Refine
Year of publication
- 2010 (96) (remove)
Document Type
- Article (94)
- Doctoral Thesis (1)
- Report (1)
Has Fulltext
- yes (96)
Is part of the Bibliography
- no (96) (remove)
Keywords
Institute
- Extern (52)
- Kulturwissenschaften (1)
Filmische Biografien von Musikern gibt es schon seit dem Stummfilm. Aus dem Bereich klassischer Musik haben es Ludwig van Beethoven, Franz Liszt und Wolfgang Amadeus Mozart auf die meisten Filme gebracht. Aber auch ihre Kollegen Mahler, Schubert oder Wagner können filmische Darstellungen ihres Lebens vorweisen. Für das Massenmedium Film waren und sind Musikerbiografien als Stoffe für Spielfilme aus zweierlei Gründen interessant: zum einen, wenn es sich dabei um besonders populäre Vertreter handelt, und zum anderen, wenn mit den Musikernamen ein hohes kulturelles Ansehen verbunden ist. Die beiden Pole Entertainment und Hochkultur sind für das Mainstream-Kino, insbesondere für Hollywood, gleichermaßen faszinierend, erfüllen sie doch die unterschiedlichen, aber ebenso wichtigen Funktionen von Massentauglichkeit und kultureller Respektabilität. Für letzteres sind die filmischen Biografien klassischer Komponisten ein Beispiel, für ersteres ebensolche Filme, in deren Mittelpunkt die Walzerkönige und Operettenkaiser wie Johann Strauss Jr. und Franz Lehár stehen. Die filmische Biografie eines bestimmten Musikers hebt nicht nur diesen selbst aus der Masse hervor, sondern auch das musikalische Genre, das er repräsentiert.
1974 wollten der südafrikanische Trompeter Hugh Masekela und der New Yorker Musiker und Produzent Stewart Levine ein Musikfestival in Afrika organisieren. Sie wandten sich an den Box-Impresario Don King mit der Bitte, das Festival im Vorfeld des Titelkampfes zwischen Muhammad Ali und George Foreman in Kinshasa (in der zentralafrikanischen Republik Zaire) zu veranstalten. Es war von Anfang an geplant, das Festival nach dem Vorbild erfolgreich im Kino ausgewerteter Beispiele - wie etwa dem 'Woodstock'-Film (USA 1970, Michael Wadleigh) - zu dokumentieren. Ein Kamerateam nahm daher das dreitägige Festival, die Vorbereitungen und eine Reihe von Backstage-Szenen auf. Das Kamerateam war prominent besetzt; zu ihm gehörte etwa der bekannte Direct-Cinema-Regisseur Albert Maysles. Auf Grund einer Verletzung von George Foreman musste der Boxkampf um fünf Wochen verschoben werden, was zur Folge hatte, dass das Festival zeitlich getrennt vom Kampf stattfand und dadurch nicht jene internationale Aufmerksamkeit erreichte, die sich die Organisatoren erhofft hatten.
Ich möchte mich in der Analyse der Musik in 'The Truman Show' auf das Zusammenspiel von Dramaturgie und Musik konzentrieren. Im Zentrum steht die Frage, welche Informationen - wenn überhaupt - der Film über die Musik vermittelt, an welchen Stellen und in welchen Funktionen Musik nicht bloß als Untermalung und Verstärkung von Emotion eingesetzt wird, sondern um Inhalte des Films zu transportieren. Dabei komme ich nicht umhin, meine eigene Lesart des Films einzubringen. Am Anfang stehen bei einem mehr als zehn Jahre alten Film, der allgemein als 'Medienkritik' interpretiert wird, die Erinnerung an die Jahre, in denen der Film produziert wurde.
Only the strong survive
(2010)
Der zum Zeitpunkt des Films 72jährige Don A. Pennebaker und seine Ehefrau Chris Hegedus gelten als Pioniere des amerikanischen Direct Cinema. Mit Filmen wie 'Don't Look Back' (1967) über Bob Dylan oder 'Monterey Pop' (1968) über das gleichnamige Musikfestival an der Westküste der USA haben die beiden sich in der Geschichte des Dokumentarfilms einen Namen gemacht, der weit über die Fans der jeweiligen Musik hinausgeht. Direct Cinema wurde von den beiden als das unmittelbare Abfilmen der Realität verstanden, die sich vor ihrer Kamera befand. Ein Eingreifen in das Geschehen wurde ebenso strikt abgelehnt wie jeglicher Kommentar. Pennebaker schuf damit einerseits Konzertfilme, die auch die Stimmung, das Publikum, das gesamte Setting mit einfingen (wie eben in 'Monterey Pop'). Andererseits gelang ihm etwa in 'Don't Look Back' ein Porträt des jungen Bob Dylan, das über reine Konzertaufnahmen weit hinausgeht und in der Konzentration auf einen Protagonisten auch imstande ist, einiges über das Verhältnis zwischen Fans und Star, deren Projektionen und den Umgang von Akteuren der Rockmusik mit schnell erworbenem Starstatus zu erzählen.
Als die amerikanische Rockband Matchbox Twenty im Jahr 2004 nach dem Start ihres Albums More Than You Think You Are auf Tour durch die Vereinigten Staaten gingen, beschlossen sie, der Tour einen Konzertfilm folgen zu lassen. Er wurde unter dem Titel SHOW: A NIGHT IN THE LIFE OF MATCHBOXTWENTY als Doppel-DVD veröffentlicht.
