ZfL Blog : Blog des Leibniz-Zentrums für Literatur- und Kulturforschung, Berlin
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19.11.2018
Der Einsicht, dass die Zeitschrift kein simpler "cargo truck" für intellektuelles Frachtgut ist, wird inzwischen auch in der Forschung Rechnung getragen. Damit wird nachgeholt, was für die 'history of books' schon längst selbstverständlich ist: Zeitschriften weisen Eigenlogiken auf, die kultur- und wissensgeschichtlich untersucht werden können und sollten. Nicht zuletzt sind sie immer auch Interventionen in eine spezifische historische Situation. [...] Periodika sind in der Geschichte der Ideen und Theorien, der Künste und der Wissenschaften der Neuzeit allgegenwärtig, und gerade deshalb sind sie theoriebedürftig. Der Arbeitskreis Kulturwissenschaftliche Zeitschriftenforschung hat sich 2017 als Initiative von und für Nachwuchsforscher*innen gegründet, die über Perspektiven auf diesen selbstverständlich-unselbstverständlichen Gegenstand nachdenken.
20.08.2018
Was bei Schrott aus seiner künstlerischen Bearbeitung der Wissens-'Tradition' geworden ist, ist nicht einfach zu sagen. Jedenfalls keine Naturreligion und keine Experimentaltheologie, sondern eine Dichtung, sehr groß dimensioniert, gewiss, aber doch stets nur "Stücke eines Epos: nicht in hehrem Anspruch, sondern als Poesie, die Welt enthält". Von Freuds Epostheorie her gesehen ist der befremdliche Titel "Erste Erde. Epos" gewissenhafte Leseanleitung: Achtung, Kunst! - Nicht beantwortet ist damit die Frage, warum Schrott die 'Tradition' von Wissenschaft und Wissenschaftsgeschichte literarisch bearbeitet hat.
10.04.2018
Das neue Jahresthema des ZfL, FORMEN DES GANZEN, knüpft an das vorangegangene Jahresthema der DIVERSITÄT in den Bereichen der Natur, des Sozialen und der Kultur mit einer gewissen Zwangsläufigkeit an. Denn wer sich mit der Vielfalt beschäftigt, kann der Frage nach der Einheit der Vielfalt und damit nach dem Ganzen nicht ausweichen. So ist etwa das Schlagwort von der Biodiversität ein absolut inkludierender Begriff und damit Chiffre eines Ganzen. Allerdings wurden Ganzheitsvorstellungen im 20. Jahrhundert von Regimen in Anspruch genommen, die nicht zufällig 'totalitär' heißen. Auch deshalb stehen die heutigen Geisteswissenschaften dem Ganzen kritisch gegenüber. Jener Geist, der sie einmal als Wissenschaften binden und von den Naturwissenschaften unterscheiden sollte, gehört ja selbst zur Sippschaft unifizierender Begriffe, die ein Ganzes meinen oder behaupten.
12.02.2018
Am 31. Januar fand am ZfL die Verleihung des Carlo-Barck-Preises an Kevin Liggieri statt. Liggieri erhielt den Preis für seine Dissertation "Zur Kultur- und Begriffsgeschichte der 'Anthropotechnik'. Eine Untersuchung programmatischer Diskurse zwischen 'Menschenzucht' und 'Menschenbehandlung'". Wir dokumentieren hier die beiden Reden von Eva Geulen und Ernst Müller anlässlich der Preisverleihung.
05.02.2018
Fröhliche Wissenschaft - traurige Theorie? : lose Bemerkungen zu einem spannungsreichen Verhältnis
(2018)
Im Rückblick auf seine langjährige Teilnahme an den Kolloquien von "Poetik und Hermeneutik", der institutionell wie theoretisch in Deutschland sicher erfolgreichsten geisteswissenschaftlichsten Gruppierung nach 1945, kam der bekannte Romanist Karlheinz Stierle jüngst auf die gemeinsamen Wurzeln der ehemaligen Mitglieder zu sprechen. Gegenteiligen Bekundungen zum Trotz dürften solche nicht etwa in einer eigenständigen "Theorie", sie müssten vielmehr in einem bestimmten Gebrauch des Deutschen als Wissenschaftssprache gesucht werden. [...] Stierles Beobachtungen stehen in ihrer prononcierten Ausrichtung auf Darstellungsfragen und Sprachgebrauch in einer langen wissenschafts- wie theoriegeschichtlichen Tradition. Wenn Stierle der Poetik und Hermeneutik-Gruppe eine "gemeinsame Theorie" abspricht und er ihren "Pep" und ihren Zusammenhalt allein in ihrer Sprache verortet, dürfte dies zunächst von dem schlechten Leumund zeugen, den die 'Theorie' derzeit in weiten Teilen der geisteswissenschaftlichen Debatte besitzt. Seine Bemerkungen sind für das heutige Verständnis der Beziehung von Theorie und Wissenschaft vor allem in den Philologien symptomatisch. Die Zeit eines "Pep" gerade der Theorie selbst scheint längst verflogen, ihr "langer Sommer" endgültig vorbei.