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Neues Wissen erzeugt gleichzeitig auch Nichtwissen. Wie damit umzugehen ist, wirft in kaum einem Forschungsgebiet so viele Fragen auf wie in der Medizin. So kann die Pränataldiagnostik heute schon im ersten Schwangerschaftsdrittel bestimmte, früher nicht behandelbare Fehlbildungen erkennen. Dadurch entstehen komplexe Behandlungssituationen, die Eltern mit bisher nicht bekannten Unwägbarkeiten konfrontieren. Forschende aus Medizin und Soziologie untersuchen gemeinsam, wie Eltern während und nach der Schwangerschaft auf die schwierige Situation reagieren.
Zielsetzung: Beteiligung von Medizinstudierenden im Rahmen der konzeptionellen Entwicklung eines zielgruppenspezifischen und attraktiven allgemeinmedizinischen Lehrangebots im ländlichen Raum.
Methodik: Es wurde ein Fragebogen entwickelt, der die Bewertung der Studierenden hinsichtlich des aktuellen Ablaufs ihres Studiums, den späteren Berufswunsch sowie die Anforderungen an ein zu entwickelndes allgemeinmedizinisches Schwerpunktprogramm im ländlichen Raum erfasst. Mittels einer Online-Befragung wurden im Sommer 2015 alle Medizinstudierende ab dem vierten vorklinischen Semester (n=2.150) der Goethe-Universität Frankfurt einmalig befragt. Die statistische Auswertung erfolgte primär deskriptiv. Die persönliche Einstellung hinsichtlich der Bereitschaft, als Hausarzt tätig zu werden, wurde auf statistische Signifikanz überprüft. Zudem wurde erhoben, ob ein messbarer Zusammenhang zwischen der eigenen Herkunft und dem späteren Wunscharbeitsort besteht.
Ergebnisse: Von insgesamt 2.150 kontaktierten Studierenden nahmen 617 an der Befragung teil (Rücklaufquote=28,7%). Die Ergebnisse repräsentieren eine große Bandbreite an Ideen und Anregungen, die sowohl die Meinung von Befürwortern als auch eher kritisch gegenüber der Lehre in der Allgemeinmedizin eingestellten Medizinstudierenden widerspiegeln. Von dem geplanten Schwerpunktprogramm erwarten die Studierenden einen starken Praxisbezug ebenso wie das Kennenlernen administrativer sowie wirtschaftlicher Hintergründe zum Führen einer Praxis.
Schlussfolgerungen: Durch die Einbeziehung der Zielgruppe am Entwicklungsprozess bestand die Möglichkeit, das zu entwickelnde Schwerpunktprogramm auf die späteren Teilnehmer passgenauer zuzuschneiden. Zudem ist zu erwarten, dass die Beteiligung der Studierenden zu einer höheren Akzeptanz des Programms führt. Die gewonnenen Ergebnisse zur Gestaltung eines Lehrangebots können als Orientierung für die mögliche Entwicklung ähnlicher Schwerpunktprogramme an anderen medizinischen Fakultäten dienen.
Einleitung: Feedback ist ein elementarer Bestandteil effektiven Lernens, auch im Medizinstudium, insbesondere beim Erlernen praktischer Fertigkeiten. Feedback kann in verschieden Formen gegeben werden, die Einfluss auf das Erlernen und Behalten der Fertigkeit haben.
Videofeedback, auf der Grundlage von Videoaufzeichnungen einer Tätigkeit, erscheint hierbei eine effektive Methode zum Verstärken des Lerneffektes bei komplexen praktischen Fertigkeiten darzustellen.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war die vergleichende Effektivitätsanalyse von Videofeedback im Vergleich zu mündlichem Feedback auf das Erlernen des sterilen Arbeitens bei der Wundversorgung als Beispiel für eine komplexe praktische Fertigkeit.
