891 Ostindoeuropäische, keltische Literaturen
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Im Folgenden werden zunächst punktuell symbolische und literarische Codierungen des Schwarzmeerraumes aus russischer bzw. sowjetischer Perspektive skizziert, um dann erneut auf Brodskys Entwurf einer mentalen Topographie in "Flucht aus Byzanz" zurückzukommen. Die (sowjet-)russischen Erfahrungen und Einschreibungen konnotieren den gesamten Essay. Brodskys antiöstliches Pathos erweist sich vor dem autobiographischen Hintergrund als eine antiimperiale Geste, als Abrechnung mit der Unfreiheit des Sowjetimperiums.
When Gorki wrote his play "The Barbarians" (1906), he probably did not intend to raise such an intricate problem as the relationship between the barbarian, the savage and the civilized. Neither did he envisage talking about this triadic relation in reference to its political, historical and philosophical meaning. He proceeded as a writer and managed to construct a peculiar literary figure of the "barbarian" in its multiple aspects, and as related to other figures, such as the savage, in the first place. In this paper I argue that Gorki's intrinsically literary venture consisted in trying to make collide two categories that never normally enter in a dual relationship, but are always mediated by the category of the "civilized". The objective of this paper is to examine the consequences of this forced dualism, which without imposing any idea of civilization, however, ends up by setting it as a problem for further meditation and, without giving any solution, invites the reader to pursue his reflection.
Den Kaukasus als einen Grenzraum anzusehen ist in der Forschung über die russische Kaukasusliteratur längst Konsens. Trotzdem wurde er auf die raumsemantische Spezifik der Grenze hin kaum untersucht. Während die sowjetische Literaturwissenschaft den Kaukasus als Thema bzw. Topos der russischen Literaturgeschichte betrachtete, hat die primär westliche Forschung der letzten Jahre die russische Kaukasusliteratur im Orientalismusdiskurs verortet. Harsha Ram erweitert den Kontext, indem er diese Literatur im Rahmen einer Poetik des Imperiums untersucht. Ohne den Anspruch zu erheben, die Poetik der Grenze erschöpfend zu behandeln, möchte ich im folgenden das kaukasische Kapitel der Poetik der Grenze in der russischen Literatur thematisieren. Dabei werde ich exemplarisch die Semantik des Grenzraums im 'Kaukasussujet' bei Aleksandr Puškin (1799-1837), Aleksandr Bestužev-Marlinskij (1797-1837) und Michail Lermontov (1814-1841) untersuchen.
Le poète, philosophe et helléniste Vjačeslav Ivanov (1866-1949) est considéré comme l'un des représentants les plus importants du symbolisme russe et comme une des grandes figures intellectuelles et artistiques de la Russie du début du xxe siècle. Il a été influencé aussi bien par les idées de Nietzsche que par celles des slavophiles. C'est en combinant ces deux traditions qu'il forme sa conception du dionysien. Cette dernière fait partie intégrante de son concept de "'idée russe" et joue un rôle important dans la mise en place de sa doctrine de la sobornost'. Chez Ivanov, le dionysien trouve sa réalisation dans les Scythes. Cette identification reprend la conception classique des "Scythes comme barbares russes", mais assume également l’idée nietzschéenne du dionysien comme moment barbare. On a donc affaire à une réinterprétation créative du Dionysos nietzschéen dans l'esprit de la renaissance slave. Sur la base de trois oeuvres d'Ivanov datant de périodes différentes, l'article met en évidence comment Ivanov construit la figure du Scythe et les raisons pour lesquelles son symbolisme prend la forme d'un discours de la totalité aux ambiguïtés parfois proches du totalitarisme.
[Ich] will [...] im Folgenden zwei weniger bekannte dys-/utopische Prosatexte miteinander vergleichen, und zwar Prazdnik bessmertija (1912; Tag der Unsterblichkeit) von Aleksandr Bogdanov und Pronalazak Athanatika (1957/1975; Die Erfindung des Athanatik) von Vladan Desnica. Bogdanov gilt als Pionier der modernen Science- Fiction-Literatur in Russland, Desnicas intellektuelle Prosa, die eng mit der kulturellen Tradition Dalmatiens verbunden und überdies in verschiedene psychologische Diskurse eingebettet ist, nimmt ihrerseits einen festen Platz in der jugoslawischen Literatur ein. Die beiden Werke eignen sich für eine komparatistische Analyse insbesondere deshalb, weil sie frühe Beispiele für den Unsterblichkeitstopos in der Science-Fiction-Literatur darstellen.
Aleksandar Hemons Romane und Erzählungen, die den Gegenstand der folgenden Ausführungen bilden, sind in dieser transnationalen neuen Weltliteratur zu verorten und zugleich Bestandteil einer postjugoslawischen Literatur, für die "Jugoslawien" als Bezugsrahmen nach wie vor eine Rolle spielt. Um diese mehrfache Verortung von Hemons Werk zu fassen zu bekommen, wird im Folgenden die Gestaltung von Zugehörigkeit in Hemons Texten in den Blick genommen. Zugehörigkeit wird dabei als Form der Identitätsbildung aufgefasst, die nicht notwendigerweise auf Eindeutigkeit und Ausschließlichkeit abzielt, sondern für Wandel und Mulitiplizität offen ist. So verstanden dient der Begriff der Zugehörigkeit dazu, Selbstverortung in transnationalen Zusammenhängen zu beschreiben: "'Belonging', which used to belong to retrograde, nationalist and racist agendas, now indicates identity as it widens in response to globalization."
