitige Lektüren voraus, im Zuge derer sich jene Leitmotive formierten, die später den Verlauf des Podiumsgesprächs strukturieren sollten: Cixous' Bezug zum Deutschen, der Sprache ihrer Mutter und Großmutter, die sich von frühester Kindheit an ihrem Gehör einprägt; die Cixous' Person und Werk eigene Transgressivität, die zu übersetzerischer Freiheit auffordert und nach dieser verlangt; die Schwierigkeit, die Polysemie einer Autorin zu übertragen, die erst in den letzten Jahrzehnten auch im deutschsprachigen Raum vermehrt rezipiert wird. 'Tours' und 'vers', zwei Wörter, die stellvertretend für zahleiche weitere stehen, deren Vieldeutigkeit und wechselnde Rollen im Textgefüge nicht auf einen Begriff zu bringen sind, dienten als Ausgangspunkte in die schwindelerregenden Höhen und die mitunter unheimlichen Tiefen der beiden so sprechenden Sprachen Deutsch und Französisch.
Handkes Zeichnungen erschienen 2019 bei Schirmer/Mosel. Der Band versammelt 104 grafische Blätter aus seinen Notizbüchern (die Faksimiles aus dem Novum Testamentum Graece eingerechnet, sind es 106 Farbtafeln); die Mehrzahl der Zeichnungen war bereits in "Vor der Baumschattenwand nachts" (2016) enthalten. Diese bislang letzte publizierte Sammlung mit einer Auswahl an Notaten trägt den Untertitel "Zeichen und Anflüge von der Peripherie 2007–2015". Handke kam dem Vorschlag des Galeristen Klaus Gerrit Friese nach, seine grafisch festgehaltenen "Zeichen und Anflüge" in dessen Berliner Galerie zu zeigen und entnahm seinen Notizbüchern die unverkäuflichen Blätter. Nachdem sie 2017 in Berlin zu sehen waren, sind sie inzwischen möglicherweise in den Bestand des Deutschen Literaturarchivs Marbach übergegangen, das im selben Jahr 154 der hemdtaschengroßen Journale angekauft hat. Als Katalog zur Ausstellung ist 2019 der schön gestaltete Zeichnungen-Band mit einem Essay des italienischen Philosophen Giorgio Agamben verlegt worden.
Die internationale Tagung "H.C. Artmann in seinen Sprachen und die Kunst der Übersetzung", veranstaltet vom Kooperationsschwerpunkt Wissenschaft und Kunst und vom Literaturforum Leselampe in Salzburg, feierte von 10.–12. Juni 2021 den hundertsten Geburtstag des Dichters und löste ein zentrales Desiderat der Forschung ein.
In den Literaturwissenschaften ist der Begriff des Digitalen bislang vor allem dort in Erscheinung getreten, wo jüngere literarische Phänomene der letzten ca. 30 Jahre verhandelt werden - Phänomene also, wie sie im Zuge der elektronischen Textverarbeitung am PC und der Nutzung des Internets entstanden sind. Zu denken ist hier etwa an die Diskussionen um neue narrative Strukturen im Kontext von 'hypertext fiction', um die multimediale Zusammenführung von Bild, Ton und Schrift im Rahmen von sogenannter 'net poetry' oder um die Transformation von Leser-Text-Beziehungen durch die (interaktiven) Rezeptionsbedingungen des 'reading on screen'. Auch wo Literatur- und Medienhistoriker eine archäologische Rekonstruktion der Vorläufer bzw. historischen Wurzeln von (heute so bezeichneter) "digitaler Literatur" unternommen haben, galt das Interesse vornehmlich früheren Formen von "Computer-Dichtkunst" oder "Maschinenpoesie", die sich ab den späten 1950er Jahren zu entwickeln begannen.
Fragen zur Metaphorologie bildeten bereits mehrfach einen Schwerpunkt dieser Zeitschrift. In den Beiträgen und Rezensionen der vorliegenden Ausgabe geht es mit 'Epoche', 'Tradition', 'Geschichte' sowie 'Kristallisation'/'Verflüssigung' um Begriffsmetaphern, also um solche, in denen begriffliche und metaphorische Gehalte untrennbar verbunden sind, und die zugleich konstituierend für allgemeinere geschichts- und zeittheoretische Fragestellungen sind. Den Anstoß für das Thema lieferte die internationale Tagung "Metafóricas espacio-temporales para la historia", die vom 9. bis 11. September 2019 unter der Leitung von Faustino Oncina Coves und Javier Fernández Sebastián an der Universität Bilbao stattgefunden hat und zu der Barbara Picht, Ernst Müller und Falko Schmieder Beiträge beisteuerten, die hier in überarbeiteter Form abgedruckt sind.