Methode: Medizinstudierende an der Goethe-Universität Frankfurt am Main absolvieren im Rahmen ihrer curricularen Ausbildung im 2. bzw. 3. klinischen Semester das dreiwöchige Blockpraktikum Chirurgie. Hierbei durchlaufen sie das einwöchige „Training praktischer Fertigkeiten“ im Skillslab. Im Rahmen dieses aus 12 Modulen bestehenden Trainings absolvieren die Studierenden unter anderem das Modul „Wundversorgung“. In dieser 210-minütigen Trainingseinheit erlernen und üben sie die Versorgung einer einfacher Schnittwunden (von der Anamnese über das sterile Abdecken bis zum Anlegen des Verbandes) unter Anleitung und Supervision eines Peer-Tutors.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden die Studierenden in eine Interventions- und eine Kontrollgruppe randomisiert. Die Interventionsgruppe wurde beim Üben auf Video aufgezeichnet. Im Anschluss erhielten die Studierenden anhand der Videoaufzeichnung Feedback durch einen Peer-Tutor. Die Kontrollgruppe erhielt nach dem Üben Feedback durch den Peer-Tutor ohne Videoaufzeichnung.
Direkt im Anschluss an das Modul absolvierten die Studierenden zwei strukturierte checklistenbasierte formative Prüfungsstationen im Sinne von zwei Objective Structured Clinical Examination-Stationen (OSCE); 2 bis 3 Monate nach dem Training erfolgte die zweite Datenerhebung im Rahmen des summativen curricularen OSCE als Abschlussprüfung des Blockpraktikums Chirurgie.
Ergebnisse: Insgesamt nahmen 107 Studenten an der vorliegenden Studie teil. Am Messzeitpunkt 1 zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen Interventions- und Kontrollgruppe. Am Messzeitpunkt 2 mussten an der Prüfungsstation „Wundversorgung“ 39 Studierende durch veränderte und damit nicht mehr vergleichbare Prüfungsbedingungen ausgeschlossen werden. An der zweiten Prüfungsstation konnten alle Studierenden in die Auswertung inkludiert werden. Auch am Messzeitpunkt 2 zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen Interventions- und Kontrollgruppe.
Schlussfolgerung: Im Kontext des curricularen chirurgischen Training praktischer Fertigkeiten konnte für das Erlernen des sterilen Arbeitens kein Unterschied zwischen reinem mündlichen Feedback und Videofeedback nachgewiesen werden.
Hintergrund:
Zur Klärung der klinischen Relevanz einer Milbensensibilisierung bei Kindern und Jugendlichen mit Asthma bronchiale ist die spezifische bronchiale Allergenprovokation (BAP) der Goldstandard. Aufgrund der technischen und personellen Voraussetzungen, sowie der potentiellen Gefahr einer schweren asthmatischen Spätreaktion ist die BAP nur eingeschränkt in spezialisierten Zentren verfügbar. Im Gegensatz dazu zeichnet sich nasale Allergenprovokation (NPT) durch ein hohes Maß an Patientensicherheit aus und kann ambulant durchgeführt werden. In dieser Studie sollte daher ein Vergleich zwischen der BAP vs. NPT erfolgen und klären inwiefern die NPT eine vorteilhafte Alternative im Diagnostikalgorithmus darstellen kann.
Methodik:
Von 157 untersuchten Patienten mit asthmatischen Beschwerden und positivem Pricktest (Dermatophagoides pteronyssinus; Dermatophagoides farinae) erfüllten 74 die Ein- / Ausschlusskriterien in vollem Umfang (Alter MW: 9,1 + 3,1 Jahre). Nach der BAP und der Messung des eNO, erfolgte eine Blutentnahme zur Bestimmung von Blutbild und spezifischem IgE, ggf. konnte Nasensekret gewonnen werden. Im Anschluss wurde innerhalb von 12 Wochen eine NPT mit Milbenallergen in aufsteigender Verdünnung durchgeführt. Hierbei wurde das Ergebnis zum einen mittels Symptomscore nach Lebel evaluiert, sowie die nasale Obstruktion mittels Peak Nasal Inspiratory Flow Meter (PNIF) bestimmt. Zum Abschluss beantworteten die Patienten einen standardisierten Fragebogen zur Lebensqualität mit Rhinokonjunktivitis (RQLQ).