Am Beispiel der Aufführung des Stückes "Rose is a rose is a rose is a rose" am ZKM (Zagrebačko kazalište mladih) in Zagreb 2010 und mit Seitenblicken auf den Theatertext "Prizori s jabukom" (Szenen mit Apfel, 2009), wird hier der Postdramatik Ivana Sajkos nachgegangen. Sajko verwendet den vor allem durch den Frankfurter Theaterwissenschaftler Hans-Thies Lehmann etablierten Begriff des "Postdramatischen Theaters" in der Selbstbeschreibung ihrer Theaterarbeit, ohne diesen dogmatisch im Sinne einer vollständigen Überwindung des Dramatischen zu verstehen. Isotonie und Stimme (Lautlichkeit) näher erfasst und zugleich vor dem Hintergrund der nach-jugoslawischen Gesellschaften gelesen werden. Die Wirksamkeit von Sajkos Theater auf der theatron-Achse - jener Achse, die zwischen Bühne und Zuschauerraum verläuft - soll ausgewiesen und am Beispiel der genannten Stücke die Frage nach dem Politischen des Postdramatischen Theaters diskutiert werden. Im nach jugoslawischen Raum scheint gerade das Politische des zeitgenössischen Theaters, das sich in konkreten Aufführungssituationen in physischer Anwesenheit eines Publikums 'materialisiert', besondere Bedeutung für die Nachkriegsgesellschaften und deren Vergangenheitsbewältigung zu erlangen.
Der serbisch-kanadische Schriftsteller David Albahari, um dessen Roman Pijavice (Die Ohrfeige) es in der Folge gehen wird, widmete dem Thema unter anderem den Essay "Antisemitismus: Serbien und Kanada". In diesem mit zeitlichem Abstand geschriebenen Essay hebt Albahari für die 1990er Jahre gleichfalls Friedhofschändungen, antisemitische Schmierereien und antisemitische Verschwörungstheorien hervor, die Juden und Freimaurer für die Bombardierung Serbiens 1999 verantwortlich machten. Diese Beunruhigung, von der ihm seine jüdischen Bekannten schrieben, hätte, so Albahari, viel damit zu tun, dass jene, wie auch er, in Jugoslawien aufgewachsen seien - einem Land, in dem antisemitische Vorfälle selten gewesen waren, weil der die Freiheiten der Bürger einschränkende jugoslawische Staat dennoch irgendwie eine Grenze zwischen dem staatlich vertretenen Antizionismus und dem religiösen und nationalem Hass gezogen habe. In den 1990er Jahren habe sich dies in gewisser Weise umgekehrt: Während diplomatische Beziehungen zu Israel aufgenommen wurden, habe der Antisemitismus im Klima des nationalen Hasses als eine von dessen Erscheinungen Fuß fassen können und erweise sich nun gar als nachhaltiger als andere. Albahari, der in seinem Essay diese Wende in den 1990er Jahren fokussiert, scheut sich nicht, die Situation in Serbien mit der in anderen Nachfolgestaaten Jugoslawiens zu vergleichen.
Ausgehend von Šalamovs Poetik und mit Blick auf die Positionen von Solženicyn und Semprún sollen im Folgenden einige Aspekte des vielschichtigen Problemfeldes 'Überleben und Schreiben' diskutiert werden. Dabei geht es mir, das sei betont, nicht um einen Vergleich zwischen dem sowjetischen GULag und den nationalsozialistischen Konzentrations- beziehungsweise Vernichtungslagern. Ein solcher Vergleich war auch von keinem der drei Autoren intendiert, selbst wenn sich deren Refl exionen mitunter auch auf die europäischen Terrorpraktiken des 20. Jahrhunderts insgesamt erstreckten. Die Art und Weise, wie das Überleben in literarischen Texten thematisiert wird, hängt eng mit der Frage nach den poetologischen Konsequenzen zusammen, nach Möglichkeiten und Grenzen des Sprechens über das Erlebte, nach der Modellierung des Lagers in fiktionalen Räumen. Mit Ausnahme von Solženicyns 'Archipel GULAG', in dem gestützt auf zahlreiche mündliche und schriftliche Berichte von Überlebenden der "Versuch einer künstlerischen Untersuchung" des GULag-Systems als Ganzes unternommen wird, handelt es sich bei den nachfolgenden Beispielen um literarische Darstellungen des Lagers aus der Perspektive eines Einzelnen. Die literarische Rekonstruktion des im Lager Erlebten verlangte jedem Schreibenden ethische und ästhetische Entscheidungen ab.