Refine
Year of publication
- 2015 (39) (remove)
Document Type
- Article (13)
- Review (13)
- Part of a Book (8)
- Part of Periodical (3)
- Book (1)
- Report (1)
Language
- German (39) (remove)
Has Fulltext
- yes (39)
Is part of the Bibliography
- no (39) (remove)
Keywords
- Literatur (39) (remove)
Dies ist der neunte Artikel unseres Blogfokus „Salafismus in Deutschland“.
Salafismus in Deutschland ist ein importiertes religiöses Phänomen, welches seine Wurzeln im arabischen Raum hat. Beobachtet man die deutsche Salafisten empirisch in ihren Predigten und Videoauftritten stellt man fest, dass sie ausschließlich arabisch-sprachige religiöse Auffassungen verwenden. Alle salafistischen transnationalen Schlüsselfiguren (mit wenigen Ausnahmen) sind ausschließlich arabische Muttersprachler und publizieren ihre Werke in arabischer Sprache. Die national und lokal wirkenden Akteure in Deutschland sind auf diese Werke bzw. Informationsquellen in ihren Predigten und ihrer Ausbildung angewiesen. Sie müssen daher der arabischen Sprache mächtig sein, damit sie ihre Autorität durch diese Werke legitimeren können. In diesem Zusammenhang stellen sich wichtige Fragen: Was lesen deutsche Salafisten, die kein Arabisch können, wenn sie sich mit authentischen Quellen über die salafistischen Ideologie oder Theologie beschäftigen wollen? Wo findet man Übersetzungen der Hauptwerke der salafistischen Ideologien? Welches authentische Lesematerial zu ideologischen oder theologischen Ansätzen kann beispielsweise ein Berliner Salafist bekommen?...
Die Rückseite einer Stickerei gilt gemeinhin nicht als vorzeigbar. Ungeachtet ihrer dreidimensionalen Textur ist die 'Nadelmalerei', wie man die Stickkunst schon in der Antike zu nennen pflegte, vielmehr ganz auf die Frontalseite ausgerichtet. In ihrer stark hierarchisierenden Fokussierung der zur Ansicht bestimmten kunstvollen 'Schau-' zuungunsten der meist ungestalten, dem Blick entzogenen 'Kehrseite' unterscheidet sie sich grundlegend von anderen Textilarten wie gefilzten oder gehäkelten Stoffen, deren Vorder- und Rückseite einander entweder gleichen oder aber symmetrisch sind. Anders als die konventionelle Leinwandmalerei wiederum ist die Stickerei konstitutiv mit ihrer Rückseite verbunden, insofern der stoffverzierende Faden "gleichzeitig zu seiner eigenen Befestigung auf der Unterlage dient."
Sucht man in den als "Kompendium der romantischen Schule" apostrophierten 'Vorlesungen über schöne Literatur und Kunst', die August Wilhelm Schlegel in Berlin 1801 gehalten hat, nach der Einschätzung und systematischen Einordnung der Tanzkunst in die Kunstlehre der Romantik, so findet man eine zwiespältige Konstellation vor. Auf der einen Seite gehört die Tanzkunst durch ihre exzeptionelle Verbindung von Wort, Ton und Gebärde zur "Ur-Kunst", ist also somit zugleich durch ihr Bündnis mit Poesie und Musik "der Kern der sämtlichen Künste"; auf der anderen Seite ist die Tanzkunst genau durch diesen "unheilbaren Akt" der "untrennbaren" Anbindung an Poesie und Musik zu der Rolle einer "untergeordneten Kunst" verdammt. Denn, so die Argumentation Schlegels, die Tanzkunst hat "die Wortsprache nötig", genauso wie sie "nie der Musik entraten kann". Kurz: aus der Sicht August Wilhelm Schlegels ist die Tanzkunst als Einzelkunst nicht autonomiefähig, sodass sie trotz ihrer Ursprungsaura nicht zu den höchstfavorisierten Künsten um 1800 zählt.
Sündenkleid und letztes Hemd
(2015)
Teufelsmaske, Nebelkappe, Narrenkleid, Panzer der Rebellion - die barocken Geistlichen und Dichter werden nicht müde, Synonyme für das zu finden, was der Gläubige auszuziehen hat, wie ja überhaupt Variation zu den Grundprinzipien barocker Dichtung gehört, welche die Sprache als 'Einkleidung' von Gedanken betrachtet und auf den Reichtum von Epitheta größten Wert legt - und in seinen Poetiken regelmäßig für 'Buße tun' auch die Umschreibung 'das Sündenkleid ablegen' vorführt.
