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Bereits im Erdgeschoss der Sophie-Gips-Höfe, einer ehemaligen Fabrikanlage für Nähmaschinen und Fahrradketten, die heute die Sammlung Hoffmann beherbergt, begegnet einem eine große, rostige, konvexe Stahlplatte von Richard Serra. Wie so oft bei Serra beeindrucken die Materialeigenschaften: die Oberfläche, das Gewicht und die Stabilität dieser Metallscheibe. Mit zwei weiteren Skulpturen zusammen begrüßen die Werke als Ensemble die Kunstinteressierten. Im 3. Stock angekommen, ist der Eintretende bei schlechtem Wetter zum Schutze des Parketts aufgefordert, Filzpantoffeln anzuziehen und darf erst dann durch die repräsentativen Räume schlurfen. Bis die Besuchergruppe vollständig ist, wartet man in dem ersten Raum der bereits bis zur Decke voll mit Kunst von Joëlle Tuerlinckx ist. ...
"Gewalt erzeugt Gegengewalt, hat man dir das nicht erklärt?" So heißt es im Refrain eines bekannten Punkrock-Songs. Diese Aussage mag für die affektive Interaktion im unmittelbaren Kontext gewaltsamer Handlungen bisweilen zutreffen. Vor der zeitverzögert einsetzenden Gegengewalt steht indessen die Verarbeitung der ersten Handlung: das Sprechen über den Konflikt und vor allem die Frage nach der Ursache, nach der Intention und der Legitimität des Gewaltaktes. Die daraus resultierenden Deutungen können langfristige Folgen nach sich ziehen. Nicht nur Stunden und Tage, sondern Jahrhunderte, ja Jahrtausende kann ein einziges Gewaltereignis immer wieder im Fokus von Erzählungen stehen und prägend für Generationen und Nationen sein. ...
Das Bildnis des sogenannten "Lübecker Wunderkinds" stellt eine Kuriosität in der Porträtsammlung Holzhausen dar. Anhand zweier Porträts wird die märchenhaft anmutende, doch in Wahrheit zutiefst traurige Lebensgeschichte des Christian Heinrich Heinecken erzählt, dem seine zu jener Zeit einzigartigen Talente zum Verhängnis werden sollten.
Kleine Details und feine Unterschiede machen, wie wir alle wissen, bisweilen handfeste Gegensätze. Großflächige Konflikte entfachen sich an zunächst nebensächlichen Ereignissen und Umständen. Gerade in religiösen Fragen spielen häufig vermeintliche Nebensächlichkeiten eine zentrale Rolle oder werden zur Grundlage jahrhundertelanger Diskussionen und heftiger Auseinandersetzungen; verschiedenartigste Glaubensströmungen und dogmatische Lehren entwachsen ihnen.
Ein Pianist in dunklem Jackett betritt die Bühne. Er nimmt Platz an einem offenen Flügel. Der schwarze Klavierlack glänzt im Scheinwerferlicht, sonst ist der große Konzertsaal dunkel. Das Publikum in der New Yorker Maverick Concert Hall verfällt in gespannte Stille, wie sie üblicherweise den ersten Klängen eines klassischen Konzertes vorausgeht. Der weißhaarige Mann am Flügel öffnet den Deckel, entblößt die Klaviatur, wie eine Reihe weißer Zähne durchschneiden sie im Licht der Scheinwerfer die Dunkelheit. Der Pianist richtet seine Notenblätter, seine Finger ruhen auf den Tasten und dann – wird 4 Minuten und 33 Sekunden nichts zu hören sein, bis auf das erwartungsvolle Räuspern und Rascheln des um sein Konzert betrogenen Publikums. Es ist der 29. August 1952: John Cage zwingt die Zuhörer durch eine Inszenierung der Stille über die etablierte Auffassung von Musik nachzudenken und legt mit 4’33 einen Grundstein der Neuen Musik. ...
Der Maler und Grafiker Georg Heck (1897-1982) führte ein bewegtes Leben: Seinen unbändigen Schaffensdrang konnten weder zwei Weltkriege noch der Verlust seines rechten Augenlichtes schmälern. Das Museum Giersch der Goethe-Universität präsentiert das Œuvre des Frankfurter Künstlers zwischen "Entartung" und Sezession in einer umfangreichen Retrospektive.
