860 Spanische, portugiesische Literaturen
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This article aims to outline the phenomenon of glocalization from the example of the "Ibero-American Collection" published by the International Institute for Intellectual Cooperation from 1930 to 1939. Initially planned to appear in four languages, this collection was eventually published in French only. It is nonetheless an interesting laboratory from which to observe the consequences of the worldwide circulation of literature, through translation, on the uses and definitions of literature, as well as on the simultaneous production of the global and the local. In this, it is exemplary of a particular moment in the history of the idea of world literature.
Die aktuelle Debatte um den Begriff der Weltliteratur ist eng verwoben mit Dynamiken, die wir im Kontext von Fragen der Glokalisierung im literarischen Feld in den Blick nehmen müssen: Was bedeutet der oft proklamierte weltweite Abschied von der einstigen Zentrums-Peripherie-Logik für literarische Kanonisierungsprozesse? Inwiefern haben neue Zirkulationswege von Literatur im sogenannten Globalen Süden Auswirkungen auf weltliterarische Denominationsprozesse? Diese Aspekte von Prozessen literarischer Glokalisierung werden am Beispiel eines Autors besprochen, der nach wie vor, häufig als einziger, den Globalen Süden in den Kanones der westlichen Welt vertritt: der Kolumbianer Gabriel García Márquez. Beispielhaft für sein Werk steht hier der zentrale Roman "Cien años de soledad" und seine Rezeption in den USA, in Indien und China, mit einem sehr knappen Exkurs auch in die arabische Welt. Neben den Fakten und Zahlen des Buchmarktes geht es auch darum, inwiefern der Bereich des Ästhetischen konkrete intertextuelle Bezugnahmen zwischen García Márquez und Autor:innen des Globalen Südens zeigt und inwiefern sich Rezeptions- und Transformationsvorgänge hinsichtlich bestimmter literarischer Topoi, Gattungen oder Paradigmen herausdestillieren lassen.
Mit dem Ansatz der Intersektionalität wird die Situation der Women of Color und deren literarische Repräsentation durch eine Lektüre zweier Romane der kolumbianischen Gegenwartsliteratur fokussiert, die konkret untersucht, wie die alltägliche soziale Benachteiligung mit der Überschneidung mehrerer Kriterien der Ausgrenzung der Protagonistinnen of Color dargestellt und so die mehrdimensionale Diskriminierung dieser Personengruppe sichtbar gemacht wird. Die Protagonistinnen der im 21. Jahrhundert spielenden Romane erfahren verschiedene Formen von sowohl physischer wie auch struktureller Gewalt, was als paradigmatisch für noch heute herrschende soziale Hierarchien und Differenzen verstanden werden kann. Der Roman "Hündin" (2020 [2017]) von Pilar Quintana macht über die intern fokalisierte Darstellung der Erinnerungen der marginalisierten afrokolumbianischen Protagonistin gesellschaftliche Stereotypen sichtbar, was zu einer teils kontroversen Rezeption geführt hat; die Herangehensweise, das Werk unter dem Blickwinkel der Intersektionalität zu lesen, lässt jedoch die Beschreibungen der prekären Umstände als Offenlegung bestehender Machtverhältnisse deuten, um neben diesen Machtstrukturen die traditionelle Rolle der Frau in der Gesellschaft kritisch zu hinterfragen. "Die Kosmetikerin" (2019 [2015]) behandelt die Lebensumstände verschiedener Frauen im Kontext der 'estratificación' als gesellschaftliche Schichtung in Kolumbien und schildert vorrangig das Leben einer Protagonistin of Color in äußerst prekären Situationen, wobei das Element der Gewalt als omnipräsentes Motiv in der kolumbianischen Erzählliteratur deutlich wird.
Schriftsteller, die in ihren poetischen oder philosophischen Texten die Kunst des Zitierens kultivieren, können auf eine lange literarische Tradition zurückblicken, denn seit den Anfängen der literarischen Überlieferung stellt das Zitieren eine zentrale Kulturtechnik dar. Bevor im folgenden Beitrag die Frage nach einer 'Poetik des kreativen Zitats' in den Texten von Autoren des 20. und 21. Jahrhunderts näher erörtert werden soll, bietet es sich daher an, einen selektiven Blick auf die Vorgeschichte der gegenwärtigen poetischen Zitiertechniken zu richten.