Ergebnisse:
In der BAP konnten 57 Patienten mit einer bronchialen Frühreaktion (FEV1 - Abfall Mean bei 29,2% ± 7,4) identifiziert werden, von diesen wurden 41 mittels Lebelsymptomscore und 19 mittels PNIF erkannt. Während der Symptomscore nach Lebel damit eine ausreichende Sensitivität von 71,9 % und einen positiv prädiktiven Wert (PPV) von 89,1 % erreichte, war die Sensitivität für den PNIF mit 33,3 % ungenügend bei einem PPV von 82,6 %. Die negativ prädiktiven Werte lagen bei 42,8 %, respektive 25,4 %. Sowohl das eNO größer oder gleich 10 ppb (AUC 0,78) als auch das kumulative spez. IgE größer oder gleich 25,5 kU/l (AUC 0,72) erwiesen sich als gute Prädiktoren einer bronchialen Frühreaktion (EAR), eine Korrelation mit dem Symptomscore nach Lebel konnte jedoch nicht festgestellt werden.
Schlussfolgerung:
Unsere Ergebnisse zeigen für den Symptomscore nach Lebel eine hohe Vorhersagekraft zur Detektion einer EAR in der bronchialen Milbenprovokation. Ein negativer Score konnte eine asthmatische Reaktion jedoch nicht ausreichend ausschließen. Für den PNIF fanden wir keine ausreichende Testvalidität. Besonders bei pädiatrischen Patienten ist zu berücksichtigen, dass diese Messung stark von der individuellen Leistungsfähigkeit beeinflusst wird. Zudem weisen die nasale und bronchiale Mukosa lokale Unterschiede auf, sodass eine nasale Reaktion nicht identisch mit einer EAR ist. Bei Kindern und Jugendlichen mit Asthma bronchiale ist die BAP daher nicht vollständig durch die NPT ersetzbar. Besonders im ambulanten Bereich findet die NPT jedoch ihre Berechtigung, durch die deutlich geringeren Testanforderungen bei einem hohen Maß an Patientensicherheit. Darüber hinaus gehen rhinitische Beschwerden häufig einem Asthma bronchiale voraus, sodass auch falsch positive Testergebnisse im Lebel - Score berücksichtigt werden sollten. Neben dem Symptomscore identifizierten wir sowohl das spezifische IgE als auch das eNO als valide Prädiktoren einer EAR, eine direkte Korrelation zum NPT konnte jedoch nicht gefunden werden.
Neue Therapieentwicklungen zur Behandlung von Patientinnen mit fortgeschrittenem Mammakarzinom konzentrieren sich zurzeit sowohl auf die Identifikation von Patientinnen für zielgerichtete Therapieansätze als auch auf die Weiterentwicklung von immuntherapeutischen Ansätzen. Die Datenlage zu den CDK4/6-Inhibitoren konnte vervollständigt werden und ist konsistent in dieser Klasse von Substanzen (Palbociclib, Ribociclib und Abemaciclib). Weitere Signalwege, die untersucht werden, sind der PI3K-und der AKT-Signalweg sowie verschiedene Ansatzpunkte zu deren Hemmung. Für beide Wirkmechanismen liegen auch erste Studienergebnisse vor, die vor Kurzem vorgestellt wurden. Außerdem wachsen die Erkenntnisse zu den PARP-Inhibitoren, für die auch untersucht wird, in welcher Population sie am effektivsten eingesetzt werden können. Dieser Review-Artikel soll die aktuellen Studien zusammenfassen und einen Ausblick der neuesten Entwicklungen geben.