Der Themenschwerpunkt des vorliegenden Heftes der Slowakischen Zeitschrift für Germanistik zielt darauf ab, das vermeintlich altbekannte Phänomen des Literaturkanons genauer unter die Lupe zu nehmen. Zu diesem Zweck werden zweierlei Aspekte ins Auge gefasst. Zum einen wird darauf fokussiert, wie das Phänomen selbst zustande kommt, welche Formen es annimmt, welche Strukturen es entwickelt und welche Funktionen es erfüllt, zweitens wird die Kanonforschung zum Gegenstand der Untersuchung im Sinne einer literaturwissenschaftlichen Selbstreflexion. Der Schwerpunkt liegt in allen Beiträgen auf der literaturwissenschaftlichen Germanistik. Gerade in Deutschland werden seit den 1990er Jahren in der literaturwissenschaftlichen Praxis verstärkt Fragen der Kanonbildung diskutiert. Angesichts der großen Komplexität dieser Fragen differenziert sich auch der wissenschaftliche Diskurs bald aus und nimmt immer deutlichere Konturen an. Es werden zunächst einmal Fragen nach dem Sinn bzw. der Notwendigkeit des literarischen Kanons aufgeworfen, es wird demgegenüber auch oft auf seine Schädlichkeit hingewiesen, darüber hinaus wird auf die Geschichtlichkeit des Kanons und dessen damit verbundenen Wandelbarkeit eingegangen und im Zusammenhang damit Prozesse der Dekanonisierung und Rekanonisierung reflektiert etc.
Schleppen und Schleifen
(2015)
Schleppen und Schleifen sind einander etymologisch verwandt. Seit dem 13. Jahrhundert soll die Ähnlichkeit von Schleppen und Schleifen bereits in der Deutschordensdichtung belegt sein; das Grimm'sche 'Wörterbuch' notiert, dass "die identität von schleppen und schleifen" um 1430 erkannt und erstmals in Wörterbüchern erfasst wurde. Nun sind Schleppen und Schleifen nicht nur Verben für den mehr oder weniger identischen Vorgang, etwas unter Mühe langsam, schwerfällig und mit großem Kraftaufwand am Boden entlang zu ziehen, sondern auch Pluralformen von Substantiven. Die Schleppe und die Schleife bezeichnen dabei geradezu das Gegenteil der verbalen Bedeutung: Anders als die Verben 'schleppen' und 'schleifen' sind sie nicht mit Mühe, Last und Erschöpfung konnotiert, sondern stehen vielmehr für Luxus und Verschwendung - für die unendliche Leichtigkeit des Seins.
Wenn es Ziel des literarischen Realismus ist, die Wirklichkeit darzustellen, dann stellt Theodor Storms Novelle 'Der Schimmelreiter' (1888) ein paradigmatisches Beispiel für diese Bewegung dar. Der Text ist nicht nur darin exemplarisch, dass er ein überlegenes Niveau an sozialer und psychologischer Wirklichkeitsnähe erreicht, sondern auch dadurch, dass er die eigentlichen Vorgänge und Begrenzungen, die jeder Darstellungsgeste eigen sind, dramatisch inszeniert. Storms Novelle legt die Sehnsüchte bloß, die Frustrationen und Opfer, die jeden Versuch, vorsprachliche Erfahrungen in sprachliche Form zu verwandeln, zwangsläufig begleiten. Anhand der unvergesslichen Schilderung seines Protagonisten, Hauke Haiens, der nahezu eigenhändig den Dorfbewohnern mehr bewohnbares Land verschafft, macht Storm die überzeitliche, mythische Konfrontation des Menschen mit dem unbändigen Meer zur Allegorie für das realistische Projekt. Vermittels eines allegorischen Schemas wird Hauke Haiens hydrotechnische Arbeit mit Storms literarischen Bemühungen parallelisiert. Diese miteinander verbundenen Aufgaben sind beide geographisch, insofern sie Einschreibungen in die Erde durch technē sind und das im doppelten Sinne des Wortes: als Technik und Kunst. Genauso wie der Deichgraf dem Meer mehr ertragreiches Land für seine Nachbarn entreißt, integriert der Schriftsteller mehr Wirklichkeit für seine Leser; genauso wie das neue Land durch den sorgfältigen Deichbau gesichert wird, ist die Erzählung durch eine Reihe vielschichtiger Rahmen geschützt; und genauso wie die erworbene Siedlung von Überschwemmungen bedroht bleibt, schließt die Geschichte, um beständig zu sein, ein widerspenstiges Element in sich ein, welches das ganze Unternehmen motiviert wie aber auch gefährdet. Dieser letzte Punkt wirkt sich vernichtend auf das realistische Darstellungsprojekt aus, das ja einen Sinngehalt artikulieren will, also eine Artikulation anvisiert, die sich direkt auf das Bild der Küste bezieht, genauer auf die Linie, welche Land und Meer voneinander trennt.