Klar scheinen die Berge vor dem nachtblauen Himmel. Ihre sanften Wölbungen geben in ihrer Mitte den Blick frei auf einen hell leuchtenden Stern. Die Landschaft ist ausgestorben, der Boden von Schnee bedeckt, die aus ihm herausragenden Bäume karg und ausgedörrt. Der einzige Abdruck menschlicher Existenz ist kaum sichtbar. Er zeigt sich in einem kleinen Kreuz an der Spitze des höchsten Berges. Doch die Szenerie hat nichts Bedrohliches oder gar Trauriges an sich, vielmehr strahlt das Gemälde eine inhärente Ruhe aus. Die Komposition ist harmonisch, die Anwendung verschiedener Nuancen von Blau tragen zur Ausgewogenheit bei. Bei der Betrachterin hinterlässt die dargestellte Landschaft, trotz ihrer Kargheit, den Eindruck einer Vollkommenheit der Natur. ...
Der betongraue Bunker ist von Zwangsarbeitern der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg errichtet worden. Geplant war er als Luftschutzbunker für die Mitarbeiter und Kunden der Reichsbahn, damit sie sich im Ernstfall vom nah gelegenen Bahnhof, dem heutigen Bahnhof Friedrichstrasse, vor dem Bombenhagel retten konnten; bis zu 2.500 Menschen finden darin Platz. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Bunker sehr unterschiedlich genutzt: Zuerst diente er als Kriegsgefängnis der Roten Armee, danach als Lager für Textilien und anschließend für Südfrüchte, was ihm den Namen „Bananenbunker“ einbrachte. Nach dem Mauerfall ging das Gebäude in den Besitz des Bundes über und die Kultur Berlins zog ein: Erst in Form eines Techno-Clubs, in welchem auch Theaterstücke aufgeführt wurden, bis der Bund das Gebäude vorerst schloss. Der Werbeagentur-Inhaber Christian Boros erwarb zusammen mit seiner Frau Karen Boros den Bunker schließlich und baute ihn fünf Jahre lang um: Seit 2008 werden die Kunstwerke aus Boros’ privater Kunstsammlung präsentiert. ...
Wer im mittelalterlichen Frankfurt von "Hibbdebach" nach "Dribbdebach" wollte, also von Sachsenhausen in die Innenstadt, der war auf die Alte Brücke angewiesen – denn eine andere Möglichkeit den Main zu überqueren gab es bis 1868 nicht. Die Verbindung der Mainufer war bereits seit dem 11. Jahrhundert ein wichtiges Wegkreuz zwischen Nord und Süd und trug wohl dazu bei, dass sich Frankfurt nicht nur zum Krönungsort von Königen und Kaisern entwickelte, sondern auch zur Messestadt; es ist also keinesfalls übertrieben die Alte Brücke Ausgangspunkt der Frankfurter Stadtentwicklung zu nennen. ...
Mit selbstbewusster Haltung wendet sich der gutaussehende John Taylor in seinem Porträt von William L. Denune und Richard Cooper dem Betrachter zu. Dass der englische Arzt ein gepriesener Okulist und versierter Mann von Welt war, wird in dem Kupferstich zum einen mittels der Inschriften des Sockels unter seinem Porträt betont, die ihn als den Augenarzt des Königs von Großbritannien und als Mitglied mehrerer medizinischer Universitäten betiteln, zum anderen durch die Zurschaustellung seiner wissenschaftlichen Abhandlungen. Sein Biograph George Coats, selbst ein englischer Augenarzt, beschreibt ihn als einen klugen und eleganten Mann, ausgestattet mit einer charismatischen Ausstrahlung, welche jenen imponierte, die außerstande waren, die prahlerische Oberfläche zu durchschauen, unter der s ich ein verlogener, unverfrorener Quacksalber verbarg. Die meisten von Taylors Zeitgenossen kritisierten seine wissenschaftlichen Schriften und Praktiken und er selbst gestand einmal, dass Hunderte von Patienten an den Folgen seiner Operationen erblindeten. Wie konnte es dazu kommen, dass dieser offensichtliche Scharlatan zum Hofokulisten von König George II. ernannt wurde und prominente Persönlichkeiten wie Edward Gibbon sowie Johann Sebastian Bach behandelte? ...