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Im Zusammenhang mit den Tendenzen zum Autobiographischen in der Gegenwartsliteratur, die seit einiger Zeit unter dem Label der Autofiktion bekannt sind, wird häufig der Name der französischen Autorin Annie Ernaux genannt. Allerdings hat der Tagebucheintrag in ihrem Werk eine besondere Funktion, dient er doch der nachzeitigen Stabilisierung ihrer anderen Texte. Sie selbst bezeichnet ihre Texte, die autobiographische Erlebnisse im Kontext der sie bestimmenden sozialen Strukturen erzählen, auch nicht als Autofiktionen, sondern als "Autosoziobiographien", die sich ihrem Gegenstand nur im Rückblick annähern können.
Nach der Abschaffung der Sklaverei 1888 brauchte Brasilien neue billige Arbeitskräfte und zog viele mitteleuropäische Siedler, unter ihnen deutschsprachige Kolonisten, an, die sich in Übersee ein besseres Leben erhofften. Das Ziel des Artikels ist es, die Wahrnehmung des Anderen sowie das Selbstbild in einigen, mehrheitlich nicht publizierten Tagebüchern und Memoiren deutschsprachiger Immigranten in Brasilien im 19. und 20. Jahrhundert zu untersuchen. Einige der Fragen, die angesprochen werden, sind beispielsweise die nach der Zielgruppe der jeweiligen Memoiren, nach deren Aufbau, sowie nach den Auslassungen und disparaten Darstellungen von Themen und Geschehnissen.