Beim primären, frühen Mammakarzinom zielt die Behandlungsplanung auf ein immer besseres Verständnis der Erkrankung ab. Die Identifikation von Patientinnen mit einer exzellenten Prognose könnte dieser Gruppe helfen, unnötige Therapien zu vermeiden. Weiterhin wird die Planung der Therapie immer weiter auf die Patientin abgestimmt. Das Wissen über Patientinnen, die besonders von einer Chemotherapie profitieren, wächst genauso wie das Wissen um Patientinnen, die von einer Immuntherapie profitieren könnten. Hinsichtlich der Immuntherapien stehen die durchgeführten Studien kurz vor der Publikation. Einzelne kleinere Studien bieten einen ersten Einblick in die Wirksamkeit der Checkpoint-Inhibitoren (Anti-PD1/PDL1-Therapien). Nicht zuletzt konnte kürzlich eine der größten Brustkrebsstudien aller Zeiten zu Ende geführt werden. Die Anwendung eines Multigentests konnte zeigen, dass er ausreicht, um Patientinnen mit einer so guten Prognose zu identifizieren, dass keine Chemotherapie nötig ist. Dieser Review-Artikel soll die aktuellen Studien zusammenfassen und einen Ausblick der gegenwärtigen Entwicklungen geben.
Update Mammakarzinom 2018 (Teil 2) – fortgeschrittenes Mammakarzinom, Lebensqualität und Prävention
(2018)
Die Behandlung des metastasierten Mammakarzinoms hat bei immer neu zu testenden Therapien deutlich an Komplexität zugenommen. Therapien werden nunmehr nur noch für spezielle klinische oder molekulare Subgruppen entwickelt. Hierbei spielen die intrinsischen, molekularen Subtypen zwar immer noch die größte Rolle, jedoch gibt es zunehmend auch Therapien, die subgruppen- oder sogar histologieübergreifend entwickelt werden, wie z. B. der PARP-Inhibitor bei BRCA-mutierten Patientinnen (Mamma- und Ovarialkarzinom). Aber auch Supportivtherapien entwickeln sich weiter, sodass Probleme wie die Alopezie besser behandelt werden können und neue Therapiearten von Übelkeit und Erbrechen etabliert werden. In einem engen Zusammenhang mit den Supportivtherapien stehen die Nebenwirkungen, welche bei Patientinnen mit einem metastasierten Mammakarzinom einen direkten Einfluss auf die Prognose haben. Hier könnten digitale Werkzeuge helfen, um ein besseres Patientinnenmanagement zu etablieren. Diese Übersichtsarbeit soll diese Aspekte vor dem Hintergrund neuer, aktuell publizierter Studien beleuchten und einen Einblick geben, wie sich diese Studien zu etablierten Routinetherapien verhalten. Zusätzlich werden aktuelle Aspekte der Mammakarzinomprävention beleuchtet.
In dieser Übersichtsarbeit wird dargestellt, wie neue Therapien oder neue Aspekte etablierter Therapien in Zusammenhang mit neuesten, aktuellen Erkenntnissen stehen. Neoadjuvanz, Lokaltherapie, neue Aspekte der Systemtherapie und Prognose- sowie Prädiktivfaktoren werden beleuchtet. In der Neoadjuvanz ist nach wie vor der Zusammenhang zwischen pCR und Prognose von Interesse, ebenso wie neue molekulare Prädiktoren für neue Therapien wie CDK4/6-Inhibitoren zu identifizieren. Bei der operativen Behandlung wird weiter nach einer Reduktion der Aggressivität gestrebt. Insbesondere das duktale Carcinoma in situ muss dafür noch besser verstanden werden. Bei den Systemtherapien wächst die Datenlage zum Verständnis der besten Kombinationen und Therapieabläufe für bestehende Therapieverfahren. Letztendlich muss mithilfe von Prognose- und Prädiktivfaktoren vermieden werden, dass Übertherapien stattfinden und nur die Patientin spezifische Therapien erhält, welche bei dieser individuellen Patientin eine nachgewiesene Wirksamkeit mit wenig Nebenwirkungen haben.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Medikamentenadhärenz an die Therapie mit oralen Antikoagulanzien (OAT) in der Schlaganfall-Sekundärprophylaxe und leitet auf Basis einer prospektiven Untersuchung Rückschlüsse über das Einnahmeverhalten unter verschiedenen Behandlungsformen ab.