"Calderón als religiöser Dichter" ist einer von Krauss' interessantesten Aufsätzen der frühen Jahre, von denen "einige zur Zeit ihres Erscheinens wissenschaftlich bahnbrechend waren", wie Hans Ulrich Gumbrecht in seinem Porträt von Werner Krauss in "Das Leben und Sterben der großen Romanisten" konstatiert. [...] Erwartbar wäre gewesen, in Calderón das Ende des mittelalterlich geprägten Kosmos zu sehen, des imperialen 'Goldenen Zeitalters' Spaniens (ca. 1550 bis 1680), in dem es im barocken Schauspiel zu Exzessen der illusionistischen Überwältigung und Massenspektakeln des Glaubens kam. Doch für Krauss ist Calderón vielmehr ein Weg, der direkt in die Dialektik der Aufklärung führt. Das Rettbare, das auf die Praxis des konkreten Handelns Beziehbare muss bei Calderón das Widerständige sein, das auch Carlo Barck an Krauss' Studie faszinierte. [...] Zwei Gedanken lassen sich aus seinem Artikel filtern, die sich an aktuell stark diskutierte Probleme anschließen lassen. Zum einen geht es um Materialität, zum anderen um humanistische Anliegen, die sich in den Kulturtechniken einer Religionskultur wie der des spanischen Katholizismus des 17. Jahrhunderts auffinden und aktualisieren lassen, etwa im Bilderhandeln oder im Umgang mit Schuldempfinden. Es spricht für Krauss' weitreichendes Verständnis religiöser Phänomene, dass er an ihnen Dinge wie Präsenz, Immersion und Liminalität auf den Punkt bringen konnte.
Durch den unbeirrbaren Blick in Roberto Bolaños Roman "2666" auf eine Serie von horrenden Gewaltverbrechen soll die komplexe Struktur einer transnationalen, spätkapitalistischen Wirklichkeit ans Licht gebracht werden, die sich einer rein gegenständlichen Anschauung entzieht und bestenfalls in Metaphern von Kreisläufen, Transaktionen und Kapitalflüssen vorstellbar ist. Die realistische Leistung besteht nun darin, dass eine Schicht dieser sozio-ökonomischen Wirklichkeit, die in beinahe sofortige Vergessenheit zu fallen droht, den Leser_innen immer wieder aufs Neue interessant gemacht wird - und zwar allein durch ihre minimal variierte Wiederholung.
This study deals with two works, from the perspective of “magic realism”: Cronica unei morþi anunþate by Gabriel Garcia Márquez and Der Fürst der Welt by Erika Mitterer. Magic realism is mostly associated with Latin American literature, especially with the style of Gabriel Garcia Márquez, the 1982 Nobel Prize laureate in Literature. Magic realism techniques are used by the Viennese author Erika Mitterer in the abovementioned historical novel too, in order to render a “camouflaged” writing for avoiding the National Socialist censorship.
Lange Zeit galten Reiseberichte als Wegbegleiter des Kolonialismus. Dies ändert sich im Lateinamerika der 1920er Jahre, wovon die in Vergessenheit geratenen Feuilletonartikel, Tagebücher und Aufzeichnungen der chilenischen Nobelpreisträgerin Gabriela Mistral, des "Papstes des brasilianischen Modernismus" Mário de Andrade und des belgisch-französischen Avantgardisten Henri Michaux zeugen. Marília Jöhnk geht dem wissensgeschichtlichen Interesse der drei Reisenden am Kontinent und ihrem Spiel mit etablierten Formen literarischer Wahrnehmung nach. Mit dem tief in der aztekischen Mythologie verankerten Kolibri eint deren kleine Reiseprosa nicht nur die kompakte Größe, sondern auch die Mobilität und Geschwindigkeit.
Zum einen gilt es zu klären, inwiefern die im Zuge der empiristischen Neuausrichtung der Wissenschaften erfolgende Aufwertung von Beobachtungs- und Tatsachenwissen dem Archiv allgemein und der Bibliothek im besonderen die Rolle eines universalen Wissensspeichers zuweist und diesen Institutionen somit eine Schlüsselposition in der geplanten rationalen Erforschung und Beherrschung der Natur zukommen läßt. Zum anderen ist zu untersuchen, welchen Einfluß gesellschaftliche Demokratisierungsprozesse auf die Neukonzeption der Bibliothek ausüben, indem sie letztere in den Rang eines öffentlichen und möglichst pluralistisch verfaßten Meinungs- und Diskussionsforums zu erheben trachten. Erst im Kontrast zu diesen und doch auch im Anschluß an diese beiden historischen Typen eines Generalarchivs soll schließlich die Frage nach der Traum- bzw. Alptraumhaftigkeit des babylonischen Schriftkosmos erörtert werden, indem also eruiert wird, wie in Borges' literarischem Entwurf einer vollständigen Bibliothek der utopische Charakter des geschichtlichen Vollständigkeitsideals zugleich übernommen, radikalisiert und dabei doch auch im Geiste der Kombinatorik konsequent umgedeutet wird.
