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Dies ist eine gekürzte Version eines Beitrags, der in der Zeitschrift Internationale Politik – IP, Ausgabe Mai/Juni 2016, erschienen ist.
Während in den zehn Jahren des Afghanistan-Krieges von 1979 bis 1989 geschätzte 20 000 „foreign fighters“ zu den Mudschahedin und Al-Kaida ins Kriegsgebiet zogen, sind es im vom so genannten „Islamischen Staat“ (IS) gehaltenen Territorium nach drei Jahren bereits etwa 30 000. Zwischen 6000 und 7000 kommen aus Ländern der EU; erstmals folgen auch Frauen in signifikanter Zahl dem Ruf einer islamistischen Terrororganisation. Warum also zieht der IS so viel mehr Anhänger an, als es Al-Kaida je getan hat? Wieso machen sich Tausende junger Muslime, die in Europa geboren wurden, auf den Weg in ein angebliches Kalifat und reales Kriegsgebiet? Und welche Rolle spielen die Narrative und Angebote des IS dabei?...
Dies ist der 16. Artikel in unserer Blogreihe Trouble on the Far-Right.
„Wir sind zwar hinter Gittern, aber unsere Ideen sind an der Macht“, erklärte der Führer der Grauen Wölfe, Alparslan Türkeş nach dem Militärputsch vom 12. September 1980 in der Türkei. Damals hatten die Generäle als Zeichen ihrer angeblichen Neutralität neben Zehntausenden inhaftierten Linken auch einige hundert Anhänger der faschistischen Grauen Wölfe anklagen lassen. Entsprechend könnten sich heute seine Nachfolger rühmen: „Wir sind zwar nicht an der Regierung, aber unsere Ideen sind an der Macht.“ Denn die Herrschaft der seit 2002 alleine regierenden und gemeinhin als islamisch-konservativ charakterisierten Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (Adalet ve Kalkınma Partisi – AKP) von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan und Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu stützt sich zunehmend auf die Ideologie, die Methoden und selbst das Personal der Grauen Wölfe. Umgekehrt ist die offiziell in der Opposition stehende parlamentarische Vertretung der Grauen Wölfe, die Partei der Nationalistischen Bewegung (Milliyetçi Hareket Partisi – MHP) eine Kriegsallianz mit der AKP-Regierung gegen die kurdische Befreiungsbewegung eingegangen...
Ich bin Paris! Selbstverständlich gilt zuerst und zuletzt mein tiefstes Mitgefühl den Menschen in Paris. Für alle, denen geliebte Menschen für immer genommen wurden; für alle, deren körperliche und seelische Wunden nicht mehr verheilen werden und die sich nun in ihrer Existenz vielleicht für immer verängstigt und verunsichert fühlen. ...
Teil X unserer Serie zum „Islamischen Staat“. Im November 2014 schworen mehrere jihadistische Gruppierungen in Ägypten, Libyen und Algerien dem Islamischen Staat (IS) zeitgleich den Treueid. Der Anführer des IS, Abu Bakr al-Baghdadi, erklärte daraufhin, seine Organisation habe weitere Territorien in Nordafrika annektiert, diese Länder seien nun Provinzen des Islamischen Staates.
Diese konzertierte Aktion sorgte weltweit für Aufsehen, vermittelte sie doch den Eindruck einer ungebrochenen Expansion des IS, der nach Landgewinnen in Syrien und dem Irak nun auch in anderen Regionen der islamischen Welt die Vorherrschaft anstrebte. Doch bei näherer Betrachtung entpuppt sich die vom Islamischen Staat erklärte Expansion nach Nordafrika vor allem als geschickte PR-Aktion: Denn die Behauptung des IS, auf einen Schlag die Herrschaft über weite Teile Nordafrikas übernommen zu haben, ist falsch. Sofern diese Expansion stattfindet, dann vorrangig in den Köpfen der Beobachter – sie entspricht jedoch nur sehr eingeschränkt den Tatsachen am Boden. Dort ist der Einfluss der IS-Anhänger lokal begrenzt, dort sind sie nur eine von vielen Gruppen, die um Macht und Einfluss kämpfen. Von der Verwaltung ganzer Städte und Landstriche kann derzeit jedoch keine Rede sein...
Versorger und Regulierer? Der Islamische Staat und die Krise der Staatlichkeit in der MENA-Region
(2015)
Teil XI unserer Serie zum „Islamischen Staat“. Die große Aufmerksamkeit für den Islamischen Staat (IS) hängt nicht nur mit dessen militärischen Erfolgen zusammen, sondern auch mit seinem Anspruch, einen neuen Staat aufzubauen. Das Phänomen der hohen Anzahl ausländischer Kämpfer gerade aus den Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens scheint die Anschlussfähigkeit dieser Idee zu unterstreichen. Inwieweit der Anspruch auf Staatsaufbau tatsächlich eingelöst werden kann, hinterfrage ich in diesem Beitrag. Danach beleuchte ich die Ausgangslage ausländischer Kämpfer aus der MENA-Region und vertrete die These, dass die Attraktivität des IS für viele junge Männer vor allem auf der Krise der Staatlichkeit in ihren Heimatländern basiert.
Dies ist der achte Artikel unseres Blogfokus „Salafismus in Deutschland“.
Die salafistische Propaganda kultiviert ein dichotomisches Weltbild, in dem den Muslimen die Rolle des kollektiven Opfers westlicher Expansionsgelüste zufällt. Die historischen Fakten, die dies untermauern sollen, werden jedoch arg strapaziert und sehr einseitig interpretiert. Die Realität ist sehr viel komplexer, als die salafistische Schwarz-Weiß-Malerei der Öffentlichkeit weismachen will...
The burning of the Jordan pilot Muath al-Kasasbeh created a worldwide outcry, which was noticeably vocal in the Islamic world. Not only were we able to see people taken to the streets, we could also witness an utter condemnation of this act by prominent religious institutions like al-Azhar. Moreover, even before this terrific event the so called Islamic State (IS) has been criticized on various occasions by prominent Muslim scholars. The common trope these statements share is that despite its name, IS does not represent “true Islam”. The most prominent document in this regard surely is the open letter, which was addressed to Abu Bakr al-Baghdadi, the self-proclaimed “caliph” of IS, signed by 174 prominent Muslim figures and spokespersons from all over the world and which has been translated into multiple languages. The Facebook group that formed around this letter has currently reached over 100.000 likes and has developed into a hub for people from all over the world, who oppose IS ideology from a Muslim perspective. Although there has been some media coverage mentioning the publication of the letter, its actual contents have not been discussed very much in detail so far. So what does the document actually say?
Asymmetric conflicts in which rule is contested by non-state actors are often interpreted as a destabilization of order. This also holds true for the case of IS. Indeed, it cannot be denied that its transnational “jihad” has contributed to destabilizing a whole region. On the other hand, it has been repeatedly noted that IS has – within the territory it controls – established an alternative order offering stability. At least for those who fit in the worldview of the wannabe-caliphate. As reported by inhabitants of its powerhouse Raqqa, IS does not only create obedience by force but also by providing administration, workplaces and public services. Or as Benham T. Said put it, some few Arabs “associate an Islamic state with notions of justice, stability and prosperity”...