Orale Antikoagulanzien werden erfolgreich zur Schlaganfallprävention bei Patienten mit Vorhofflimmern eingesetzt. Über Jahrzehnte waren Vitamin K-Antagonisten (VKA) die einzige Therapieoption, in der Praxis jedoch mit Schwierigkeiten verbunden, wie etwa Medikamenten- und Nahrungsmittelinteraktionen sowie häufige Gerinnungskontrollen. Als ab dem Jahr 2011 die ersten nicht-Vitamin K oralen Antikoagulanzien (NOAK) zugelassen wurden (zunächst Rivaroxaban und Dabigatran), lag ein besonderes Augenmerk auf der Frage, ob die fehlenden Gerinnungskontrollen und dadurch selteneren Arztkontakte unter Einnahme von NOAK einen negativen Einfluss auf die Adhärenz ausüben könnte.
In der vorliegenden Studie wurden prospektiv Daten zur Adhärenz und Persistenz in Bezug auf die Therapie mit OAT zu Zwecken der Schlaganfall-Sekundärprophylaxe gesammelt. Hierbei stand die Selbsteinschätzung der Patienten anhand der 8-Punkte-Morisky Medication Adherence Scale (MMAS-8) im Vordergrund. Die Daten der Untersuchung wurden an drei großen akademischen Schlaganfallzentren der Universitätskliniken Frankfurt, Würzburg und Marburg (Klinikum Fulda) erhoben. Während des Zeitraums Oktober 2011 bis September 2012 wurden alle 596 Patienten mit der Entlassungsdiagnose eines ischämischen Schlaganfalls oder einer transient ischämischen Attacke in Kombination mit Vorhofflimmern in die Studie aufgenommen. Dabei bildeten diejenigen 324 Patienten, die nach Entlassung eine orale Antikoagulation (VKA, Dabigatran oder Rivaroxaban) erhielten, die Untersuchungskohorte dieser Arbeit. Ein Jahr nach Entlassung wurden in einem Follow-up (1) die Adhärenz bzw. Persistenz in Bezug auf die verschriebene Medikation, (2) etwaige Therapiewechsel und deren Gründe, sowie (3) patientenseitige Einflussfaktoren erfragt.
Insgesamt konnte eine sterblichkeitskorrigierte Antwortrate von 73,3% (209 Patienten) erzielt werden. Von diesen Patienten erhielten 92,8% weiterhin eine Art der oralen Antikoagulation. Auch innerhalb der spezifischen ursprünglich verschriebenen OAT konnte eine gute Persistenz festgestellt werden (VKA 80,9%; NOAK 74,8%; P=0,243), wobei Dabigatran tendenziell, aber nicht-signifikant, am schwächsten abschnitt. Sofern Wechsel zwischen verschiedenen Formen der OAT erfolgten, wurden diese zumeist mit Nachteilen der jeweiligen Wirkstoffeigenschaften, wie z.B. gastrointestinale Nebenwirkungen, eine Verschlechterung der Nierenfunktion, sowie die vereinfachte Einnahme anderer Antikoagulanzien mit nur einer täglichen Dosis, begründet.
Zusätzlich stellte sich im Rahmen einer multivariaten Analyse insbesondere der Grad der Behinderung (Modifizierte Rankin Skala, mRS) zum Zeitpunkt des Follow-ups als signifikanter Einflussfaktor auf die Adhärenz heraus. Die Wahl der OAT hatte hingegen keinen relevanten Einfluss.
Zusammenfassend wurde in der Studie eine sehr gute Einnahmetreue von über 90% beobachtet, sofern man konventionelle und neue Antikoagulanzien in Summe zählt. Zudem wurde gezeigt, dass die Wahl der spezifischen OAT keinen signifikant positiven oder negativen Einfluss auf die Adhärenz nach sich zieht. Dieses Ergebnis widerspricht der Befürchtung einer generell niedrigeren Adhärenz an NOAK. Vielmehr könnte eine Erweiterung der Therapieoptionen durch die neuen oralen Antikoagulanzien es erlauben, besser auf spezielle Patientenbedürfnisse wie beispielsweise Medikamentenverträglichkeit oder Komorbiditäten einzugehen, und in Folge die Einnahmetreue zu Zwecken der Schlaganfall-Sekundärprophylaxe zu verbessern.