1991 - The year Punk broke
(2010)
1991 begleitete der Regisseur Dave Markey die Bands Sonic Youth und Nirvana, damals noch eher unbekannte Underground-Bands, auf ihrer Tour durch Europa. Wer jetzt allerdings eine objektive Dokumentation erwartet, die intime Einblicke in das Bandleben und das Leben als Musiker gewährt, wird bei der Sichtung von 1991 – THE YEAR PUNK BROKE enttäuscht werden. Obwohl der Film dem Titel nach das Ende der Punk-Ära verkündet und somit versucht, sich in einen größeren Zusammenhang mit der Musikszene zu setzen, zeigt sich dies im Verlauf des Films eher als zufälliges Nebenprodukt denn als konkretes künstlerisches Anliegen. Der Film erweist sich eher als en passant bei einer Tournee entstandenes Nebenprodukt – man stecke ein paar überdrehte Rockmusiker zusammen und gebe ihnen eine Kamera; das Ergebnis veröffentliche man ein Jahr später (in diesem Fall 1992 auf VHS). Prinzipiell ließe sich durch eine solche Aufnahmeform ein durchaus authentisches Bild des Touralltags zeigen. Allerdings verfährt Markey nicht nach dem Prinzip des direct cinema, in dem die Kamera zum stillen Begleiter der Handlung wird. Die Kamera ist vielmehr immer präsent und lädt die Musiker zur Interaktion mit ihr ein. Beispielsweise begibt sich Thurston Moore, Frontman von Sonic Youth, mit einem Mikrofon bewaffnet auf die Suche nach hilflosen, gerne des Englischen nicht mächtigen Interviewpartnern und verwickelt sie in einigermaßen sinnlose Gespräche. Dass sich diese Szenen auch ohne Beisein der Kamera abgespielt hätten, ist zu bezweifeln.
Global Metal
(2010)
7 Countries, 3 Continents, 1 Tribe - die Ausgangshypothese des Films wird im Untertitel beschrieben. Dieser soll den fortschreitenden Globalisierungsprozess von Heavy Metal dokumentieren und dabei vor allem die Zusammengehörigkeit und die Ähnlichkeiten von allen metalheads weltweit dokumentieren. Diese These wirft allerdings die Frage auf, ob ein bestimmter Musikstil es schaffen kann, trotz aller rund um den Globus vorhandenen Kulturdifferenzen und der daraus resultierenden Probleme Menschen zu begeistern und einen prägenden Einfluss auf ihr Leben auszuüben, eine Frage, der mit einem wissenschaftlich anthropologischen Forschungsansatz auf den Grund zu gehen sich lohnen könnte. Dunn propagiert es zu Beginn des Films, daran an die fast soziologische Perspektive seines ersten Films METAL: A HEADBANGER‘S JOURNEY (Kanada 2005) anknüpfend.
Peter Weirs Film 'The Truman Show' (USA 1998, Peter Weir) ist zunächst als klassische Dystopie zu lesen. Beispielhaft wird von einer nicht genau definierten nahen Zukunft erzählt, in der es einem Konzern an Privatpersonen statt möglich ist, ein Kind zu adoptieren und unbehelligt für ein kommerzielles Unternehmen zu missbrauchen: Die Produktion einer ultimativen Reality-Show-Soap-Opera. Der Film erzählt über dieses Motiv von einem unkritischen Medienkonsum, der diese Praxis honorierenden Mehrheit der Fernsehzuschauer und nicht zuletzt von der Macht des Kapitals. Die enorme Produktion wird ausschließlich durch genuines Product-Placement und Merchandising ermöglicht.
Full Metal Village
(2010)
„What the hell is going on here?“ – diese programmatische Frage, die sich laut Clifford Geertz jeder stellen sollte, der ethnologisch verstehen und eine Kultur dicht beschreiben möchte, lässt sich in vielfacher Hinsicht als relevant für den Film FULL METAL VILLAGE und seine Analyse betrachten. Erstens ist anzunehmen, dass sich die Regisseurin Sung-Hyung Cho eine ähnliche Frage gestellt hat, als sie die Arbeit für ihr filmisches Porträt des schleswig-holsteinischen Dorfes Wacken, auf dessen Wiesen jedes Jahr das weltgrößte Heavy-Metal-Festival stattfindet, aufgenommen hat. Zweitens stellt sich diese Frage nahezu automatisch beim Schauen des Films, der durch seinen Titel (in der typischen Typografie der Namenszüge von Heavy-Metal-Bands) und dem damit assoziierten thematischen Hintergrund erst einmal als ein Rockumentary daher kommt, dann aber eine filmische (Sinn-)Welt entfaltet, in der es nahezu gar nicht um Musik geht. Drittens ist die Hölle – bei Geertz als Irritation anzeigende Metapher, die es aufzulösen gilt, zu verstehen – im weitesten Sinne jenes mit dem Heavy Metal verbundene Klischee, an dem sich die einzigen im Film geäußerten Einschätzungen zur Musik und ihren Fans abarbeiten. Was zur Hölle passiert nun also hier und wie passiert es und warum?
Devotional
(2010)
Ist der Zustand einer Band an der Inszenierung eines Konzertes respektive dessen filmischer Dokumentation erkennbar? Im Fall von Anton Corbijns DEVOTIONAL ja, denn der Film zeigt die englischen Pioniere des Synthie-Pops Depeche Mode einerseits auf dem Höhepunkt ihres musikalischen Schaffens, andererseits setzt er die Spannungen zwischen dem sichtbar vom Drogenkonsum gezeichneten Sänger Dave Gahan und dem Rest der Band eindrucksvoll in Szene. Ein Spiel mit Nähe und Distanz, von Annäherung und Entfremdung durchzieht den Film auf allen Ebenen und macht ihn zu einem künstlerischen Dokument des ostentativen musikalischen und visuellen Tanzes einer Band am Abgrund.