"Gracián ist nicht nur ein großer Autor, sondern gerade heute [1928] einer der interessantesten.«"Dieses Bekenntnis Walter Benjamins zur Aktualität des spanischen Autors gilt es ernst zu nehmen. Ziel dieses Buches ist es, Benjamins Gracián-Lektüre im Kontext der deutschen Auseinandersetzung mit dem Barock in der Moderne zu verorten und dabei die zentrale politische und theoretische Bedeutung von Graciáns Klugheitslehre in Benjamins Schriften aufzuzeigen. Gracián ist nicht nur eine der Quellen der anthropologischen Ausrichtung von Benjamins Aphorismen, sondern dessen Schriften stellen auch ein wichtiges Bindeglied zwischen dem Trauerspielbuch und Benjamins Produktion der dreißiger Jahre dar. Die Auseinandersetzung mit Gracián führt Benjamin zu einem neuen Konzept einer wirksamen Schreib-Praxis sowie einer politisch wirksamen Schrift.
Johann Nepomuk Nestroy (1801-1862) foi um dos dramaturgos mais importantes da história do teatro da Áustria. Ator e autor aclamado durante seu tempo, é também nome de referência e enorme influência para muitos escritores austríacos canônicos do século XX e do começo do XXI, que até hoje se definem como devedores de sua poética dramatúrgica (por exemplo, Karl Kraus ou Elfriede Jelinek). Este artigo, além de destacar o papel do dramaturgo com "ancestral" para uma parte da literatura austríaca, lança um olhar sobre a única tradução de uma peça de Nestroy disponível no Brasil ("Cacique Vento-da-Tarde ou O festim do horror", publicada em 1990), com o intuito de colocar em questão a visão recorrente da obra de Nestroy como "intraduzível".
Der Beitrag unternimmt einen Vergleich zweier Romane, die inhaltlich, erzähltechnisch und sprachlich eng miteinander verknüpft sind, obwohl ihre Entstehungszeiten etwa 50 Jahre auseinander liegen: Juan Rulfos "Pedro Páramo" und Yuri Herreras "Señales que precederán al fin del mundo". Beide Autoren lassen ihre Figuren aus einem Nicht-Ort oder einem "unsichtbaren Ort" (was die wörtliche Übersetzung von 'Hades' wäre) sprechen, aus dem Paradox des "Ich-bin-tot"-Sagens, und verweisen damit auf altmexikanische, altgriechische sowie mittelalterliche Unterweltreisen. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass von dort niemand zurückkehren kann, dennoch ist es einigen mythologische Figuren gelungen, die Grenze zwischen Leben und Tod gewissermaßen kurzzeitig außer Kraft zu setzen: Orpheus, Odysseus, Herakles, Aeneas, Dante, bei den Mayas sind es Junajpu und Xbalanq'e, die im Ballspiel die Herren Xibalbas, der Unterwelt der Maya, besiegen, um nur einige Beispiele zu nennen. Die eigentlich unerlaubte Wiederkehr bzw. Rückkehr hängt eng mit der Schau einer Vergangenheit zusammen, die zentral ist für ein Verständnis der regionalen/nationalen Gegenwart. Den Romanen Rulfos und Herreras ist eine inszenierte Abwärtsbewegung gemeinsam, der schrittweise Abstieg in eine politische Vergangenheit, die die Gegenwart der Protagonist*innen verstehen helfen soll. Beide Romane verbinden damit auch eine Suche nach einem abwesenden Familienmitglied. Zudem greift Herrera auf die besondere Erzählweise Rulfos zurück, die sich erst aus einem Sprechen aus dem Tod ergeben kann.