Die Tuberkulose ist eine der bedeutendsten Infektionskrankheiten weltweit. In Deutschland spielt sie eine untergeordnete Rolle und betrifft hauptsächlich Risikogruppen. Bisher wurde noch keine mehrere Jahre umfassende Arbeit zur Epidemiologie der Tuberkulose anhand molekularbiologischer Faktoren in einer deutschen Stadt veröffentlicht. In dieser Arbeit wurden mittels 24-loci MIRU-VNTR und Spoligotypisierung die Mykobakterienstämme von Patienten in Frankfurt am Main aus dem Zeitraum von 2008 bis 2016 genetisch typisiert und aus Fällen mit übereinstimmendem DNA-Fingerabdruck bestehende molekulare Cluster identifiziert, um in Zusammenschau mit epidemiologischen Patientendaten die Übertragungswege in Frankfurt am Main besser zu verstehen. Dabei wurden mittels logistischer Regression Risikofaktoren für Clusterzugehörigkeit identifiziert, einzelne Cluster auf epidemiologische Plausibilität hin untersucht und die Bedeutung der Tuberkulose vor dem Hintergrund zunehmender Migration beschrieben.
Insgesamt wurden im Studienzeitraum 61 molekulare Cluster identifiziert. Der Clusteranteil (28,6%) und der Anteil rezenter Übertragung (18,7%) lagen in der Größenordnung anderer Niedriginzidenzländer. Es dominierten kleine Cluster, nur vereinzelt kam es zu Infektionsketten mit mehr als 3 Fällen. Obwohl 81% der Patienten aus dem Ausland stammten und nur 19% aus Deutschland, hatten Migranten ein signifikant niedrigeres Risiko, einem Cluster anzugehören als Deutsche. Unter den Clustern bestanden 42,6% sowohl aus Patienten deutscher als auch Patienten nichtdeutscher Herkunft. Im Ausland geborene Patienten in gemischten Clustern lebten zum Diagnosezeitpunkt durchschnittlich bereits 10 Jahre in Deutschland und stammten mehrheitlich aus europäischen Ländern. Eine TB-Übertragung von kürzlich eingewanderten Patienten auf einheimische Bürger fand in begrenztem Umfang statt, begründet aber keine Ängste vor einer erhöhten Gefährdung der in Deutschland geborenen Bevölkerung im Hinblick auf die Tuberkulose in Frankfurt am Main.
Nur 9,8% der molekularen Cluster konnten epidemiologisch bestätigt werden. Infektionswege, die über das familiäre Umfeld oder bestimmte Risikomilieus (Drogen, Obdachlosigkeit) hinausgehen, ließen sich anamnestisch nur schwer erfassen. Männer, in Deutschland geborene Personen und iv-drogenabhängige Personen wiesen ein erhöhtes Risiko auf, sich vor Ort mit Tuberkulose zu infizieren oder die Erkrankung auf andere zu übertragen. Dies trifft vermutlich auch auf andere deutsche Großstädte zu und betont die Notwendigkeit einer Integration von iv-Drogenabhängigen in die medizinische Regelversorgung und die Bedeutung einer Zusammenarbeit von öffentlichem Gesundheitsdienst und entsprechenden Hilfseinrichtungen.
Es ist von einer Überschätzung des Clusteranteils mittels 24-loci MIRU-VNTR auszugehen, weshalb für zukünftige Arbeiten die feinere Typisierung und somit eine zuverlässigere Identifikation von Clustern mittels Whole Genome Sequencing wünschenswert ist. Für die bundesweite Verbesserung der TB-Kontrolle ist weiterhin eine enge Zusammenarbeit zwischen den Gesundheitsämtern erforderlich. Um zu untersuchen, wie sich die TB-Epidemiologie von Frankfurt am Main im bundesweiten Vergleich darstellt, sind ähnlich angelegte Arbeiten aus anderen deutschen Großstädten notwendig.