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Rezension zu Jochen Hörisch: Der Sinn und die Sinne. Eine Geschichte der Medien. Frankfurt/M. (Eichborn) 2001 (= Die Andere Bibliothek; Bd. 195). 443 Seiten.
Die Bücher des Mannheimer Literatur- und Medienwissenschaftlers Jochen Hörisch sind schon immer mehr als reine "Bibliotheksbücher" gewesen. Als bedürfe es noch eines weiteren Beweises, ist sein neuestes Buch im börsennotierten Eichborn Verlag in der von Hans Magnus Enzensberger herausgegebenen 'Anderen Bibliothek' erschienen.
Rezension zu Friedrich Kittler: Eine Kulturgeschichte der Kulturwissenschaft. München (Fink) 2000. 260 Seiten.
Historiker und exakter Philologe, der Kittler ist, betreibt er - jenseits der üblichen und vorschnellen Innovationsrhetorik, mit der in Fachgremien und Kommissionen die kulturwissenschaftliche Modernisierung der Geisteswissenschaften ausgerufen wird - zunächst historische Aufklärung. Statt einer Theorie der Kulturwissenschaft liefert Kittler ihre Reflexionsgeschichte - was besagt, daß Kultur erst in jenem historischen Moment Gegenstand ihrer kulturwissenschaftlichen Beobachtung wird, wo sie "nicht bloß als sprachlose Praxis, sondern zugleich als ein Wissen" auftritt, das in ihren "Techniken und Institutionen notwendig am Werk ist". Kittler läßt dieses reflexive "Wissen von diesem Wissen" , dem er sich streng methodisch als eine Geschichte kulturwissenschaftlicher Selbstbegründungstechniken nähert, gut sattelzeitlich mit Giambattista Vico im 18. Jahrhundert beginnen, um es mit Heideggers Entwurf einer "neuen Fundamentalontologie" seinstheoretisch schließen zu lassen.
Rezension zu Anne Maximiliane Jäger: "Besaß auch in Spanien manch' luftiges Schloß". Spanien im Werk Heinrich Heines (Heine-Studien). Stuttgart und Weimar: Metzler, 1999.
Kai Neubauer: Heinrich Heines heroische Leidenschaften. Anthropologie der Sinnlichkeit von Bruno bis Feuerbach (Heine-Studien). Stuttgart und Weimar: Metzler, 2000.
Hans-Georg Soldat rezensiert für NDR 3 / Radio 3 den 2002 bei Kiepenheuer & Witsch erschienen und von Katja Lange-Müller herausgegebenen Sammelband deutsprachiger Erzählungen: "Vom Fisch bespuckt. Neue Erzählungen von 37 deutschsprachigen Autorinnen und Autoren". Fast allen 37 meist noch jüngeren Autorinnen und Autoren dieses Bandes kann man literarische Kunstfertigkeit attestieren, die Fähigkeit, Sätze in nicht nur lesbare, sondern auch fesselnde Form zu bringen. Manches wirkt so makellos, dass man den Gedanken an Kunstgewerbe nicht mehr loswird, an jene marmorne Glätte, die keinen Raum mehr für die Fantasie des Lesers lässt. Noch wirkt manches eher gesucht, erkennbar ist das Bemühen, auf einen Plot zuzuschreiben - doch das alles ist eine Frage der Lebens-Erfahrung. Dafür findet man hier vielfach eine ursprüngliche, fast naive Frische, jenen deutlichen Spaß an Literatur, der einen mitreißt.
Hans-Georg Soldat rezensiert für NDR 3 / Radio 3 den 2002 im Suhrkamp Verlag erschienen Lyrikband "Frühjahrskollektion" von Kurt Drawert. Kurt Drawerts Sprache ist karg, überlegt, seine Bilder gleichsam effizient in einem durchaus aktuellen Sinn. "Frühjahrskollektion" heißt der schmale Band von Kurt Drawert, der sich natürlich nicht darin erschöpft, die allgemeine Eile zu beklagen, obwohl die "Zeit" in vielen Gedichten eine Rolle spielt.
Hans-Georg Soldat rezensiert für NDR 3 / Radio 3 die im Jahr 2001 im Aufbau Taschenbuchverlag Berlin erschiene Aufsatzsammlung feuilletonistischer Arbeit "Ich bin ein Narr und weiß es" von Rolf Schneider. "Liebesaffären deutscher Literaten" ist der Untertitel des schmalen Bandes, hervorgegangen aus einer Serie für eine Berliner Tageszeitung - wobei der Begriff "Literaten" sehr weit gefasst wird. Zwanzig Geschichten um Liebe, erotische Verirrung, Abhängigkeit und oft schmerzhafte Trennung, einige etwas bekannter, manche ziemlich unbekannt, viele jedoch auch nur vergessen, weil die zugehörigen Schriftsteller bzw. Schriftstellerinnen nicht mehr präsent sind. Zur Berechtigung seines Feuilletons meint Rolf Schneider, sie seien "mehr als bloß eine Sammlung biographischer Pikanterien. Sie sind ein Stück Kultur- und Sittengeschichte." Was ebenso wahr wie banal ist, weil es auf jedes Schicksal zutrifft.
Hans-Georg Soldat rezensiert für NDR 3/Radio 3 Christa Wolfs 2002 erschiene Erzählung "Leibhaftig": In Bruchstücken nur erfährt die Ich-Erzählerin und mit ihr der Leser jene Vergangenheit, in der langsam und sicher ihr Glaube an "gesellschaftlichen Fortschritt" schwand, damit einhergehend das Vertrauen in die Menschen, die sie zunehmend als Opportunisten kennen lernt.
Hans-Georg Soldat rezensiert für den Hörfunksender NDR 3/Radio 3 Hermann Kants 2002 neu erschienen Roman "Okarina". Seine Kritik am Roman richtet sich vor allem gegen Hermann Kants autobiographisches Motiv im Roman, nämlich "die Lust, erneut sein Leben darzustellen: diesmal nicht so, wie er es hätte führen sollen, müssen oder vorgeblich geführt hatte, sondern wie er es hätte führen wollen."
Rezension zu Holger Schulze: Das aleatorische Spiel. Erkundung und Anwendung der nichtintentionalen Werkgenese im 20. Jahrhundert. München (Fink) 2000. 406 Seiten.
Einem spezifischen Typus von Antworten auf die Frage nach den Gründen von Literatur und Kunst ist die Monographie Holger Schulzes (ursprünglich eine Erlanger Dissertation von 1998) gewidmet, nämlich Modellen aleatorischer Produktion von Literatur und Kunst sowie deren praktischer Umsetzung.