A temática da decadência em "Os Buddenbrook: decadência duma família" é explícita: materializa-se enquanto subtítulo da obra literária. Em "Os Maias", repete-se a estrutura essencial do título anterior, focalizando-se um nome de família. Sabe-se, entretanto, de antemão, que o enredo contemplado pelo romance de Thomas Mann perpassará por episódios cujo desfecho está no desnodar decadente das gerações da família Buddenbrook, o que, ainda que não explícito, repete-se na obra de Eça de Queirós. Para concretizar de forma estética a temática pretendida, ambos os autores focalizam cada geração das famílias ficcionais, desnudando dialeticamente pensamentos e papeis sociais. Desse desnudamento, um traço se mostra compartilhado por quase todas as personalidades: a preocupação para com a perpetuação do nome da família; fardo que pressagia a total extinção de ambos os antropônimos. A fim de demonstrar a relação da nomeação com a temática da decadência familiar, este artigo propõe um diálogo entre a Literatura Comparada e a Antroponomástica Ficcional - estudo dos nomes ficcionais - e situa o processo da despersonalização subjetiva do nome de família para a concretização do ápice da decadência: o desparto social do nome.
A representação da imigração alemã em "A Ferro e Fogo: I. Tempo de Solidão", de Josué Guimarães
(2020)
O presente artigo tem como objetivo analisar a representação da imigração alemã no romance "A ferro e Fogo: I. Tempo de Solidão", de Josué Guimarães. A narrativa ficcional acontece nos primeiros anos da imigração alemã no sul do Brasil (1825). A análise está pautada em três pontos: a relação de imigrantes alemães com outros grupos étnicos (a saber, negros escravizados, índios e castelhanos), a representação da mulher na narrativa (principalmente em relação ao poder de dominação e às diferenças étnicas) e, por último, as questões políticas e religiosas. Imigrantes alemães eram obrigados ou simplesmente destinados a um lado político, a uma determinada religião. Pelo posicionamento político, acabavam destinados à frente de batalhas em guerras. Na obra de Josué Guimarães podemos ver os dois lados da imigração alemã: a chegada sofrida com inúmeras dificuldades enfrentadas pelos imigrantes e também o aproveitamento que muitos fizeram da política governamental de embranquecimento da população brasileira. Através desta análise procura-se entender também o papel do descendente de imigrantes alemães na contemporaneidade.
Osorio Lizarazos Werk erstellt keine Gesamtansicht, kein totalisierendes Bild der Stadt als Zusammenschau aller gesellschaftlichen Schichten und Typen. Obgleich bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts einige wichtige literarische Beiträge zum Thema der städtischen Armut wie "La miseria en Bogotá" (Das Elend in Bogota, 1867) von Miguel Samper (1825-1899) erschienen waren, bemühte sich noch um die Wende zum 20. Jahrhundert eine traditionalistisch ausgerichtete Literatur und Ideologie eher darum, das Wachstum und die damit einhergehenden Veränderungen der Hauptstadt Kolumbiens zu verschleiern. Osorios Werk durchbrach diese Verschleierung mittels einer zugleich systematischen und kontinuierlichen journalistischen und literarischen Behandlung eines Themas, wie sie in Lateinamerika ihresgleichen sucht.
Zwei sehr unterschiedliche Romane haben Ende des 20. Jahrhunderts frischen Wind in die Segel der träge gewordenen Erzählliteratur geblasen: Michel Houellebecqs "Ausweitung der Kampfzone" und "Die wilden Detektive" von Roberto Bolaño. Beide gehen in ihrer formalen Machart ein hohes Risiko ein, beide meistern es – und beide sind autobiographisch grundiert. Allerdings nicht so, dass das Gelebte und das Geschriebene in irgendeiner Weise parallel verlaufen würden, vielmehr setzt die Gestaltung unweigerlich einen Prozess der Umgestaltung in Gang, so dass sich Dichtung und Wahrheit, um das einst von Goethe aufgetane Gegensatzpaar zu bemühen, tief ineinander verstricken. Der Anteil der Fiktion ist in beiden Büchern ebenso hoch oder höher als die schmerzhafte und lustvolle Erfahrung, die den Autor zur Verarbeitung drängte. Wobei der Schmerz beim Franzosen überwiegt, beim Chilenen alles in allem die Lust. Bolaños Roman zeichnet aus vielen verschiedenen Perspektiven die Wege und Etappen Arturo Belanos nach; schon der Name des Protagonisten verweist darauf, dass es sich um ein Alter-Ego des Autors handelt.
An important motif of twentieth century fantastic literature is the exploration of a house or a room whose furniture and spatial organization are disconcerting. Such a motif is presumably symptomatic of a deep questioning on space structure understood according to Euclides and Newton ; it also echoes the anthropological crisis of the very notion of "place", a crisis mirrored in literature, visual arts and cinema, which can be deciphered in particular descriptive passages signaling the aporetic turn of narrative in fictions by J.-L. Borgès and André Pieyre de Mandiargues.