Der 'brave Soldat' Schwejk - antiheroischer Protagonist in Jaroslavs Hašeks berühmtem Roman - beobachtet auf dem Weg zur Front einen vorbeifahrenden Militärzug mit offenen Waggons: Ein Korporal der Deutschmeister 'mit herausfordernd aufgezwirbeltem Schnurrbart' stützt sich wie in einem 'lebendem Bild' quer auf seine sitzende Mannschaft, schmettert voller Inbrunst das Prinz-Eugen-Lied, lehnt sich übermütig hinaus - und fliegt aus der offenen Waggontür, wobei er 'mit aller Kraft im Flug mit dem Bauch auf den Weichenhebel [schlug], auf dem er aufgespießt hängenblieb'. 'Mit Kennermiene' betrachtet Schwejk neugierig den Leichnam: "Der hats schon hinter sich […] hat sich akkurat aufgespießt […], hat die Därme in den Hosen." Das groteske Ende des Offiziers der Deutschmeister, jenes Ritterordens aus dem 12. Jahrhundert, symbolisiert den Untergang des aristokratischen Kriegerstandes - des Inbegriffs menschlicher Souveränität, die in Gestalt verführerischer Husaren noch Romane und Operetten des 19. Jahrhunderts bevölkerte - in den Höllenfeuern des Maschinenkrieges, zu dem Schwejk und seine Kameraden gerade unterwegs sind. Auch sein geliebter Herr, Oberleutnant Lukasch, ein notorischer Verführer, repräsentiert noch jene aristokratische Souveränität, Glanzstück des feudalen Ständestaates: Hoch zu Roß reitet er nicht nur dem Feind entgegen, sondern zugleich seinem Untergang, der sich in den Materialschlachten des großindustriellen Krieges vollzieht.
Was Schwejk fasziniert beobachtet, ist das finale Stadium des Zusammenbruchs der ständischen Ordnung, der patriarchalischen Autorität, der feudalen Tugenden, der symbolischen Repräsentation, der Hierarchie der Gemeinschaften im Versachlichungs- und Entzauberungsprozess der Moderne. Dabei bewegte Literatur und Philosophie des 19. Jahrhunderts vor allem eine Frage: Was geschieht eigentlich, wenn 'der Knecht' (aus Hegels Phänomenologie des Geistes) - das "durch die Arbeit" erwirkte Selbstbewusstsein mit seinem Primat von Selbsterhaltung und instrumenteller Rationalität - zum Herrn wird, mit den souveränen Eigenschaften des untergegangenen Herrn?
This article focuses primarily on three areas: First the article deals with Alfred Döblin's concept of the novel and the function of the montage technique from his perspective. Secondly, the article draws attention to the fact that Alfred Döblin, a neurologist by profession, who later dedicated himself exclusively to his writing, used the montage technique intensively in his great city novel Berlin Alexanderplatz. The technique, which operates at different levels of language, narrative technique and plot, is demonstrated by selected examples from the novel. In each case the intention of the novelist is discussed. The article considers whether individual accumulating elements accord with the wholeness of the novel, and if so, how this interesting synthesis occurs. The final focus is on his efforts to use the montage technique to portray the big city. In the case of Berlin Alexanderplatz, this effort ultimately ends with a big city epic. In this study, we consider how Döblin used the montage technique in Berlin Alexanderplatz, which was central, and new for German literature at that time. Additionally, narrative styles and techniques as parables, paraboles, sound associations, word and rhyme repetition and relevant passages are supported by quotations from the novel.